Rein Helme (1954-2003), estnischer Historiker und bei uns weitgehend unbekannter Politiker, traf schon 1994 in einem Vortrag eine interessante Feststellung, der man eigentlich größere Aufmerksamkeit gewünscht hätte. Helme sah die Gründe für den Zusammenbruch der Sowjetunion weniger in dem „Unsinn des Marxismus“; denn an diesen habe kaum noch jemand ernsthaft geglaubt. Vielmehr, so Helme, seien ein „verkrusteter Zentralismus, Korruption in nahezu allen Lebensbereichen sowie vor allem die fehlende Identifizierung der Bevölkerung mit ihrem Staat und wegen des Unterdrückungsapparates gegenüber den kleineren Völkern innerhalb der UdSSR“ die Gründe für den jähen Zerfall der Union.
Zu uns Westlern gewandt, fügte Helme warnend hinzu: „Nachdem ich zwei Jahre den Westen Europas bereist und kennengelernt habe, habe ich den Eindruck gewonnen, das, was wir in der inzwischen aufgelösten Sowjetunion hinter uns haben, haben Sie im Westen noch vor sich.“ Das darf man getrost ohne weiteren Kommentar so stehenlassen.