Regionalwahl in Wisconsin wirft Schlaglicht auf die politische Stimmung in den USA
Wenige Monate vor den US-Präsidentschaftswahlen hat im nördlichen US-Bundesstaat Wisconsin eine aufsehenerregende Wahlauseinandersetzung stattgefunden, die erhebliche Auswirkungen auf nachfolgende Entscheidungen haben könnte.
Wisconsin darf durchaus als eine Hochburg der Democrats bezeichnet werden. Im Jahr 2008 hat hier der derzeitige Präsident Barack Hussein Obama mit 14 Prozentpunkten Vorsprung gewonnen. Bei den Zwischenwahlen des Jahres 2010 kam jedoch mit Scott Walker ein Republikaner ins Amt des Gouverneurs (in etwa vergleichbar mit dem Ministerpräsidenten eines deutschen Bundeslandes).
Diese Schmach haben die Demokraten bis heute nicht verwunden, vor allem auch deshalb, weil Scott Walker kein Leisetreter ist, sondern ein Tea-Party-Exponent, der seinen Worten auch Taten folgen läßt. Eine seiner ersten Amtshandlungen war ein Schlag ins Gesicht der mächtigen Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes (vergleichbar „Verdi“). Gouverneur Walker verbot es, Gewerkschaftsbeiträge direkt vom Gehalt der Arbeitnehmer des Staates Wisconsin abzuziehen, übrigens eine auch in Deutschland verbreitete Unsitte. Darüber hinaus wurde unter Scott Walker in Wisconsin ein System leistungsgerechter Bezahlung der Lehrer öffentlicher Schulen eingeführt. Wie nicht anders zu erwarten, fand ein Sturmlauf der „Unions“, wie Gewerkschaften in den USA heißen, statt. Es wäre ja auch zu schön, wenn Leistung zum Maßstab der Bezahlung gemacht werden könnte, dann hätten Gewerkschaftsfunktionäre natürlich weniger Einflußmöglichkeiten. Und vor allem: Alle diejenigen, die nur deshalb Mitglied einer Gewerkschaft sind, um nicht schlechter behandelt zu werden, haben keinen Grund mehr, Mitglied zu bleiben.
Wen wundert’s? In Wisconsin ging die Zahl der Gewerkschaftsmitglieder innerhalb kürzester Zeit markant zurück. Das spüren auch die Parteigänger der Gewerkschaften, die Gliederungen der Demokratischen Partei von Präsident Obama. Traditionell sind die Gewerkschaften – insbesondere die Lehrergewerkschaften – unverzichtbar in Wahlkämpfen, da aus Gewerkschaftsbeiträgen hohe Wahlkampfspenden alimentiert werden.
Den tapferen Gouverneur Walker hat das nicht angefochten, er hat „sein Ding durchgezogen“ und ist auch nicht weich geworden, als die Demokraten ein Abwahlverfahren in Gang setzten. So kam es im Juni 2012 zu einer erneuten, vorgezogenen Gouverneurswahl in Wisconsin, die der Amtsinhaber mit sage und schreibe 53 zu 46 % gewann – gegen seinen demokratischen Herausforderer, dem Bürgermeister der größten Stadt Wisconsins, Milwaukee.
Der Kampf ums Kapitol in Wisconsin hat große Aufmerksamkeit erregt, bis ins entfernte Washington, wo Präsident Obama sofort verlauten ließ, dieser Erfolg sei nur deshalb zustandegekommen, weil Scott Walker finanziell aus dem Vollen schöpfen konnte. Damit macht es sich der Wahlkämpfer Obama jedoch zu einfach.
Die Stimmung ist zur Zeit nicht gut für Herrn Obama. Die wirtschaftliche Lage der amerikanischen Mittelschicht ist seit seiner Wahl im Jahr 2008 nicht besser geworden. Das Ansehen des Präsidenten wurde stark in Mitleidenschaft gezogen, weil er viele seiner Versprechungen nicht gehalten hat.
Auf der anderen Seite versetzt der Erfolg in Wisconsin die republikanische Parteibasis in Hochstimmung. Im November scheint nun alles möglich.
(Claus Dehl, Washington-Korrespondent, 6.6.12)