Nach einer Meldung der „Tagesschau“ v. 24.07.2012 beabsichtigt das Bundesfinanzministerium (BMF) eine Änderung des Jahressteuergesetzes 2013. Danach sollen in Zukunft Vereine ihren Status als gemeinnützig verlieren, wenn sie im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines der Bundesländer als extremistisch eingestuft werden.
Man mag sich auf den ersten Blick zufrieden zurücklehnen und denken: „Endlich geht es den Extremisten“ ans Portemonnaie“, zumal die üblichen Verdächtigen von der Volksfront sofort und laut protestierten – mit freundlicher Unterstützung der Rosa-Luxemburg-Stiftung. So einfach ist die Sache aber nicht.
Zwar verliert auch heute schon ein Verein seine Gemeinnützigkeit, wenn er als extremistisch angegeben wird. Aber dieser Verlust greift nicht sofort, sondern ist „widerlegbar“. Und bisher konnten betroffene Gruppen sowohl vor dem Finanzamt (Finanzgericht) als auch vor den Verwaltungsgerichten (VG) gegen die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht klagen. Nach den neuen Plänen des BMF soll nun der Rechtsweg über das Finanzgericht entfallen. Die Verwaltungsgerichte seien „sachnäher“. Und so wird im Entwurf des BMF das Wort „widerlegbar“ schlicht gestrichen. Das bedeutet eine erhebliche Verschlechterung für betroffene Vereine; denn Verfahren vor den VG dauern i. d. R. sehr lange. Kleine Vereine hätten gar nicht die „Luft“, ein solches Verfahren durchzuziehen.
An der Anerkennung der Gemeinnützigkeit hängen hohe finanzielle Folgen: Beiträge bzw. Spenden an einen solchen Verein wären nicht mehr steuerlich abzugsfähig, was – wie die Erfahrung zeigt – zu einem drastischen Einnahmeausfall führt und die Existenz einer solchen Gruppierung zunichte machen oder gefährden kann. Überdies erhalten solche als extremistisch eingeschätzte Vereine keinen Zugang zu öffentlichen Fördertöpfen.
Bedenklich ist der Plan des BMF aber nicht nur aus Steuergesichtspunkten. Das BMF schiebt mit seinem Vorhaben der Institution Verfassungsschutz praktisch die Entscheidung über eine Gemeinnützigkeit zu, obwohl selbst kaum einer öffentlichen Kontrolle unterliegend. Damit wären Mißbrauch und Manipulation zumindest erleichtert, zumal es, jedenfalls bis jetzt, keine klare Festlegung der Kriterien gibt, ab wann jemand als extremistisch zu gelten hat. Der Willkür freie Bahn, darf man konstatieren. Und das beträfe rechte wie linke Gruppen gleichermaßen. Ehe wir also frohlocken, sollten wir lieber argwöhnisch hinschauen. Es geht um unser aller Freiheit.
Schäuble beweist mit seinem Plan – nach seiner etwas fragwürdigen Haltung zum Grundgesetz z. B. beim ESM – erneut eine etwas merkwürdige Sicht von verfassungsrechtlichen Normen. Seine Absicht mag gut gemeint sein. Sein Entwurf ist eher gemein und nicht nützlich – aber gewiß nicht gemeinnützig. Er erinnert an Putins stetes Bemühen, alles, was seinem Ansehen schaden könnte, mit fiesen Maßnahmen zu disziplinieren. Eine solche diktierte „Staatsdisziplin“ brauchen wir nicht.