Kaum ist Schleckers Kramladen-Konzern gänzlich zusammengebrochen, schon rufen alle nach dem Staat. Der hat aber damit überhaupt nichts zu tun, sieht man ´mal von den Steuereinnahmen ab. Wer ein Unternehmen betreibt, trägt das Risiko der Pleite mit sich, genauso wie die Chance, gutes Geld zu verdienen. „Solange es dem Unternehmen gutgeht, kann ich den Gewinn einheimsen. Geht´s ihm schlecht, muß der Staat her!“ – das ist Mißverständnis Nr. 1 beim Fall Schlecker. Mißverständnis Nr. 2 bei Herrn Schlecker ist seine Rolle als Unternehmer: Er saugte den Markt regelrecht aus, bewarf das Volk mit Billigstware, dargeboten in spärlichst eingerichteten Verkaufshütten mit schlecht bezahlten Verkäuferinnen, und vergaß, seine Konzeption dem Markt (und seinen Konkurrenten) anzupassen. Mißverständnis Nr. 3 war die „Geiz ist geil-Mentalität“ der Schlecker-Kunden. Man kann nicht dauern billigste Preise erwarten und glauben, das ginge endlos. Wenn sich Gier des Unternehmers mit der Gier des Kunden paart, ist bald die Luft raus – siehe Schlecker.
Nun ist das Gezeter groß. So sehr jeder einzelne Arbeitsplatzverlust bedauerlich ist und dem Betroffenen wehtut – daraus eine „Grunderkenntnis“ abzuleiten, soziale Gutmenschen seien immer rot und grün, die unsozialen Bösmenschen hingegen schwarz und gelb, ist widerlich. Aber so schreien Politiker von SPD, Grünen, Linken und Gewerkschaften unisono, reflexhaft. Der Beifall vieler Bürger auf der Straße und an den Stammtischen ist ihnen sicher. Ist ja auch eine klare Kiste, über die jeder mitdiskutieren kann. Da kann sogar eine Ministerpräsident, wie er posaunte, „vor Sorge um das Wohl der Menschen kaum noch schlafen“, schmeißt aber zur gleichen Zeit eine halbe Milliarde (das sind rd. 500 Millionen Euro) in ein Faß ohne Boden namens Nürburgring – das Eifeler Beck-Casino. Rien ne va plus! Ganz nebenbei: Der Schlecker hat wenigstens sein eigenes Geld versenkt, bei Beck sind´s unsere Steuergelder.
Man sollte aber etwas genauer hinsehen, was da bei Schlecker eigentlich passiert. Nehmen wir als Beispiel mein Heimatland Rheinland-Pfalz. (Da kenn´ ich mich aus, da bin ich zuhaus´.) Von der Schlecker-Insolvenz sind hier etwa 700 Mitarbeiter(innen) betroffen – an insgesamt 162 Betriebsstätten, also etwas mehr als 4 Mitarbeiter pro Betrieb. Über das ganze Bundesland verteilt sollte das also keine besonders schwierige Angelegenheit für die örtlichen Arbeitsagenturen sein. 4-5 Mitarbeiter pro Betrieb! Aber das Wehklagen höret nimmer auf. Der Staat muß her, Sonderprogramme und Auffanggesellschaften müssen her usw. Bei mir „um die Ecke“ ging neulich ein kleines Bauunternehmen pleite, 50 Mitarbeiter standen auf der Straße – umgerechnet etwa 10 Schlecker-Läden. Geschrei? Rufe nach dem Staat? Gar Bemerkungen des Ministerpräsidenten? Abordnungen der Gewerkschaften? Presse, Fernsehen? Nix, einfach nix – außer Schweigen. Wir lernen: Man muß nur groß genug sein – auch ein Betrug muß groß genug sein, um Aufmerksamkeit zu erregen.
Ver.di-Krawallmacher
Bei Schleckers Pleite treffen wir auf einen bekannten Krawallmacher, die omnipotente, ubiquitäre und multiple Supergewerkschaft ver.di. Schlecker war für sie schon zu Lebzeiten ein gefundenes Fressen, erst recht zum propagandistischen Ausschlachten nach dem Niedergang. Doch „was erlauben ver.di“? Die „Unternehmenskultur“, also auch die soziale Kompetenz von ver.di, unterscheidet sich kaum von der des Hauses Schlecker: zu viele Offiziere, zu wenig „einfache“ Soldaten, Gehaltskürzungen, radikaler Stellenabbau, Überarbeitung und geringe Wertschätzung des Personals, Vernachlässigung der älteren Beschäftigten. Obwohl rund zwei Drittel der Gewerkschaftsbeschäftigten älter als 55 Jahre sind, hat der ver.di-Vorstand die Vereinbarungen zur Altersteilzeit aufgekündigt. Die ver.di-Betriebsräte beschreiben ihre Gewerkschaft als Arbeitgeber der schlimmsten Sorte. So jedenfalls lautet das vernichtende Urteil des Vorsitzenden des Verbandes der Gewerkschaftsbeschäftigten, Martin Lesch, das er anläßlich des zehnjährigen Bestehens von ver.di fällte. Hat da noch jemand Fragen zu Schlecker?