Das Balzverhalten der Grünen bei der Austragung ihrer Frontmann-/Frontfrau-Spiele mag ja noch ganz amüsant sein. Gar nicht mehr lustig ist das Verhalten der Grünen, einmal an die Macht gelangt. Ein besonders abschreckendes Beispiel grüner Unglaubwürdigkeit bieten derzeit die Grünen in Rheinland-Pfalz.
Bis zu den Landtagswahlen im März 2011 waren sie nur eine kleine außerparlamentarische Gruppe, nun bilden sie mit Becks SPD eine Koalitionsregierung. Die ehemalige Landesvorsitzende (Sprecherin) der rheinland-pfälzischen Grünen, Eveline Lemke, durfte die Wirtschaftsministerin des Landes geben. Und sie gibt alles – nämlich vor allem ihre Glaubwürdigkeit auf.
Zwei Großprojekte waren (und sind) im Land, wo Wein und Reben wachsen, besonders heftig umstritten: Eine gigantische Moselbrücke und eine noch gigantischere Freizeitanlage rund um den Nürburgring. Vehement kämpften die Grünen vor der Wahl gegen die Pläne und versprachen, sich nach der Wahl für deren Revidierung einzusetzen. Konkret: Im Falle einer Regierungsbeteiligung der Grünen versprachen sie einen „Baustopp für die Moselbrücke“ und eine „rückhaltlose Aufklärung der dubiosen Finanzierung“ des Eifeler Beck-odroms. Das war sozusagen die Theorie. Und nun die Praxis:
Kaum waren die Grünen in den Mainzer Landtag eingezogen, erwiesen sie sich als brave Beifahrer in Kurt Becks Regierungslimousine, die aber bald zu Schleuderfahrten neigte. (Darüber habe ich an dieser Stelle schon mehrfach berichtet.) Statt nun – um im Bild zu bleiben – den Schleudersitz zu betätigen und die Regierungsbeteiligung aufzukündigen, blieben die Grünen gehorsamst sitzen, Seit´ an Seit´ mit dem Landes-Patriarchen. Dazu gleich mehr.
Neben vielen kleinen, die sie bei den Koalitionsverhandlungen schlucken mußten, schluckten sie als erstes die größte Kröte, die Hochmoselbrücke. Das erste grüne Mantra wurde mit Füßen getreten. Nun harrte nur noch die Kröte Nürburgring auf den Rundschlag der Grünen. Vor der Landtagswahl war besonders die Spitzen-Grüne Eveline Lemke oft und gerne zum Nürburgring gefahren und hatte lautstark gegen das ganze Projekt gewettert. Nach der Wahl ward sie dort nicht mehr gesehen, obwohl der Ring zu ihrem Wahlkreis gehört.
Die Wirtschaftsministerin hat (bis heute) keine vernünftigen Zahlen vorgelegt, aber emsig dabei mitgeholfen, den bösen Brüsselern die Schuld für das Nürburgring-Debakel zuzuschieben. Das „Debakel“ beläuft sich auf schätzungsweise 350-500 Millionen Euro; genauere Zahlen gibt es nicht. Und eben wegen des Fehlens solcher Zahlen hatte Brüssel die beantragte Hilfe von 11 Millionen Euro abgelehnt. Spätestens jetzt hätte für die Grünen der Punkt erreicht sein müssen, zu sagen: “Herr Ministerpräsident, wir fühlen uns von Ihnen getäuscht. Damit ist die Grundlage unserer Koalitionsvereinbarung entfallen.“ Aber die Grünen, inzwischen ganz auf Kuschelkurs mit der SPD, bekräftigten ihre „Treue“ zu Kurt Beck. Der grüne Landtags-Fraktionsvorsitzende Köbler erklärte noch in der letzten Woche: „Natürlich gibt es in der Fraktion nach wie vor Kritik am Nürburgring-Projekt, aber niemand stellt das Vertrauen in Kurt Beck in Frage.“
Daß die Grünen innerhalb eines einzigen Jahres so brutal von früherer Glaubwürdigkeit auf den jetzt zutage tretenden Machterhaltungstrieb umschwenken, macht nicht nur sprachlos, sondern ist skandalös – besonders wenn man den hohen Moralanspruch der Grünen ernstnimmt. Aber der gilt wohl nur gegenüber anderen.
Und das nach der größten staatlich organisierten Pleite im Land, auch bundesweit wohl einmalig in der Dimension! Eine Landesgesellschaft geht einfach pleite. Nebenbei bemerkt, hier zeigt sich wieder die Fehlkonstruktion des Länderfinanzausgleichs, an dessen Tropf Rheinland-Pfalz hängt – und der nun die Karre aus dem Dreck ziehen muß. Kurt Beck neigte derweil sein Haupt ein wenig und murmelte etwas von „es tut mir leid“, um dann achselzuckend weiterzumachen. Da müßten die Koalitionspartner doch aus der Haut springen! Doch die Grünen sind, wie CDU-Chefin Julia Klöckner es ausdrückt, „vom Verteidiger der Steuerzahler zum Verteidiger der Regierungspolitik geworden“ und sollten bald ´mal klären, ob sie „Wachhunde oder Schoßhunde“ sein wollen. Vielleicht hatte der grüne „Gottvater“ Josef Fischer weiland doch recht, als er die rheinland-pfälzischen Grünen als „Bananos“ verspottete.
Hätten sie einen Funken Selbstachtung und etwas weniger blinden Machttrieb, würden die grünen Minister des Landes jetzt zurücktreten.