Von Peter Tauber MdB
Dieser Bundestagswahlkampf hat eine neue Qualität. Standen bisher Parteien im offenen Wettbewerb, um die Gunst der Wählerinnen und Wähler zu erlangen, zeigen die Grünen mit ihrem Bundestagswahlprogramm ganz offen, wes Geistes Kind sie eigentlich sind. Dass Sozialdemokraten daran glauben, dass eine Gesellschaft besser wird, wenn man Steuern erhöht und neue Sozialleistungen erfindet, verwundert nicht. Dass nun die Grünen nicht nur in das gleiche Horn stoßen, sondern noch einen draufsetzen, hingegen schon.
Ganz offen propagieren die Grünen nun 30 Jahre nach ihrer Gründung den Bevormundungsstaat. Sie wissen, was für die Menschen gut ist. Schon bisher sind politische Forderungen der Grünen vor allem dadurch gekennzeichnet, dass Ihnen ein moralischer Anspruch innewohnt. Wer der grünen Idee nicht folgt, der ist kein guter Mensch. Er ist intolerant, denkt nicht an morgen und gefährdet die Zukunft des Planeten. Diese Haltung haben die Grünen nun in ihrem Programm manifestiert. Die Grünen wissen am besten, wofür die Bürger ihr Geld ausgeben sollten, und weil das so ist, nimmt man ihnen möglichst viel davon ab.
Beim Abkassieren sind die Grünen groß. Angeblich sind 90 Prozent der Bürger von den neuen Steuerplänen gar nicht betroffen? Vom wegen! Am Ende werde alle mehr bezahlen – auch die kleinen und mittleren Einkommen. Dies beginnt bei den indirekten Steuern auf Plastiktüten oder der geplanten Erhöhung der Tabaksteuer und endet bei der neuen Steuerprogression, die dazu führt, dass bei einer Erhöhung des Spitzensteuersatzes automatisch auch die anderen Steuersätze angehoben werden (müssen). Die von Union und FDP geplante Entlastung der kleinen und mittleren Einkommen haben SPD und Grüne gerade abgelehnt.
Weitere Vorschläge der Grünen? Die Deutschen essen zu viel Fastfood, also führen wir mal gleich eine Steuer ein. Die Deutschen verschenken zu allen möglichen Anlässen Schnittblumen, die von weither in die Blumengeschäfte transportiert werden müssen? Her mit einer Schnittblumensteuer, wenn Appelle nicht fruchten und die Umerziehung über den Geldbeutel erfolgen soll.
Der Spiegel nennt die Pläne der Grünen nicht umsonst „Raubzug mit Ansage“. Denn alle Berechnungen zeigen: Die Steuererhöhungen würden vor allem den Mittelstand in Deutschland hart treffen.
Ein weiteres Beispiel ist die Verkehrspolitik. Während Sigmar Gabriel laut über 120 als generelles Tempolimit auf Autobahnen schwadroniert, sind die Grünen schon einen Schritt weiter: Tempo 80 auf Landstraßen und maximal 30 innerorts. Und natürlich wird ordentlich in die Tasche der Bürger gegriffen, wenn jemand schneller fährt. In den Urlaub fliegen? Kein Problem, aber bitte nicht ohne eine neue Kerosinsteuer, die das Gewissen beruhigt, die Lufthansa international weniger wettbewerbsfähig macht und vor allem von Lieschen Müller bezahlt werden muss. Vielleicht trauen sich die Grünen auch und holen Vorschläge wie das Verbot von Motorrollern wieder aus der Tasche. Auch Autowerbung oder das Autofahren am Wochenende wollten grüne Politiker schon verbieten lassen.
Mit Verboten die Menschen zum Besseren bekehren ist ein beliebtes Mantra der Grünen. Dass dabei die Logik selbst auf der Strecke bleibt, sieht man an der schönen Idee, durch die Reduzierung von Autoparkplätzen die Leute zum Verzicht auf das Auto zu erziehen. Die Wirklichkeit sieht in der Regel anders aus. Die Leute verzichten nicht auf das Auto, die Parkplatzsuche dauert länger und damit steigt die Umweltbelastung. Sie fahren auch nicht weniger Auto, wenn man die Straßen nicht ausbaut und auf eine Sanierung verzichtet – das war das jahrelange Mantra grüner Verkehrspolitik. Das prominenteste Beispiel ist der grüne Kampf gegen den Ausbau der A100 in Berlin.
Auch im Alltag helfen uns die Grünen ein besseres Leben zu führen. Sie wollen Heizpilze verbieten. Dass erinnert an Thilo Sarazzin, der ja Hartz IV-Empfängern mal empfohlen hat, noch einen Pulli anzuziehen, wenn sie frieren. In dieser Reihe steht auch die grüne Umweltminister von Rheinland-Pfalz, die angesichts steigender Stromkosten den guten Rat gab, doch öfters mal das Licht auszuschalten. Paintball soll ebenso verboten werden, wie es künftig zwingend einen fleischfreien Tag an Schulen, Kitas und der Mensa meiner Uni geben soll.
Darum stellt die FAZ am 10. Mai 2013 fest: „(…) im September wird darüber entschieden, ob es in Deutschland noch mehr staatliche Regulierung, Bevormundung und Umverteilung geben wird und noch weniger Freiraum für die individuelle Entscheidung und Verantwortung des Bürgers als bisher schon.“
Der Höhepunkt für mich war die neue Aktion einiger grüner Politiker, auf Twitter mit @tatortwatch parallel zu jedem Tatort zu überprüfen, inwieweit der Drehbuchautor Bürgerrechte außer acht gelassen hat. Wer glaubt, dass der Tatort die Realität abbildet, der glaubt auch an den Osterhasen. Und der Tatort soll das auch gar nicht. Er soll uns einen spannenden Krimi liefern und möglichst den Fall in 90 Minuten lösen. Die grünen Tugendwächter achten aber jetzt schon im Fernsehen darauf, dass es da steril und genderkonform zugeht.
Wenn andere Fehler machen sind die Grünen also sofort zur Stelle und heben den moralischen Zeigefinger. Wenn eigene „Würdenträger“ als Steinewerfer gegen Polizisten oder als Pädophile identifiziert werden, dann sind das verzeihliche Jugendsünden. Über die Legitimierung des Kindesmissbrauchs durch Päderasten in den Reihen der Grünen und entsprechende Beschlüsse der Partei wollen wir gar nicht reden. Die Doppelmoral hat in der Bundesrepublik eine Farbe. Sie ist grün.
Der Stechschritt und die Pickelhaube waren das Symbol des deutschen Obrigkeitsstaates, der seinen Bürgern vorschrieb, was sie zu denken und für richtig zu halten hatten. Wer glaubt, dass die Fantasien eines solchen Staates im modernen Deutschland ausgeträumt seien, der irrt. Die Grünen haben der Pickelhaube nur einen Überzug aus Jute verpasst.
5. Juni 2013