In der Ausgabe der FAZ v. 1. Juli 2013 wurde eine Rezension zweier Bücher zu Kambodscha (“Kamputschea”) abgedruckt: Verfasser der Rezension ist ausgerechnet Joscha Schmierer, der ehem. Sekretär des KBW, der sich auch jetzt nicht nicht von seiner damaligen Beurteilung des verbrecherischen Regimes Pol Pot distanzierte.
Dazu erreichte uns folgender Leserbrief:
Leserbrief zu FAZ 1. Juli 2013: „Unbeschreibliche Brutalität…“/Neue Sachbücher
Sehr geehrte Damen und Herren,
zum ersten Mal hat mich die FAZ verärgert, zutiefst verärgert. Anderer Meinung war ich schon öfter, aber Verärgerung ist mir als treuer Leser dieser Zeitung, die ich seit 44 Jahren (!) mit Freude und Genuss lese, neu. Grund ist die Rezension der Bücher über Pol Pot „Auslöschung“ und „Pol Pots Lächeln“ durch Joscha Schmierer. Ich wundere mich zunächst, dass Sie ausgerechnet diesem (ehemals?) glühenden Pol Pot-Verehrer so viel Platz zur Verfügung stellen für eine Bewertung zweier Bücher, die das ganze Ausmaß der menschenverachtenden „Revolution“ in Kamputschea erkennen lassen – ohne dass der Rezensent auch nur eine Spur von Reue zeigt. Er gehörte während der APO-Zeit zu den begeisterten Verehrern Pol Pots. Davon erfährt der geneigte Leser nichts. Lediglich ein absolut harmlos klingender Satz verrät, dass er Kontakt nach Kambodscha hatte: „…besuchte ich als Leiter einer Delegation des Kommunistischen Bundes Westdeutschland Ende1978 (…) das Demokratische Kamputschea. Enthusiastisch waren unsere Berichte nicht, eher defensiv. Aber wir hatten auch nur Fortschritte gesehen…“
Soviel Zynismus fasst man nicht. Derselbe Joscha Schmierer war in den schlimmen westdeutschen Revolutionsjahren der APO nicht irgendein Mitläufer, sondern bestimmende und über zehn Jahre prägende Führungsfigur des KBW („Sekretär“). Er hatte noch am 15. April 1980 als KBW-Führer den damaligen KP-Chef Kambodschas, Pol Pot, in einem Gruß-Telegramm „unsere feste Solidarität“ bestätigt. Und dies, obwohl die ganze Welt damals schon wusste, dass Pol Pot rund zwei Millionen Kambodschaner hatte ermorden lassen. Aus dem Text des Telegramms:
„…anlässlich des 5. Jahrestages des Sieges des kampucheanischen Volkes in seinem Kampf gegen den US-Imperialismus unsere feste Solidarität mit dem Kampf gegen die sowjetisch-vietnamesische Aggression.(…) Der Kampf des kampucheanischen Volkes ist ein wichtiger Beitrag zum Weltfrieden. Seine Siege im Kampf gegen den US-Imperialismus und beim Aufbau des Landes hat das kampucheanische Volk unter der Führung der Kommunistischen Partei Kampucheas errungen. Sie sind das Ergebnis der korrekten Linie der KPK und der korrekten Politik der Einheitsfront im Inneren wie in den internationalen Beziehungen…“
Im KBW-Blatt stand zuvor: „Das Volk von Kampuchea verwandelt sein Land in einen blühenden Garten.“ Die zwei Millionen in diesen „blühenden Gärten“ von Pol Pot ermordeten Menschen erwähnte das KBW-Blatt nicht. Schmierer antwortete später (1997 in „jungle world“) auf die Frage, warum er damals den Terror Pol Pots ignoriert habe: „Weil man´s nicht sehen konnte. Das Land machte keinen militarisierten Eindruck, man sah wenig Soldaten, und die wenigen machten einen zivilisierten Eindruck.“
Es ist zudem eine Ironie der Geschichte, dass nämlicher Joscha Schmierer unter dem „Grünen“ Außenminister Joschka Fischer 1998 in den Planungsstab des Auswärtigen Amtes (AA) berufen wurde. Darüber empörte sich u. a. der renommierte Buchautor und Botschafter a. D. Erwin Wickert: „…Mir ist der Gedanke unerträglich, dassunsere Außenpolitik heute u.a. von einem Mann entworfen wird, der sich zu einem Massenmörder wie Pol Pot bekannt hat…“
Und dieser Mann erhält heute von der angesehenen FAZ ein Podium, ohne jede innere Distanzierung Bücher zu besprechen, die sich mit dem Terror-Regime Pol Pots auseinandersetzen. Das hätte nicht sein müssen.
Mit freundlichen Grüßen
P. H.