Waldemar Pabst
Die Syriendiskussion wirft in diesem Land ein gleißendes Schlaglicht auf eine gar nicht neue Entwicklung, die Annäherung zwischen Rechten und Linken, sofern es um die gemeinsame Ablehnung der USA, ihrer Politik und Kultur geht. Dabei sind mit Rechten nicht die Neonazis in allen Ausformungen gemeint, bei denen ist es immer so gewesen und darum uninteressant. Vielmehr hat sich auf der konservativen Seite eine inzwischen bedeutende nationalkonservative Bewegung gebildet, deren Konservatismus nicht mehr im Sinne von Reagan oder Strauß die Werte der freien Welt propagiert, sondern die in ihrem Denken ans Deutschnationale anknüpft, als wäre diese Seite der deutschen Rechten nicht freiwillig auf den Müllhaufen der Geschichte im Nazireich gesprungen und hätten nicht ihre Überlebenden den historischen Fehler erkannt, innerhalb der CDU den westdeutschen Staat mit seiner atlantischen Bindung und den Werte der offenen Gesellschaft aufgebaut.
Schon in ihrer Verachtung für die amerikanische Kultur, dem verbiesterten Glauben an die Überlegenheit europäischer Gedankenschwere gegenüber der angeblichen Kommerzgesellschaft, treffen sie sich mit der Linken, man sehe sich DDR Propaganda aus 40 Jahren Linksparteidiktatur an, lese wie es im grünen Verbotssektierer denkt. Verdrängend, dass die Fastfoodgesellschaft das tiefschürfende Europa im letzten Jahrhundert gleich zweimal vor dem Untergang retten durfte, in Deutschland peinlicher Weise Freiheit und Demokratie mit Waffengewalt einzuführen waren. Dieses Verbindungsglied blieb übertüncht vom Hass, mit dem die Linke bisher die Nationalkonservativen verfolgte, die AfD hat es zuletzt bemerken dürfen, obgleich die Überwachungsdiskussion um den Verräter Snowden für den, der lesen konnte, zuvor bereits erstaunlichen Gleichklang offenbarte.
Assad macht es unübersehbar. Am 30.08. erschien in der Jungen Freiheit, dem publizistischen Sprachrohr der Jungkonservativen, ein Artikel, der nicht nur an Dreistigkeit, mit der Tatsachen geleugnet, die Wirklichkeit verbogen und die Hintergründe verzerrt wurden, kaum zu überbieten war, sondern der nahezu ohne jede Umarbeitung auch in der Jungen Welt hätte erscheinen können.
Grob gesagt, wer es sich antun möchte, sehe nach, hat Autor Gläser, nachdem er entlarvender Weise noch eine kleine Verschwörungsbrücke zum Thema NSA schlägt, als glaubte er wirklich, in den USA würde jemand Angriffe gegen Ziele in Syrien führen, um von dieser albernen Überwachungsdiskussion abzulenken, die der Generation Facebook eh am Arsch vorbei geht, folgende Thesen:
Es wäre nichts bewiesen, die Ausrede aller, die auf keinen Fall handeln wollen, was interessieren schon mehr als 100.000 Tote, wenn dem Herrn Gläser, der es gar nicht wissen will, kein ihn überzeugender Beweis geliefert wird, dass Assad-Soldaten die Gasgranaten abgeschossen hätten.
Der Westen hätte kein Recht, einzugreifen, weil Syrien ja ein souveräner Staat wäre, ein formaler Stuss, der schon brechreizfördernd ist, zumal in Syrien auf der Assadseite am wenigsten Syrer kämpfen, vielmehr reguläre iranische Verbände und deren Hisbollahhilfstruppen die Hauptlast der Kämpfe tragen, Russen vermutlich die Raketeneinheiten organisieren.
Diese beiden Hauptargumente sind 1:1 der SED, der ihr angeschlossenen Friedensbewegung und den restlichen Linksgruppierungen von Grün bis SPD entnommen. Junge Freiheit, Junge Welt, eine Soße, die sich in der Ablehnung der USA zusammen gefunden hat. Dass dort, wo die Menschen sich seit zwei Jahren schlachten und auswärtige Mächte um die Vorherrschaft kämpfen, gar nicht mehr eskaliert werden kann, wird ignoriert. Erst wenn die USA drohen, auch nur kurz gegen die Vergaser zu handeln, entdeckt die Junge Freiheit den Krieg. In der blinden, antiamerikanisch fixierten Weltsicht, unterscheidet einen Gläser nichts von Kommunisten und Ökopaxen. Nur eine Differenz verbleibt. Die Linke hält es für eine heilige Handlung, durch Pazifismus andere dem Tod zu überantworten, während die Rechte die unterlassene Hilfeleistung mit Eigennutz begründet, lasst uns in Ruhe, was in der Welt passiert, ist nicht unser Problem. Die Wahlampffängerei dieser AfD mit dem Bismarckzitat von den Knochen des pommerschen Grenadiers spricht Bände, zumal noch nicht einmal nach deutsch uniformierten Grenadieren gefragt wurde.
Man könnte meinen, mit dem dritten Argument würden sich die Welten trennen. Weit gefehlt. Hier kommt die alte Leier von den Islamisten und ihrer Gefährlichkeit, sollten sie in Syrien siegen. Gläser verschweigt eisern, dass Assad zum Abhängigen von Islamisten geworden ist, der Iraner nämlich, die den Kampf für ihn führen, nach dem seine eigene Armee längst zerfallen ist und er sich nur noch auf Alevitenmilizen stützen kann. Der Iraner, ohne die er längst Gaddafis Schicksal geteilt hätte, die den Gottesstaat seit mehr als drei Jahrzehnten haben, mit moderner Armee an der Atombombe bauen und dabei sind, die Grenze zu Israel unter ihre Kontrolle zu bringen, das ganze Gefüge des Nahen Ostens ändern wollend. Es gibt kein zurück zu einem Status quo ante, keinen säkularen Tyrannen Assad mehr, sondern nur eine Marionette der Mullahs, sollten die gewinnen. Gläser geht darauf mit keinem Wort ein, er führt seine zumeist islamkritischen Leser bewusst in die Irre. Ist es auf der linken Seite anders? Auch hier wird der Iran so gut wie nie erwähnt, obgleich er mittlerweile die Hauptrolle in der Tragödie einnimmt und wird neuerdings der Schrecken der Salafisten von denselben Leuten gespielt, die letzte Woche noch Sturzbäche von Krokodilstränen über tote Moslembrüder vergossen hatten. Vielleicht in der Formulierung etwas überarbeitet, wäre auch der letzte Absatz für die Junge Welt zu übernehmen gewesen.
Gläsers Artikel ist nur exemplarisch für das Zusammenrücken von Links und Rechts, wenn es um Amerika geht, um globale Politik und das Einstehen für die Werte der Freiheit. Keiner wagt noch zu erwähnen, dass es angesichts der iranischen Gefahr tatsächlich um das Überleben des einzigen freien und demokratischen Staates in dieser Region geht, der Iran um die Linie zu Israel in Syrien kämpft, das mit dieser ganzen syrischen Auseinandersetzung bis heute überhaupt nichts zu tun hat und dennoch schon das Ziel der Racheschwüre ist. In Wahrheit ist Antiamerikanismus immer eng verbandelt mit der Abneigung gegen alles Jüdische. Der Nationalkonservatismus ist auf dem besten Wege, sich auch diesen Schuh für alle sichtbar anzuziehen. Während er sich ins Deutschtümeln ohne für die Freiheit anderer Opfer bringen zu wollen, zurück zieht, Vordenker beginnen, Texte darüber zu verfassen, wo welche gesunde Nahrung aus heimischer Scholle zu kaufen wäre, ist es die grüne Verbotspartei, die am besten gleich die ganze Welt an ihrem sektiererischen deutschen Lebensstil genesen lassen möchte. Beides aufeinander zulaufende Varianten des Deutschland über alles.
Immer deutlicher wird auch beider Anfälligkeiten für die absonderlichsten Verschwörungstheorien. Dass die Linke hinter allen amerikanischen Handlungen nur berechnendes Denken sieht, selbst im Falle des rohstofflosen Syrien kommt unweigerlich in jeder Diskussion irgendwann das Ölargument, ist allgemein bekannt. Es war die FAZ, die in ihrem Feuilleton einem deutschen Geschichtsprofessor Raum gab, wirklich übelsten Verschwörungsmüll zu publizieren, der nicht einmal davor zurück schreckte, sich auf ein Werk des Rechtsphilosophen der Nazis, Carl Schmitt, zu beziehen, das dieser 1941 geschrieben hatte, um den deutschen Anspruch zu belegen, Osteuropa ohne westliche Einmischung mit Vernichtungskrieg überfallen zu dürfen. Das Machwerk ist widerwärtig, dass die FAZ dies veröffentlichte, zeigt, wie weit die Entwicklung von der freien Welt hin zum deutschen Nationalempfinden auf der demokratischen rechten Seite am Fortschreiten ist.
Der Konservative steht heute am Scheideweg. Geht er zurück ins längst überlebte Deutschnationale oder bleibt er der Vorkämpfer des Geistes der Freiheit? Adenauer, Strauß, viele andere, selbst Kohl, ihre Stimmen sind nicht mehr zu hören. Ein Deutschland, in dem die freie Welt nicht nur durch ihre Feinde, SED und NPD, bekämpft wird, sondern von demokratischer Rechter wie Linker bis tief in die SPD hinein mit einer Wolke des dumpfen Nationalökologismus erdrückt wird, ist eine finstere Vorstellung. Mehrheitsfähig ist dieser Ungeist schon heute, die Junge Freiheit längst im politischen Mainstream und der hiesigen Political Correctness angekommen. Sie riecht nach deutschem Mief, nicht anders als die Grünen.
Die Werte des Westens zu bewahren in einer Zeit der Werterelativierer, Genderschwachmanen, Neosozialisten, der Idee einer sanften europäischen Bürokratendiktatur, der Klimaideologen, mit ihrer Lust an der Ökodiktatur, der Verschwörungstheoretiker und elender Feiglinge, die Monster morden lassen und sich hinter Scheinargumenten verstecken, das bleibt die Aufgabe des freiheitlichen Konservativen!
Hatte ich schon einmal geschrieben, ich weiß.