Warum die Frauenquote für das weibliche Geschlecht eine Katastrophe ist

Wahlplakat von 1919. Von wem?  Natürlich der SPD.
Wahlplakat von 1919.
Von wem?
Natürlich der SPD.

Von Thomas Böhm

Ich weiß, wovon ich schreibe. Ich bin unter Frauen großgeworden, habe unter Frauen gelernt und diene als Ehegatte immer noch dem weiblichen Geschlecht. Wahrscheinlich werden mich Frauen auch zu Grabe tragen. Ob dann allerdings im Himmel irgendwelche Jungfrauen warten, kann ich zur Zeit noch nicht beurteilen.

In meinem Leben also war die Frauenquote von Anfang an sehr hoch, bestimmend für mein Sein und Werden. Dafür gab es natürlich einen triftigen Grund: Der Erzeuger hatte sich gleich nach dem Akt vom Acker gemacht. Und so musste mich meine Mutter seelenallein, nur mithilfe meiner großen Schwester, aufziehen.

Die Folgen sind – vor allem für meine Nachbarn – noch immer spürbar. Wenn ich einen Nagel in die Wand schlage, zerbröseln sämtliche Häuser in der Umgebung, treibe ich ganze Stadtviertel in die Ruine. Dafür profitiere ich noch heute von den guten Schulzeugnissen in den Fächern „Musik“ und „Gedichte“. Ich bin ein Virtuose beim Keifen und reime mir die Wirklichkeit selber zusammen. Da ich im Sportunterricht dagegen zumeist als „unpässlich“ krank gemeldet war, kann ich heute noch nicht das Runde vom Eckigen unterscheiden.

Die Berufsausbildung war ebenfalls feminin ausgeprägt. Als ich zu Beginn der Achtzigerjahre mein Volontariat bei einer kleinen alternativen Zeitung absolvierte, hüpfte gerade die Frauenbewegung aus ihren Startblöcken. Dabei wurde ich eines Tages Zeuge eines Befreiungsaktes, der mich noch heute beim Gute-Nacht-Gebet immer wieder ablenkt. „Wir machen euch platt“, lautete die Losung der jungen Frauenbewegung, und um das zu unterstreichen, rissen an diesem besagten Morgen alle weiblichen Redaktionsmitglieder während einer Konferenz ihre Blusen herunter und zogen oben herum blank. Von wegen „Das habt ihr nun davon, ihr Sexisten“.

Während die echten Mannsbilder unter den anwesenden Kerlen triumphierend applaudierten, schoss mir als Weichei das Blut in den Kopf, und ich verkroch mich mit eingeklemmten Schwanz in die Dunkelkammer.

Es half alles nichts. Die Zeitung war nun in Frauenhände übergegangen, und ich mutierte zum Handlanger dieser neuen Weiblichkeit. Als Testperson für die Durchsetzung der journalistischen Emanzipation durfte ich dann in den Redaktionsstuben so einige Experimente über mich ergehen lassen.

An eines dieser Männchen-Mach-Versuche erinnere ich mich noch heute mit Grauen. In dem Raum, in dem ich arbeitete, war ich, wie schon früher in meiner Kindheit, von Frauen umzingelt, hockte verloren zwischen all diesen grundwütigen Weibsbildern. Und das andere Geschlecht hockte hoch. Man hatte mir einfach in einer Nacht-und Nebelaktion die Stuhlbeine gekürzt. Ich war somit dazu gezwungen, ständig hochzugucken, wenn die eine oder andere Domina einen harschen Befehl über meinen Scheitel pustete. Die Aussicht von hier unten war im Prinzip gar nicht so übel, aber mein Nacken machte mir alsbald Probleme, und so musste ich mir Hals über Kopf einen anderen Job suchen.

Aber auch außerhalb des Verlages, in den vielen anderen alternativen Initiativen, die Arbeit für mich hatten, tobte Anfang der 80er Jahre der Hexentanz. Überall hatten jetzt die Frauen das Ruder übernommen. „Mann über Bord“ wurde zum alltäglichen Slogan der Frauenbewegung. So richtig gruselig aber ging es in den sogenannten öffentlichen Saugstationen zu. Dort hingen pubertierende Jünglinge an Mutters Brust, einige bereits schon größer als die Säugenden.

Spätestens jetzt war für mich Schluss mit lustig. Mir war der Appetit vergangen, und so wendete ich mich verzweifelt dem eigenen Geschlecht zu. Zumindest temporär, was mich dann über diesen Umweg als maskulin Unverdächtiger allerdings ganz schnell wieder zurück in den weiblichen Schoß trieb.

Eines ist mir in den Wirrnissen und Irrnissen bereits in diesem Frühstadium des Geschlechterkampfes aufgefallen: Waren die Weiber mal unbeobachtet, so richtig unter sich, ging es zu wie in einer Schlangengrube, in die jemand kochendes Nudelwasser gegossen hatte.

Sie zankten sich wie die Kesselflickerinnen (wahrscheinlich war das auch der Grund, warum für diesen Berufszweig als erstes die Frauenquote verlangt wurde und sich durchgesetzt hat). Sie haben gelästert, gehetzt, gegeifert, sich bespitzelt und sich die Männer (egal ob Macho oder Weichei) gegenseitig abgeschwatzt. Sie haben Gift gespritzt und Galle gespuckt, wenn es um Posten, Positionen und persönliche Bereicherung ging. Nein, die Emanzen, meist im grünen Sumpf politisch engagiert, waren sich überhaupt nie grün, wenn’s um die eigenen Vorteile, um die Karriere ging.

Hatten sie dieses Verhalten von den ach so verhassten Männern abgeguckt, oder brach jetzt, nachdem der Widerstand gebrochen war, das wahre Böse aus dem vormals so unterdrückten Geschlecht hervor, wie eine schlecht verdaute Mahlzeit?

Egal, auf jeden Fall war die Methode immer dieselbe. Erst wurde der Rudelführer, oder die Rudelführerin, angebaggert, dann sich mit Wimpernschlag angekuschelt und gleichzeitig mit Argusaugen beobachtet, dass sich die weibliche, zumeist jüngere und hübschere Konkurrenz ja nicht zu weit heran schlich. Tat sie es doch, wurden sämtliche weiblichen Waffen gezückt. Und die waren schon damals ganz besonders heimtückisch. Viel treffsicherer, schmerzvoller und unheilbarer als die primitiven Waffen des Mannes.

Jeder, der schon einmal in die Augen einer beleidigten, enttäuschten, wütenden, zurückgelassenen Frau gucken durfte, weiß, wovon ich spreche. Abgrundtiefer, gnadenloser Hass, mit dem Abdruck eines Lippenstiftes serviert.

Noch ein wenig schlimmer wurde es etwas später in einer großen Boulevardzeitung. Als ich dort anfing, hatten sich bereits jede Menge feuriger Drachen ihre zerknitterten Hintern auf den Chefsesseln breitgesessen.

Hinter dem Vorhang der bürgerlichen Etikette ging es zu wie in einer Schlachterei. Das Vieh, das waren die frischen und ehrgeizigen Praktikantinnen, Volontäre und Absolventinnen der Journalistenschulen, die ebenfalls ganz schnell, ohne großen Aufwand und Widerstand, hoch hinauswollten.

Doch sie wurden von den Ressortleiterinnen, Chefsekretärinnen und Textchefinnen regelrecht zerlegt und ausgeweidet. Sie wurden mit unerfüllbaren Sonderaufträgen blockiert, in ewige Warteschleifen gehängt, oder mit der schlimmsten aller Waffen, der kalten Schulter, in die Verzweiflung getrieben.

Oh ja, das Waffenarsenal der Frauen war in dieser Szene ebenfalls um einiges vielseitiger und raffinierter als das der Männer. Die mächtigen Frauen brüllten nicht herum, es gab auch eher selten etwas auf die Fresse. Wenn diese Frauen zuschlugen, wuchs weder Gras noch sonst was.

Bittersüß schmeckte die Rache. Gerne wurde mal der Vorgesetzten mit einem süffisanten Lächeln die Visitenkarte eines Schönheitschirurgen auf dem Schreibtisch platziert, oder der Kassenbon der Chefin aus der Weinhandlung im Großraumbüro herumgereicht.

Was für eine Energieverschwendung!

Wenn man sich jetzt vorstellt, dass durch die Frauenquote noch mehr Frauen die Chefetagen vergiften und mit ihren High Heels nach unten – direkt ins weibliche Geschlecht – treten, kann einem als Frauenversteher doch nur übel werden. Was muss der so anmutig gewachsene Nachwuchs leiden! Ist es doch viel schwerer, auf dem Weg nach oben am eigenen Geschlecht vorbei zu huschen. Was werden sich die reiferen Frauen und die jüngeren Frauen im Kampf um gesellschaftliche Anerkennung gegenseitig quälen und demütigen, da freut sich nicht mal mehr der dritte – Mann.

Es ist doch klar. Wenn es um Posten, Macht und Kohle geht, spielt es nun mal keine Rolle, wie die Teilnehmer dieses Spielchens unterhalb der Gürtellinie bestückt sind. Nur die Methoden sind unterschiedlich. Der Krieg aber findet in den Köpfen statt, und in den Firmen und Unternehmen wird es nicht friedlicher, fröhlicher oder freundlicher zugehen, sondern höchstens femininer, also ein Stück gemeiner, wenn die Frauenquote in den Chefetagen eingeführt wird.

Außerdem Mädels, seid doch mal ehrlich. Es macht doch viel mehr Spaß, einen Testosteron gesteuerten Vorgesetzten um den Finger zu wickeln, als einer Gleichgeschlechtlichen die Augen auszukratzen.

Die Frauenquote – also ich als Frau würde mir das nicht antun wollen.

(29.5.14/Vatertag)

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