Wie Zorn der Ge-Rechte aus Margot Käßmann eine wehrhafte Protestantin machte

Grafik: Thomas Böhm
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Neue Serie auf JouWatch! Zorn der Ge-Rechte Von Thomas Böhm Jeder politische Widerstand braucht eine Tüte Humor und einen unanständigen Helden. Ansonsten macht das alles keine Laune. Beides finden Sie ab heute auf JouWatch. Erfreuen Sie sich jeden Sonntag über die unglaublichen Abenteuer von „Zorn der Ge-Rechte“! Die Vorgeschichte Als Zacharias Zorn zwei Jahre alt war, fiel er beim Besuch eines Atomkraftwerks mit seinem angetrunkenen Vater an der Hand in eines dieser furchterregenden Auffangbecken. Der Vater blieb zwischen den Brennstäben hängen und verstarb noch an der Unfallstelle. Zacharias überlebte, und war, wie einst Obelix, seit dem auf wundersame Weise mit gewaltigen Kräften ausgestattet. Bereits kurz nach diesem Ereignis verfügte er außerdem über übersinnliche Fähigkeiten, einen IQ von mehr als 200 und einer umwerfenden, hypnotischen Ausstrahlung, die jeden überzeugen kann. Er wurde innerhalb einer Woche erwachsen, las sämtliche Nachrichten und Bücher der letzten hundert Jahre, wurde wütend und kaufte sich eine Flachzange, um bei den Gutmenschen die gelockerten Schrauben wieder zu befestigen. Sein schnell erworbenes Vermögen gibt Zack Zorn auch heute noch gerne und fast vollständig für Kleidung aus, denn dieses Erfrischungsbad im Atomkraftwerk hatte ihn auch zu einem Verwandlungskünstler geformt. Lesen Sie heute die erste Folge der neuen JouWatch-Helden-Saga Wie Zorn der Ge-Rechte aus Margot Käßmann eine wehrhafte Protestantin machte Margot Käßmann staunte nicht schlecht, als sie aus dem Koma erwachte. Um sie herum herrschte völlige Finsternis. Es war heiß und trocken. Sie dürstete gar fürchterlich, und so etwas wie Angst kroch in ihr hoch, so wie das Getier, das versuchte, in ihrem Ausschnitt Geborgenheit zu finden. Was war passiert? Mit den rasenden Kopfschmerzen kam jetzt schemenhaft auch die Erinnerung zurück. Sie hatte in einer Kirche von der Kanzel mal wieder den Weltfrieden gepredigt, das Publikum war glücklich, selig und zufrieden aus dem Kirchenschiff gewankt, und sie wollte gerade die letzte Kerze auspusten, als plötzlich dieser Mann vor ihr gestanden war und ihr etwas ins Gesicht gepustet hatte. Er muss mich betäubt und an diesen unwirtlichen Ort verschleppt haben, kam Frau Käßmann jetzt in den Sinn. Und ihr Instinkt hatte sie nicht getäuscht. Zorn der Ge-Rechte, der in der Finsternis unbemerkt neben ihr gehockt und sie bewacht hatte, knipste eine Taschenlampe an und strahlte in ihr Gesicht, auf dem sich auf Grund der Geschehnisse die Schminke etwas selbstständig gemacht hatte. „Keine Angst, Frau Käßmann“, sagte Zorn. „Noch sind Sie in Sicherheit. Ich habe Ihnen nur etwas entwaffnenden Charme ins Gesicht geblasen und Sie hierher verfrachtet, damit auch mal andere Menschen Ihre Friedensbotschaft genießen können.“ Frau Käßmann hatte sich jetzt aufgerappelt, fegte den Staub von ihrem Kostüm und rannte nervös durch die Finsternis. Dabei stieß sie ständig gegen eine der vier Wände. Sie schienen aus Lehm oder Ton zu sein. Sie musste sich in einer Hütte befinden. In einer sehr armseligen Hütte. Sie hatte nirgendwo einen Flachbildfernseher gerochen. Von einer Toilette ganz zu schweigen. „Was heißt ‚hierher‘? Was ist das überhaupt für ein Drecksloch? Und was bilden Sie sich eigentlich ein, mir die Freiheit zu rauben und mich zu entführen? Das wird gerichtliche Konsequenzen für Sie haben!“. „Da mache ich mir keine Sorgen. Denn wie es aussieht, wird das Gesetz hier bald auf meiner, der Seite des Entführers, sein. Aber damit Sie nicht weiter wie ein Irrlicht durch diese Hütte flattern müssen, zeige ich Ihnen, wo wir uns befinden.“ Zorn nahm seine „Gefangene“ an die Hand und führte sie nach draußen. Frau Käßmann sah hier erstmal allerdings auch nicht viel. Die gleißende Sonne blendete, sie musste blinzeln. Erst als ihr Zorn eine Sonnenbrille auf die Nase gestülpt hatte, konnte sie ahnen, wo sie war. Nicht in Deutschland, nicht in einer Kirche, sondern in irgendeiner arabischen Wüste. Margot Käßmann blickte sich um. Tatsächlich war sie aus einer kleinen Hütte gekommen, ohne Fenster, ohne Tür. Ein dunkles Verließ, aber immerhin noch nicht zerstört, wie all die anderen Hütten auf dem Hügel. Hier musste einmal ein Dorf gewesen sein. Mit kleinen Häusern, nicht besonders luxuriös aber sicherlich zweckdienlich, die aber zu Ruinen zerbombt worden waren. Mit Menschen und Tieren, deren stinkende Kadaver überall verstreut waren. Direkt vor ihren Füßen lagen die Augen von Jürgen Todenhöfer und die Hände von Jakob Augstein. Frau Käßmann musste würgen. „Mein Gott, was ist denn hier passiert?“ „‘Mein Gott‘ ist ein gutes Stichwort. Das hier war mal ein Dorf, in dem Christen gelebt haben. Bis die Islam-Terroristen kamen und alles zerstörten, die Bewohner töteten oder entführten, um sie zu versklaven.“ „Das ist ja entsetzlich. Das hat Gott bestimmt nicht gewollt!“. „Als ob jemals ein Mensch wissen würde, was Gott wirklich will. Er kann es ja höchstens vermuten und für seine Zwecke interpretieren, oder?“ „Was weiß ich. Ich weiß nur, ich will so schnell wieder hier weg. Das ist nichts für mein zartes Gemüt.“ „Da müssen Sie sich aber den Weg nach Hause freikämpfen, denn so wie es aussieht, kommen die Gotteskrieger zurück.“ Margot Käßmann wurde kreidebleich, als sie den Hügel hinunterblickte. Tatsächlich stürmten von allen Seiten schwarz maskierte, schwer bewaffnete Männer heran. An den Fahnen, die sie schwenkten, konnte die Arme erkennen, was sich da zusammengebraut hatte. Es waren die Elite-Kämpfer für interreligiöse Angelegenheiten der Hamas, Boko Haram, Taliban, Al-Nusra-Front, Al-Shabaab-Miliz und weiteren Abgesandten des Todes, die brüllend auf sie zustürmten, und dabei ziemlich viel Staub aufwirbelten. „Die werden mir doch nichts antun? Ich bin eine Frau und eine Botschafterin des Friedens“, kreischte die Eingekreiste. „Da wäre ich mir nicht so sicher“, sagte Zorn. „Wollen Sie sich nicht lieber bewaffnen?“ „Niemals!“, schrie Margot Käßmann. „Mit Gewalt löst man keine Probleme. Gibt es hier nicht irgendein Schwert, das ich zur Pflugschar machen könnte?“ „Leider nicht. Die wurden schon vor einiger Zeit entwendet und zu Schwertern verarbeitet.“ Die Männer hatten die beiden fast erreicht. Es duftete nach Blut, Schweiß und Tränengas. Zorn zog sich zurück, versteckte sich hinter einem Brunnen. „Sie können mich doch hier nicht alleine lassen. So mit leeren Händen!“, wimmerte der Friedensengel. „Das kriegen sie schon hin, und mit leeren Händen lasse ich sie natürlich nicht im Hagel der Granaten stehen“, sagte Zorn und warf ihr ein etwas älteres Exemplar der Bibel vor die Füße. „Dankeschön. Das wird sie aufhalten“, freute sich Frau Käßmann, hob die Heilige Schrift auf und streckte diese den Bösen entgegen. „Friede sei mit Euch!“, rief sie aus ganzem Herzen und mit zittriger Stimme. Doch sie erntete nur Flüche, Hohn und Spott. Die Terroristen fletschten ihre Zähne und zückten die Waffen. „Gott steh mir bei“, wisperte das Margottchen, schaute in den Himmel und faltete die Hände zum letzten Gebet. Und Gott stand ihr bei. Irgendwie, indirekt. Ein Blitz durchfuhr die Verzweifelte, und in diesem Augenblick ging ein Ruck durch die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland. Ihr friedvolles Antlitz verwandelte sich in eine Fratze des Zorns. Sie rannte wutschnaubend los und schlug mit der dicken Bibel (Hardcover-Ausgabe) dem Anführer den Schädel ein. Es war vor allen Dingen das schwer wiegende Alte Testament, das mit seiner durchschlagenden Wirkung den Kopf des Ober-Terroristen in ein Trümmerfeld verwandelte. Den Rest erledigte Zorn mit gezielten Schüssen aus seiner “Peacemaker”. „Heilige Scheiße! Was habe ich getan“, rief Margot Käßmann und warf die Bibel angewidert in den Brunnen. „Ich hätte doch meine andere Wange hinhalten müssen!“ „Das können Sie immer noch“, lachte Zorn und gab ihr einen Kuss. Da strahlte Margot Käßmann wie ein Honigkuchenpferd, und Zorn brachte sie heil, aber nicht heilig, dafür aber in einem Stück wieder nach Hause. Dieses war der erste Streich, doch der zweite folgt am nächsten Sonntag. Zeichnung: Stefan Klinkigt

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