Von Thomas Böhm*)
Jahrelang wurde uns eingetrichtert, dass Multikulti die Lösung aller Probleme, ja sogar das einzig vernünftige gesellschaftliche Zukunftsmodell wäre, da ansonsten zwischen Elbe und Oder nur noch der einsame Steppenwohl vor leerer Kulisse heulen würde. So wurde Deutschland mit Zuwanderern aus aller Herren armen Länder bereichert, was bei einigen ängstlichen Eingeborenen emotional bedingte Abwehrreflexe auslöste.
Doch darauf wurde keine Rücksicht genommen und stattdessen jeder Frischling von oben herab herzlich willkommen geheißen. Herein in die gute Stube Deutschland, hieß es und heißt es jetzt noch mehr – mit dem Versprechen, hier würde ein riesiger Eintopf der Vielfalt auf offener Flamme am Köcheln bleiben und uns alle wärmen und satt machen.
Indianerehrenwort.
Doch Schietndiddi. Deutschland hat sich vermultikultiviert, ist zu einer Rennbahn der Parallelgesellschaften geworden, wurde zu einem Kampfplatz der Kulturen verwüstet. Statt von einander zu profitieren, sich vielleicht sogar gegenseitig zu befruchten, gibt es allerhöchstens ein misstrauisches Nebeneinander, artet fast jede Begegnung zwischen den Alten und Neuen in eine Konfrontation aus, wird der Dialog im wahrsten Sinne des Wortes mit den Füßen getreten und auf offener Straße ausgetragen.
Dabei könnte es so einfach sein. Man muss sich am Wochenende einfach mal die Sportschau angucken, da sieht man, wie es rund laufen könnte – wenn ein Ball mit im Spiel ist und fast die ganze Welt auf den Platz stürmt. Wenn sich ein wahrlich buntes Völkchen auf dem grünen Rasen trifft, um zu bolzen, funktioniert auch Multikulti. Einwandfrei (Sieht man mal von einigen Zuschauern ab).
Und das hat gute Gründe:
Sämtliche Teilnehmer an diesem Gesellschaftsspiel lassen ihren Glauben, ihre politische Gesinnung, ihre sexuelle Orientierung, ihre gesellschaftliche Stellung und ihre Herkunft in der Umkleidekabine, bevor sie als Team loslegen dürfen. Vor Anpfiff werden klare Regeln aufgestellt. Wer sich nicht daran hält und foult, wird erst verwarnt, und wenn er immer noch nicht hören will, bekommt er die rote Karte und wird vom Platz gestellt. (Wie es nicht funktioniert, beweisen uns immer wieder die herkunftsorientierten Gerichtsurteile außerhalb der Stadien).
Jeder Spieler bekommt vom Trainer die Rolle und die Aufgabe zugewiesen, die seiner Mentalität und seinem Können entsprechen – egal ob er angreifen, verteidigen oder dirigieren soll. Jedes Mal muss der Spieler sich die Mühe machen, diese Erwartungen zu erfüllen, wenn er nicht auf der Ersatzbank landen will. Denn hier steht die gemeinsame Aufgabe, das gemeinsame Ziel im Vordergrund. Es zählt zwar das Individuum (das erkennt man an den unterschiedlichen Gehältern), aber nur, wenn es sich als Teamplayer bewährt. Denn letztlich kann nur die Mannschaft gewinnen (aber natürlich auch verlieren), kann man nur gemeinsam aufsteigen (oder absteigen), nach oben klettern (oder runterfallen), weiter kommen (oder stehen bleiben). Verletzte werden gepflegt, so lange, bis sie wieder für das Team zur Verfügung stehen und ihre Leistung bringen.
So etwas würde sicherlich auch außerhalb des Spielfelds möglich sein – wenn man in der Politik den Chef-Trainer, die Manager und die Assistenten austauscht.
*) Thomas Böhm ist Chefredakteur des Mediendienstes „Journalistenwatch“ und häufiger Kolumnist bei conservo