Eine politische, nicht nur eine religiöse Herausforderung
von Peter Helmes*)
Es ist unvorstellbar, was vor der Augen der ganzen Welt vor sich geht. Die Greuel sind so entsetzlich, daß viele Menschen wegschauen oder sie nicht sehen wollen. Die Brutalität, mit der jetzt Islamisten gegen Christen bzw. „Nichtgläubige“ vorgehen, kennt kein Beispiel in der Geschichte – weder bei den blutrünstigen römischen Kaisern noch bei Kommunisten des Schlages eines Mao Tse-tungs, Pol Pots oder Stalins. Es ist eine neue Dimension menschlicher Abgründe – angeführt von Menschen in Teufelsgestalt, die Fratze Satans. Diese Christenverfolgung übertrifft alles bisher menschlich Bekannte und Vorstellbare.
Niemand kann heute sagen, er habe nichts gewußt. Nichts von den Massakern des Islam in den Ländern Afrikas, nichts von den massiven Christenverfolgungen und -tötungen im Nahen Osten, nichts von der grausamen Folterung von Christen in Nordkorea, nichts vom Abschlachten „Ungläubiger“ im Sudan oder in Indonesien. Nichts von den Morden an Priestern in Südamerika – jeder muß sich die Frage gefallen lassen: Was hast DU getan, um diesem Morden ein Ende zu bereiten? Hast Du bisher aus Feigheit oder Bequemlichkeit geschwiegen? Oder hast Du Dich – wie auch immer – dafür eingesetzt, daß dieses Morden endet?
Den folgenden Absatz bitte nur lesen, wenn Sie die brutale Wahrheit ertragen:
Unschuldigen und wehrlosen Menschen wird mit einem stumpfen (!) Messer die Kehle durchgeschnitten, dann der Kopf abgetrennt – ganz langsam, damit der Schmerz lange andauert. Anschließend werden die Köpfe auf Zaunpfähle aufgespießt und einer johlenden Menge zur Schau gestellt. Eine Frau wird nackt – die größte Demütigung im Islam – auf eine Schlachtbank (!) gespannt, dann wird ihr mit einem Dolch die Halsschlagader aufgeschnitten und das herausströmende Blut in Gefäße aufgefangen, weil Moslems mit dem Verkauf dieses Blutes viel Geld verdienen können. Kindern werden wie Puppen Gliedmaßen abgeschnitten – nur weil sie aus einer christlichen Familie stammen. Eine besonders häufig angewandte Tortur ist es, den Christen bei lebendigem Leibe das Herz aus dem Körper zu schneiden. Frauen werden erst vergewaltigt, dann werden ihnen die Brüste abgeschnitten, bevor sie hingemetzelt werden – wobei häufig die Familie zuschauen muß. Den Vätern und Brüdern werden die Geschlechtsteile herausgerissen und ihnen in den Mund gestopft. Dann werden sie erschossen oder erdolcht… Die Liste der Grausamkeiten ist schier endlos.
Christenverfolgung in aller Welt
Christen werden in vielen Teilen der Welt verfolgt. Aktuell gehen Experten von ungefähr einhundert Millionen verfolgter Christen aus. Die Zahl steigt steil an. Auf dem Weltverfolgungsindex, der angibt, in welchen Ländern Christen unterdrückt werden, liegt Nordkorea auf Platz 1. Es folgen neun islamische Länder, in denen Christen unter islamischem Extremismus leiden, wie Somalia (Platz 2), gefolgt von Syrien, dem Irak, Afghanistan, Saudi-Arabien, den Malediven, Pakistan, Iran und dem Jemen. Sehr grob gefaßt kann man einen Überblick über die weltweite Christenverfolgung so zusammenfassen:
* In islamischen Ländern ist sie eine Folge des Hasses gegen die „Ungläubigen“, die der Islam predigt – weshalb es auch Unfug ist, eine Trennung von (gutem) Islam und (bösem) Islamismus vorzunehmen. Beide berufen sich auf den für alle gleichen Koran. Der Islam hat nach einer Schätzung des Shoebat-Institutes in seiner rd. 1400-jährigen Geschichte etwa 270 Millionen „Ungläubiger“ ums Leben gebracht, derzeit in den letzten zehn Jahren durchschnittlich 100.000 Menschen. Der (nicht erklärte) Krieg des ISIS ist nichts anderes als ein Feldzug, eine Kriegsoffensive zur Verbreitung des Islam und damit zur Ausrottung der „Ungläubigen“. Ein „friedlicher“ Islam läßt sich damit nicht vereinbaren.
* In atheistischen oder Ländern mit anderen Religionen ist es mangelnde Toleranz, die zur Christenverfolgung führt. Dazu gehören insbesondere Länder wie Nordkorea, die Volksrepublik China oder Kuba.
* In vor allem südamerikanischen Ländern ist es die Mafia – oder verwandte Strukturen – die vor allem Geistliche (Priester, Prediger usw.) umbringt, weil diese in den Slums für Gottes Gebote werben und somit die „Kreise“ der Verbrecher z. T. erheblich stören. In den riesigen Slums am Rande der Millionenstädte in Brasilien oder Kolumbien werden immer häufiger Geistliche umgebracht, weil ihre Seelsorge- und Sozialarbeit den Interessen des organisierten Verbrechens zuwiderläuft.
„Das Ausmaß der Gewalt, der Drogenkriminalität ist hier unglaublich hoch“, erläutert z. B. der brasilianische Gemeindepriester Aecio Cordeiro da Silva in einem der über 2.600 Slums in der Megacity Sao Paulo. Überall im Gassenlabyrinth zwischen den Hütten, an den Bächen voller stinkender Kloake wird man mehr oder weniger auffällig von bewaffneten Drogengangstern beäugt, die wie Feudalherren die Regeln bestimmen und sogar Ausgangssperren verhängen. Der Laien-Christ Orlando Barbie zählt zu den aktiven Gemeindemitgliedern: „Die Mafia der Drogengangster ist sehr stark, die beobachten alles und jeden – das ist einfach furchtbar. Wer, wie wir von der Kirche, jemanden aus dem Drogenmilieu, aus der Sucht rausholen will, wird gnadenlos verfolgt.“
Auch Padre Juarez de Castro, jahrelang Sprecher der Erzdiözese Sao Paulos, kennt diese Probleme nur zu gut: „…Weil Brasiliens offizielle Regierung nicht effizient handelt und ein Machtvakuum zuläßt, haben wir diese Banditendiktatur. Das sind im Grunde genommen Parallelstaaten mit Parallelregierungen. Und als Kirche werden wir massiv mit Gewalt attackiert, wenn wir versuchen, dagegen anzugehen. Vor allem in Nordbrasilien stehen viele Bischöfe und Priester auf Todeslisten, weil sie die Armen und deren Rechte verteidigen.“ Und für Sao Paulos deutschstämmigen Kardinal Odilo Scherer ist bedrückend zu sehen, daß immer wieder Priester in den Slums arbeiten, ermordet werden, weil sie von der Drogenmafia als geschäftsschädigend angesehen werden.
ISIS – die Schlächter des Dschihad
Momentan jedoch ist die Situation im Irak und in Syrien besonders schlimm. Der Patriarch der christlich-chaldäischen Kirche im Irak, Louis Raphael Sako, richtete einen verzweifelten Hilferuf an die Menschen in aller Welt:
“Die Welt hat die Ernsthaftigkeit der Lage im Irak nicht erkannt (…) Unsere Verfolgung ist ein Vorbote von dem, was die europäischen und westlichen Christen in der näheren Zukunft erleiden könnten.”
Täglich sehen wir entsetzlich brutale Bilder von Folterungen, Exekutionen, Kreuzigungen und Massenerschießungen durch die Kämpfer des „ISIS“ – des „Islamischen Staates im Irak und Syrien“. Viele Medien berichten darüber – aber oft teilnahmslos, als ob es sich nur um irgendwelche Berichte über die Völker des Nahen Ostens handelte. Wir schauen hin – aber eigentlich schauen wir weg. Wir müssen jedoch helfen – ganz konkret, also vor allem mit Geld, mit Taten und einem steten Einwirken auf die Politik..
Heute der Nahe Osten, morgen wir!
Das Grauen kennt keine Grenzen. In einem Park in Mossul, einer Stadt im Norden des Iraks, wurden Kinder systematisch durch den “Islamischen Staat” enthauptet und deren Köpfe danach auf Pfähle aufgespießt. Viele Mütter der Kinder wurden erst vergewaltigt und danach umgebracht. Die Väter wurden entweder gehängt oder auf andere Art nach unbeschreiblichen Folterungen auf brutalste Weise umgebracht. Manche mußten mitansehen, wie die unbeschreiblichen Gräuel an den eigenen Familienangehörigen verübt wurden. Kreuzigungen sind eine oft angewendete Methode, um Christen, die entweder nicht fliehen konnten oder sich weigern, zum Islam zu konvertieren, umzubringen.
– ن – Dies ist der 25. Buchstabe des arabischen Alphabetes und wäre in unserem Alphabet der Buchstabe “N”. Mit diesem Buchstaben haben Gefolgsleute des Islamischen Staates (IS bzw. ISIS) die Wohnhäuser und andere Orte, an denen Christen zusammenkommen bzw. zusammenkamen, markiert. Er bedeutet „Nazarener“ (auch „Nazaräer“, aus Nazareth), in der Sprache des Islam also „Christen“. Mit dieser Brandmarkung soll den Islamisten die Verfolgung der Christen erleichtert werden. Wo ein ن draufsteht, ist ein Christ drin, also „Nieder mit ihm!“ Der Patriarch der chaldäischen Christen erklärte, daß „die Realität jeder Vorstellung spottet“.
Die Deutschen Konservativen wollen dringend benötigte humanitäre Hilfe über christliche Organisationen und Vertrauensleute den verfolgten und leidenden Menschen in Syrien und im Irak zukommen lassen. So können wir einen Beitrag leisten, damit die schrecklichen Lebensumstände wenigstens etwas gelindert werden. Viele von uns sind Nazarener. Gerade deshalb dürfen wir nicht einfach nur tatenlos zuschauen, wie unsere Mitmenschen verfolgt, gefangen, gefoltert und aufgrund ihres Glaubens umgebracht werden!
Dieser Horror hat, Gott sei Dank, die internationale Öffentlichkeit, viele Medien und Politiker aufgerüttelt. Der Wille, etwas gegen die Verbrechen zu unternehmen, ist vorhanden. Auch wir können und wollen helfen!
„Der Friede geht von dem aus, der Liebe sät, indem er sie zu Taten werden läßt.” (Mutter Teresa)
Die verfolgten Christen benötigen unsere Hilfe aber sofort – mit Geld und Aufklärung! Die Öffentlichkeit muß dem Problem in seiner ganzen Dringlichkeit noch mehr Beachtung schenken. Politiker, Regierungen und internationale Organisationen müssen (noch) intensiver für die Thematik sensibilisiert werden, um den Christen und den anderen verfolgten Minderheiten im Irak und in Syrien zu helfen und die Verbrechen gegen Hunderttausende von ihnen einzudämmen. Da sind keine Ausflüchte erlaubt, da kann jeder in seinem Rahmen etwas tun. Wir werden mit dieser Kampagne insbesondere unsere Politiker an ihre Verpflichtung zur Hilfe erinnern.
„Wer zu handeln versäumt, ist noch keineswegs frei von Schuld. Niemand erhält seine Reinheit durch Teilnahmslosigkeit.“ (Siegfried Lenz 1926-2014)
Sie schlachten – wir schlafen
Das weitgehende Stillschweigen, das lange Nichtstun und die scheinbare Ahnungslosigkeit der deutschen Politiker angesichts der schrecklichen Zustände im Nahen Osten sind ein Skandal. Deutschland leistete sich einen Sommerschlaf. Uns geht´s ja gut!
Es ist auch kein Trost – und macht die Sache nicht besser – daß die Bundesregierung erst im August ein paar kleine Hilfsmaßnahmen anleierte (z. B. Decken und Helme). Das Ärgerliche daran ist doch, daß sie erkennbar erst jetzt, viel zu spät, reagiert hat – zwar nur ganz bescheiden, aber immerhin. Und der eigentliche Skandal ist, daß die Regierung erst bei der Vertreibung der Jesiden aktiv wird, aber bei den vielen hunderttausend Christen vorher passiv geblieben ist.
Gutmenschen an der Front
Monate dauerte hierzulande alleine die Diskussion darüber, ob wir die unterdrückten Christen und Jesiden mit Waffen unterstützen sollen. Endlich liefern wir – aber leider auch viel Schrott. Deutschland blamiert sich vor der ganzen Welt. Gutmenschen aller Art – Katholiken, Protestanten, Grüne, Rote – überschlagen sich bei dem Versuch, Deutschlands Augen vor den Massakern zu verhüllen. Beschämend, wie die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Ex-Bischöfin Käßmann, mit dem Thema Waffenlieferung umging.
Kauder: „Christen in der Politik machen sich schuldig“
Nur Volker Kauder, der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende im Deutschen Bundestag, nimmt seine Mitchristen in die Pflicht: „Christen in der Politik machen sich schuldig.“
Die Regierungsentscheidung, Waffen in den Irak zu liefern, ist auch für Volker Kauder eine Gewissensfrage. Christenverfolgung, so Kauder, finde aktuell vor allem dort statt, „wo staatliche Autorität nicht mehr in der Lage oder nicht bereit ist, Religionsfreiheit zu schützen und die Christen zu schützen“.
„Ich bin bereit, mit der Verantwortung vor meinen Gott zu treten“
Auf die Frage, ob es ein Christ verantworten könne, Waffen zu liefern, antwortete Kauder: „Wir, die wir als Christen politische Verantwortung haben, wissen, dass wir schuldig werden, […] ob wir helfen oder ob wir nicht helfen.“ Aber er müsse in der Situation auch handeln. „Dort wo es so offensichtlich ist, […] gibt es eine Grenze und dann sage ich: In dem Fall bin ich bereit, Verantwortung zu übernehmen und mit der Verantwortung vor meinen Gott zu treten.“
Wer nur hohlen Phrasen und hehren Grundsätzen – so ehrenwert sie auch sein mögen – folgt, muß wissen: Keine Waffen in dieses Krisengebiet zu liefern, bedeutet, Verfolgte, wie z. B. die Christen oder die Jesiden, ihren Schlächtern zu überlassen. Das muß auch für die Bundesrepublik Deutschland gelten. Es ehrt ja, wenn man sich gegen Waffenlieferungen in Krisengebiete ausspricht. Aber wenn es keine andere Hilfe gibt, sollte dies das letzte Mittel sein. Deutschland ist gefordert!
Militärgewalt sollte immer die Ultima Ratio bleiben, aber im Irak ist sie offenkundig die einzige Möglichkeit, die tödlich bedrohten Jesiden, Christen und Kurden zu schützen. Doch die vielen Konflikte der vergangenen Jahre, die Zunahme der Brutalität und die Flüchtlingsströme erhöhen den Druck auch auf Deutschland, sich mehr zu engagieren.
Wir dürfen nicht schweigen und untätig bleiben. Ob Christen, Atheisten oder Andersgläubige: Hier geht es um Krieg und Frieden, somit also auch um die Verteidigung unserer wichtigsten Werte. Da darf niemand reserviert bleiben!
*) Anm. d. Verf.: Der vorstehende Text ist die Einleitung zu einem neuen Buch des Autors, das in den nächsten Wochen bei den Deutschen Konservativen, Hamburg, erscheinen wird – eine Spezial-Publikation zum Thema Christenverfolgung in aller Welt, das viele weitere Fakten enthält. Diese Sonderausgabe des Deutschland-Magazins kann schon jetzt bestellt werden.