Wie die Bundeskanzlerin ein wenig erleichtert werden konnte

zorn-grafik-180x216Zorn der Ge-Rechte (JouWatch-Serie Nr. 3)

Von Thomas Böhm*)

Jeder politische Widerstand braucht eine Tüte Humor und einen unanständigen Helden. Ansonsten macht das alles keine Laune. Beides finden Sie in dieser Serie auf JouWatch. Erfreuen Sie sich jeden Sonntag der unglaublichen Abenteuer von „Zorn dem Ge-Rechten“!

Die Vorgeschichte

Als Zacharias Zorn zwei Jahre alt war, fiel er beim Besuch eines Atomkraftwerks mit seinem angetrunkenen Vater an der Hand in eines dieser furchterregenden Auffangbecken. Der Vater blieb zwischen den Brennstäben hängen und verstarb noch an der Unfallstelle. Zacharias überlebte, und war, wie einst Obelix, seit dem auf wundersame Weise mit gewaltigen Kräften ausgestattet. Bereits kurz nach diesem Ereignis verfügte er außerdem über übersinnliche Fähigkeiten, einen IQ von mehr als 200 und einer umwerfenden, hypnotischen Ausstrahlung, die jeden überzeugen kann. Er wurde innerhalb einer Woche erwachsen, las sämtliche Nachrichten und Bücher der letzten hundert Jahre, wurde wütend und kaufte sich eine Flachzange, um bei den Gutmenschen die gelockerten Schrauben wieder zu befestigen. Sein schnell erworbenes Vermögen gibt Zack Zorn auch heute noch gerne und fast vollständig für Kleidung aus, denn dieses Erfrischungsbad im Atomkraftwerk hatte ihn auch zu einem Verwandlungskünstler geformt.

Wie Zorn der Ge-Rechte die Bundeskanzlerin ein wenig erleichtern konnte

Dieser verfluchte Fußpilz. Seit Monaten schon versuchte Bundeskanzlerin Angela Merkel diese Mitbringsel aus den Koalitionsgesprächen mit der SPD loszuwerden. Vielleicht war das Stelldichein mit Gabriel doch etwas zu intim gewesen. Was für ein Stress. Und das, nachdem sie doch gerade die Gelbsucht, die ihr Guido Westerwelle beim ihrem letzten politischen Techtelmechtel überreicht hatte, mit Mühe und Not losgeworden war.

Jetzt schmierte sie gerade mal wieder in ihren Fußritzen herum, als es an der Tür klingelte. Da sie ihren Mann zum Einkaufen geschickt hatte, musste sie wohl oder übel selber aufmachen. Barfuß watschelte sie nach vorne und öffnete. Vor ihr stand Zacharias Zorn. Dieses Mal als Gerichtsvollzieher. Er hatte eine strenge Miene aufgesetzt und wedelte mit einem Stück Papier vor der Nase der Kanzlerin herum.

„Liebe Frau Merkel. So leid es mir tut, Sie so früh am Morgen bei der Pediküre zu stören. Ich habe hier einen Beschluss des Europäischen Gerichtshofs, der mich berechtigt, ihr Hab und Gut an mich zu reißen und es nach Brüssel, in den Osten und in den Süden Europas zur weiteren Verteilung weiterzureichen.“

Die Kanzlerin schüttelte ungläubig ihr frisch geföhntes Haupt. „Was soll das denn? Hat Brüssel denn nicht schon genug Geld bekommen? Hat Deutschland nicht schon genug Solidarität gegenüber den ärmeren Ländern in der EU gezeigt? Und wieso klopfen Sie überhaupt bei mir an. Es gibt doch noch viele andere Bürger in Deutschland, denen Sie das Geld abknöpfen können.“

„Die sind bereits bis auf die Knochen ausgesaugt“, sagte Zorn und grinste dabei wölfisch. „Und auch bei Herrn Schäuble waren wir schon, der musste seine Hosen runterlassen. Gleichheit und Gerechtigkeit kennt eben keine Scham. Und nun muss er seine eigenen Haare vom Kopf fressen. Nein, liebe Frau Merkel. Sie können sich jetzt nicht mehr davor drücken, persönlich einen Teil der historischen Schuld abzutragen. Ihre Konten wurden bereits gepfändet und geleert. Und nun lassen Sie mich bitte durch.“

Sanft aber bestimmt schob Zorn die Kanzlerin beiseite, nagelte den Gerichtsbeschluss an die Innenseite der Haustür und blickte sich um. „Sie haben sich hier aber schön eingerichtet“, freute er sich. „In zehn Minuten kommen die Möbelpacker. Ihre kostbarsten Stücke gehen direkt nach Bulgarien und Rumänien. Sie bleiben also in guten Händen und werden dort so manch eine armselige Behausung schmücken können.“

Während Angela Merkel ihn völlig paralysiert mit offenem Mund anstarrte, zauberte Zorn aus seiner Umhängetasche kleine Schilder, die er an das Sofa, den Esstisch, die Biedermeier-Schrankwand und an die anderen wertvollen Möbel klebte. Die Selbstklebe-Plaketten wurden nicht von einem Kuckuck, sondern von einem gerupften Bundesadler verziert. Frau Merkel war jetzt nicht mehr zu halten. Sie zeterte und meckerte, doch Zack ließ sich nicht beirren, durchwühlte weiterhin die Wohnung und bestückte alles mit dem Pfändungssiegel.

Da die Bundeskanzlerin bekannt dafür war, die Wahrheit unter den Teppich zu kehren, schaute Zorn auch darunter nach. Aber da war nichts mehr. Die polnische Putzfrau hatte bereits saubergemacht.

Die kostbaren Teppiche aber kassierte Zorn der Ge-Rechte ebenfalls ein. Sie sollten der EU bei den nächsten Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, den ehemaligen Bewerber, der sich in letzter Zeit doch eher trotzig verhalten hatte, wieder milde zu stimmen. Aber im Schlafzimmer wurde Zorn dann wieder fündig. Der Kleiderschrank war voller Prachtexemplare, von der Reizwäsche bis zum Abendkostüm – alles vorhanden, was seine vermeintlichen Auftraggeber aus Brüssel so gebrauchen konnten.

„Lassen Sie das“, brüllte Angela Merkel, doch Zorn brauchte nur mit seinem Rührstab in der Luft herumzufuchteln, und die Dame beruhigte sich wieder. „Ganz besonders Ihre wunderschönen Kostüme, meine Teuerste, werden dringend benötigt. Wie Sie wissen, hat die europäische Genderindustrie in Albanien eine neue Dependance eröffnet und will nun mit Ihrer Hilfe die Teilnehmer der diesjährigen Christopher-Street-Parade dort ausstaffieren. Das wird doch auch Sie erquicken, oder?“

Die Kanzlerin nickte und schaute sehnsüchtig ihrer Kleidung hinterher, die jetzt von den Möbelpackern ebenfalls abtransportiert wurden. Eine erste Träne rollte über ihre linke, ungeschminkte Wange.

Das war das Stichwort für Zorn. Er stürmte ins Badezimmer und räumte sämtliche Schubladen und Borde leer, stopfte die Tuschkästen in die Umzugskartons. „Das können Sie doch nicht machen!“, schrie Angela Merkel und raufte sich die Haare, die danach nicht mehr als akkurate Frisur durchgehen durfte. „Ich muss in drei Stunden vor laufender Kamera eine Rede halten.“

„Das kann ich nicht nur machen, das muss ich machen. Schließlich hat es das deutsche Volk verdient, von Ihnen einmal die ungeschminkte Wahrheit zu erfahren.“, antwortete Zorn und warf Lippenstift und Lidschatten ebenfalls in die Kiste.

Frau Merkels Gesichtsfalten, bereits vorher schon Opfer der Erdanziehungskräfte, sackten noch ein wenig tiefer. Sie verdrehte die Augen und jammerte jetzt leise vor sich hin.

Aber Zorn war gnadenlos und noch lange nicht fertig. Er drohte Angela Merkel, ihr mit seinem Rührstab einen neuen Haarschnitt zu verpassen, wenn sie ihm nicht die Zahlen zum Öffnen des Tresors verraten würde. Sie lauteten 1989 und Zorn bekam Zugang zu den wertvollsten Schmuckstücken der Kanzlerin, die mittlerweile in Tränen aufgelöst war.

„Beruhigen Sie sich bitte, Werteste. Ihre Schätze überreiche ich persönlich Christine Lagarde. Sie hat darum gebeten und sieht das als Zeichen Ihrer Anerkennung für ihre nachhaltige und alternativlose Geldpolitik. Der Rest wird eingeschmolzen und zu neuen Euro-Münzen verarbeitet. Schließlich brauchen die armen Länder ja immer wieder frisches Geld.“

Frau Merkel wimmerte nur noch, gab Zorn aber freiwillig noch ihren Ehering noch dazu.

Das Haus war mittlerweile leergeräumt, bis auf die Bücher, die sich Zorn bis ganz zum Schluss aufheben wollte. Sorgsam prüfte er eines nach dem anderen und schüttelte schließlich mit dem Kopf.

„Die sind ja noch alle völlig neu! Haben Sie die überhaupt nicht gelesen?“

„Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul und die wenigsten Bücher sind wirklich hilfreich oder zielführend“, nörgelte Frau Merkel. „Na, dann macht das ja auch nichts, wenn diese Bücher das Haus verlassen. Sie werden in Zukunft in der Bibliothek des Europaparlaments in Frieden ruhen. Aber wir wollen Sie ja nicht dumm zurücklassen, deshalb dürfen Sie das Buch hier behalten.“ Freudestrahlend überreichte Zorn der Kanzlerin die gebundene Ausgabe von Akif Pirinçcis „Deutschland von Sinnen“.

Angela Merkel schaute ihn blöde an.

„Wer hat denn dieses Buch hier hereingeschmuggelt?“ Zack sagte nichts dazu, schaute sich lieber noch einmal im Haus um und entdeckte die Kellertür. „Sieh einer an. Die hätte ich doch fast übersehen. Ist da unten noch etwas Verwertbares für Brüssel?“, fragte er die Geschröpfte.

„Nein“, kreischte diese. „Nur alter Krempel, ohne jeglichen Wert.“ Zorn lachte. „Ich sag’s mal mit den Worten des Bundesnachrichtendienstes: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Also aufmachen, bitte!“

Mit hängendem Kopf schlürfte Frau Merkel zur Kellertür und öffnete sie mit ihrem Schlüssel, der um ihren Hals hing. Zorn ging die Stiege herunter und machte unten das Licht an. Der Raum war leer außer einer riesigen Holztruhe. „Für schwere Zeiten“ war oben auf dem Deckel eingraviert. Da diese wiederum verschlossen war, bat er die Kanzlerin auch diese zu öffnen. Doch sie weigerte sich. Eher ließe sie sich erschießen, behauptete sie. Also ließ Zorn seinen Rührstab an und brach damit das Schloss auf. Als er den Deckel hochgehoben hatte, fing er an zu grölen. Er schlug sich auf die Schenkel, kriegte sich überhaupt nicht mehr ein. Dann griff er in die Truhe und fischte jede Menge Geldscheine heraus. Alte Geldscheine. Zwanziger, Fünfziger und Hunderter.

Deutsche Mark!

Der Kanzlerin schoss die Schamesröte ins Gesicht. „Die hatte ich ganz vergessen“, stotterte sie. „Das macht doch nichts, liebe Frau Merkel. Das Geld dürfen Sie sogar behalten. Die nächste Bundestagswahl kommt doch bestimmt und dann benötigen Sie ihre D-Mark vielleicht für den Wahlkampf gegen die AfD. Von wegen ‚Ihr wollt die D-Mark zurück, aber ich habe sie schon.‘“

Das stimmte die Kanzlerin nun wieder milde, und als ihr Zorn noch ein Glas griechische Oliven schenkte, hatte sie wieder beste Laune und marschierte im Bademantel zum Kanzleramt.

Auch Zorn war wieder mal mit seiner Arbeit zufrieden, hatte er doch die Bundeskanzlerin von unnötigem Ballast befreit und den Rest von Europa reich beschenkt.

Dieses war der dritte Streich, und der vierte folgt nicht gleich, sondern am nächsten Sonntag.

*) Thomas Böhm ist Chefredakteur des Mediendienstes „Jornalistenwatch“ und häufiger Kolumnist auf conservo; Zeichnung: Stefan Klinkigt)

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