Von Thomas Böhm*)
Folgendes durften wir gerade lesen:
Innensenator Henkel beauftragte die Polizei, intensiv zu prüfen, ob ein Verbot der Kundgebung möglich ist. „Jetzt steht fest, dass sich das Zweckbündnis von Hooligans und Rechtsextremisten weitere Ziele ausgesucht hat“, begründete Henkel am Dienstag. „Die im Internet verbreitete Drohung, dass Köln erst der Anfang war, nehme ich sehr ernst.“ Der Rechtsstaat müsse alle Mittel ausschöpfen, damit sich die neue Dimension von Straßenmilitanz, die man in Köln erlebt habe, nicht wiederhole. Auch wenn die versammlungsrechtlichen Hürden für ein Verbot hoch sind, sehen die Juristen der Polizei dafür Chancen. Denn nach ihrer Einschätzung hätte eine weitere Hooligandemo ähnlich wie in Köln ein „erhebliches Gewalt- und Ausschreitungspotenzial“…(Berliner Zeitung)
Bis jetzt wartet der aufmerksame Bürger noch auf die Bilder und Fakten, die einen Gewaltexzess bei der HoGeSa-Demo belegen. Ein umgestürztes Polizeifahrzeug allein kann den an brennende Fahrzeuge und schwerverletzte Polizisten gewöhnten Bürger ja eigentlich kaum nochaus der Fassung bringen.
Demonstranten sind Gewalttäter – ohne Unterschied?
Wie kommt Innensenator Henkel also auf die Idee, in Berlin würden tausende „Gewalttäter“ vor dem Brandenburger Tor aufmarschieren? Wieso ist die Ankündigung einer Demo plötzlich eine Drohung? Wer wird denn bedroht und mit welchen Waffen, oder benötigt man jetzt für eine Alkoholfahne schon einen Waffenschein?
Besonders zynisch sind diese Äußerungen des Innensenators in Anbetracht des Linken-Terrors, der seit 1987 der Hauptstadt den Atem raubt. Seit 27 (!) Jahren ziehen die autonomen Horden plündernd, brandschatzend und prügelnd durch die Straßen Berlins und lachen sich angesichts der Deeskalationsstrategien der Politiker und Sicherheitsbehörden ins Fäustchen. Trotzdem hat bisher niemand angesichts dieser brutalen und vorhersehbaren Straßengewalt je nach einem Demonstrationsverbot gerufen. Und wenn in bestimmten, gut beschützten Häusern junge Menschen dazu aufgefordert werden, in den Heiligen Krieg zu ziehen, gab es bisher auch nur ein leichtes Kopfschütteln, erhobene Zeigefinger und teure Präventionsstrategien, statt „sicherheitspolitischer Maßnahmen“.
Demonstrationsrecht nur für „Kampf gegen rechts“?
Die Geschehnisse um die HogeSa-Demo in Köln legen eher die Vermutung nahe, dass hier endlich der Anlass gefunden wurde, im „Kampf gegen rechts“, die Meinungsfreiheit weiter einzuschränken und unser Demonstrationsrecht nur noch für die gelten zu lassen, die politisch genehm sind.
Sollte Herr Henkel und Konsorten mit diesem Verbot durchkommen, ist in diesen Tagen eine weiter Hürde in Sachen Abschaffung der Demokratie genommen worden. Und wir als Bürger werden zu Zeitzeugen einer Entwicklung, die wir vor 20 Jahren noch für völlig unmöglich gehalten hätten.
Damals galt noch: Vollpfosten gibt es auf jeder Seite des politischen Spielfeldes, die muss und kann aber ein demokratischer Staat aushalten. Von dieser selbstbewussten, entspannten Haltung sind wir nun weiter entfernt, denn je.
*) Thomas Böhm ist Chefredakteur des Mediendienstes „Journalistenwatch“ und regelmäßiger Kolumnist auf conservo.
www.conservo.wordpress.com