Von Peter Helmes
Mitte Oktober hatte die EZB damit begonnen, Pfandbriefe und kreditbesicherte Anleihen aufzukaufen, also Kreditverbriefungen – sogenannte ABS-Papiere – und Pfandbriefe. Auf diese Weise wolle man die Konjunktur in der Eurozone ankurbeln, erklärte EZB-Präsident Mario Draghi. Gleichzeitig seien aber auch die Nationalstaaten in der Pflicht, für mehr Wachstum zu sorgen.
EZB-Präsident Mario Draghi begründete dies mit folgenden Worten: “Dieses Programm soll wie die zielgerichteten Liquiditätsprogramme die Kreditvergabe an kleine und mittlere Unternehmen fördern. Deshalb sind die Wertpapiere, auf die wir uns konzentrieren, einfach und transparent.”
Camouflage: Kreditrisiken ausgelagert
Die Banken, denen die EZB diese Papiere abkauft, können somit Kredit-Risiken aus der Bilanz auslagern und haben – theoretisch zumindest – mehr Mittel frei, mit denen sie neue Kredite vergeben können. Das Programm soll zwei Jahre laufen, in denen die EZB viel Liquidität zur Verfügung stellt. Draghi: “Das mögliche Volumen liegt bei bis zu einer Billion Euro. Das bedeutet natürlich nicht, dass wir diesen Betrag ausschöpfen, es bedeutet nur, dass das mögliche Universum so groß ist, auf das sich die Käufe beziehen können.Hinzu kommt die mögliche Wirkung der zielgerichteten Liquiditätsgeschäfte. Die Basis ist geschaffen, dass diese Käufe eine umfangreiche Wirkung erzielen können.”
Auch sei man bereit, die Bilanzsumme auf das Volumen von Anfang 2012 auszuweiten – damals war sie etwa eine Billion Euro größer als derzeit. Die EZB kauft also, was bisher ein Tabu war, Unternehmens- und Staatsanleihen auf. Das dürfe die EZB, solange sie damit nicht Staatsfinanzierung betreibe, lautete die dreiste Erklärung Draghis.
Bisher war die Rekapitularisierung von Finanzinstituten innerhalb der Eurozone nur indirekt möglich: Kredite wurden an den betreffenden Staat gegeben, der diese dann an die angeschlagenen Banken weiterleitete. Mit der Neuregelung werden solche Hilfsgelder direkt aus dem ESM an Pleitebanken fließen. Der Bankenfonds von 55 Milliarden Euro ist angesichts deer Risikosummen lächerlich gering.
ESM-Geld direkt an Banken
Es kommt noch dreister. Nach einem Beschluß des Deutschen Bundestages vom 6. November können in Zukunft Banken bei einer Schieflage direkt aus dem ESM-Fonds Geld erhalten, wenn der Sitzstaat selbst nicht (mehr) eingreifen kann.
Das ist, wie auch ESM-Kritiker Klaus-Peter Willsch MdB feststellte, „…leider ein weiterer Schritt auf dem Weg in eine europäische Schuldengemeinschaft“. Die Konsequenz sei erschreckend: Nun haften Omas Spargelder – via die kleinen Sparkassen und Genossenschaftsbanken (wie z. B. Volksbanken) – für die Risiken von Großbanken in Schuldnerstaaten. Das Szenario hatten wir schon früh ausgemalt, und Willsch hatte immer wieder deutlich gewarnt. Als „Lohn“ für seine Mahnungen erntete er den Rauswurf aus dem gerade hierzu wichtigen Haushaltsausschuß.
„Läppisches Rest- Risiko“ für die Steuerzahler
In einer persönlichen Erklärung in der Bundestagssitzung (6.11.) begründete Willsch sein Nein zum ESM-Beschluß. Hier ein Auszug:
„…Doch wie niedrig ist das Risiko für den Steuerzahler wirklich? Die Bilanzsumme der Banken in den Krisenländern Griechenland, Portugal, Spanien, Zypern und Italien beläuft sich zusammen auf 9.074.800.000.000 Euro. Für acht Prozent dieser Summe haften zukünftig die Eigentümer und große Gläubiger, für bis zu fünf Prozent der neue Bankenrettungsfonds. Das läppische Restrisiko von 7,9 Billionen Euro trägt der Steuerzahler…“
Beibt nur noch die Ergänzung, daß das „läppische Restrisiko“, von dem Willsch spricht, ins Unermeßliche steigt, wenn man auch den Schuldenstaat Frankreich mit hinzunimmt – was angesichts der verheerenden ökonomischen Lage unseres Nachbarlandes nicht auszuschließen ist. Besorgt weist Willsch darauf hin, daß bisher bei ähnlichen Maßnahmen immer behauptet worden war, damit seien „die Risiken für den deutschen Steuerzahler reduziert“. In Wirklichkeit werden die Steuerzahler, und die deutschen ganz besonders, immer größeren und qualitativ neuen Risiken ausgesetzt.
„Haufenweise Schrottpapiere – EZB ist Teil des Spiels“
Willsch schüttet kübelweise Essig in den süßen Euro-Wein: „Die EZB, bei der die Aufsicht verortet ist, ist selbst Teil des Spiels. Sie hat haufenweise Schrottpaiere aufgekauft und plant, dies künftig in noch größerem Maße zu tun. Wenn die EZB eine dieser Banken abwickelt, verhagelt sie sich ihre eigene Bilanz.
Ich rechne eher damit, daß die Banken künstlich am Leben gehalten werden – entgegen allen Regeln des Marktes, die wir ohnehin schon lange fahrlässig außer Kraft gesetzt haben.
(…) Und wenn dann doch einmal ein dieser Banken Bankrott geht, wird der betroffene Staat die Verantwortung auf die EZB schieben: Die Aufsicht habe versagt, also müsse der ESM haften und nicht der Euro-Mitgliedsstaat…“ (Willsch).
Man erinnert sich noch an die Versprechungen, die vor Abschluß des ESM und des ESFS gemacht wurden. Von Pleiteankündigungen war damals nicht die Rede und ist es auch heute nicht. Nur Willsch und ein paar Freunde wagten Widerworte. Es wird nicht nur nicht bei Ankündigungen bleiben, die Pleiten werden aber kommen. Dazu muß man kein „Euro-Verschwörungstheoretiker“ sein.
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