“Verblendete Feinde sind keine ernstzunehmenden Gegner”
Von Peter Helmes
„conservo“ brachte gestern, 28. Dezember, den Original-Beitrag seiner Kolumnistin Karina Weber, AfD-Kandidatin zur Hamburger Bürgerschaft, zur Meldung, Kirchenvertreter fühlten sich durch das Absingen von Weihnachtsliedern bei PEGIDA provoziert. Weber hatte in ihrem Beitrag diese Reaktion aus den Kirchen scharf kritisiert.
Dazu meldete sich ein offensichtlich selbsternannter Islamexperte, dem wir hier selbstverständlich ebenfalls „Rederecht“ einräumen. Seinen Brief an Weber bringen wir unverändert und unkorrigiert.
Zu seinem Kommentar schreibt Karina Weber:
Ein „Islamkenner“ meldet sich zu Wort
Als Politikerin der Mitte, die von politischer Korrektheit nichts hält, lasse ich gern Andersdenkende zu Wort kommen. Im Folgenden werde ich eine Erwiderung auf meinen Artikel Bischöfe durch Weihnachtslieder provoziert drucken, die – so könnte man aus seinem Sprachduktus schließen – eventuell von einem Islamwissenschaftler stammt. Das muss allerdings im Verborgenen bleiben, denn wie so viele meiner Kritiker verzichtet er/ sie darauf, sich mit ganzem Namen vorzustellen. Im Anschluss daran meine Antwort.
Hier die Zuschrift von “Sebbel” (Nickname) bzw. S. Lewek (Email-Präfix)
Sehr geehrte Frau Weber,
- bezugnehmend auf das Singen muslimischer Lieder in Kirchen: Sie haben nicht die komplette Meldung berücksichtigt. Nouripours Vorschlag beinhaltete einerseits das Singen muslimischer Lieder in Kirchen, aber andererseits zugleich das Singen christlicher Lieder in Moscheen. Mithin manifestiert sich in diesem Vorschlag der Wunsch nach Völkerverständigung, der gerade in dem gegenwärtigen antimuslimischen Klima (und der Weihnachtszeit) entsprechend gewürdigt werden sollte. Die Aussparung wichtiger Informationen und die daraus entstammende Pervertierung des Vorschlags zur Instrumentalisierung politischer Zwecke ist schlichtweg unsäglich – zumindest wenn dies unter Vorsatz geschah. Ob dies auf Vorsatz beruht oder auf die alleinige Rezeption der Bild-Zeitung, von der ursprünglich diese einseitig-verzerrte Darstellung stammte, vermag ich nicht einzuschätzen. Die FAZ-Meldung liest sich zumindest wie folgt: “Nouripour verwehrte sich am Montag gegen das Zitat, das in einem falschen Kontext dargestellt worden sei. Auf seiner Facebook-Seite schrieb der Bundestagsabgeordnete, er habe gegenüber der „Bild“-Zeitung ergänzt, dass der Vorschlag nur dann Sinn mache, „wenn dann auch Weihnachtslieder in der Moschee gesungen werden würden.“„Der Vorschlag, wie er da steht, ist von der BILD-Zeitung – einem Politiker muslimischen Glaubens in den Mund gelegt“, so Nouripour. „Mein Vorschlag war der eines Austauschs. Es würde auch vielen deutschen Moscheen gut zu Gesicht stehen, wenn dort die Weihnachtszeit besinnlich begangen werden würde.“ (faz.net/aktuell/politik/inland/als-zeichen-gegen-pegida-muslimische-lieder-im-gottesdienst-13336584.html). Ich bitte deshalb um umgehende Korrektur der entsprechenden Passagen.
- bezugnehmend auf die Literatur, aus der Sie Ihre Informationen beziehen: Ferner bitte ich Sie Ihr Urteil zum Thema “Islam in Deutschland” nicht exklusiv auf landläufige Berichte, einseitige und tendenziöse Blogs sowie anekdotischer Evidenz von Autoren wie Herrn Buschkowsky zu fußen. Stattdessen rate ich Ihnen daneben zur Rezeption wissenschaftlicher Literatur – bspw. zu der von Thorsten Gerald Schneiders herausgegebenen Buchreihe, in der zahlreiche Forscher aus unterschiedlichen Disziplinen zu Wort kommen. Bücher von Ulfkotte, Broder, Buschkowsky et al. sind insofern kritisch, als dass diese 1. keine Wissenschaftler sind, 1a. keine Islamwissenschaftler sind (kein Basiswissen in der Koranexegese haben u.v.m.), 2. sich ihre Argumente primär aus anekdotischer Evidenz speisen, die nachweislich nicht selten aufgebauscht oder schlichtweg falsch sind (bei Bedarf gebe ich Ihnen Beispiele dafür), 4. die äußerst rare empirische Evidenz nicht selten zweifelhaft und falsch ist (bes. bei Ulfkotte), 6. die Quellenarbeit dieser Autoren nicht annäherend wissenschaftlichen Standards gerecht wird (Verweis auf zweifelhafte Blogs, tote Links etc.), 7. die Konklusionen monokausal-kulturalistisch sind, indem dem Islam die Quelle allen Übels sein soll. Monokausale, insbesondere kulturalistische Aussagen sind jedoch in Anbetracht dieses komplexen Themas wissenschaftlich untragbar.
- bezugnehmend auf das Positionspapier der PEGIDA: Das PEDIGA-Positionspapier ist insofern kritisch, als dass es zwischen jenem Inhalt des Positionspapiers und dem Inhalt der O-Töne der im ARD-Magazin Panorama (s. ca. 70-minütiges Filmmaterial in der ARD-Mediathek) zu Wort gekommenen Demonstranten nur eine verschwindend kleine Schnittmenge gibt. Es drängt sich mir folglich der Verdacht auf, dass weder die Organisatoren (s. insbes. Stephane Simon, Rede vom 22.12.2014 auf youtube zu sehen) noch die Demonstranten den Inhalt dieses Papier “beherzigen”. Ferner spricht die Einladung einschlägig bekannter und gesellschaftlich umstrittener Persönlichkeiten wie Michael Stürzenberger und Udo Ulfkotte diesem Positionspapier Hohn.
- bezugnehmend auf Ihren Eindruck einer “schleichenden Islamisierung”. Da Sie den Eindruck der PEGIDA-Anhänger hinsichtlich einer “schleichenden Islamisierung” Europas expressis verbis teilen, bitte ich Sie diesen Eindruck anhand Ihrer nachfolgend angeführten Zitate mit einigen (gerne auch mit wenigen oder mit vielen) empirischen (!) Befunden zu belegen:
a.)”(…) Forderungen stellen wie Extra-Schwimmzeiten für Muslime, Extra-Mahlzeiten ohne Schweinefleisch in Kindergärten und in Gefängnissen, extra-muslimische Begleitungen auf Klassenfahrten, Sonderbehandlung vor Gericht aus religiösen Gründen, Umbenennung von Weihnachtsfest in Winterfest und vieles mehr (..)”
b.) “In Schweden gibt es mittlerweile über 160 „no go areas“, also Gegenden, in die sich niemand mehr hinein traut – selbst die Polizei nicht. Es sei denn, man ist Moslem. In Frankreich und England werden Frauen angegriffen, die nicht Scharia-konform gekleidet sind. In England und Norwegen steht der Jungenname Mohammed mittlerweile auf Platz 1 bei den Neugeborenen.”
c.).”(…) Ergebnis der jahrelangen Veränderung seines Bezirks weg vom demokratischen Rechtsstaat zugunsten des islamischen Fundamentalismus. ”
d.) “Libanesische Clans haben einen ganzen Bezirk im Griff? ”
e.) “Die Wachstumskurve (Geburtenrate) allein ist ein Indiz dafür, dass, wenn wir so weitermachen, wir eines Tages eine Minderheit in unserem eigenen Land sind” – Anm.: In der ersten Generation von türkischen Einwanderinnen ist die Geburtenrate tatsächlich höher als der Durchschnitt. In der zweiten und dritten Generation gleicht sie sich an den Durchschnitt an. (Quelle: linke-argumente-gegen-rechte-hetze.de/linke-argumente-gegen-rechte-hetze-html-version.htm)
Beste Grüße, S.L.
Nun die Stellungnahme von Karina Weber:
Meine Replik
Sehr geehrte/r Herr/ Frau Lewek,
zunächst einmal danke ich Ihnen für die Aufmerksamkeit, die Sie meinem Artikel entgegenbringen. Es zeigt, dass ich wohl auf einen wunden Punkt hingewiesen habe – unabhängig davon, ob Sie meine Meinung teilen oder nicht.
Zum Inhalt Ihrer Mail.
Der „Wunsch nach Völkerverständigung“ eint uns Demokraten alle. Die Frage ist nur, mit welchen Mitteln das geschehen kann. Jedenfalls – da sind wir uns bestimmt einig – nicht mit einäugigen Betrachtungen.
Selbstverständlich kenne ich die gesamte Meldung Nouripours und achte seine Meinung… einmal ganz abgesehen davon, dass ich in meinem Artikel gar nicht auf ihn eingehe. Er unterliegt aber einem Kardinalirrtum, wenn er „Kirchen“ und „Moscheen“ vergleicht. Der Einfachheit – und der höheren Kompetenz halber – darf ich aus der FAZ vom 23. Dezember d. J. Daniel Deckers zitieren:
„Islamische Lieder zu Weihnachten in den Kirchen? Das klingt wie der Vorschlag, in den Moscheen endlich Orgeln einzubauen, um am muslimischen Opferfest Bachs Choralbearbeitung „Oh Lamm Gottes, unschuldig“ erklingen zu lassen. Bei aller Hochachtung (…): Der sakrale Raum ist im Islam kein Ort der Musik, und während eines Freitagsgebets wird nicht gesungen. Überhaupt zählen strenggläubige Muslime Musik zu den „verbotenen Freuden“. (…) So etwas wie Kirchenlieder kennt der Islam nicht. Religiöse Musik findet ihren Ausdruck im Gebetsruf des Muezzins (…) Das ist nichts, was in einen Weihnachtsgottesdienst gehört. Auch weltliche Lieder der Muslime haben dort keinen Platz. Zum Respekt vor den andern gehört auch der Respekt vor dem, was dem andern heilig ist.“ Damit bricht der Vorschlag Nouripours in sich zusammen.
Wieso unterstellen Sie mir, mein „Urteil zum Thema ´Islam in Deutschland` (nicht) exklusiv auf landläufige Berichte… zu fußen? Auf was fußen Sie denn Ihr Urteil? Ist Buschkowsky etwa kein hörenswerter Zeitzeuge? Ihm „anekdotische Evidenz“ (welch ein Deutsch!) zu unterstellen, lässt eine Menge Arroganz aufscheinen. Denn es gibt kaum jemanden, der wie er (Sozialdemokrat) Erfahrung im Umgang mit der islamischen Praxis in Deutschland/ Berlin hat.
„Stattdessen“, schreiben Sie, „raten“ Sie zu der von Thorsten Gerald Schneiders herausgegebenen Buchreihe… und hauen dann pauschal die renommierten Autoren Ulfkotte, Broder und andere in die Pfanne mit der Begründung, sie seien keine Islamwissenschaftler.
Auch hier zeigt sich eine nicht zu verbergende Arroganz – so wie in den häufig von Ihnen verwendeten Fremdwörtern. Man muss nicht „Wissenschaftler“ sein, um Kenntnisse zu gewinnen und substantiell zu belegen. Ulfkotte gilt in der Fachwelt z.B. als äußerst erfahrener Nahost-Experte.
Karina Weber – Die Kultur eines Landes respektieren
Und wo bleiben die international anerkannten „echten“ Islamexperten eines Schlages des Prof. Dr. Hans-Peter Raddatz (Islamexperte auch im Fernsehen) oder Prof. Schleiter, Frankfurt, oder, oder… Sie stellen mit Schneiders einen Mann heraus, der gerade als selbsternannter Islamexperte nicht unumstritten ist. (Seine Bücher sind auch absolut keine „Renner“.) Auf diese Tour kann man sich die Experten gegenseitig um die Ohren schlagen. Wo bleiben die „Praktiker“ Patrick Bahners (FAZ) und Michael Mannheimer, weitbekannter Islamexperte?
Wenn Sie eine „äußerst rare empirische Evidenz nicht selten zweifelhaft und falsch“ feststellen, fällt das nicht auch auf Sie und Ihre „Zeugen“ zurück? Und: Wer legt denn eigentlich die von Ihnen (vermissten) „wissenschaftlichen Standards“ fest? Sie etwa? Und wer denen nicht entspricht, ist ein Scharlatan – oder wie? So hätten Sie´s wohl gerne.
Was meinen Sie mit dem Wortungetüm „Konklusionen monokausal-kulturalistisch“…sind …“wissenschaftlich untragbar…“? Und wenn Sie dann noch als Beleg ausgerechnet einen „wissenschaftlich“ höchst einseitigen Link „linke-argumente-gegen-rechte-hetze.de/linke-argumente-gegen-rechte-hetze-html-version.htm“ heranziehen, kriegt das Ganze ein „Gschmäckle“ – nur leider kein wissenschaftliches, sondern ein polemisches.
Danke, Frau/ Herr Lewek, dass Sie mich an Ihrer Art Argumentationsweise teilhaben ließen. Wenn alle auf Ihrer Seite so argumentieren wie Sie, ist es mir ums Abendland weniger bange.
Dennoch mit freundlichen Grüßen
Ihre Karina Weber
www.conservo.wordpress.com