Von Karina Weber
Diese Frage stellt sich in diesem unserem Lande immer drängender. Neu ist, dass sie in der Union gestellt wird – und dazu sogar noch laut. Denn Ex-Minister Friedrich zerpflückt Merkels Wirtschaftspolitik, und der “Spiegel” berichtet darüber. Die Andrea Doria war das letzte große Passagierschiff auf transatlantischer Route, das 1956 sank. Danach wurde der Transatlantikverkehr zur See fast vollständig durch den Luftverkehr abgelöst. Wiederholt sich die Geschichte mit dem Unions-Dampfer?
Hans-Peter Friedrich, der 2013 über die Edathy-Affäre gestolperte frühere Bundesinnenminister, ist seit 17. Februar d.J. als stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für die Europa- und Wirtschaftspolitik in der Union zuständig. Und er ist immer noch ein Mann, der das große Ganze sieht.
Klare Forderungen von Friedrich
“Die Union braucht endlich wieder ein klares Profil”, so Friedrich im Gespräch mit dem “Spiegel”. Er fordert: “Schutz des Eigentums statt staatlicher Eingriffe zum Beispiel durch Mietpreisvorgaben oder Frauenquoten! Wertschätzung von Leistung statt Anrechnung von Arbeitslosenzeiten auf die Rente mit 63 zulasten der Beitragszahler! Schluss mit Kostenbelastungen für unsere Mittelständler, angefangen von der Umlage für dasErneuerbare-Energien-Gesetz bis hin zu sinnloser Bürokratie, die in der neu eingeführten staatlichen Mindestlohnüberwachung gipfelt!” Schön, dass nun die Gegenseite die AfD-Kritik teilt, nachdem sie diese Fehlentwicklungen ja aktiv gefördert hat.
CSU als „rechte Speerspitze“?
So manches Mal war hinter vorgehaltener Hand gemunkelt worden von dem großen Plan der Union, die CSU als rechte Speerspitze solle nach dem jahrelangen politischen Linksschwenk der Bundesunion die verwaiste Mitte zurückerobern. Als zu groß war die Gefahr erkannt worden, dass die am 13. Februar 2013 gegründete AfD diese Mitte erfolgreich besetzen könne. Zwar dämmerte dies den meisten Politikern erst nach den jüngsten Landtagswahlen in Brandenburg und Thüringen, in denen die AfD mit zweistelligen Wahlergebnissen auf sich aufmerksam machte. Aber nun überschlagen sich manche Politiker und gehen von Totschweigen und Diffamieren direkt über zur Warnung: Wenn die Union das nicht erkennt, dann “…wird die AfD für uns zur tödlichen Gefahr.”
Gemach! So klar und deutlich will das Unions-Establishment den politischen Gegner nun aber doch nicht aufwerten. Also wird umgehend eine Nebelkerze gezündet. Man schickt Gerda Hasselfeld vor, die im “Hamburger Abendblatt” vom 30. Dezember auf Seite 3 sogleich verkündet: “Unsere Politik ist der Grund für die Stärke der Union und nicht für das Erstarken von AfD und Pegida. Es ist nicht hilfreich, die Zusammenhänge zu verdrehen.” Angesichts dieser Tatsachenverdrehung der Tatsachenverdreherin muss man schon an sich halten, um nicht breit zu grinsen.
Bouffier: „AfD ein wirrer Haufen“
Merkels Parteivize Volker Bouffier, der in Hessen gerade die Höhen und Tiefen Waziristans erkundet, sorgt aber für richtige Lacher, wenn er selbstzufrieden feststellt: “Die Union ist mit Abstand die führende Partei”, und dann fabuliert, die AfD sei lediglich “ein wirrer Haufen, der Protest von allen Seiten aufnimmt.” Auch die Titanic war das führende Schiff ihrer Zeit, genau so wie die Andrea Doria einige Jahrzehnte später. Und dass die Union unfähig ist, den “Protest von allen Seiten” zur Kenntnis zu nehmen, geschweige denn, ihn gar aufzunehmen und darauf mit einer drastisch verbesserten Politik zu reagieren, ist ja gerade der Grund für die Stärke und die jüngsten Erfolge der AfD.
Aber dann hat der Ministerpräsident doch noch einen lichten Moment. “Wer wissen will, wohin die Reise geht in Deutschland, muss die Entwicklung in Thüringen und in Hessen beobachten”, so der Chefstratege weiter.
In Thüringen „nichts mehr zu melden“
Richtig, Herr Bouffier. In Hessen und Thüringen nämlich ist gemäß Ihrer scharfsinnigen Analyse die “Union … mit Abstand die führende Partei”. Aber während die CDU in Hessen nur noch mit den ehemals verabscheuten Grünen regieren darf, hat ihr in Thüringen Rot-Rot-Grün den Schneid gleich ganz abgekauft, und die “mit Abstand führende Partei” in Thüringen hat nun in Thüringen gar nichts mehr zu führen, geschweige denn zu melden.
Hans-Peter Friedrich gebührt nun das Verdienst, der einsame Rufer in der Wüste zu sein. Auch wenn die Unions-Propaganda diesen Ruf sogleich wieder im Keim erstickt – so, wie sie das auch mit den Wünschen, Sorgen, Nöten und Problemen der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes tut.
(www.karina-weber.de/2014/12/29/alles-klar-auf-der-andrea-doria/#more-1093)
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