Guenter Grass ist tot – Nachruf auf ein falsches Leben

Von Peter Helmes

Günter Grass
Günter Grass

“Der Tod Grass’ hat Trauer und Bestürzung ausgelöst“, heißt es jetzt landauf landab. Als Vertreter der schreibenden Zunft steht man in solchen Fällen stets vor dem Dilemma, die wahre Meinung zu schreiben oder die politisch korrekte. Ich habe mich – bei aller Achtung vor dem Tod eines Menschen – dazu entschlossen, meine echte Meinung wiederzugeben:

Grass war zutiefst ruhmessüchtig. Um seinen Ruhm im In- und Ausland zu mehren, griff er gerne zu der erprobten Methode der Linken und Deutschlandverächter, sich möglichst deutschfeindlich zu gebärden und als der „saubere und moralisch reine“ Deutsche dazustehen. Umso tiefer sein Fall, als seine SS-Verstrickung bekannt wurde. Er gab sich stets als streitbarer Linker, übersah aber (gerne), daß die Nationalsozialisten eben Sozialisten, also Linke der besonderen Art, waren. Links war seine Welt und seine Elle, mit der er Deutschland und die ganze Welt vermaß. Er erteilte sich selbst die Absolution und geißelte „Rechte“, die er gerne in braune Nähe rückte, wo er nur konnte.

Grass war ein unbelehrbarer, selbstverliebter Heuchler. Seine Ausfälle gegen Juden und Israel sind ein Zeugnis seiner moralischen Unglaubwürdigkeit. Zwar versuchte er stets, seine Sympathie für totalitäre und autoritäre Strukturen sein ganzes Leben lang zu verdrängen und sein schlechtes Gewissen ob dieser Sympathie zu kompensieren, wie man am Beispiel seiner “Blechtrommel” feststellen kann. Aber seine Neigung zum Totalitären und zum Gutmenschentum trat offen zutage, als er sich als „Versöhner“ mit dem Islam hervortat. Hat der gleiche Günter Grass nicht die dänischen Mohammed-Karikaturen mit dem “Stürmer” verglichen? Das war ein mißlungener, billiger Ablenkungsversuch. Und so warb lauthals für die SPD, konnte sich also innerlich nicht vom Spagat „Rasse oder Klasse“ lösen.

Die Verhaltensweise der Linken, in der SPD wie in der Antifa, paßte zu Grass. Von ihnen so definierte und zum Staatsfeind Nr. 1 erklärte „Faschisten“ in unserer Gesellschaft, also alle Bürgerlichen, ja alle, die nicht der „richtigen“, der linken Gesinnung waren, wurdenbekämpft – in der ganz linken Ausprägung auch mit Gewalt. Versteht sich von selbst, daß dieser haßgenährte „Kampf gegen rechts“ als moralisch einwandfrei dargestellt wurde und Günter Grass ihr Herold war. In Wirklichkeit war es der Kampf gegen das eigene Ego, gegen den eigenen inneren Faschisten. Das gehört auch zur Wahrheit über Günter Grass.

Literarisch wurde er stets überhöht. Der Nobelpreis, verliehen von einer linken nordischen Schickeria, galt eher dem „Streiter für Recht, aber gegen rechts“ denn dem Literaten. Einige wenige, die Zweifel an seinem literarischen Ruhm äußerten, war der legendäre Marcel Reich-Ranicki, der ob eines Grass-Romans giftige Zwiebeltränen vergoß und damit den „Meister“ zutiefst demütigte.

Nein, wir weinen Grass keine Tränen nach. Überlassen wir das seinen politischen Freunden, die „ihren Günter“ nun in den Olymp der Dichter heben und sich in Lobeshymnen ergehen. Jeder Linker ist heute ein Literaturkenner. „Einer der größten deutschen Dichter ist von uns gegangen“, schreiben die linken Feuilletonisten. “Mit ihm ist eine Gestalt gegangen, die eine Epoche verkörperte und einer ganzen Gesellschaft Orientierung gab – in Zustimmung und Widerspruch gleichermaßen. Grass steht für den Einzelnen, der es sich zutraut, die Verhältnisse zu verändern. Darin kann ihn jeder zum Vorbild nehmen, auch ohne seine Meinung immer geteilt zu haben”, schreibt die Neue Osnabrücker Zeitung (13.03.15).

Da bleibt nur die Frage, auf welche Stufe wir nun Goethe, Schiller, Kleist, Fontane, Mann usw. heben. Sie sind allesamt „Klassiker“. Darf man bezweifeln, daß Grass jemals ein „Klassiker der deutschen Literatur“ genannt wird?

Da klingt die FAZ schon etwas kritischer: „Grass war Mahner, Warner, Weltgewissen. Er zog für Willy Brandt und später noch einmal für Gerhard Schröder in den Wahlkampf, bezog Stellung, wo und wann immer es ihm nötig schien, also jederzeit: gegen Wiederbewaffnung und Witwenverbrennung, Wiedervereinigung und Globalisierung. Kein Thema war vor ihm sicher. Er war ein Reisender in Sachen Weltmoral, beauftragt von der wohl einzigen Instanz, an die er uneingeschränkt zu glauben vermochte: sich selbst.”

Dem entgegnet der „Tagesspiegel“ aus Berlin: “Günter Grass war ein Prediger des Zorns, ein Hedonist: Aus seiner Gift- und Garküche kamen späte Gedichte über Israel und Griechenland. So wird es keiner mehr machen, weil die Menschen mit diesen Kriegs- und Nachkriegsbiografien aussterben. Grass hat, der Letzte seiner Art, das Dichterische und das J’ accuse kultiviert.”

Da darf natürlich die Stimme „unseres“ Bundespräsidenten nicht fehlen. In seinem Kondolenzschreiben betont Gauck:

“In seinen Romanen, Erzählungen und in seiner Lyrik finden sich die großen Hoffnungen und Irrtümer, die Ängste und Sehnsüchte ganzer Generationen. Grass sei zeitlebens ein eigenwilliger politischer Geist gewesen, der Auseinandersetzungen und Kritik nicht fürchtete und politische Debatten über Jahrzehnte wesentlich beeinflusste. “Sein Werk ist ein beeindruckender Spiegel unseres Landes und ein bleibender Teil seines literarischen und künstlerischen Erbes.” (tagesschau.de/kultur/guentergrass-101.html)

Das Fazit des Bonner General-Anzeigers trifft es besser: “Die Öffentlichkeit war immer weniger bereit, sich von Autoren die Welt und die politischen Verhältnisse erklären zu lassen. Die Priesterherrschaft der Intellektuellen, vor der konservative Kreise sich lange gefürchtet hatten, war an ein Ende gekommen. Günter Grass war ihr letzter überlebensgroßer Repräsentant.“ Dem ist zuzustimmen: Die „Priesterherrschaft der Intellektuellen“ hat mit dem Tode des Günter Grass eine wichtige Säule verloren. Gewackelt hat sie schon immer.

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