Von Thomas Böhm *)
Es war einmal ein Hirte, der hieß Merkl. Jeden Morgen trieb er seine 80 Millionen Schafe auf die saftige Wiese, wo sie sich sattfressen konnten. Seine Kettenhunde Thomas, Manuela und Heiko passten auf, dass keines seiner Tiere in die falsche Richtung laufen oder gar ausbüxen konnte, derweil es sich der Hirte auf einem Hügel gemütlich machte und an seiner Pfeife nuckelte.
Nachdem der Merkl abends dann die Herde wieder in den Stall getrieben hatte, prüfte er Wolle und Gewicht und rechnete sich den Ertrag aus. Eines Tages dann war es soweit, sollten seine Mühen belohnt werden. Der Hirte hatte einen zahlungskräftigen Abnehmer aus dem Ausland gefunden, nun mussten die Schafe nur noch betäubungslos geschächtet – das war die Bedingung für den lukrativen Handel – und zu Döner verarbeitet werden.
Er ließ die zähnefletschenden Thomas, Manuela und Heiko von der Kette und diese trieben die Herde in Richtung Schlachthof, in dem sie den Schafen immer wieder in die Beine bissen. Der Schlachthof lag, gar nicht so weit entfernt, auf der linken Seite der mittlerweile kahl gefressenen Weide.
Doch auf dem Schlachthof fingen einige Schafe an, um ihr Leben zu blöken. Sie traten mit den Hinterhufen nach den beißenden Hunden, versuchten auszubrechen, wollten wieder in die Freiheit.
Da wurde der Schäfer richtig böse, schließlich hatte er die ganze Herde verkauft, war für ihn jedes der 80 Millionen Schafe doch bare Münze. Also holte er die Keule heraus raus und spaltete seine unruhig gewordene Herde in zwei Teile. Die aufmüpfigen Tiere trieb er in die rechte Ecke und malte ihr Fell blau an, den größten Teil der Herde, der mit herabhängenden Köpfen und schweigsam sein Schicksal hinnahm, trieb er direkt zur Schlachtbank, wo alle ausbluteten, bis auch der letzte Lebenshauch aus ihnen gewichen war.
Um die noch übrig gebliebenen Schafe für seinen Geldverlust zu bestrafen, schnappte er sich eine Axt und spaltete die Gruppe, machte sie zornig und verzweifelt, bis sie alle übereinander herfielen und nur noch ein Tier übrig blieb. Dabei handelte es sich ausgerechnet um dass Unschuldslämmchen, dass sich die ganze Zeit gut versteckt hatte. Der Merkl schnappte sich aber auch diesen Schutzbefohlenen, schnitt ihm die Kehle durch, zog ihm das Fell über die Ohren und sich die Trophäe über den Kopf.
Jetzt hatte der Hirte endlich seine Schäflein im Trockenen und konnte in aller Ruhe und reinen Gewissens das Geld unter die fremden Leute bringen.
*) Der Berufsjournalist Thomas Böhm ist Chefredakteur des Mediendienstes „Journalistenwatch“ und ständiger Kolumnist bei conservo