Ein Ostdeutscher und der 8. Mai – ein erschütterndes Zeitzeugnis

Von Peter Helmes

Generaloberst Alfred Jodl, zuvor von Karl Dönitz dazu autorisiert, unterzeichnet am 7. Mai 1945 in Reims die bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht, die am 8. Mai in Kraft trat
Generaloberst Alfred Jodl, zuvor von Karl Dönitz dazu autorisiert, unterzeichnet am 7. Mai 1945 in Reims die bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht, die am 8. Mai in Kraft trat

Wieviel ist schon über die „Wiedervereinigung“ geschrieben worden? Wieviel Gutes, Falsches, Unsinniges? Und auch Ehrliches, wie das folgende Zeugnis des Journalisten Preuß zeigt. Zuvor jedoch ein Ausblick auf die Gedenkveranstaltungen zum Tag der Kapitulation Deutschlands am 8. Mai 1945. Das Magazin „Cicero“ (weltbuehne/tag-des-sieges-warum-wir-russland-fernbleiben-sollten/59220) analysiert die Lage in einem kritischen Beitrag: „Höhepunkt der deutschen Gedenkveranstaltungen wird am 8. Mai eine Rede des Historikers Heinrich August Winkler vor Bundestag und Bundesrat sein. Diese Rede wird für Diskussionen sorgen. Denn Winkler hält das getrennte Gedenken für notwendig – und zwar nicht nur wegen der Ukraine-Krise: `Das getrennte Gedenken hat gute historische Gründe´, sagte Winkler dem ZDF. ´Denn wir müssen im Gedächtnis behalten, dass die Sowjetunion, bevor sie einen entscheidenden Beitrag zur Niederwerfung Hitler-Deutschlands geleistet hat, zunächst auch entscheidend zur Auslösung des Zweiten Weltkrieges beigetragen hat, in Gestalt des Hitler-Stalin-Pakts, den Putin vor wenigen Monaten als Ausdruck sowjetischer Interessen gerechtfertigt hat.´ Eine Verbindung von Stalin und Putin Winkler wirft also Putin mangelnde Distanzierung von Stalin vor, der mit Hitler paktierte bei der Aufteilung osteuropäischer Staaten. Hier sieht Winkler nun die Verbindung vom gegenwärtigen Verhalten Putins zum historischen Verhalten Stalins. Es dürfe nicht verdrängt werden, ´dass Russland im letzten Jahr durch die Annexion der Krim einen schwerwiegenden Völkerrechtsbruch begangen hat und durch seine aggressive Politik in der Ukraine, vor allem auch bei unseren unmittelbaren osteuropäischen Nachbarn Polen und den baltischen Staaten, berechtigte Besorgnisse ausgelöst hat´, sagte Winkler. ´Polen und die baltischen Staaten waren Opfer Hitlers und Stalins, sie waren Opfer des Hitler-Stalin-Pakts. Und in der gegenwärtigen Situation wird genau an diesen Sachverhalt in den Staaten unserer ostmitteleuropäischen Nachbarn mit Recht wieder erinnert.´ Winkler hält es daher für unbedingt notwendig, dass der Westen Putin abgesagt hat. Und hier spricht er als der Historiker, der sich wie niemand vor ihm mit der „Geschichte des Westens“ befasst hat. In vier Bänden schrieb er das monumentalste Standardwerk dazu. Ein gemeinsames Gedenken am 9. Mai würde „wie eine Solidarisierung mit einer aggressiven Macht wirken“ – vor allem eben in Polen und den baltischen Staaten. ´Und das sind unsere Verbündeten, es sind Mitglieder ein und derselben Wertegemeinschaft´, sagte Winkler mit Verweis auf die Mitgliedschaft dieser Staaten in der NATO wie der EU. ´Diese Verbündeten würden wir verprellen, wenn wir so täten, als sei im letzten Jahr auf der Krim und in der Ukraine nichts geschehen, was den Westen mit Recht mit großer Besorgnis erfüllen muss.´“ Soweit der Auszug aus dem Cicero-Artikel. Emotionaler Rückblick eines Zeitzeugen Einen sehr persönlichen, emotionalen Rückblick auf den historischen Tag und seine Folgen bietet der Dresdner Journalist und Autor Torsten Preuß: „Als Deutschland 1945 auch den zweiten großen Krieg des letzten Jahrhunderts verlor, waren sich die Deutschen bis zum Schluss uneinig, ob sie sich darüber freuen sollten oder nicht. Der Welt war das egal. Am 08. Mai war es vorbei. Deutschland lag am Boden. Militärisch. Wie politisch. 40 Jahre später, am 08. Mai 1985 nannte Richard von Weizsäcker den 08. Mai 1945 in seiner Jubiläumsrede erstmals den „Tag der Befreiung“. So stand es in den vielen Nachrufen auf ihn ganz oben und die erinnerten mich daran, wie gespalten wir auch 70 Jahre nach dem historischen Tag immer noch sind beim Blick zurück in unsere jüngste deutsche Vergangenheit. Als es Deutschland, Europa, die ganze Welt, gleich zweimal gab. Geteilt vom Eisernen Vorhang gab es einen kommunistischen Osten und einen kapitalistischen Westen. In dem hörte ich von der Jubiläumsrede in Westberlin. Am Abend des 08. Mai 1985 saß ich in meiner Wohnung in Kreuzberg vor dem Fernseher und verfolgte den Beitrag in der Tageschau. 10 Monate vorher durfte ich aus der DDR „ausreisen“, wie es damals hieß. Allerdings ohne meine Familie. Meine Verlobte und unser einjähriger Sohn mussten noch in Dresden bleiben. Weil alle die einmal aus dem Osten Deutschlands ausreisen durften, nicht mehr rein kamen, gab es für Treffen mit seinen Liebsten nur die Möglichkeit sie in den kommunistischen „Bruderländern“, wie die CSSR oder Ungarn, zu treffen. Obwohl es nie sicher war, ob es klappte. Am 08. Mai 1985 kam ich gerade wieder von so einem Treffen, es sollte in Prag stattfinden. Nach monatelangem Kontakt nur per Brief oder manchmal per Telefon war ich 2 Tage vorher von Westberlin losgefahren, voller Freude auf die gemeinsamen Tage. Die waren in dem Moment gestorben, als ich in umsonst auf dem Bahnsteig in Prag wartete. Weil meine Familie an der Grenze aus dem Zug geholt und wieder zurück nach Dresden geschickt wurde. Ein Schicksal von Millionen Ostdeutschen damals. Ohne das die im Westen noch jemanden aufregten. Chance der Freiheit So war ich auch nicht überrascht, als Richard von Weizsäcker das Schicksal der Deutschen im Osten an diesem Tag nur noch einen Satz wert war: „Wir in der späteren Bundesrepublik Deutschland erhielten die kostbare Chance der Freiheit. Vielen Millionen Landsleuten bleibt sie bis heute versagt.“ Weil der Tag der Befreiung damals nur ein halber war. Und das wird auch 70 Jahre später in Deutschland immer noch ungerne ausgesprochen. Mit dem Ergebnis, das die Ostdeutschen Gedanken und Gefühle rund um den „Tag der Befreiung“ bis heute keine Stimme haben, die daran erinnert, dass nur die Deutschen im Westen 1945 wirklich befreit wurden. Angeführt von den Amerikanern, die ihnen die Chance gaben Deutschland endlich zu einem demokratischen Staat zu machen, der auf den zwei wichtigsten Grundlagen einer menschlichen Gesellschaft aufgebaut ist: Freiheit. Und Gerechtigkeit. Was bedeutet, dass jeder Mensch in der Zeit in der er das eine Mal existiert tun und lassen kann was er will mit sich und seinem Leben, Hauptsache er geht dabei niemand auf den S…Geist. Dann wird er bestraft. So kommen Freiheit und Gerechtigkeit zusammen und jedes Volk das in Freiheit und Gerechtigkeit leben will, hält sich daran. So wie die Amerikaner seit dem 04. Juli 1776, dem Tag, der als ‚Independence Day‘ in die Geschichte der Menschheit eingegangen ist. Weil sich die Amerikaner an dem Tag endgültig von der alten Welt abnabelten um in der neuen eine neue aufzubauen. Wie es in der zugehen sollte, stand in ihrer Unabhängigkeitserklärung, aufgeschrieben in einer kargen Wohnung im zweiten Stock eines Hauses in der Market Street in Philadelphia, von Thomas ‚dem Stillen‘ Jefferson, einen Mann, der keine großen Reden, aber große Worte liebte, und seiner rechten Hand, John Adams, dem es ähnlich ging. Was dabei herauskam, sollte eigentlich so beginnen: ‚Folgende Wahrheiten halten wir für heilig und unleugbar. Dass alle Menschen gleich geschaffen worden sind, dass sie vom Schöpfer mit bestimmten, unveräußerlichen Rechten ausgestattet wurden, wozu unter anderem das Recht auf eigenes Leben, Freiheit und das Streben nach persönlichem Glück gehören.‘ Aber zwei Tage vorher gaben sie den Text noch einem anderen heute weltbekannten Gründungsvater Amerikas, Benjamin Franklin, zum Korrekturlesen. Viel hatte er nicht auszusetzen, nur im ersten Satz tauschte er die zwei Worte „heilig“ und „unleugbar“ gegen das Wort „selbstverständlich“ aus. Weil er sogar der Meinung war, dass das Recht auf eigenes Leben, Freiheit und das Streben nach persönlichem Glück nicht nur heilig und unleugbar, sondern ganz einfach eine Selbstverständlichkeit ist. Damit hatten die Amerikaner die erste Menschenrechtserklärung der Welt in die Welt gebracht und weil sie sich seitdem immer daran gehalten haben hatten die Deutschen im Westen Glück. Für sie wird der Tag der Befreiung ein Tag der Belohnung. Weil sie danach ein Leben wie in Amerika führen konnten. Aber die Deutschen im Osten? Für sie wurde der Tag der Befreiung ein Tag der Bestrafung. Weil sie am Ende des großen Krieges nicht den amerikanischen Way of Life gehen durften, sondern den russischen gehen mussten. In der „SBZ“ für „Sowjetisch Besetzte Zone“, in der 17 Millionen Deutsche ab jetzt so leben sollten wie die Russen schon seit 1917. Als der Genosse Lenin mit einem Staatsstreich, der bis heute als die „Große Sozialistische Oktoberrevolution“ bekannt ist, in seiner Heimat die Macht übernahm und aus Russland den ersten kommunistischen Staat der Welt machte. Verwirklicht ganz nach den Lehren des Heiligen Vaters aller Linken, Karl Marx, der schon 1848 in Brüssel ihre Bibel geschrieben hatte, das „Kommunistische Manifest“. In dem steht nicht, dass „alle Menschen gleich geschaffen worden sind, das sie vom Schöpfer mit bestimmten, unveräußerlichen Rechten ausgestattet wurden, wozu unter anderem das Recht auf eigenes Leben, Freiheit und das Streben nach persönlichem Glück gehören“ und schon gar nichts von Demokratie als die gerechteste Form einer Gesellschaft sondern dem genauen Gegenteil: Diktatur. Die Diktatur des Proletariats. In der nur sie bestimmen was glücklich macht. Heute weiß man mit welchem Ergebnis. Nachzulesen in ihrem eigenen Guinness-Buch der Rekorde: das Schwarzbuch des Kommunismus, in dem der größte Leichenberg aller Zeiten die Kommunisten zu den größten Verbrechern aller Zeiten macht. 100 Millionen sind bis heute noch ein blutiger Weltrekord. Alleine Lenins Kommunismus kostete bis 1924 mehr als 10 Millionen Menschen das Leben. Ohne dass das große Blutvergießen mit ihm aufhörte. Weil dem Genossen Lenin als nächster „Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion“ der Genosse Stalin folgte, dessen „Stalinismus“ in den Jahren bis 1945 längst mehr Menschenleben gekostet hatte, als der ganze Faschismus zusammen. So war Joseph Stalin der größte damals lebende Massenmörder, als er mit seiner Roten Armee den damals bekanntesten lebenden Massenmörder Adolf Hitler vom Osten aus besiegte und als erster in Berlin einmarschierte. Obwohl er die Stadt persönlich nie betreten hat. Er fuhr im Juni 1945 von Moskau aus in seinem gepanzerten Zug lieber direkt nach Potsdam zur Konferenz der 4 Siegermächte, die über die Zukunft Deutschlands entscheiden sollten. Danach stand fest, dass die Deutschen ab jetzt ein geteiltes Volk waren. Sogar ein viergeteiltes. Im Westen übernahmen die Amerikaner, die Engländer und die Franzosen die Oberhoheit über uns, im Osten die Russen. Die hatten auf ihrem Siegeszug auch den Osten Europas unter ihre Herrschaft gebracht und so standen sich Anfang 1946 in Europa zwei Welten gegenüber, die nicht miteinander, sondern nur gegeneinander leben konnten. Weil Stalin der freien Welt nicht beitreten wollte. Ganz nach seiner Überzeugung „je mehr Gebiet du hast, um so sicherer bist du“, behielt er sich den Osten Europas als Pufferzone zwischen ihm und den verhassten Kapitalisten im Westen. Am 05. März 1946 sagt der britische Premierminister Winston Churchill resignierend: „Ab jetzt wird Europa von einem Eisernen Vorhang getrennt, den Joseph Stalin errichtet hat.“ Auf der einen Seite der freie Westen, auf der anderen Seite der unfreie Osten, auch das Kommunistische Lager genannt. Kommandiert vom größten damals lebenden Massenmörder, dem Genossen Stalin, der ab jetzt auch das Kommando über den Osten Deutschlands hatte. Um aus der „SBZ“ den nächsten kommunistischen Staat auf Erden zu machen. Gegründet 4 Jahre später, am 07. Oktober 1949, als „Deutsche Demokratische Republik“. Obwohl die „DDR“ weder demokratisch noch eine Republik war, sondern die nächste Diktatur in Deutschland. Angeführt vom nächsten Diktator in Deutschland, dem Genossen Walter Ulbricht, einem deutschen Kommunisten der ersten Stunde, auch der „Stalin von der Spree“ genannt, weil er so denkt und regiert wie sein großes Vorbild an der Moskwa. Jeder Andersdenkende wird zum „Klassenfeind“ erklärt und verfolgt, verhaftet und in Schauprozessen nach Moskauer Vorbild zu Höchsttrafen verurteilt. Am eifrigsten von Ulbrichts Justizministerin, der Genossin Hilde Benjamin, auch als „rote Hilde“ bekannt, die „im Namen des Volkes“ alle Andersdenkenden in die Lager schickt, die die Kommunisten von den Faschisten übernommen haben oder gleich weiter, nach Sibirien, in die Tiefkühltruhe des Kommunismus, in einen der vielen Gulags, in denen schon Millionen ihr Leben in seinem Namen erfrieren mussten. Die meisten Anklagen der roten Hilde lauteten auf „Landesverrat“ oder „Zusammenarbeit mit dem Klassenfeind“ im bösen Westen, in dem weiter die „Faschisten, Kapitalisten und Kriegstreiber!“ regieren und daran arbeiten, die guten Kommunisten im Osten zu überfallen. So verkündeten es ab jetzt die Medien der „DDR“, die alle gleichgeschaltet sind. Geschrieben, gedruckt und gesendet wird nur, was die Kommunisten vorgeben. Wie in jeder Diktatur. Weil das wichtigste Menschenrecht im Leben das erste ist, was in einer Diktatur abgeschafft wird: Das Recht auf Meinungsfreiheit. Damit nicht ausgesprochen werden kann, was nicht ausgesprochen werden darf. Denn jeder Wiederstand fängt mit Wiederspruch an. Und der war dringend nötig, solange die Deutschen im Osten weiter in einer Diktatur leben mussten. Verwirklicht im „ersten Arbeiter und Bauernstaat auf deutschem Boden.“ Deshalb hieß es im Osten schnell: „DDR? Die Dümmsten Regieren!“ Die hatten die Fabriken im Osten erst alle enteignet und dann „verstaatlicht“ um sie selbst zu führen. Ganz nach den Lehren ihres Heiligen Vaters. Mit dem Ergebnis? An manchen Tagen gab es nicht mal Klopapier. Und wenn doch, war der beste Witz darüber: Warum ist das Klopapier hier so hart und grob? Damit auch noch der letzte Arsch rot wird. Obwohl den meisten dabei nicht zum Lachen war. Weder auf dem Klo, noch danach. Weil die wenigsten Ostdeutschen Kommunisten sein wollten. Millionen flohen so schon von Anfang an über die noch offenen „Sektorengrenzen“ in den freien Teil Deutschlands. Die meisten über den freien Teil Berlins, den die Amerikaner seit dem Tag der Befreiung beschützen, damit wenigstens der Westen Berlins hinter dem Eisernen Vorhang frei bleibt. Die Ostdeutschen nennen Westberlin deshalb schnell „die Insel im roten Meer“. Auf der steigen sie in PanAm Maschinen und fliegen über den Osten in den Westen des Landes. Dort wollte man sich damals mit der Teilung noch nicht abfinden. Im Gegenteil: In ihr Grundgesetzt schrieben sich die Westdeutschen extra die „Wiedervereinigungspräambel“, die mit dem Satz endet: „Das gesamte deutsche Volk bleibt aufgefordert, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden.“ Der erste Versuch startete am frühen Morgen des 17. Juni 1953, als die Deutschen im Osten zum ersten Mal gegen die Kommunisten auf die Straße gehen. Sie reißen die roten Fahnen von den Rathäusern und fordern das Ende der SED Diktatur. Die Antwort rollt aus den Kasernen der Roten Armee auf die Demonstranten zu. So endete der erste Versuch, auch den Osten Deutschlands endlich wirklich zu befreien und Deutschland wieder zu vereinen, am Abend erfolglos und die Zahl der Ostdeutschen die keine Lust auf Kommunismus hatten und lieber in den Kapitalismus fliehen wurde weiter größer. Denn dort wurden die Fabriken nicht von den Dümmsten enteignet sondern den Fleißigsten wieder aufgebaut. Weil die Amerikaner keine überzeugten Kommunisten sondern überzeugte Kapitalisten sind, die seit ihrer Gründung wissen wie Kapitalismus funktioniert: „Erst investieren, dann produzieren, dann konsumieren.“ Weil sie sich auch daran immer gehalten haben, können sie den Deutschen im Westen auch die Millionen geben um aus ihrem Teil Deutschlands nach dem großen Krieg ein großes Wirtschaftswunder zu machen. Wie in Amerika. Mit Rock‘n Roll aus dem Radio, Lucky Strike im Mund und Gel im Haar wird der Westen zum „Schaufenster des Kapitalismus“, wer einmal hineinschaut will nie mehr zurück. „Abstimmung mit den Füßen“ wurde das damals genannt. Aber nur im Westen. Im Osten nannten die Kommunisten es das „Ausbluten unserer Republik.“ Irgendjemand musste den Kommunismus schließlich aufbauen und selbst gingen sie ja nicht mehr arbeiten in ihrer „Diktatur des Proletariats“, die sie am liebsten das „Paradies der Arbeiterklasse nannten“. Ihnen gehörte alles, dem Rest nichts. Das hatte mit Freiheit und Gerechtigkeit so wenig zu tun, wie mit Demokratie und einer Republik. Sonst wären Ulbricht und seine Genossen einfach zurückgetreten. Das hätte ihre vielen Verbrechen bis dahin zwar nicht ungeschehen gemacht, aber immerhin beendet, 16 Jahre nach dem „Tag der Befreiung“ wäre auch Ostdeutschland endlich wirklich befreit und die Deutschen wären wieder vereint statt weiter geteilt. Stattdessen kam es sogar noch schlimmer. Wie immer, wenn Menschen nicht aufhören können, andere Menschen zu zwingen so zu denken, zu reden und zu handeln wie sie. Erst war es nur ein Gerücht, dass niemand glauben konnte. Obwohl die meisten den Kommunisten inzwischen alles zutrauten, aber das? Die Antwort kam vom „Generalsekretär der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, unserem verehrten Genossen Walter Ulbricht “ höchstpersönlich. Auf einer extra einberufenen Pressekonferenz im Osten Berlins: „Niemand hat die Absicht eine Mauer zu errichten.“ Heute die bekannteste Lüge der Welt und der Auftakt zum größten Verbrechen der Kommunisten an den Deutschen im Osten. Denn schon kurz darauf wurde es wahr. Am 13. August 1961, dem schwärzesten Tag in der deutschen Geschichte, als sich mitten durch Deutschland, mitten durch Berlin der Eiserne Vorhang endgültig schloss. Das konnte die ganze Welt auf einem heute berühmten Foto von diesem Tag sehen. Aufgenommen vor dem Brandenburger Tor zeigt es die ehrlichste Stunde der Kommunisten. Obwohl an diesem Tag die wahren bösen Menschen, „die Kapitalisten! Imperialisten, Faschisten und Kriegstreiber!!!“ aufgehalten werden sollten, sahen die nur ihren Rücken. Ihre Waffen sah das eigene Volk, als letzte Warnung auf dem Weg in die Freiheit. Auf den stand ab jetzt die Todesstrafe. So folgte dem Deutschland des Gasbefehls das Deutschland des Schießbefehls. Vollstreckt an jedem, der vom Osten in den Westen des Landes wollte. Zwei Jahre später kam ich in diese Welt. Als einer aus der ersten Generation in Deutschland, die hinter Mauer, Stacheldraht und Todesstreifen geboren wurde. Für uns wurde der Tag der Befreiung, nach dem Tag der Bestrafung, ein Tag der Beerdigung. Lebendig eingemauert, wuchsen wir vom ersten Tag unseres Lebens ohne das wichtigste im Leben auf. Von Freiheit konnten wir nur träumen. Anders als heute. Und so ist einer der wenigen aber großen Vorteile unserer Generation, dass wir beide Seiten des Lebens erlebt haben. Damals in Gefangenschaft, heute in Freiheit. Denn die weiß immer nur der wirklich zu schätzen, der sie schon mal wirklich vermisst hat. Und so ist es auch kein Wunder, dass mit Joachim Gauck ein Ostdeutscher heute alle Deutschen immer wieder daran erinnern, dass Freiheit das wichtigste im Leben ist. Nur warum hat auch er dabei noch nicht verraten. Dabei ist es ganz einfach: Warum ist Freiheit das wichtigste im Leben? Weil es das gleiche ist. Deshalb geht es ja auch so los: Schnipp Schnapp, die Nabelschnur ist ab, Verbindung getrennt zur Heimat, zur Herkunft, zu was auch immer aber immer. So und nicht anders geht es los. Danach ist jeder Mensch frei und unabhängig unterwegs. Und das heißt: Nimmt man jemandem seine Freiheit, nimmt man ihm sein Leben. Was schon deshalb ein Verbrechen ist, weil man ja nur das eine Mal existiert, wie jeder weiß, als Regel Nummer 1 des Lebens: Alles beginnt damit, dass es schon wieder zu Ende ist. Wann auch immer, wo auch immer, wie auch immer, aber immer. Am Ende ist man wieder tot. Deshalb ist ein Leben in Wahrheit auch nichts Wertvolles. Man bekommt es eines Tages einfach so geschenkt und wird es eines Tages einfach so wieder verlieren. Ein Leben ist einzigartig. Das ist das wertvolle. Und schon deshalb sollte man keinen Tag davon verschenken, schon gar nicht müssen. Das geht aber nur, wenn alle dabei mitmachen. Heute hier, im wiedervereinten Deutschland, wie damals dort, im geteilten. Im dem lebten 80 Millionen Menschen mit einem Todesstreifen in ihrer Mitte. Auch noch für immer und ewig wie es damals schien. Dass der Eiserne Vorhang eines Tages wieder fallen würde, glaubte mit der Zeit niemand mehr. Weil jeder Widerspruch schon längst verstummt war. Stell dir vor, es ist Diktatur und alle machen mit. Nicht nur im Osten, erst recht im Westen. Sonst hätte Richard von Weizsäcker in seiner Rede damals mehr dazu gesagt. Aber auch das gehört eben zur eher bitteren Wahrheit über unsere jüngste deutsche Vergangenheit: Im Westen Deutschlands hatte man schon ziemlich früh entschieden, sich nicht mehr an das Grundgesetz zu halten, sondern die drei berühmten Affen: Nichts mehr sehen, nichts mehr hören, nichts mehr sagen wollen. Obwohl das ja der freie Teil Deutschlands war. Aber „Die Mauer muss weg!“ hat im Westen nie jemand gerufen. Im Gegenteil: Mit der Zeit fanden sie Mauer, Stacheldraht und Todesstreifen mitten durch Deutschland, mitten durch Berlin ganz „entspannt“, wie sie dazu sagten. Angeführt vom Genossen Willy Brandt, der 1970 als Kanzler der Westdeutschen zum Genossen Leonid Breschnew nach Moskau in den Kreml reiste und im berühmten Brandt-Breschnew Pakt den Osten Deutschlands und Europas endgültig den Kommunisten gab. Nach dem Motto: Ihr könnt den Osten behalten und wir im Westen bekommen dafür unseren Frieden. Dafür hat er sogar den Friedensnobelpreis bekommen und seitdem ist er im Westen ein Held. Auch solche Erinnerungen teilen Deutschland bis heute. Denn für uns im Osten Deutschlands und Europas bleibt der Held aus dem Westen für alle Zeiten nur der Mann aus dem Westen, der uns für alle Zeiten an die größten und dümmsten Verbrecher aller Zeiten ausgeliefert hat. Nach diesem alten deutschen Motto: Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten. Obwohl sie damals nicht die einzig Entspannten im Westen waren, die uns im Osten im Stich gelassen haben. Am bekanntesten die „68iger“. Die fragten damals lautstark ihre Eltern, warum sie nichts getan haben, als die Faschisten in Deutschland ihre Verbrechen ausführten. Heute wäre es höchste Zeit, dass die Kinder der 68iger ihre Eltern fragen, warum sie nichts getan haben, als die Kommunisten in Deutschland ihre verübten. Im Gegenteil. Sie kämpften mitten im freisten Deutschland, das es bis dahin gab, nicht für sondern gegen die Freiheit. Weil sie nicht gegen die Kommunisten auf die Straße gingen, sondern gegen die Amerikaner. Und damit gegen uns. Nicht nur gegen uns im Osten Deutschlands. Unsere Brüder und Schwestern in der vietnamesischen Baracke des ehemaligen Kommunistischen Lagers bedanken sich heute noch bei Fischer, Trittin, Ströbele, Roth und Co, dass sie nicht in einem freien Land wie Amerika sondern immer noch in einer kommunistischen Diktatur leben müssen, in der es heute noch zugeht wie damals bei uns, im unfreiesten Deutschland, das es jemals gab, direkt vor ihrer Nase. Ohne das sie dagegen protestiert hätten. Denn so wie sie hatte sich ganz Westdeutschland mit der Teilung Deutschlands längst abgefunden. Und wer doch noch daran erinnerte wurde sofort als „Kalter Krieger“ beschimpft und mundtot gemacht, weil er die „Entspannung zwischen den Blöcken“ gefährdet. An die Wahrheit sollte lieber niemand mehr erinnern. Mauer? Stacheldraht? Todesstreifen? Mitten durch Deutschland, mitten durch Berlin? Nicht mal im Fernsehen gab es das noch zu sehen. ARD und ZDF waren damals schon Staatssender und so herrschte politisch wie medial die totale Verdrängung. Und im Verdrängen sind alle Deutschen Weltmeister. Die Fähigkeit, nicht zu sehen, was eigentlich nicht zu übersehen ist, gehört ja zu unseren Stärken. Oder Schwächen? Jedenfalls zu unserer Geschichte. Die endete am Ende doch noch glücklich. Weil die Menschen im Osten nach 40 roten Jahren ihren ganzen Mut zusammennahmen und sich, allein gelassen vom Rest der Welt, einfach selbst befreiten. Stell dir vor es ist Diktatur und niemand macht mehr mit. Dann ist sie über Nacht, oder sagen wir treffender nach Feierabend, vorbei und alles hat sich gewendet. So ist der 09. November 1989 der wahre Tag der Befreiung in unserer Geschichte, der vollendete, was der 08. Mai 1945 begonnen hatte. Seitdem wächst zusammen „was hinten rauskam“, sag ich mal. Weil es ohne den Kanzler der Einheit ja keine gegeben hätte. Helmut Kohl war der einzige gewesen, der im Westen nicht aufhörte, an die Schicksale der Deutschen im Osten zu erinnern und das Grundgesetz ernst nahm. So folgte der inneren Befreiung auch die von außen. Mit dem Kohl-Gorbatschow Pakt. In dem holte Kohl aus Moskau wieder zurück was Brandt dort gelassen hatte. Danach war auch die ostdeutsche Baracke des Kommunistischen Lagers offiziell in die Freiheit entlassen, die Rote Armee rollte wieder nach Hause und alle Deutschen wurden am 03. Oktober 1990 doch noch ein einig Volk in Recht und Freiheit. Statt mit einem Todesstreifen durch ihre Mitte. Und jeder, der damals dahinter leben musste, weiß das bis heute wirklich zu schätzen. Und so ist es auch kein Wunder, dass weder Joachim Gauck noch Angela Merkel Lust haben, am 08. Mai 2015 nach Moskau zu reisen um sich zu bedanken, dass wir Ostdeutschen unser halbes Leben auf das wichtigste im Leben verzichten mussten. Zumal Russland immer noch von einem Kommunisten geführt wird, der als ein in der DDR stationierter KGB Offizier von Anfang an ein Kind der Sowjetunion ist, das heute heim ins Reich auf Russisch spielt. Und die gleichen Leute in Deutschland, die damals die Ostdeutschen im Stich gelassen haben, lassen heute die Ukrainer im Stich. Sogar aus dem gleichen Grund: Hauptsache wir haben unseren Frieden. Den gibt es aber nur, wenn sich jeder daran hält. In Deutschland, Europa, wie der ganzen Welt. Stattdessen ist das Gegenteil der Fall. Statt endlich nur Frieden gibt es immer weiter nur Kriege. Kalte wie heiße, kurze wie lange, große wie kleine Schlachten, Kämpfe, Streitereien. Wie ein roter Faden zieht sich die Blutspur durch die menschliche Geschichte. Nicht nur der deutschen. Aber das ist unsere. Und wenn wir verhindern wollen, dass unsere Zukunft wieder so wird wie unsere Vergangenheit mal war, müssen wir schon in der Gegenwart damit beginnen. Und am einfachsten geht das, wie wir im Osten ja gelernt haben, wenn damit jeder bei sich selbst anfängt. Also sein Leben einfach und für immer in die eigenen Hände nimmt, statt in andere zu geben. Am besten mit der Unabhängigkeitserklärung unterm Arm. Denn in der steht schon seit 1776, dass jeder Mensch frei geboren wird. Deshalb braucht man sich seine Freiheit auch nie erobern vom ersten Tag an, sondern muss sie bis zu seinem letzten Tag verteidigen. Gegen Faschisten, Kommunisten, Islamisten und jeden anderen auch, der will, das man so denkt, so redet und so handelt wie er. Denn das hat mit Freiheit und Gerechtigkeit so wenig zu tun wie mit Glücklich sein und was dabei herauskommen kann, hat Deutschland gleich zweimal hintereinander erlebt. Einmal vor dem 08. Mail 1945. Einmal danach. (Quelle: Journalistenwatch, 6.5.15, http://journalistenwatch.com/cms/ein-ostdeutscher-und-der-08-mai/ ) www.conservo.wordpress.com

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