Fehler machen ist menschlich. Sich weigern, aus Fehlern zu lernen, ist dilettantisch.
Seit 2005 kämpft die CSU um Stimme und Einfluss in Berlin. Dreimal in Folge gehörte sie immer als kleinster Partner einer Koalition unter Führung der Merkel-CDU an. 2008 verlor sie die Landtagswahl mit einem der schlimmsten prozentualen Abstürze in der jüngeren Parteiengeschichte. Seitdem stagnieren die realen, an absoluten Stimmen gemessenen Wahlergebnisse. Die Mitgliederzahlen der Partei sind seit Seehofers Amtsantritt im Sinkflug begriffen. Was war passiert?
Schon in den Koalitionsverhandlungen 2005 versteifte sich die CSU auf ein einziges Thema, nämlich das Betreuungsgeld. So richtig dieses Anliegen war, es hätte doch um Himmels Willen nicht das einzige sein dürfen! Noch dazu leistete sich die damalige CSU-Führung den Kardinalfehler, das Betreuungsgeld nicht zeitgleich mit dem massiven staatlichen Krippenausbau einzuführen, sondern sich auf irgendeinen späteren Zeitpunkt vertrösten zu lassen. In der Politik heißt Verzögerung faktisch Verhinderung. Und so kam es, dass in der neuen Koalition 2009 die Gegner des Betreuungsgeldes in CDU und FDP so taten, als handle es sich um ein völlig neues Anliegen der CSU, zu dem man sich erst noch durchringen müsse. Ergo konnte Seehofer im Koalitionsvertrag 2009 auch nur einen einzigen Erfolg vermelden: „Das Betreuungsgeld kommt“. Dabei vergaß er den Zusatz „… schon seit 2005“. Und als es dann sage und schreibe schon im August 2013 kam, konnte kein Wähler mehr einen Zusammenhang zwischen dem Einsatz der CSU und dem Geldbezug herstellen. Das ganze Thema war verpufft und die SPD tritt jetzt sogar noch mit einer Verfassungsklage nach.
Aus den negativen Erfahrungen der beiden vorangegangenen Koalitionen hätte Horst Seehofer eigentlich wissen müssen, dass jede „Einthemen-Variante“ zum Scheitern verurteilt ist. Und prompt kam er im Wahlkampf 2013 schon wieder mit einer neuen Endlosschleife, dieses Mal als neues Heilsversprechen: „Die Maut“. Mit ihr wird alles gut. In keiner Wahlkampfrede durfte sie fehlen, keine Sendung, keine Parteiveranstaltung kamen ohne sie aus.
Damit wir uns nicht missverstehen: Dass diejenigen die eine bestimmte Infrastruktur, wie Straßen und Autobahnen nutzen, auch dafür zahlen sollen ist ökonomisch richtig und natürlich gerecht. Der Teufel steckt bei diesem Thema nur leider im Detail und zwar wenn’s um die Ausländermaut geht. Jemand wie Seehofer, der dem Bundestag fast 30 Jahre lang angehört hat, müsste eigentlich wissen, dass alle Pläne zur Einführung einer Straßenmaut bei gleichzeitiger Entlastung der heimischen Autofahrer durch Senkung der Kfz-Steuer schon in den 80er Jahren scheiterten, damals noch am Einspruch der EG-Kommission. Aber nein, der CSU-Vorsitzende wollte weder aus dieser Geschichte noch aus dem Einthemen-Fehler Betreuungsgeld lernen.
Es kam wie es kommen musste: Ganze Eimer voll Kröten hat die CSU im Koalitionsvertrag 2013 geschluckt: Mindestlohn, Quotenpolitik, faktische Steuererhöhungen, Doppelte Staatsbürgerschaft, Homo-Ehe. Ein Horrorkatalog ohne Ende, vor allem wenn man bedenkt, welche wichtigen CSU-Themen seit 2005 alle auf der Halde gelandet sind: Was ist mit dem Megathema Innere Sicherheit und dem Stopp der illegalen Einwanderung? Was ist aus den Steuerreformvorhaben seit 1997 geworden? Wo bleibt die Entlastung des Mittelstands? Was wurde aus dem Versprechen, der Euro müsse genauso stabil sein wie die D-Mark? Was wurde konkret in Sachen Entbürokratisierung erreicht? Haben wir seit 2005 etwa weniger Brüssel und mehr bayerische Eigenständigkeit? Nichts von alledem!
Stattdessen stehen Seehofer und seine Führungscrew vor dem blanken Nichts, denn die Maut – für die man buchstäblich alles aufgegeben hat – oh Wunder, oh Wunder – sie wird weder 2016 noch danach kommen, denn Merkel ermunterte die EU-Kommission von Anfang an, das Projekt auf der europäischen Ebene zu torpedieren (siehe z.B. Junckers abwertende Einlassung, noch bevor der Bundespräsident das Gesetz unterzeichnet hatte). Jetzt schimpfen Dobrindt, Scheuer, Hasselfeldt und Co. wie wild auf die EU, die sie sonst doch immer im Chor mit Manfred Weber als „gemeinsames Europa“ beschwören.
Erinnern Sie sich? Wenn Sie in der Politik ein Vorhaben undurchführbar machen wollen, verzögern Sie es einfach. Was ist nicht schon alles an für uns Bürger lohnenswerten Projekten auf den berühmten St.-Nimmerleins-Tag, den höchsten deutschen Feiertag verschoben worden?
Die berühmte Steuervereinfachung und Steuersenkung, der Schuldenabbau, die Entbürokratisierung, die Einführung von Volksabstimmungen, die Reform der Sozialsysteme, die Dezentralisierung der EU, die Länderreform, die Bahnreform, eine echte Gesundheitsreform usw., usf.
Und jetzt eben auch die mythische Maut! Avanti, dilettanti!
(entnommen aus: die-echte-csu.blogspot.de)
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