Lucke weg – wie gehts jetzt weiter mit der AfD?

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Ehepaaren, deren Verbindung sich überlebt hat, wünscht man vor allem, daß sie sich in Frieden trennen. Die Abspaltung des Weckrufs von der AfD war nur eine Frage des Verlautbarungsdatums. Während ein Großteil des Führungspersonals seinen Austritt bereits angekündigt hat, folgte am Mittwoch Bernd Lucke. Dabei hatte es aus dem Weckruf vorher stets geheißen, daß niemand die Absicht habe, aus der AfD auszutreten. Ergo brauchten die Weckrufler eine neue Rechtfertigungsfigur für ihren Meinungswechsel und die hat binnen 72 Stunden bereits volle Gestalt angenommen: (Von Falko*)

  1. Die AfD hat auf dem Parteitag in Essen einen „Rechtsruck“ vollzogen.
  2. Der Ton und die Umgangsweise mit dem AfD-Gründer Bernd Lucke war unmöglich.

Stimmt das?

Zu 1. Da der Essener Parteitag ein Wahl- und kein Programmparteitag war, kann der angebliche „Rechtsruck“ schlechterdings nur Personalien betreffen; inhaltlich hat sich an der programmatischen Ausrichtung der AfD in Essen überhaupt nichts geändert. Tatsächlich hat der Weckruf diesen Ruck selbst verursacht. Denn nach Luckes Abstimmungsniederlage haben sich die Kandidaten des Weckrufs auf ganzer Linie von der Wahl zu weiteren Ämtern zurückgezogen. Noch in ihrer Dankesrede äußerte Frauke Petry ihre Präferenz für Joachim Starbatty als Co-Vorsitzenden, dieser lehnte jedoch später ab. Dann verkündete Ulrike Trebesius ihren Rückzug von ihrer Kandidatur auf diesen Posten, während Lucke bereits im Vorfeld den Verzicht auf eine weitere Kandidatur bekanntgegeben hatte. Bei den Vorstandswahlen am Sonntag traten ebenfalls keine Weckrufler mehr an. Folge: das nationalkonservative Spektrum trat konkurrenzlos auf, während es den wenigen verbliebenen, unabhängigen Kandidaten der Liberalen an Unterstützung fehlte. Sicherlich wäre es dem Weckruf mit 40% Wahlanteil möglich gewesen, eine starke Präsenz im Bundesvorstand aufzubauen, wenn er gewollt hätte.

Stattdessen entschied er sich aber, eine Alles-oder-Nichts-Strategie zu verfolgen. Sein Motto: Entweder erhalten wir die Führung in der Partei oder wir sind weg. Nach seiner überraschenden Niederlage hatte das Lucke-Lager keinen Alternativplan mehr, es implodierte förmlich. Das läßt nur zwei Schlüsse zu: entweder hatte der Weckruf von vornherein geplant oder gewußt, daß er nur bei Luckes Wahlsieg weiterhin in der AfD verbleibt – dann hätte er seit Mai die Partei über seine wahren Absichten belogen. Oder die desolate Führung des Weckrufs ist auf Luckes mäßige machtpolitische Fähigkeiten zurückzuführen, die sich auch in seinen innerparteilichen Fehlentscheidungen zeigten.

Zu 2. Der persönliche Umgang mit Lucke war nicht astrein, er war teilweise sogar schäbig. Einzelne AfD-Mitglieder haben sich gegenüber Lucke so verhalten, wie sie sich darüber beklagen, daß der politische Gegner sie behandele. Lucke hat sich als Gründer der AfD und Gesicht der Eurokritik großen Respekt erarbeitet. Er hat sich in einem feindseligen medialen Klima persönlich stark exponiert und beim Aufbau der Partei eine unglaubliche Arbeitsleistung an den Tag gelegt. Ohne seinen Einsatz wäre die AfD nicht da, wo sie heute steht. Eine konservative Partei, die ihre Väter nicht ehrt, hat den Namen nicht verdient.

Trotzdem übertreibt der Weckruf in seiner Viktimisierung Luckes. Pfiffe und Buhrufe gab es auch von Lucke-Anhängern. Dennoch waren die Störer auf beiden Seiten in der verschwindend geringen Minderheit, und es gab zahlreiche Leute, die das eigene Lager zur Mäßigung aufriefen. In Wahrheit war der Essener Parteitag vorzüglich organisiert und ist äußerst geregelt vonstatten gegangen – nicht zuletzt aufgrund einer jederzeit souveränen Versammlungsleitung. Zur Erinnerung: Mit 3502 Mitgliedern war es angeblich der größte Parteitag der Bundesgeschichte, und auch die Saaltemperatur in der Gruga-Halle war mit 27,5 Grad rekordverdächtig hoch. Zudem handelte es sich – wie von Lucke selbst gewünscht – um keinen Delegierten-, sondern einen Mitgliederparteitag, was zwangsläufig eine gewisse Unberechenbarkeit bedeutet.

Lucke hat sich einen Gutteil des Unmutes selbst zuzuschreiben, als er am Sonntag mitten im laufenden Parteitag mit einer Traube Journalisten durch die Halle zog und ihnen gegenüber seinen „wahrscheinlichen Austritt“ bekanntgab. Vielleicht war es bloß Ungeschick seinerseits, aber viele Parteitagsteilnehmer haben dies als Respektlosigkeit empfunden. Erst darauf kam es zu der unrühmlichen Szene, als Lucke sich vergeblich vor einem Mikrophon dem Parteitag erklären wollte. Trotz seines unglücklichen Abgangs aus der Partei, die er selbst gegründet hat, wird Luckes Eintritt in die Politik in der bleibenden Perspektive als ein Glücksfall für den deutschen Konservatismus zu bewerten sein.

Zukunftsaussichten von AfD und Weckruf

Was folgt jetzt? Petry sollte alle Anstrengungen unternehmen, die Liberalen in der Partei zu halten. Die Wahl des Finanzwissenschaftlers Jörg Meuthen als zweiten Bundessprecher war ein wichtiges erstes Signal. Die AfD muß Petry an ihre Wahlversprechen erinnern, sich dafür einzusetzen, diesen Posten über Dezember hinaus dauerhaft zu erhalten. Petry, deren Wahl sich vor allem auch aus einer Anti-Lucke-Stimmung speiste, verfügt alleine weder über ausreichend politisches Gewicht noch die Legitimität zur alleinigen Führung der Partei. Nur eine Doppelspitze kann dem liberal-konservativen Doppelcharakter der AfD Gerechtigkeit tun und die Gefahr der programmatischen Verengung auf „rechte“ Themen bannen. Eurokritik auf der einen Seite und Kritik an regelloser Masseneinwanderung und zunehmender Islamisierung auf der anderen sind kompatibel, schon allein deswegen, weil sie unterschiedliche Politikfelder berühren.

Dem Weckruf fehlen die Alleinstellungsmerkmale, um als eigene Partei zu bestehen. Eurokritik gegenüber der FDP und eine gedämpftere Tonlage in der demographischen Frage im Vergleich zur AfD sind eine viel zu schmale Basis für den politischen Erfolg.

Weckrufler werden als Kronzeugen für den Rechtsruck der AfD in den Medien herumgereicht werden; dieser Prozess ist bereits voll im Gange. Viele werden mitmachen, weil sie zum einen ein berechtigtes Interesse besitzen, ihren Austritt zu begründen, aber auch weil sie sich mediale Absolution für ihre Sünde der AfD-Mitgliedschaft erhoffen. Totalkritik gegen Rückgabe der bürgerlichen Existenz wird der Ablaßhandel mit der Systempresse lauten.

Es liegt deshalb im Interesse der AfD, sich friedvoll vom Weckruf zu scheiden. Ohne gegenseitiges Auf- und Abrechnen. Inhaltlich passte zwischen Lucke und Petry sowieso nur wenig Sonnenlicht. Ihr Unterschied lag in der Sagbarkeitsgrenze. Viele Weckruf-Mitglieder haben ihre individuelle Grenze erreicht und die Sorge um den Verlust der bürgerlichen Existenz in einem Klima des linken McCarthyismus überwiegt nunmehr. Dafür sind sie nicht zu zeihen, viele andere unzufriedene Mitbürger haben sich bislang weniger getraut. Aber jetzt ist es Zeit, daß ein neuer Sturm auf das Eis läuft, der mutiger ist, aber hoffentlich auch klug genug, nicht in das schon gewetzte Messer der Medienmeute zu rennen. *(von „Falko“, Quelle: www.pi-news.net/2015/07/lucke-weg-wie-gehts-jetzt-weiter-mit-der-afd/#more-469476)

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