Jean-Luc Mélenchon hat ein Buch geschrieben. Der Chef einer linksextremen Splitterpartei in Frankreich versucht mit antideutscher Hetze sich und seine Organisation ins Gespräch zu bringen.
Um eines billigen politischen Vorteils willen unternimmt der politische Spaltpilz der – ohnehin schon marginalisierten – Sozialistischen Partei Frankreichs den Versuch, den Weg der Völkerverständigung und des Ausgleichs zwischen Frankreich und Deutschland zu beschädigen.
Die von Konrad Adenauer und Charles de Gaulle zum Nutzen beider Länder und Europas eingeschlagene Richtung soll nach dem Willen des Schreibers von Le Hareng de Bismarck – Le poison allemand“ (Bismarcks Hering – Deutsches Gift) umgekehrt werden.
Mélenchon will seinen Lesern selektiven Geschichtsunterricht erteilen.
Dazu greift er erst mal ein Jahr zurück und beginnt mit François Hollandes Besuch am 10. Mai 2014 in Stralsund. Dort erhielt dieser als Geschenk ein Holzfass voller eingelegter Bismarckheringe. Die anschließende Ostseefahrt unternahmen Hollande und Merkel auf dem Dampfer „Nordwind“.
Auch darin erblickt der Autor eine versteckte Botschaft, denn „Nordwind“ hieß die letzte Wehrmachtsoperation an der Westfront im Januar 1945. Das wiederum sei eine sizilianische Botschaft. Wenn die Mafia jemandem einen Fisch schickte, dann bedeutete das, dass ein Mensch „zu den Fischen geschickt“, das heißt getötet wurde. Mélenchons geschichtlicher Ausflug endet dann beim deutsch-französischen Krieg von 1870/71.
Er „vergisst“ dabei, seinen Lesern zu berichten, dass es der Kaiser Napoleon III: gewesen ist, der am 19. Juli 1870 an Preußen den Krieg erklärte, den er dann verlor.
Die Gestalt Kaiser Napoleon I., der versuchte ganz Europa zu erobern und zu unterjochen, scheint in Mélenchons Wissensschatz nicht aufzutauchen. Als es in seinem Geschichtsunterricht um den 30 jährigen Krieg und den Kardinal Richelieu ging, schien der Buchautor gerade aus dem Fenster geschaut zu haben.
Von der Demütigung Deutschlands mit dem Versailler Vertrag von 1919 hat er auch keine Kenntnis. Um das Buch zu bewerben, wurde ein Video auf dem Blog des Politikers gezeigt. Es hat die Fußballweltmeisterschaft 1982 zum Gegenstand, wo ein deutscher Fußballspieler einen Franzosen foult. Mélenchons Nachricht: „So sind die Deutschen“.
Auch in Fragen von Wirtschaft und Ökonomie zeigt Mélenchon das gleiche gefährliche Halbwissen wie in Geschichte.
Es geht ihm um die Rettung des Euro und die wirtschaftlichen Verhältnisse in Europa.
Er beweist gleich am Anfang, dass er ein nicht ernst zu nehmender Sektierer ist, wenn er die regierenden sozialdemokratischen und sozialistischen Parteien Europas einem „neoliberalen“ Block zurechnet. Wer den Traktat liest, könnte den Eindruck gewinnen, die Deutschen profitieren vom Euro, wollten ihn gern behalten und hätten ihn am Ende sogar gewollt.
Das Gegenteil ist richtig. Frankreich forderte für seine – entbehrliche – Zustimmung zur Wiedervereinigung die Zustimmung Deutschlands zum Euro.
Der konservative „Figaro“ in Paris feierte das gar als „Versailles ohne Krieg“. Bundeskanzler Helmut Kohl lehnte 1990 die von US- Präsident Bush angetragene „Partnership in Leadership“ ab, aber der Autor sieht eine deutsche Vorherrschaft in Europa.
Dabei ist Frankreich an seiner Wirtschaftschwäche selbst schuld.
Präsident François Hollande drängelt sich als Schoßhund der US-Amerikaner vor, wenn es um antirussische Sanktionen geht.
Sogar von Russland bereits bezahlte Kriegsschiffe hält er zurück. Frankreich ist unter Hollande in den Ruf eines unzuverlässigen Vertragspartners geraten. Launige Kritiker haben ihn derweil schon als „großen Bruder von Luis de Funes“ bezeichnet.
Bei einem Dänemarkurlaub könnte Mélenchon ein Hochlohnland in der unmittelbaren Nachbarschaft Deutschlands mit Vollbeschäftigung kennen lernen.
Zu guter Letzt wird die deutsche Euro Rettungspolitik als Ursache des Aufstiegs des Front National unter Marine Le Pen benannt. Dadurch würde ein europäischer Fortschritt auf Jahre unmöglich gemacht – in der kleinen Welt des Setkierers. Eddie Murphy hat einmal im „Beverly Hills Cop“ gesagt: „Der hat keine Ahnung, aber davon ne ganze Menge“. Das passt auch für Mélenchon.
Statt dessen betätigt sich Mélenchon als geistiger Brandstifter: „Der deutsche Imperialismus ist zurück“. Und fordert uferlose deutsche Geldleistungen.
Er will den sozialstaatlichen Schutz stärker europäisieren. Die wohlhabenderen Länder sollten mehr Verantwortung für die tragen, die unter der Krise leiden, findet unser Buchautor.
Es ist die extrem nationalistische Weltsicht eines Udo Voigt von der NPD, verpackt in die Propagandamechanismen eines Karl Edurad von Schnitzler, die uns hier begegnen. Ein kluger Mann wie Oskar La Fontaine hat das Buch in der „Jungen Welt“ freundlich besprochen. Das macht die Sache nicht besser.
*(Original: Stefan Lüdemann: compact-online.de/geschichte-aus-dem-heringsfass/; „Le Hareng de Bismarck – Le poison allemand“ (Bismarcks Hering – Deutsches Gift), Éditions Plon, Paris 2015, 150 S, 10 Euro.)