Von Peter Helmes
Es ist schon erstaunlich zu sehen, wie die Zahl der von der Presse abschätzig bezeichneten „Abweichler“ in der Griechenlandkrise von Abstimmung zu Abstimmung wuchs. Daß zur „Besinnung“ Kraft gehört, zeigen am ehesten die Drohungen des Unions-Fraktionsvorsitzenden Kauder
gegen solche „Abweichler“ (siehe auch: https://www.conservo.blog/2015/08/10/caudillo-caudero-basta/).
Klaus-Peter Willsch MdB hat schon nach der zweiten Abstimmung die harte Hand des Caudillos zu spüren bekommen. Er verlor seine viele Jahre innegehabte Funktion im Haushaltsausschuß. Selbstverständlich, so betont Kauder bei jeder Gelegenheit, ist der Abgeordnete „frei in seiner Meinung und nicht an Weisungen gebunden“. (Solange er sich an den Fraktionszwang hält, möchte man hinzufügen.)
Matthias Gonder, ein alter Freund noch aus JU-Tagen, kämpft zusammen mit seiner Frau Kerstin seit vielen Jahren für ein Europa der Vaterländer und gegen ein Einheits-Europa, in dem die Nationalstaaten ihre Souveränität verlieren. Er wohnt in Bingen, dem Wahlkreis von Ursula Groden-Kranich, die erst nach langer Besinnungszeit zur Linie von Willsch gestoßen ist. Dafür gebührt ihr Respekt und – gar nicht polemisch gemeint – der Dank des Vaterlandes.
Der folgende Schriftwechsel zeigt, wie schwer, aber auch wichtig die kritische Haltung in der Griechenland-Debatte ist:
(Gesendet: Donnerstag, 16. Juli 2015 um 19:13 Uhr, von: ursula.groden-kranich@bundestag.de, An: matthiasgonder@web.de,
Betreff: Griechenland / Ihre E-Mail vom 14.07.2015)
Sehr geehrter Herr Gonder, sehr geehrte Frau Dorsheimer,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Wie Sie, so verfolge auch ich die aktuellen Entwicklungen in Griechenland mit großer Sorge und wachsender Skepsis. Die griechische Regierung um Ministerpräsident Alexis Tsipras hat in den zurückliegenden Wochen und Monaten sehr viel Vertrauen zerstört. Schlimmer ist jedoch, dass erste Erfolg der Reformpolitik der letzten Jahre binnen kürzester Zeit zerstört wurden. Im Herbst 2014 befand sich Griechenland noch auf gutem Wege. Die Arbeitslosigkeit ging zurück, die Wirtschaft wuchs und im Staatshaushalt wurde zum ersten Mal seit Jahrzehnten ein Überschuss erwirtschaftet. Dies war das Ergebnis der großen Anstrengungen der griechischen Bevölkerung, die Krise hinter sich zu lassen. Harte und tiefgreifende Reformen wurden durchgeführt. Sie waren nach Jahren der Misswirtschaft jedoch auch zwingend notwendig.
Kurze Zeit nach dem Amtsantritt der Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras wurden wesentliche und zentrale Reformvorhaben der Vorgängerregierungen rückabgewickelt. Die Ausgaben des Staates stiegen und mit ihnen die Unsicherheiten auf den internationalen Finanzmärkten. Die Folge war, dass sich die Überschüsse im Staatshaushalt in Unterdeckungen verwandelten und die wirtschaftliche Entwicklung erneut zusammenbrach. Anstatt durch eine Änderung seiner Politik das Ruder wieder herumzureißen, versteifte sich Alexis Tsipras mit seinem damaligen Finanzminister Yannis Varoufakis darauf, dass alleine die Politik der europäischen Partner Schuld an der Lage im Land sei. In einer Parlamentsdebatte bescheinigte Ministerpräsident Tsipras den Internationalen Währungsfonds gar, in krimineller Art für die Lage im Land verantwortlich zu sein. Nicht nur den Inhalt, auch den Ton dieser Aussage kann ich als Europäerin und Demokratin nur zurückweisen.
Die europäischen Partner wurden von der Regierung Tsipras von Sitzung zu Sitzung hingehalten. Für den Fortschritt der Verhandlungen dringend notwendige Reformvorschläge aus Griechenland wurden nicht geliefert oder sie waren nicht eindeutig genug. Dies gipfelte darin, dass die griechische Regierung Ende Juni die Verhandlungen über eine Verlängerung des Griechenland-II-Pakets aus dem Jahr 2010 einseitig beendete. Das Ergebnis ist bekannt: Am 30.06.2015 um 24.00 Uhr endete das zweite Hilfspaket für Griechenland.
Vor diesem Hintergrund hege ich größte Zweifel daran, dass die griechische Regierung um Alexis Tsipras nunmehr die seit langer Zeit angemahnten Reformen auch tatsächlich in Angriff nimmt, umsetzt und beibehält. Diese Zweifel habe ich auch bereits in meiner Persönlichen Erklärung zur Abstimmung über eine Verlängerung des Griechenland-II-Pakets im Februar 2015 zum Ausdruck gebracht. Seinerzeit habe ich mich enthalten. Daher sehe ich derzeit auch keine Grundlage für meine Zustimmung zu einem dritten Griechenland-Paket.
Mit freundlichen Grüßen
Ursula Groden-Kranich MdB
Mitglied im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union, Mitglied im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
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Griechenland und kein Ende
Von matthias gonder, An Groden-Kranich Ursula <ursula.groden-kranich@bundestag.de> (12.08.2015 00:52)
Liebe Frau Groden-Kranich,
es ist schon recht nervig, dass das Thema “Griechenland” wieder und wieder unsere Sorgen und die Schlagzeilen beherrscht.
Es sollte ihnen auch bekannt sein, dass es der frühere Finanzminister unter Rot/Grün, Hans Eichel war, der unter Umgehung sämtlicher Zahlen und Fakten seine damals in Athen regierenden Genossen in die EURO-Währungsunion gehievt hat. WARUM nennt die CDU hier nicht Ross und Reiter??? Sozialisten konnten noch nie mit Geld umgehen!!!
Wir hoffen sehr, dass Sie Ihre mutige und sachlich begründete Meinung NICHT aufgeben und auch gegen das dritte Griechenland-Hilfspaket stimmen werden. SIE sind der Parteiführung NICHT verpflichtet und haben Ihr Direktmandat nicht der Partei, sondern nur Ihren Wählern zu verdanken!!!!
Im Interesse von Wahrheit und Klarheit hoffen wir, dass Sie mithelfen, auch weitere Abgeordnete zu überzeugen, gegen weitere sinnlose Griechenland-Hilfen zu stimmen.
Haben manche CDU-Abgeordneten die Tugenden des hanseatischen Kaufmanns oder der schwäbischen Hausfrau mit Frau Merkel über Bord geworfen??? Diese Tugenden haben unser Land groß und erfolgreich gemacht!!! Wir wünschen uns, dass Seriosität wieder Markenkern der CDU-Finanzpolitik wird!
Es war uns Bürgern vor Einführung des EURO ausdrücklich versprochen worden, dass KEIN Land für die Schulden eines anderen haftet. Das wurde von der EU im Vertrag von Lissabon noch einmal bekräftigt (No-bailout-Klausel). Es kann nicht sein, dass sich die Staatengemeinschaft über ihre eigenen Regeln hinweg setzt, während von den Bürgern Gesetzestreue verlangt wird. Wenn Wahlversprechen nicht mehr gelten, wird die Demokratie Schaden nehmen!
Griechenland hat sich mit gefälschten Statistiken den Beitritt zur EURO-Währungszone erschlichen und sich selbst damit geschadet. Griechenland kann nur außerhalb der EURO-Zone wieder auf eigene finanzielle Füße kommen!
Für Ihre Arbeit und Ihren Mut wünschen wir Ihnen Gottes Segen und alles Gute!
Bleiben Sie bitte bei Ihrem kritische Urteil!
Herzliche Grüße von
Matthias G. Gonder & Kerstin Dorsheimer