Atom-Rückstellungen – Trittin Chef der neuen Atom-Kommission

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Von Peter HelmesTrittin4

Den Bock zum Gärtner gemacht

Und ich dachte schon, Schlimmeres aus Berlin sei nicht mehr denkbar. Nun das! Merkel macht den Bock zum Gärtner: Der ehemalige Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) soll die von der Bundesregierung geplante Atom-Kommission leiten. (Das erfuhr die „WirtschaftsWoche“ aus Regierungskreisen.) Ein hübsches Rentner-Recycling für den längst abgehalfterten, verbissenen Atomkraftgegner aus Grüner Vorzeit also.

Die Kommission wurde im Juli von der Koalitionsspitze beschlossen und soll noch in diesem Jahr die Arbeit aufnehmen. Sie soll Vorschläge erarbeiten, wie die Atom-Rückstellungen der vier Atombetreiber E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW gesichert werden können, die den Abriß der Atommeiler und die Endlagerung des Atomabfalls finanzieren sollen.

Weitere Mitglieder der Kommission sollen auch der frühere Bundesminister Klaus Töpfer (CDU), Ex-Wirtschaftsminister Werner Müller (SPD) sowie Michael Vassiliadis, Chef der Gewerkschaft IG BCE sein. Auf Seiten der Industrie schickt RWE-Vorstandsvorsitzender Peter Terium seinen Stellvertreter Rolf Martin Schmitz als Verhandlungsführer nach Berlin. Das ist doch fürwahr eine „ausgewogene“ Besetzung! Und bei so etwas kennt Trittin sich aus. Blicken wir ´mal in seine Zeit als Bundesumweltminister zurück:

„Wichtigtuerisches Gehabe“: Trittin löste Atomkommissionen auf

In „Stromthemen“ Nr. 2/1999 heißt es: Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Bündnis 90/Die Grünen) hat am 22. Dezember 1998 überraschend die Reaktor-Sicherheitskommission (RSK) und die Strahlenschutzkommission (SSK) mit sofortiger Wirkung aufgelöst sowie neue Satzungen für die beiden Expertengremien zur Beratung seines Hauses erlassen. Die neuen Mitglieder sollen noch im Januar ernannt werden. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) kritisierte den Schritt weil er nicht mit dem Kanzleramt abgestimmt war.

Schröder bemängelte, daß Trittin mit seinem Vorgehen die Konsensgespräche mit den Kernkraftwerksbetreibern gefährden könne. Indirekt warf er dem Grünen- Politiker “wichtigtuerisches Gehabe und parteipolitische Symbolik anstelle sachgerechter Politik” vor.

Trittin will mit der Neubesetzung erreichen, daß in den beiden Kommissionen “die in der Fachwelt vertretenen unterschiedlichen Auffassungen ausgewogener repräsentiert” sind als dies bisher der Fall gewesen sei. Nach Auffassung von Trittin fehlten in beiden Gremien bisher Kernkraftgegner(…)

…An der Spitze der RSK stand zuletzt Prof. Adolf Birkhofer, Wissenschaftlicher Geschäftsführer der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit. Die SSK wurde von Christoph Reiners, Medizinprofessor an der Universität Würzburg geleitet.

Birkhofer kritisierte, es sei ein merkwürdiger Stil, daß die Vorsitzenden der beiden Kommissionen aus der Presse erfahren mußten, daß es die Gremien nicht mehr gibt. Es könnte der Eindruck entstehen, daß hier ein unabhängiges Beratergremium auf Linie gebracht werden soll.

Kanzleramtsminister Bodo Hornbach (SPD) bezog in einem Interview Position gegen Trittin und stellte klar: Mit einseitig besetzten Kommissionen kann es kein faires Miteinander geben…(http://www.castor.de/presse/stromthemen/1999/99nr2.html)

Atom-Rückstellungen der Atom-Konzerne zu knapp bemessen?

„Wichtigtuerisches Gehabe“, höhnte weiland Bundeskanzler Schröder über seinen stramm (ex-)kommunistischen Kollegen. Dieses Etikett muß man sich merken; denn auf den Chef der Atomkommission kommt eine Herkulesaufgabe zu, die einen Fachmann und keinen Dampfplauderer erfordert:

Vermutlich müssen die vier Kernkraftwerks-Betreiber in Deutschland ihre Rückstellungen zur Finanzierung des Atomausstiegs deutlich aufstocken. Grund dafür: die mickrigen Zinsen. Einem Pressebericht zufolge haben die Konzerne diese Rückstellungen derzeit mit Zinssätzen zwischen 4,0 und 4,7 Prozent in den Büchern. Angesichts der anhaltenden Niedrigzins-Phase dürften diese Verzinsungswerte aber zu hoch angesetzt, also unrealistisch sein. „Eine deutliche Absenkung der Zinssätze muß Teil der Debatte werden“, zitiert das „Handelsblatt“ einen Insider.

Hintergrund der Debatte um Rückstellungen sind Befürchtungen aus der Politik, daß die Unternehmen für künftige Zahlungsverpflichtungen unter anderem durch den kostspieligen Rückbau von Kernkraftwerken geringere Summen zurücklegen, als später tatsächlich anfallen. Die Differenz soll in der Zwischenzeit durch Zinserträge hereinkommen.

Teyssen: Bisherige Atom-Rückstellungen ausreichend!

„Wenn wir den Zinssatz halbieren, müssen wir die Rückstellungen verdoppeln. Das wäre für uns der Killer“, so eine anonyme Aussage aus einem betroffenen Unternehmen. E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall haben bislang insgesamt 39 Milliarden Euro für den Rückbau der Meiler in der Bilanz zurückgestellt. Die vom Bundeswirtschaftsministerium beauftragten “Streßtests” werfen die Frage auf, ob die bisher eingerichteten Bilanzposten ein realistisches Zinsniveau berücksichtigen, schreibt die Zeitung.

E.ON-Chef Johannes Teyssen sprach in einem Interview der Zeitung indes von „Taschenspielereien“. Sein Konzern lege sehr strenge Grundsätze an. Die Wirtschaftsprüfer, die die Rückstellungen Jahr für Jahr testierten, arbeiteten sehr genau. Die Zahlen seien auch angesichts der derzeitigen Niedrigzins-Phase nicht leichtfertig. „Wir halten uns an die Bilanzregeln“, betonte Teyssen. Er hält die bisherigen Atom-Rückstellungen für ausreichend.

Das sieht der RWE-Konzern derzeit genauso. „Wir gehen davon aus, daß unsere Rückstellungen richtig und angemessen sind und erwarten, daß der Streßtest das auch bestätigen wird“, betonte eine Sprecherin. (Quelle: Reuters, 24.09.2015; entnommen: t-online 11.09.2015)

Da hat Trittin nun gleich zwei Probleme am Bein: Gewiß wird er – in gehabter Manier – die Atomkommission „auf Linie bringen“. Zum einen! Zum anderen: Er muß Anspruch (Atomkraftwerke-Rückbau) und Wirklichkeit (vermutlich nicht genug Geld da) trennen bzw. miteinander abstimmen. Ich ahne die Lösung: Die vier Hauptbetreiber werden zu mehr Rückstellungen verdonnert. Das Geld dafür werden sie beim Strom-Endkunden, also bei uns Steuerzahlern, eintreiben. Mutti sei Dank!

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