Ich meine nicht das Flüchtlingselend, das Elend der frustrierten Helfer, das Elend bei den Verwaltern des Elends hierzulande.
Stattdessen das Elend derer, die daran herumstricken.
Es ist ein Elend mit den Regierenden, es ist ein Elend mit der nicht nur infrage kommenden Opposition, es ist ein Elend mit der Presse.
Von der neu gewählten Spitze der potentiellen Oppositions- und Hoffnungspartei AFD ist seit Wochen nichts zu hören, trotz steigender Demoskopiewerte. Dann liefert der thüringische AFD-Vorsitzende einen verwirrenden Auftritt in der Sonntagabend-Talkshow ab, der sogar wohlwollende Beobachter fassungslos macht.
Eine Opposition in unserem so demokratisch organisierten Parlament gibt es ohnehin nicht: die Grünen laufen auf Merkel-Linie. Die Linke ist mit Personalfragen und Ideologieproblemen beschäftigt.Außerhalb des Parlamentes ist es (einschließlich – oder dank der AFD) ebenso bedrückend und trostlos: NPD – indiskutabel für jeden vernünftigen Zeitgenossen. Die REPs – wer sind die denn? Die F.D.P. – die überflüssige Wackelpudding-Partei hat noch nie die Kärrnerlast der Opposition auf sich genommen. Nichtwählen ist auch keine Machtoption.
Die Pegida-Bewegung wollte sich als außerparlamentarische „Wir sind das Volk“- Opposition einrichten. Und dann stellen ihre nicht nur bloß dilettantischen Organisatoren selbst Fettnäpfchen auf, in welche sie ihre Leute hineintappen lassen – und liefern der Presse den gewünschten Stoff. Exemplarisch sind die Vorkommnisse bei der letzten, großartig als Jubiläums-Veranstaltung angekündigten Demonstration in Dresden. Es war doch zu erwarten, dass ein Provokateur wie Akif Pirincci als Redner mit seiner miserablen Rhetorik, seiner vulgären Ausdrucksweise und Fäkalsprache den Hyper-Interpretatoren der sog. Qualitäts-Presse ein gefundenes Fressen liefert.
Und die Regierenden?
Hat man etwas vernommen von wirksamen oder nur vielleicht Erfolg versprechenden Maßnahmen, die drohende Staatskatastrophe aufzuhalten?
Frau Merkel schlittert haltlos auf der mit ihrem Hilfegesuch an die Türkei selbstgelegten Schleimspur herum. Die Hofpresse schweigt dazu.
Der unfähige Innenminister de Maiziere rüstet weiter in erster Linie verbal auf. Da sind Sätze von ihm zu hören wie: „Inzwischen ist völlig eindeutig, diejenigen, die das organisieren, sind harte Rechtsextremisten … Sie bezeichnen Asylbewerber pauschal als Verbrecher, alle Politiker als Hochverräter. Das ist fernab jedes demokratischen Konsenses“.
Wirtschaftsminister“ Gabriel gibt dogmatischen Geschichtsunterricht: „Pegida verhält sich wie die NSDAP in der Weimarer Republik“ – laut „T-Online-Nachrichten“.
Bundesjustizminister Heiko Maas sagte in der bereits erwähnten Talkshow: „Es gibt einen Zusammenhang zwischen den rhetorischen Brandstiftern und dem was sie auslösen und was zu solchen Straftaten führt“ und stellt eine Verbindung zwischen dem Messerangriff auf die neu gewählte Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker sowie Pegida und der AfD her. Erinnert das nicht fatal an den Vorlauf zur „Reichskristallnacht“, als seinerzeit Goebbels ein Attentat auf den deutschen Diplomaten Ernst von Rath durch einen jüdischen Exilanten in Paris zur Judenhetze sich zunutze machte.
Der CDU-Regierungspräsident von Kassel, empfiehlt einem Bürger seiner Stadt, welcher gegen die Errichtung eines Aufnahmelagers protestierte, er könne ja auswandern, wenn ihm das nicht passe. Pirincci tappte mit seiner durchaus nicht abwegigen Assoziation der alternativen „Lagerverbringung“ damit in den Pressefettnapf.
Die Presse, die selbsternannte „vierte Gewalt“ – was ja, so haben wir es mal verinnerlicht, durchaus auch eine „Oppositionsrolle“ impliziert – gießt tagtäglich weiter Öl in das Feuer. Mit „hetzmeutenhaften sich-Überbieten“ (Michael Klonovsky) ziehen sie über deklarierte Hetzer und Hass-Prediger her und liefern selbst hetzenden, angeblichen Hass-Bekämpfern, wie dem Justizminister die wohlfeilen Stichworte und Begründungen – „Jubel-jaulende Hofhunde“ (F.J.Strauß) und „Hetzmeute“ in einem.
Von allen Seiten wird nicht nur rhetorisch aufgerüstet.
Haben wir noch einen „molekularen Bürgerkrieg“ (Enzensberger), oder schon mehr?
Kein Ende des Elends in Aussicht!
*) „altmod“ ist Blogger (altmod.de) und häufig auf „conservo“ vertreten
20.10.2015