Von Peter Helmes
Seit mehr als zehn Jahren steppt der Bär auf dem Frankfurter Flughafen. Immer montags; denn dann sind die dort lärmenden Rentner, die um ihren Mittagsschlaf fürchten, ausgeruht und haben am Wochenende Kraft getankt, mit (buchstäblich) Pauken und Trompeten regelmäßig im Airport Rosenmontag zu spielen und allerlei Schnickschnack zu veranstalten.
Um was geht es? Es geht um die Existenz des größten Flughafens auf unserem Kontinent und um dessen stetes Wachstum. Daß dort gleichzeitig Arbeitsplatze geschaffen und gesichert werden – kein Thema! Montags wird demonstriert, Motto. „Die sollen weniger fliegen, am besten gar nicht!“
Ihr Hauptargument: Fluglärm macht krank! Behaupten sie jedenfalls seit Jahren. Und so penetrant, daß sich die wie immer besorgte Politik – das Ohr nahe am Menschen – nicht anders zu helfen wußte, als ein Gutachten in Auftrag zu geben. Die „Norah-Studie“ war geboren. Zufrieden rieben sich Freund und Gegner – aus widerstreitenden Motiven, versteht sich – die Hände. „Die Studie wird´s schon beweisen!“ Das glaubten zumindest die Flughafengegner und schürten fleißig das Feuer bzw. hielten die Diskussion am Glühen.
Da steht also die Behauptung im Raum: „Fluglärm macht krank“. Als ob es sonst keinen Lärm gäbe! Lärm überhaupt macht krank. Wo ist also der Unterschied? Ja, Freunde, da sind wir an des Pudels Kern. Gucken wir hier:
Da gibt´s einen ausgewiesenen Kardiologen, der Münzel heißt. Und da gibt´s einen ausgewiesenen Ex-Epidemiologen, der Greiser heißt. Beide sind wissenschaftliche Koryphäen auf ihrem Gebiet. Nur mit Lärm hat ihre wissenschaftliche Disziplin wenig zu tun. Na ja, ´en bißchen schon; denn wo´s Menschen und Maschinen gibt, gibt´s auch Lärm. Aber wie auch immer, die beiden auf ihrem Gebiet ausgewiesenen Wissenschaftler haben sich schon vor langer Zeit auf für sie fremdes Gebiet, also auf Eis, begeben, sich zu Lärmexperten ernannt bzw. von einer kleinen Fangemeinde ernennen lassen – und sind prompt auf die Nase gefallen.
Beider Mantra lautet: „Fluglärm macht krank!“ Und viel Volk applaudiert, meinten sie. Denn der Applaus hält sich in engen Grenzen – traut man den Umfragen. Außer den direkt Betroffenen stört sich nämlich niemand sonderlich am Lärm, und am Fluglärm auch nicht. Und der Flughafen, ums den hier geht, ist Frankfurt – und der wird trotz Lärm seit Jahrzehnten als Nr. 1 gewertet, egal nach welchen Kriterien, und wächst und wächst und wächst.
Macht nichts, rufen die braven Männer von der Wissenschaftsfront und fordern eine Studie. Die, ja klar, werde schon genau die Ergebnisse bringen, die sie – die Lärm-Experten – schon immer vorhergesagt haben: „Fluglärm macht krank!“
Und dann kriegen sie doch tatsächlich ihre gewünschte Studie – aber Gott sei´s gepfiffen und getrommelt, leider nicht mit dem erwarteten Ergebnis. Vielleicht liegt´s am Namen. „Norah“ heißt die Studie und erinnert an den entsprechenden Vornamen. Der wiederum hat eine bemerkenswerte Bedeutung: „Nora ist ein weiblicher Vorname und wird als Kurzform von Eleonore oder dem irischen Namen Honora (von lat. honor = „Ehre“) genutzt“, sagt Wikipedia. Wer also der Ehre dient, darf nicht lügen. Und so nimmt das Verhängnis seinen Lauf:
NORAH, so heißt der Forschungsname der „Lärmstudie“, kommt mitnichten zu dem Greiser-Münzelschen Ergebnis, sondern stellt lediglich fest, daß Lärm krank macht. Punkt! Von einer exorbitanten Rolle eines gewissen Fluglärms ist/kann keine Rede sein.
„Si tacuisses…“
„Was nicht sein darf, das nicht sein kann“, lautet die trotzige Antwort der Herren Professoren, die nun die Ergebnisse der Studie anzweifeln, die wiederum von renommierten Wissenschaftlern begleitet wurde. (Die NORAH-Untersuchungen sollten nachweisen, ob sich Fluglärm auf Gesundheit, Wohlbefinden, Blutdruck und Lernvermögen von Schulkindern auswirkt.) Hatte doch der (als solcher nicht ausgewiesene Lärm-Experte) Prof. Greiser jahrelang behauptet, es gebe einen Zusammenhang zwischen Fluglärm und dem Risiko, einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall zu erleiden.
Das wär´s doch gewesen! Hätte die NORAH-Studie dieses Ergebnis erbracht, hätte die Flughafenbetreibergesellschaft Fraport ein dickes Problem. Nun haben Greiser und Münzel ein dickes Problem. Das trägt den Namen „wissenschaftliche Glaubwürdigkeit“.
Ich könnt´s auch vulgärer ausdrücken: „Wer anderen eine Grube gräbt, kommt selbst drin um.“ Um das zu erfahren, brauche ich aber keine Studie, sondern da reicht gesunder Menschenverstand. Daß der Straßen- und Schienenverkehr viel lauter ist, geht bei solch (blinder) „Wissenschaftlichkeit“ vollkommen unter. Hauptsache: „Fluglärm macht krank“ – was zu beweisen war, aber nicht bewiesen wurde. Fünf Jahre Studienarbeit, einen Haufen Geld verbrannt – und nichts in der Hand. Das hätte man sich sparen können. Bestätigt ist wieder einmal die Weisheit des römischen Philosophen Boëthius: „Si tacuisses, philosophus mansisses!“
15.11.2015