Von Peter Helmes, www.conservo.wordpress.com
Ursache und Wirkung verwechselt – fatale Blindheit der „Europäer“
Was machen wir in Deutschland da: Arme ausbreiten, „willkommen“ rufen, Augen schließen? Ganz so sieht es aus. Wir verwechseln Ursache und Wirkung, vor allem in der Flüchtlingsfrage, und schieben die Schuld denen zu, die darauf hinweisen, daß unsere Politik, gelinde gesagt, fragwürdig ist. Das erfahren gerade EU-Ratspräsident Tusk und die AfD. Letztere soll wohl von den Merkel zugeneigten Medien nebst sämtlichen politisch korrekten Politikern zum Bösewicht und „Buhmann für alle Fälle“ aufgebaut werden.
Ausgerechnet Tusk, der „große polnische Freund Merkels“, wurde in einem Gespräch mit der Kanzlerin deutlich. Natürlich fallen – ein Reflex wie gegenüber der AfD – die Gutmenschen über ihn her. Man wirft ihm vor, er verlange eine Kehrtwende in der deutschen und europäischen Flüchtlingspolitik. Tusk habe sich auf die Seite jener Regierungen in Osteuropa geschlagen, die sich mit aller Macht gegen eine Aufnahme von Flüchtlingen stemmen, und der AfD geholfen.
Mutti allein zuhaus
Was Tusks Forderung für Europa bedeutet, lesen wir sehr deutlich in der Magdeburger Volksstimme (4.12.15): „Das hat es noch nicht gegeben: Der EU-Ratspräsident stellt sich in einer fundamentalen Frage offen gegen einen deutschen Regierungschef. Nach dem scharfen Widerstand aus Osteuropa, der Überforderung der südlichen EU-Staaten, der Verschärfung des Asylrechts in Schweden und der Abkehr Frankreichs von der deutschen Linie ist nun ein EU-Spitzenrepräsentant auf den Abschottungskurs eingeschwenkt. Die immer wieder beschworene europäische Lösung ist damit faktisch erledigt. Merkel steht mit ihrer Position in der EU auf verlorenem Posten.“
DLF: „Donald Tusks Äußerungen drohen Europa zu spalten“
Da ist der politisch korrekte Deutschlandfunk zutiefst anderer Meinung: „Die wichtigste Aufgabe eines EU-Ratspräsidenten ist es, unter den europäischen Staats-und Regierungschefs Konsens herzustellen. Genau diesen hat der Amtsinhaber Donald Tusk mit seinen umstrittenen Aussagen zur Flüchtlingspolitik in Gefahr gebracht“, kommentiert Annette Riedel in einem Artikel des DLF vom 3.12.15. Im schlimmsten Fall würden „die Gräben zwischen den Ländern dadurch noch tiefer…“, ergänzt sie ihren Beitrag.
Dann fährt die Journalistin einen etwas merkwürdigen Angriff auf den EU-Ratspräsidenten Tusk auf: „Das wird voraussehbare Diskussionen zur Flüchtlingskrise und zum Thema Migration bei kommenden EU-Gipfeln nicht gerade leichter machen. Das muß man Tusk vorwerfen… (…)
…An anderer Stelle kann man ihm dagegen nichts vorwerfen, kann man ihm nur zustimmen: Bei seinem Credo, daß im Inneren der EU Grenzen auf Dauer nur dann unkontrolliert bleiben können, wenn an den Außengrenzen verläßlich kontrolliert wird. Wir müssen wissen, wer, wann, von wo kommend, wohin gehend aus- bzw. einreist. Wohlgemerkt: Kontrollierte Außengrenzen sind nicht geschlossene Außengrenzen…“ (http://www.deutschlandfunk.de/eu-fluechtlingspolitik-donald-tusks-aeusserungen-drohen.720.de.html?dram:article_id=338749)
„Was erlauben Tusk?“, soll man sich ob solcher Insubordination wohl instinktiv fragen. Und die EU-Parlamentsangeordnete (kein Tipfehler) Barbara Lochbihler – sie ist die außen- und menschenrechtspolitische Sprecherin der Grünen im Europäischen Parlament – spitzt die klagende Frage gegen Tusk noch zu:
„Tusk redet Leuten wie von der AfD das Wort“
Die Äußerung von EU-Ratspräsident Tusk, die Bundesregierung müsse sich in der Asylpolitik wieder an europäische Regeln halten, sei ungeheuerlich, sagte Lochbihler im Deutschlandfunk. Tusk schüre mit Fehlinformationen Ängste und entzweie die Europäische Union.
Und jetzt wird die grüne Frontfrau fast schon hysterisch (im DLF, 3.12.15): „Wenn er sagt, es ist zu einfach, in die EU zu kommen, dann tut er ja so, als ob es keine Grenzkontrollen gibt“, so die Politikerin. „Und er ist wirklich auch sehr zynisch; denn wir wissen ja, daß immer noch Menschen sterben bei dem Versuch, hier nach Europa zu kommen, und er tut es einfach so ab.“ Tusks Aussagen seien „eine Ungeheuerlichkeit“ und „vollkommen daneben“. Tusk schüre Angst, verdrehe die Tatsachen und vertrete lediglich eine „Minderheitenposition“, kritisiert Lochbihler. Das sei für einen EU-Ratsvorsitzenden „vollkommen unangemessen“. (http://www.deutschlandfunk.de/gruenen-europaabgeordnete-barbara-lochbihler-tusk-redet.694.de.html?dram:article_id=338712)
Da ist sie wieder, die „Große Grüne Moralkeule“! „Ungeheuerlichkeit!“ Ja was erlauben Tusk? Da darf man zurückfragen, wie borniert eigentlich eine grüne Europaabgeordnete sein darf, um einen solchen Stuß von sich zu geben. Bröseln wir ´mal die „Feststellungen“ im DLF auf:
* Drohen Tusks Äußerungen Europa zu spalten?
Das ist doch längst ein Faktum. In dieser Frage geht doch längst ein tiefer Riß quer durch die EU, wobei Deutschland in der Gefahr steht, sich immer mehr von der Mehrheit zu isolieren.
* Der nächste (unausgesprochene) Vorwurf fällt ebenso schnell in sich zusammmen:
„Die wichtigste Aufgabe eines EU-Ratspräsidenten ist es, unter den europäischen Staats-und Regierungschefs Konsens herzustellen…“ In diesem Satz steckt der Vorwurf, Tusk tue nicht seine Pflicht. Wieso nicht? Tut er seine Pflicht nur, wenn er der deutschen (Merkelschen) Sichtweise Recht gibt? Oder vertritt er nicht eher die Meinung einer übergroßen Mehrheit in der EU? Also redet er mit der Kanzlerin und versucht, sie umzustimmen. Oder gilt hier nur das Credo „an deutschem Wesen…“?
Daß dadurch „voraussehbare Diskussionen zur Flüchtlingskrise und zum Thema Migration bei kommenden EU-Gipfeln nicht gerade leichter“ (Riedel, DLF) werden, liegt auf der Hand. Aber ist das Tusks Schuld oder der sturen Haltung der Deutschen zuzuschreiben?
Sagen wir es anders herum: Hat Merkel je danach gefragt, ob unsere europäischen Nachbarn zu einer solchen Solidarität bei der Aufnahme von Millionen Flüchtlingen überhaupt willens und wirtschaftlich im Stande sind? Es scheint eher zu sein, daß niemand bereit ist, so vielen Flüchtlingen Obhut zu bieten, wie es die Kanzlerin vorschreiben will.
* Und dann das: „Tusk redet Leuten wie von der AfD das Wort“ (Lochbihler MdEP). Da bläst die grüne Dame einen Popanz auf. Oder bestimmt die AfD bereits die europäische Agenda? Verehrte Frau Lochbihler, wer so denkt wie sie, treibt der AfD scharenweise die Wähler zu. So herum gibt ihre Klage Sinn.
* „Minderheitenposition“?
Auch die Behauptung Lochbihlers, Tusk vertrete „lediglich eine Minderheitenposition“, zeugt eher von Blindheit. Wenn ich richtig zähle, spricht Tusk wohl für eine eindeutige Mehrheit der EU-Europäer.
* Dänen wollen Sonderregeln im Justiz-Bereich beibehalten
Dieser Seitenblick nach Dänemark zeigt ebenso, was unterschwellig an EU-Skepsis kursiert – und das nicht nur bei unseren nordischen Nachbarn. Das Mißtrauen gegen die EU-Krake wird immer größer. In Dänemark haben die Bürger in einem Referendum gegen eine engere Zusammenarbeit mit den europäischen Polizei- und Justizbehörden gestimmt.
„Laut dem amtlichen Endergebnis (des Referendums) stimmten 53,1 Prozent mit Nein und 46,9 Prozent mit Ja. Nun steht Dänemarks weitere Mitgliedschaft bei der internationalen Polizeibehörde Europol in Frage. Diese soll gemäß dem Vertrag von Lissabon im kommenden Jahr eine überstaatliche Behörde unter Kontrolle Brüssels und der EU-Innenminister werden. Um sich weiter beteiligen zu können, müsste Dänemark auf 1993 ausgehandelte nationale Ausnahmen verzichten. Auch in diesem Falle würde das Land weiter nicht vollständig kooperieren, sondern nur bei 22 Straftaten wie etwa Menschenhandel und Kinderpornografie…“ (http://www.deutschlandfunk.de/referendum-daenen-wollen-sonderregeln-im-justiz-bereich.447.de.html?drn:news_id=554211)
Was also bleibt von den Klagen gegen Tusk? Heiße Luft!
Mario Draghis Geldflutung
Es ist ja nicht nur die Flüchtlingsfrage, in der die Meinungen in der EU (weit) auseinandergehen. „Draghi“ ist ein ähnliches Reizwort, jedenfalls für die Deutschen. Da hilft es nichts, die Augen vor der Wirklichkeit zu schließen. Die derzeitige EU bietet ein jämmerliches Bild. Und EZB-Präsident hat bereits den Sargnagel in der Hand:
Die Europäische Zentralbank verlängert ihr umstrittenes Programm zum Ankauf von Staatsanleihen und anderer Wertpapiere bis März 2017. Nach Draghis Ankündigung von gestern (3.12.15) wird die europäische Notenbank weiterhin 60 Milliarden Euro monatlich in den Markt pumpen. Ziel ist es, die Konjunktur zu stärken und bei der Inflation einen Wert von etwa zwei Prozent zu erreichen.
Das Anleihekaufprogramm wird verlängert bis März 2017, die Bandbreite erweitert, die Strafgebühren für Geschäftsbanken, die kurzfristig ihr Geld bei der EZB parken, nochmals erhöht, um die Kreditvergabe weiter anzukurbeln. Kurzum: Die Geldflut wird weiter zunehmen, und das ohne Grund. Schlicht: Europa wird geflutet – und in der Flut aus zu billigem Geld und zu vielen „Einwanderern“ untergehen.
Was ist noch von „Europa“ übrig? Nicht viel, wie es scheint. Es wird Zeit, aus den europäischen Träumen aufzuwachen. Es sind Albträume. Wenn es mal nicht schon zu spät ist.
4.12.2015