Von Peter Helmes
Die folgende Geschichte ist abenteuerlich – aus vielerlei Blickwinkeln betrachtet. Da kommt ein Syrer – Flüchtling natürlich – nach Deutschland, läßt aber die schwangere Frau in Syrien zurück. Was die erste Frage provoziert: Wird sie dort nicht bedroht, mußte sie also nicht fliehen? Wenn ja, warum ist er denn „geflohen“?
Das wiederum provoziert die nächste Frage: Was macht er in Europa, wenn zuhause der Krieg tobt und jeder aktive Mann (Frauen auch) zur Verteidigung seines Landes benötigt wird? Warum lassen solche Männer syrische Frauen für ihre Freiheit und ihr Land kämpfen, während sie selbst sich in Deutschland in warmen Stuben sattessen können? Warum werden solche „Kriegsflüchtlinge“ nicht stante pede zurückgeschickt?
Die dritte Frage schließt sich direkt an: Warum müssen unsere Männer, Deutsche, in Syrien etc. kämpfen, während die „Opfer“ in Deutschland in Sicherheit leben? Hierzu eine „klare Kante“ des polnischen Außenministers Waszczykowski (16.11.15): „Glauben sie, daß wir unsere Soldaten schicken, damit sie für Syrien kämpfen, während Hunderttausende Syrer auf der Straße „Unter den Linden“ oder auf dem Marktplatz sitzen, Kaffee trinken und zuschauen?“
Der komplette Text der Interview-Passage*) lautete: „Wenn wir bedenken, daß nach Europa mehrere 100.000 jungen Syrern gekommenen sind, dann könnte man doch aus ihnen eine Armee bilden. Aus Polen hat man schließlich auch mal Legionen geformt, nicht wahr? Und dann kämpften wir für unsere Freiheit. Glauben sie, daß wir unsere Soldaten schicken, damit sie für Syrien kämpfen, während Hunderttausende Syrer auf der Straße ´Unter den Linden` oder auf dem Marktplatz sitzen, Kaffee trinken und zuschauen?“
Auf eine kritische Bemerkung der Interviewerin des polnischen Fernsehens setzte Waszczykowski noch eins drauf:
„…Zehntausende junge Männer, die beim Herausspringen aus den Schlauchbooten – mit ihren Ipads in der Hand – als aller Erstes nicht nach Wasser, Kleidung oder Nahrung fragen, sondern wo sie ihre Handys aufladen können, könnten sich mit unserer Hilfe ihren Staat doch zurückerobern. Es geht nicht an, daß wir für andere kämpfen. Mit Sicherheit werden sich europäische Armeen derzeit vor Ort nicht engagieren. Eben weil es genügend regionale Kräfte gibt, die in der Lage sind, mit diesen Problemen fertig zu werden“. *(https://www.tagesschau.de/ausland/polen-fluechtlinge-101.html).
Es ist ein Grundproblem der hiesigen Gutmenschen, solche Fragen nicht nur nicht zu stellen, sondern sie erst gar nicht zuzulassen. Wer sie dennoch stellt, wird (reflexartig) als (rechter) Hetzer, Ausländerfeind usw. tituliert.
Die Geschichte, die L. S. Gabriel auf „pi“ erzählt, ist ein Lehrstück über mangelnden Humor, über Meinungs- und Pressefreiheit sowie über die Freiheit der Kunst, aber auch über den rechten Umgang mit „Flüchtlingen. Um das Fazit vorwegzunehmen: Nicht das Verhalten des Syrers ist krank, sondern das der Möchtegerngutmenschen.
Wenn Gutmenschideologie auf Realität trifft, kriegen die Gutmenschen zunehmend ein Problem. Willkommenskultur klingt gut, solange sie ins eigene Weltbild paßt. Wenn nicht, schlägt sie um, im schlimmsten Fall in Haß, im minder schlimmen Fall in Ablehnung – ein linksfaschistischer Geburtsfehler. Nur eines läßt die Willkommenskultur offenbar nicht zu: kritische Selbsterkenntnis. Aber eine Korrektur des eigenen Blickwinkels, des eigenen Weltbildes kommt für Gutmenschen nicht in Frage; denn sie würden sich vom Mainstream isolieren, also geächtet werden, da Toleranz für sie nur innerhalb des eigenen Kreises gilt. Hier also die (wahre!) Geschichte aus dem Bereich des Surrealen:
Vom Vorzeigeflüchtling zum Problemsyrer
Von L. S. Gabriel *)
Wohin man schaut, wimmelt es vor Gutmenschen, die in ihrer zur Schau gestellten Überheblichkeit uns allen beweisen wollen, wie schlecht wir sind, weil wir ihre naive Dummheit nicht teilen. Gleichzeitig aber ergehen sie sich in schier unfassbarer Arroganz jenen gegenüber, denen sie angeblich helfen. Wenn dann einer kommt, der nicht ganz so tickt wie erwartet und ihnen am Ende auch noch Grund gibt, an ihrem wirren Weltbild zu kratzen, dann ist das Realsatire vom Feinsten. Der Rheinneckarblog berichtet in meist linkem Farbton über Politik und Gesellschaft und heftet sich selbst seine „hervorragende Recherchearbeit“ ans Revers. Da musste selbstverständlich auch her, was derzeit en vogue ist: ein Flüchtling als Redaktionsmitglied – ein kluger, ge- und ausgebildeter „Flüchtling“ – einer zum Vorzeigen eben. Und man fand ihn. Dumm nur, dass der syrische Moslem Ibrahim Zaaboub nicht ganz so funktionierte wie gewollt.
Am 4. November durfte Zaaboub sich als Vorzeige“flüchtling“ der Redaktion vorstellen. Dem, wie er schreibt, in der Mittagspause für die Mitarbeiter kochenden Chefredakteur dankbar für diese Chance, tat er das auch sehr artig (zumindest in dem, was Hardy Prothmann dann übersetzt und online gestellt hat).
Dem Artikel nach hat Zaaboub englische Literatur studiert und einen Bachelorabschluss von der Universität Damaskus, spricht aktuell Arabisch, Englisch und Französisch und lernt intensiv Deutsch. Als er im Mai 2015 seine Heimat wegen des Krieges verließ, ließ er ganz typisch seine schwangere Frau samt schon kleinem Kind zurück. Dass das seltsam ist, störte beim Rheinneckarblog offenbar niemanden. Und auch sonst ist alles wie bei allen Wirtschaftsflüchtlingen. Er hofft auf einen Aufenthaltsstatus und darauf, seine Familie nachholen zu können. Dass er es sich hier gut gehen lässt, während bald deutsche Soldaten für den Frieden in seinem Land kämpfen müssen, hält er für sein gutes Recht:
Ich habe erfahren, dass es viele Menschen gibt, die fragen, ob ich und andere “Feiglinge” sind oder warum wir nicht kämpfen. Ich will nicht kämpfen – auch in Deutschland wollen die meisten Menschen nicht kämpfen. Das ist mein Recht, mich so zu entscheiden. Und ich bin alleine gekommen, weil meine Frau schwanger ist und wir nicht wussten, wie groß die Strapazen sein werden. Das ist so – deswegen gehen viele Männer voraus.
Von da an schrieb der Syrer für den Rheinneckarblog, und alle schienen glücklich. Seinen Blick auf Deutschland und die Deutschen hat er auf Redaktionswunsch in dem Artikel „Jeder spottet über den anderen und alle haben recht“ (angelehnt an ein Schopenhauerzitat) mit fast schon westlichem Humor und einem Augenzwinkern dargestellt:
Vielfalt wird in Deutschland sogar beim Backen gelebt
Kommen wir zu deutschem Essen und deutschen Getränken: Nach Schätzungen gibt es hier über 300 verschiedene Sorten von Brot. Man könnte jeden Tag eine andere probieren und würde immer noch fast ein Jahr brauchen, alle zu probieren. Das nenne ich Vielfalt!
Sonntäglicher, religiöser Fundamentalismus, Rückständigkeit
Wer an einem Sonntag auf der Suche nach einem Laden ist, muss an der nächsten Tankstelle Wucherpreise bezahlen oder bis zum nächsten Montag hungern: Sonntags haben alle Geschäfte geschlossen. Und das ist keine Übertreibung. Nur ein paar ausgewählte Bäckereien und Tankstellen sind für ein paar Stunden geöffnet, ansonsten sind Supermärkte, Lebensmittelläden und sogar die allermeisten Apotheken dicht.
Offensichtlich handelt es sich um religiöse Rückständigkeit: Ein altes Buch hat den Leuten vor ein paar tausend Jahren mal befohlen: “Am siebten Tage sollst du ruhen” – und daran halten sie sich noch heute! [..] Um aber fair und ehrlich zu sein: In meinem Heimatland gibt es noch seltsamere, lächerlichere und unsinnigere Bräuche als hier in Deutschland.
Was als seltsam empfunden wird, hängt offenbar stark vom Blickwinkel ab. Der große deutsche Philosoph Arthur Schopenhauer hat einmal etwas gesagt, dem ich vollständig zustimmen muss: Jede Nation spottet über die andere, und alle haben Recht…“
Dann aber tat der Mann, was man nicht darf: Er nahm den Gutmenschen die buntverklärende Brille ab. Er stellte ein Video ins Netz, in dem er selbst mitwirkte und das eine Szene in einer Illegalen-Unterkunft darstellt, in der die „Schutzsuchenden“ tun, was wir regelmäßig in den täglichen Polizeiberichten lesen können: Sie gehen mit Messern und Prügeln aufeinander los:
Nun versteht die Gutmenschenredaktion die Welt nicht mehr, ist fassungslos darüber, dass der Mann aus dem archaischen Kulturkreis diesen auch ebenso archaisch darstellt.
Rheinneckarblog-Chefredakteur Hardy Prothmann schreibt:
„So nicht!
Wir hatten über die vergangenen Wochen einen syrischen Flüchtling zunächst als Hospitant, dann als Praktikant bei uns aufgenommen. Diese Person ist gut ausgebildet und machte einen gemäßigten Eindruck. Ein “Vorzeige”-Syrer.
Aktuell ist uns ein Video bekannt geworden, das eine syrische “Serie” nachspielt, in der Gruppen um die Vorherrschaft im Viertel konkurrieren. Es geht nicht um das Geschäft, es geht nicht um Religion, es geht um nichts anders als Ruhm und Ehre.
Vollkommen archaisch. Es geht nur um Männer. Und alle haben Messer in der Hand und Stöcke und kämpfen miteinander.
Rund zwei Dutzend Männer gehen in dieser Spielszene mit Messern, Stöcken und allem möglichen aufeinander los. Um Ruhm und Ehre “zu verteidigen”. “Spielort” ist eine neue Flüchtlingsunterkunft.
Das ist absolut und unentschuldbar verstörend und nicht akzeptabel.
Wir haben unserem Praktikanten über Wochen eine offene, demokratische und gewaltfreie Kultur geboten und sehr viele, stundenlange Gespräche dazu geführt. Gestern mussten wir diese Person mit einem Messer in Kampfhandlungen in einem Video sehen.
Es ist vordergründig nur ein “fiktiver Film” – aber aus unserer Sicht ein vollständig falscher, und wir sind nicht bereit, auch nur ansatzweise dazu einen “Dialog” zu führen, weil wir uns nicht auf den Arm nehmen lassen.
Die Verbindung zu dieser Person wird mit sofortiger Wirkung beendet. Es liegt keine strafbare Handlung vor, aber die Motivation, hier in Deutschland, in dem Land, in dem Flüchtlinge Frieden suchen, in einer Flüchtlingsunterkunft einen Konflikt mit Waffen “nachzuspielen”, zu inszenieren und auch noch zu veröffentlichen, macht uns komplett fassungslos. [..]
Anm. d. Red.: Wir haben alle Texte unsere Praktikanten offline genommen. Wir geben ihm natürlich die Möglichkeit zur Aussprache. Wir werden ihn aber definitiv vorerst nicht weiter beschäftigen.“ (Soweit der Rheinneckarblog.)
Ja, auch wir sind auch fassungslos und unentschieden: Ist das Naivität oder Dummheit? Wohl von allem etwas. Das Entlarvendste an diesem Statement aber ist, dass man dann noch versucht, dem Syrer zu erklären, dass er seine eigene Kultur falsch darstellt.
Ob Ibrahim Zaaboub dieses Video nur gemacht hat, um, wie Prothmann schreibt, die Redaktion auf den Arm zu nehmen, oder ob es dem offenbar intelligenten jungen Mann einfach ein Bedürfnis war, den Gutmenschen ihre falsche Sicht auf die Dinge vorzuführen, wissen wir nicht. Uns hat er unfreiwillig in vielerlei Hinsicht jedenfalls bestätigt.
Der Rheinneckarblog sieht sich selbst als „medienkompetent“ und reiht PI zur NPD und unter „Henker“ oder „Scharfmacher“ ein. Nun, wir sind derartiges gewohnt, und es perlt an uns ab, denn wir wissen es besser. Auf jeden Fall aber sind wir keine solchen Heuchler.
Ein Tipp noch an „die Redaktion, die deutlich mehr recherchiert als andere“: Wer so unfehlbar und über andere erhaben ist, sollte wissen, dass „löschen“ im Internet nicht gleichbedeutend mit „gelöscht“ ist.
Der Rheinneckarblog fordert: Schreiben Sie uns: » E-Mail: redaktion@rheinneckarblog.de
*) Quelle: http://www.pi-news.net/2015/12/vom-vorzeigefluechtling-zum-problemsyrer/
30.12.2015