Von Thomas Böhm
Ich habe noch nie viel von dem Begriff „Gutmensch“ gehalten, impliziert er doch, dass es unter uns Aasfressern doch tatsächlich den einen oder anderen guten Typen gibt, was, wenn man sich unseren Planeten genauer anschaut, wohl nicht der Fall sein kann.
Dennoch habe ich mich wohl oder übel an diesen Begriff gewöhnt, wobei „übel“ auch schon das Stichwort ist.
Immer dann, wenn ich etwas oder jemanden zum kotzen fand, oder mein Magen rebellierte, musste ich den „Gutmenschen“ herauswürgen.
Deshalb bin ich auch tierisch genervt, dass die verlinkten Sprach-Diktatoren diesen Begriff nun zum Unwort gekürt haben, ich hatte mich so sehr an ihn gewöhnt und nun darf er mir nicht mehr über die Lippen kommen.
Die „Tagesschau“ vermeldet:
„Gutmensch“ ist das Unwort des Jahres. Das hat die Sprecherin der „Unwort“-Jury, Nina Janich, in Darmstadt bekannt gegeben. Von den 1644 Einsendungen aus der Bevölkerung schlugen 64 diesen Begriff als Unwort vor. Der Begriff wurde besonders für diejenigen verwendet, die sich ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe engagieren oder sich gegen die Angriffe auf Flüchtlingsheime stellen.
Das Schlagwort in Zusammenhang mit der Flüchtlingshilfe diffamiere „Toleranz und Hilfsbereitschaft pauschal als naiv, dumm und weltfremd, als Helfersyndrom oder moralischen Imperialismus“, begründete Janich die Entscheidung. „Die Verwendung dieses Ausdrucks verhindert einen demokratischen Austausch von Sachargumenten“, begründete die Jury-Vorsitzende die Entscheidung… (http://www.tagesschau.de/inland/unwort-121.html)
Also, irgendwie finde ich die Begründung doch recht widersprüchlich. Nach meinen Erfahrungen ist es so gut wie unmöglich, mit naiven, dummen, weltfremden, unter dem Helfersyndrom und moralischen Imperialismus leidenden Gutmenschen einen demokratischen Austausch von Sachargumenten zu starten. Da kann ich ja gleich mit meinem Nassrasierer über die Strompreise diskutieren.
Außerdem wären Begriffe wie „Pack“, „brauner Mob“, „Rattenfänger“ und „Pegidioten“ wohl eher dazu geeignet gewesen, als Unwort gebrandmarkt zu werden, schließlich werden hier ganze Bevölkerungsschichten in Unmenschen verwandelt.
Überhaupt, warum nur hat man sich nicht auf den Begriff „Unmensch“ geeinigt, der hätte die Spaltung, die unsere Gesellschaft lähmt bestimmt nicht weiter gespaltet.
*) Der Berufsjournalist Thomas Böhm ist Chefredakteur des Mediendienstes „Journalistenwatch“ und ständiger Kolumnist bei conservo
http://www.conservo.wordpress.com
13.01.2016