Warum die SPD so nervös ist

(www.conservo.wordpress.com)

Von Wolfgang Prabel *)

Wolfgang Prabel
Wolfgang Prabel

Nach dem sicherheitspolitischen Orkan vom Rosenmontag stehen die Sozialdemokraten in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen wie die gemeinen Verbrecher vor dem Volk. Sie hätten allen Narren schon vor Wochen sagen müssen, daß Umzüge gleichzeitig in Koblenz, Mainz, Trier, Köln, Bonn, Düsseldorf, Essen, Dortmund, Gelsenkirchen, Mülheim, Recklinghausen, Bochum, Krefeld, Hagen, Oberhausen, Münster und Duisburg nicht polizeilich abgesichert werden können, jedenfalls nicht bei sperrangelweit aufstehenden Grenzen. Die Kostümnäherinnen, Musikanten und Wagenbauer hätten sich die ganze Vorbereitung sparen können, wenn man ehrlich mit ihnen umgegangen wäre.

Die SPD steht schon seit dem Kölner Sylvester unter Druck. Vor allem unter dem Druck ihres Angstgegners AfD. Wie schön wäre es, wenn diese Ein-Themen-Partei wieder verschwinden würde, denkt man in der Berliner Parteizentrale, dem Willy-Brandt-Haus.

Als die AfD gegründet wurde, war sie jedoch von Anfang an keine Ein-Themen-Veranstaltung. Neben der Banken- und Eurokrise waren die Energiepolitik, die Familienpolitik, direkte Demokratie und die Einwanderungspolitik Themen mit hoher Priorität. Das kann man so im Wahlprogramm von 2013 nachlesen. Das waren alles Politikfelder, in denen nicht nur die Große Koalition, sondern die ganze „Nationale Front“ des Bundestags jede Diskussion mit dem Hinweis, die nütze nur „pösen Rächten“, strikt verweigerte. Für die jüngeren Leser: Die Nationale Front war die Dachorganisation der führenden SED und der Blockparteien der DDR.

Auf allen Politikfeldern aus dem Wahlprogramm von 2013 steht die AfD auch nach drei Jahren allein auf weiter Flur. Das GEZ-und das Genderthema inclusive Frühsexualisierung in den Kindergärten und Schulen sind inzwischen noch dazugekommen. Da ist wirklich jede Menge Platz, niemand hat je die Räume für die AfD eng gemacht. Im Gegenteil, das Altparteienkartell igelt sich auf einem ständig kleiner werdenden Teil des politischen Spielfelds unmittelbar vor dem eigenen Tor immer mehr ein und verweigert jede Änderung der Spielweise.

Man redet sich ein, daß mit dem Abschwellen der Asylantenflut auch die AfD wieder verschwinden werde. Aber was ist mit der Eurokrise, mit der Energiepolitik, mit der Familienpolitik, der direkten Demokratie, der Vertrauenskrise in das zwangsfinanzierte Staatsfernsehen, Gender, PC und den verkorksten Feldzügen in Afghanistan, Syrien und Mali? Und wird die Integrationsproblematik sich überhaupt erledigen? Erfahrungen aus Frankreich und Großbritannien weisen nicht darauf hin.

Soziologisch stehen AfD- und SPD-Wähler sich sehr nahe. Es sind vor allem Gering- und Normalverdiener mit mittlerem Bildungsniveau, um die die beiden Parteien streiten. Deshalb herrscht in der SPD eine extreme Nervosität.

Ein WELT-Artikel von Daniel Sturm beleuchtete gerade das konzeptlose Hin-und-her der SPD-Wahlkampfstrategie. „Ein Teil der SPD-Anhängerschaft, autoritär geprägt und wenig gebildet, ist anfällig für einfache, auch rechtsradikale Parolen.“ So die Analyse der Parteigranden. Aber kann man diese Wähler mit den „Kampf-gegen-Rechts-Kampagnen“ von Bundesjustizminister Maas und Parteivize Stegner wieder einfangen? Eben nicht. Die beiden elitären Sozialdemokraten verströmen im Gegensatz zu Ex-Bundeskanzler Schröder keinen proletarischen Wohlgeruch.

Der aus der unteren Mittelschicht stammende Parteichef Gabriel soll auf einer Führungsklausur geäußert haben, daß 40 Prozent der Aldi-Kassiererinnen zu erreichen wichtiger sei, als 100 Prozent der Gender-Mainstream-Beauftragten“. Die WELT weiter: „Mit Blick auf die Hartz-IV-Empfänger wiederum quält manchen Sozialdemokraten das Gefühl, man mache für jene Politik, die uns nicht wählen oder uns sogar den AfD-Finger zeigen“. Diese Gruppe macht nicht nur der SPD, sondern auch der Linken zu schaffen. Früher besorgte sich der Wahlkreiskandidat der Linken die Adressen der Hartzer und klopfte bei jedem vor der Wahl ans Fenster. Das spart er sich inzwischen. In einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung von 2006 werden die Harzer als „abgehängtes Prekariat“ bezeichnet. Diese Menschen seien so träge, so desorientiert, so weit weg von Politik, dass bei ihnen keine Stimmen zu holen seien, so ein neues Mantra der linken Wahlforscher.

Aber auch die Aldi-Kassiererin wird von der SPD schwierig zu erreichen sein. Kaum eine Verkäuferin, die sich nicht mit einwanderungsbedingten Diebstählen rumärgert. Kaum ein Klempner, der nicht schon Toiletten in Asyllagern repariert hat. Kaum ein Polizist, der nicht die Überlastung durch das Asylchaos und die wachsende Brutalität der Merkelschen Regierungsdemonstranten beklagt. Kaum ein Mitarbeiter einer Kreisverwaltung, der nicht das arrogante Getue eines Teils der Moslems beklagt. In der unteren Etage der Gesellschaft bei der ehemaligen SPD-Klientel kommen die Widersprüche und Ungereimtheiten der Groko-Politik unabgefedert an.

Die Arbeiter, Angestellten und untersten Beamten sitzen in der Knautschzone des gegen die Wand fahrenden Deutschlands. Sie sind für die SPD verloren. Das ist die Differenz zwischen den 40,9 % bei der Bundestagswahl 1998 zu den aktuellen Umfrageergebnissen von 2016. Siebzehn Prozent der deutschen Wähler sind der SPD seither von der roten Fahne gegangen.

Die Umfragen sehen im Moment so aus, als wenn nur die CDU an die AfD verliert. Das ist ein Zerrbild. Viele Wähler, die der SPD seit 2005 weggelaufen sind, waren bei der CDU und bei den Nichtwählern nur zwischengeparkt und wählen inzwischen AfD. Es waren aber mal SPD-Anhänger.

Die baden-württembergischen Sozialdemokraten arbeiteten sich von 28 % im Jahr 1952 auf 37,6 % in 1972 hoch. 2011 wurde der bisherige Tiefpunkt mit 23,6 % erreicht und die Umfragen sehen die SPD aktuell vor einem Absturz auf 13,5 %. So ein Niedergang kann nur eintreten, wenn seit Jahrzehnten kein klares Bild von der eigenen Anhängerschaft existiert oder wenn elitäre Spindoktoren desorientiert zu neuen Wähler-Ufern aufbrechen, in der neuen Welt aber auf wohlbefestigte Häfen treffen und eine Landung nicht möglich ist. Überall rufen die grünen und linken Igel dem sozialdemokratischen Hasen zu: „Ich bin schon da!“

In Rheinland-Pfalz wird der Absturz der Sozialdemokraten 2016 nicht so hart ausfallen. Da werden nämlich die Grünen halbiert werden. Die SPD arbeitete sich von 34,3 % (1947) auf 45,6 % im Jahr 2006 hoch. Die Umfrage für die Landtagswahl im März weist nur noch 32 % aus. Das liegt wenigstens noch über dem Bundesdurchschnitt.

Auch in Sachsen-Anhalt droht das Desaster. Die Prognose sieht 19 % für die SPD. Das ist verglichen mit der Wahl von 1998 (35,9 %) nicht einmal mehr die Hälfte, wenn man die gesunkene Wahlbeteiligung mit ansetzt.

Der Absturz der SPD wird sowohl von den Medien, wie von der Parteilinken penetrant immer nur auf die Hartz-Gesetze zurückgeführt. Das ist offensichtlich falsch. Ex-Bundeskanzler Schröder erreichte nach dem Inkrafttreten dieser Gesetze bei der Wahl 2005 noch 34,2 %. Das waren immerhin 10 % mehr, als derzeit für die SPD prognostiziert werden. Die SPD hat das proletaroide Führungspersonal verloren und befindet sich im permanenten Richtungsstreit, welche Wählergruppe man eigentlich ansprechen solle.

Man empört sich über das Pack, über den Pöbel. So doof, wie die Führungsriege der SPD denkt, ist der untere Mittelstand nicht. Die Führer der SPD greifen zum letzten Mittel der Einschüchterung, weil sie davon ausgehen, daß das „abgehängte Prekariat“, so das SPD-Kalkül, autoritätshörig auf harten Druck reagiert. Diese Strategie würde vielleicht funktioneren, wenn Heiko Maas nicht aus jedem Knopfloch arrogant ausdünsten würde. Solche eiskalt wirkenden Funktionäre wie Maas, Fahimi und Stegner sind für den Normalo harte Brechmittel. Frau Nahles und Herr Gabriel wirken dagegen wie Wärmflaschen. Der AfD-Parteivorstand würde die abgefahrenen roten Marsmännchen klonen, wenn es ginge. Sie sind der Garant für einen schmählichen Absturz der einst so stolzen deutschen Sozialdemokratie.

*(Wiedergabe mit ausdr. Genehmigung von JouWatch:http://journalistenwatch.com/cms/warum-die-spd-so-nervoes-ist/)

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10.02.2016

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