(www.conservo.wordpress.com)
Von altmod *)
Die Reaktionen von hessischen Spitzenpolitikern aus den „etablierten” Parteien auf die Ergebnisse der hessischen Kommunalwahl lauten von „besorgt“, „erschreckend“ bis „schockiert“ und „entsetzt“.
CDU, SPD und Grüne haben „abgelost“, wie man neudeutsch sagt, die AfD hat zweistellige Ergebnisse eingefahren.
Das „Entsetzen“ der Spezial- und Linksdemokraten artikuliert sich aber nicht über die eigenen Verluste oder – was mir eigentlich bedeutender erscheint, über die grottenschlechte Wahlbeteiligung: 48% landesweit, in den Metropolen Frankfurt bei 37% und Offenbach bei 33%!
Nein, mit dem Einrücken der geschmähten und verteufelten AfD in die hessischen Kreistage und Stadtparlamente scheint wohl der Untergang des demokratischen Abendlandes bevorzustehen.
Man spricht aber auch beschwichtigend von einer Protestwahl und beim nächsten Mal seien diese „Rechtsradikalen“ wieder verschwunden, wie schon man schon öfter erleben durfte.
Kann man wirklich noch von ausreichender Akzeptanz sprechen, wenn weniger als 50% der Wahlberechtigten eine Kreis- oder Stadtregierung bestätigen? Im hiesigen Landkreis hat der Landrat, der eigentlich nicht zur Wahl stand, sich als „Zugpferd“ seiner Partei auf den ersten Platz setzen lassen. Dafür hat seine Liste 33% geerntet, macht bei knapp 50% Wahlbeteiligung eine Zustimmung ad personam von lediglich 16% der Wahlberechtigten. Soviel zur „demokratischen Legitimation“ dieses Spitzenbeamten.
Die Parteien sind scharf darauf, besonders in den Großstädten, bei der im Vergleich zum flachen Land dort angeblich viel gebildeteren Klientel im Besonderen gut abzuschneiden.
Und dann interessiert ⅔ der Kundschaft das Ganze einen feuchten Kehricht!
Unter Lesart der repräsentativen Demokratie ist es ausreichend, gar eine 5- oder auch nur 2-prozentige Wahlbeteiligung zu erlangen, denn für Bundes-, Landes- und Kommunalwahlen gibt es kein (Beteiligungs-) Quorum. Der Staatsrechtler Hans Herbert von Arnim spricht denn auch vom „Schönen Schein der Demokratie“ in diesem Zusammenhang.
Was erregt die Nichtwähler oder besser gesagt, was lässt sie kalt angesichts der Repräsentanz unserer real existierenden Demokratie? Da werden sich jetzt wieder Myriaden von Parteien-gesponserten Politologen ihre hohlen Köpfe darüber zerbrechen und dennoch keine anderen Antworten finden als schon bisher. Mir scheinen die Gründe der Nichtwähler weniger interessant, als das, was uns die Ergebnisse an Zustimmung zum „demokratischen Willensbildungsprozess“ mitteilen.
Da es kein Quorum gibt, ist schon mal der Vorschlag aufgekommen, die Parlamente nur nach tatsächlicher Beteiligung zu besetzen. Hätte z,B. ein Kreistag oder ein Landesparlament 100 Sitze entsprechend einer 100%igen Wahlbeteiligung, käme der hiesige Kreistag nur noch auf die Hälfte der Mandate. Man rechne dies auch einmal für den Bundestag oder die Landtage um. Da wäre etliches an Einsparungen gegeben und manch überflüssiger Volkszertreter müsste einer ordentlichen Arbeit nachgehen.
Das Ergebnis dieser eigentlich für das Große und Ganze in Deutschland unbedeutenden hessischen Kommunalwahl hat in mir aber die gespannte Erwartung auf die Landtagswahlen am kommenden Sonntag auf erfreuliche Weise gesteigert. Im Blick auf Frau Merkel wäre ich am Sonntagabend sehr gerne „besorgt“ – aber nicht wohl „entsetzt“.
*) „altmod“ ist Blogger (altmod.de), Facharzt und Philosoph sowie regelmäßiger Kolumnist bei conservo
- März 2016