Von Peter Helmes
Grüner Glaube an die Allmacht des Staates
Dieter Janecek, Grünen-MdB, ist nicht nur ein „kleiner“ Abgeordneter. Nein, er ist der wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Deutschen Bundestag, sein Wort hat also Gewicht – auch wenn der Inhalt bedenklich ist.
Wir schreiben das Jahr 2016. In weniger als zehn Jahren will der Mann also unsere Auto-Produktion auf den Kopf stellen und einen der wichtigsten Wirtschaftszweige revolutionieren. Ob er sich der Tragweite seiner Forderung bewußt ist? Wohl eher nicht!
An Benzin und Diesel, also am Treibstoff, hängen Millionen Arbeitsplätze, die durch den Einsatz von batteriebetriebenen Kfz nicht ansatzweise ersetzt werden könnten – ein gigantisches Arbeitslosigkeits-Programm also! Hier offenbart sich wieder einmal grünes Staatsallmacht-Denken, das der „freien“ Wirtschaft keine Freiheit läßt, sondern Fesseln anlegt.
„Innovationsdynamik“ Um nicht mißverstanden zu werden – man muß kein Gegner alternativer Energie sein, um solche rabiaten und radikalen Vorstellungen abzulehnen. In diesem höchst sensiblen Wirtschaftsfeld darf der Staat nur behutsam wirken, er darf es aber nicht knebeln. „Um eine Innovationsdynamik in Gang zu setzen und dem Mobilitätsmarkt eine klare Richtung zu geben“, so verschwurbelt drückt Janecek das aus, was ich schlicht „knebeln“ nenne.
Natürlich fehlt auch nicht die typisch grüne, moralische Begründung: Gleichzeitig könne durch den so entstehenden Entwicklungsdruck die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Automobilindustrie langfristig gesichert werden, meinte Janecek.
Rundumschlag – gegen alle Und dann tritt er ´mal eben nach, quasi ein Rundumschlag: Nicht nur die Autoindustrie sei in den kommenden Jahren in die Pflicht zu nehmen. Auch der Schiffsverkehr könnte beispielsweise auf Kurzstrecken auf Biokraftstoff umstellen. Und auch bei Lastwagen und Bussen sieht Janecek die Zeit gekommen, auf Elektroantriebe umzusteigen.
Und natürlich weiß der Mann auch, wie das alles bezahlt werden soll: kurz gesagt, mit mehr Steuern. Die Langversion Janeceks: Parallel zur Verordnung müsse in den kommenden Jahren das Netz an Ladestationen ausgebaut werden. Von aktuell rund 3.000 E-Zapfsäulen sei eine Steigerung auf rund 500.000 Einheiten angebracht. Die Finanzierung könnte dann über eine zusätzliche Treibstoffsteuer auf Benzin und Diesel von zwei Prozent gestemmt werden. Bis 2025 könnte die Steuer jedes Jahr um weitere zwei Prozent angehoben werden.
Hier der Originaleintrag auf Janeceks Homepage, wobei ganz nebenbei bemerkt, der Herr Abgeordnete gerne das Gendersternchen (“Expert*innen”) verwendet:
Warum wir nach der Stromwende nun auch den Mut haben sollten, die Weichen für eine Mobilitätswende mit regenerativer Energie und nachhaltigen Produkten zu stellen (05.04.2016)
„Im Dezember ist Deutschland der International Zero-Emission Vehicle Alliance (ZEV Alliance) beigetreten. Diese hat sich das Ziel gesetzt, in ihren jeweiligen Rechtsgebieten so schnell wie möglich, aber spätestens bis 2050, nur noch emissionsfreie Neuwagen zuzulassen. Zudem soll ein enger Austausch über sämtliche Strategien und Instrumente stattfinden, mit denen sich der Anteil von emissionsfreien Fahrzeugen im Straßenverkehr erhöhen lässt.
Mitglieder der ZEV Alliance sind außerdem: Kalifornien, Connecticut, Maryland, Massachusetts, die Niederlande, New York, Norwegen, Oregon, Québec, Rhode Island, Großbritannien und Vermont. Alle diese Staaten und Bundesstaaten sind Vorreiter und/oder Marktführer im Bereich Elektromobilität.
Deutschland ist weder das eine noch das andere. Der Innovationsdruck in Richtung nachhaltige Mobilität hierzulande ist zu gering, die Lobby gegen den Wandel stark. Die Plattform Elektromobilität der Bundesregierung ist bislang ein Rohrkrepierer. Gleichzeitig werden uns in naher Zukunft relevante Absatzmärkte für den Verbrennungsmotor wegbrechen. So ist China drauf und dran, durch Gesetze und Verordnungen sowie mittels einer gezielten Branchenförderung den Absatz von E-Autos pro Jahr in einen deutlich sechsstelligen Bereich voranzutreiben. Der kalifornische Elektroauto-Spezialist Tesla gab am Sonntagabend bekannt, für sein neues „Model 3“ bereits 276.000 Vorbestellungen vorliegen zu haben. Hier lässt sich ohne Übertreibung von einem Hype sprechen, die bisherigen Produktionspläne müssen überdacht, Kapazitäten deutlich ausgeweitet werden.
Die USA also mal wieder vor Europa? Nicht unbedingt. In Norwegen und auch bei unserem direkten Nachbarn, den Niederlanden, sind konkrete Pläne erarbeitet worden, bereits ab 2025 nur noch emissionsfreie Neuwagen zuzulassen. Die Zustimmung der Parlamente zu den jeweiligen Vorhaben steht noch aus, die grundsätzliche Richtung ist damit aber vorgegeben.
Ausgerechnet das ölreiche Norwegen hat sich vorgenommen, den Schadstoffausstoß auf seinen Straßen bis 2030 zu halbieren, spätestens im Jahr 2050 soll der Straßenverkehrssektor vollständig klimaneutral sein.
Die konkreten Vorschläge beinhalten:
.* ab 2025 sollen nur noch rein elektrisch oder per Brennstoffzelle betriebene Personenwagen und Lieferwagen zugelassen werden
.* drei Viertel der neu zugelassenen Fernreisebusse und die Hälfte der Lastkraftwagen sollen ab 2025 einen umweltfreundlichen Antrieb haben
.* Schiffe im Kurzstreckenverkehr sollen bis 2029 auf Biokraftstoff umgestellt werden oder ganz ohne Emissionen auskommen
.* In den Ausbau der Fahrradinfrastruktur soll knapp eine Milliarde Euro investiert werden
.* bereits in fünf Jahren soll der öffentliche Verkehrssektor emissionsfrei funktionieren, Tais sollen schnell auf Elektroantrieb umstellen
Die strategische Planung beim staatlichen Straßenamt Norwegens hält ihre Vorhaben für umsetzbar und möchte die Vorschläge Anfang 2017 dem Parlament vorlegen – die Chancen für eine Zustimmung gelten als gut.
In den Niederlanden hat nun aufgrund einer Initiative der sozialdemokratischen Koalitionspartei PvdA das Regierungskabinett den Auftrag erhalten, einen Aktionsplan auszuarbeiten, nach dem ebenfalls ab 2025 nur noch emissionsfreie Fahrzeuge zugelassen werden sollen.
Um den Anteil elektrischer Fahrzeuge im Straßenverkehr zu erhöhen, setzen Staaten auf Kaufanreize, Steuererleichterungen und andere Privilegien für Elektrofahrzeugbesitzer*innen, sowie auf Investitionen in die Ladeinfrastruktur. Eine Kombination dieser Maßnahmen und verschiedener Anreize gilt als zielführend.
In Norwegen sind Käufer*innen von Elektrofahrzeugen von Steuern befreit, die sie eigentlich beim Kauf eines Neuwagens entrichten müssten, und werden dabei um bis zu 9000 Euro entlastet. Halter*innen von Elektrofahrzeugen entstehen zudem keine Steuern auf den CO2-Ausstoß ihrer Fahrzeuge, sie bezahlen keine Autobahngebühren, können eigens reservierte Parkplätze nutzen und ihre Fahrzeuge an Stromtankstellen kostenlos laden. Diese Maßnahmen waren nicht ohne Wirkung: Bereits im Jahr 2014 wurden in Norwegen knapp 18.000 Elektroautos verkauft, in Deutschland waren es im selben Jahr nicht einmal die Hälfte. Und das, obwohl Norwegen gerade einmal fünf Millionen Einwohner*innen hat. Höhere Abgaben auf Benzin- und Dieselmodelle sollen der Elektromobilität in Norwegen zusätzlichen Schub geben. Momentan hat in Norwegen jedes fünfte neu zugelassene Fahrzeug einen elektrischen Antrieb.
Auch die Niederlande setzen auf Kaufanreize, Steuererleichterungen und zusätzliche Anreize wie kostenloses Parken in einigen Städten. Im Jahr 2015 wurden 43 000 Elektrofahrzeuge verkauft, ihr Marktanteil bei Neuwagen beträgt in den Niederlanden derzeit knapp 10 Prozent.
In Deutschland wird nun verstärkt über Formen der Privilegierung von Elektroautos im Straßenverkehr nachgedacht. Derartige Anreize könnten nach Ansicht von Expert*innen die Nachfrage auf dem deutschen Markt um bis zu 200.000 Elektroautos zusätzlich erhöhen. Durch eine von der Bundesregierung geplanten Kaufprämie könnten private Kunden beim Kauf eines Elektrofahrzeugs demnächst bis zu 5000 Euro und gewerbliche Kunden bis zu 3000 Euro Zuschuss erhalten. Das selbst gesteckte Ziel der Bundesregierung, bis 2020 rund eine Million Elektroautos auf Deutschlands Straßen bringen, ist bei einem aktuellen Stand von gerade einmal 26.730 Elektrofahrzeugen im gesamten Bundesgebiet allerdings weit entfernt.
Auch was den Ausbau der Ladeinfrastruktur betrifft, hat Deutschland einiges nachzuholen. Rund 5000 Ladestationen gibt es in Norwegen, 500 davon allein in Oslo. Die Niederlande haben im Bereich Ladeinfrastruktur massiv vorgelegt, über 7000 öffentliche Ladestationen wurden Anfang des Jahres gezählt. Im Bezug auf Fläche und Einwohnerzahl wesentlich größeren Deutschland sind es gerade mal rund 3000 Stationen. Hier müsste intensiv investiert werden.
Deutschland hat es bisher verpasst, eine solide Basis für die Transformation des Verkehrssektors hin zu klimaneutraler Mobilität zu schaffen. Die in Norwegen und den Niederlanden erarbeiteten Vorschläge, ab 2025 nur noch emissionsfreie Neuwagen zuzulassen, skizzieren die zukünftige Ausrichtung des Marktes. Deutschland sollte sich diesen Plänen anschließen und eigene Initiativen auf den Weg bringen. Als Automobilleitmarkt Nr. 1 sind wir in der Lage, den Wandel von Diesel-, Benzin- und Gasfahrzeugen hin zu innovativen emissionsfreien Produkten binnen eines Jahrzehnts zu bewerkstelligen. Nur so bleiben wir bei der Entwicklung der Mobilität der Zukunft Weltmarktführer und sichern langfristig Arbeitsplätze. Nach der deutschen Energiewende Strom könnten wir mit einer deutschen Energie- und Produktwende Mobilität erneut global Maßstäbe setzen und uns an die Spitze der Bewegung stellen. Über das Know How und die Ingenieurskunst verfügen wir zweifelsohne. Nicht zuletzt ist nach dem Pariser Weltklimagipfel entschlossenes politisches Handeln klimapolitisch geboten.
Industriepolitisch wäre es nicht nur für den nationalen Markt wegweisend, wenn Deutschland mit einer zweifelsfreien Vorgabe Richtung emissionsfreier Mobilität den Startschuss dafür gibt, dass wir auch Leitmarkt für nachhaltige Mobilität werden wollen. Da deutsche Automobilkonzerne auch weiterhin stark auf den Weltmärkten von Brasilien bis Singapur präsent sein werden, und nicht davon auszugehen ist, dass sämtliche Staaten in kurzer Zeit der ZEV Alliance beitreten, wird es auch über 2025 hinaus noch einen relevanten Markt für Verbrennungsmotoren fossiler Prägung geben. Der Übergang wird also nicht abrupt sein, im Gegenteil schafft eine derartige Weichenstellung aber jetzt die Planungssicherheit, die Unternehmen und Kund*innen dringend benötigen.
Denn: Nicht nur die Regierungen von einzelnen Staaten und Bundesstaaten, sondern auch Automobilhersteller sind dabei, jetzt die entscheidenden Weichen für eine zunehmende Umstellung ihrer Produktion auf emissionsfreie Antriebsformen zu stellen: So möchte zum Beispiel Toyota keine neuen Dieselmotoren mehr entwickeln und bis 2050 die durchschnittlichen CO2-Flottenemissionen der Neuwagenflotte weltweit um 90 Prozent gegenüber 2010 senken.“
(Quelle: http://www.dieterjanecek.de/de/article/235.neuwagen-ab-2025-nur-noch-emissionsfrei.html – 05.o4.2016)
- April 2016