von Peter Helmes
Unsicherheit – mit südländischem Charme
Papst Franz verbreitet wieder einmal Skepsis. Ob „Laudate si“ oder soeben „Amoris Laetitia“ – nix Genaues erkennt man nicht, außer dem Eifer, unbedingt „anders“ wirken zu wollen als sein(e) Vorgänger. Der theologisch-inhaltliche Vergleich mit seinem Vorgänger, Papst Benedikt XVI., macht die Unterschiede zwischen beiden sehr deutlich.
Franziskus blamiert regelrecht seinen Vorgänger in vielen seiner Handlungen, was gewiß nicht seine Absicht ist, glaubt man den Beobachtern. Theologisch aber ist Franziskus im Vergleich zu Benedikt weniger klar und statt eindeutig eher zweideutig. Er redet unwahrscheinlich viel, aber er gibt kaum eine klare Stellungnahme ab. Das kann man auch abtun mit der Häme „typisch südländisch“. Aber hat ein Papst Anspruch auf solche Nachsicht?
Franziskus trifft seine Entscheidungen aus dem Bauch heraus, die dann vor allem die Menschen, die immer nach Veränderungen schreien in der Katholischen Kirche oder rufen „Wir sind Kirche!“, zu ihren Gunsten interpretieren. Das hat sich sehr zugespitzt und sowohl Klerus als auch Gläubige verunsichert. Die Stimmung im (jedenfalls im deutschen) Episkopat ist aufgeladen. Hie Kardinal Kaspar, Kardinal Marx – Namen für die (höflich ausgedrückt) „Neuerer“ – da Kardinal Müller, standfest in tradierten Überzeugungen. Da fließt das Gift nur so durch die kritischen bzw. kritisierenden Zeilen. Und die staunende,immer weniger werdende Schar der Gläubigen guckt ungläubig zu, weil dieser Papst kein Machtwort spricht, sondern Worthülsen absondert.
Papst Franz versprüht mit südamerikanischem Charisma und strahlenden Auges nichts als Unsicherheit. Das Schlimme dabei ist, daß er am Ende keine Entscheidung trifft. Er redet zwar über alles und wirke dadurch sehr volkstümlich, aber er läßt zu viele Interpretationsmöglichkeiten offen.
Leere statt Lehre? Nun also „Amoris Laetitia“ – wieder ein typischer Franz („Amoris Laetitia“ – wörtlich: „Die Freude der Liebe“, also „Habt Freude an der Liebe!“). Da serviert uns der Papst ein Schreiben mit knapp 200 Seiten. Und daraus kann sich jeder das herausnehmen, was paßt – oder auch nicht. Wer jedenfalls gedacht hat, die Sexuallehre der katholischen Kirche werde jetzt umgeschrieben, muß weiter warten. Und genauso wissen auch die Gegner einer Änderung nicht, was nun aktuelle päpstliche Lehre ist – Lehre oder Leere?
Nach einem weltweiten Fragebogen, zig Konferenzen und zwei Großsynoden in Rom hält Papst Franziskus in seinem abschließenden Lehrschreiben “Amoris Laetitia” fest, daß er zwar keine Veränderung der Lehre wünscht. Aber gleichzeitig hat „der Macher“ Franziskus eine klare Entscheidung gescheut, wie denn nun mit Wiederverheirateten, unverheirateten Paaren und Homosexuellen umgegangen werden soll. Die bürdet er nun dem Pfarrer vor Ort auf, der künftig mehr Ermessensspielraum hat. Das wirkt bestenfalls mutlos. Und schlimmstenfalls gleichgültig
Päpstliche Wirklichkeitsverweigerung Papst Franziskus unterläuft konsequent den Anspruch, mit seiner Vollmacht als Kirchenoberhaupt alte Gesetze aufzuheben oder neue zu proklamieren. Das eröffnet Spielräume. Gegen die – seiner Kirche mehr als geläufige – Logik der Ausgrenzung setzt Franziskus die Logik der Eingliederung – löst aber diesen Gegensatz nicht auf. Das ist Wirklichkeitsverweigerung. Vieles überläßt er den örtlichen Geistlichen, die damit überfordert sein dürften.
Der Papst gibt sich (im äußeren Eindruck) also als überzeugter Katholik. Wer hätte das gedacht? Es war nie zu erwarten, dass Franziskus die Kirchendoktrin verändern würde – selbst wenn er es wirklich wollte oder könnte. Abtreibung, die gleichgeschlechtliche Ehe, Scheidung und Verhütung bleiben tabu. Einen neuen Akzent setzt Franziskus allerdings bei der praktischen Anwendung der Lehre. Für alle ‘Sünder’, zu denen sich der Papst auch selbst zählt, sind seine Worte ein Trost. Denn Priester sollen künftig nicht mehr eine dekadente Welt geißeln, ohne positive Vorschläge zu machen, wie man wahres Glück finden kann. Und sie sollen die persönlichen Umstände und das Leiden des Einzelnen beachten. Ganz nach dem Vorbild Jesu, der Mitgefühl für eine Frau zeigte, die beim Ehebruch ertappt wurde.
Der Text des Papstes ändert nicht die kirchliche Doktrin, aber eröffnet neue Interpretationsspielräume. In diesem Zusammenhang ist insbesondere Kapitel acht der Ausführungen des Papstes interessant, in dem er von den sogenannten ‘Irregulären’ spricht. Darin erklärt Franziskus zwar, daß Geschiedene und Wiederverheiratete nicht exkommuniziert werden, aber verweigert die Antwort zu der Frage: „Und was bedeutet das nun?“ „Parole, parole“ – Worte, nichts als Worte!
Die weitere Würdigung der päpstlichen Botschaft überlasse ich gerne den Theologen, „Neuerern“ und „Bewahrern“ – auf daß sich die katholische Verunsicherung weiter breitmachen möge. („Oh Herr, verzeih ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun…“) Peter Helmes
Protestantischer Konflikt um die Auferstehung Jesu Was ich eben über die katholische Kirche schrieb, gilt in noch viel stärkerem Maße für die evangelische. Hier ist die Verunsicherung der Gläubigen schon festzementiert. Lesen Sie (als Beispiel), was Dr. Hans Penner dazu schreibt (Von: Dr. Hans Penner [mailto:h.penner@fihp.eu], an Herrn Landesbischof Gerhard Ulrich, Ev.-Lutherische Kirche in Norddeutschland)
„Sehr geehrter Herr Ulrich, das Apostolische Glaubensbekenntnis beschreibt die Überzeugungen der Christen aller Denominationen, u. a.: “… am dritten Tage auferstanden von den Toten…”. Gott hat Jesus vom Tod leiblich auferweckt am dritten Tag nach seiner Bestattung. David, Petrus und Paulus bezeugen, daß Jesus “die Verwesung nicht gesehen hat”. Die Evangelien bezeugen übereinstimmend, daß Jesus dem Grab entstiegen ist. Es ist nicht bekannt, daß Gegner von Jesus an seiner leiblichen Auferstehung gezweifelt hätten. Die leibliche Auferstehung von Jesus dürfte zu den am besten bezeugten historischen Ereignissen der Antike gehören.
In Ihrer Osterpredigt 2016 sagten Sie: “Jesus ist tot. Sein Leib verging wie jeder Menschenleib.” Demnach ist Jesus Ihrer Meinung nach im Grab verwest. Damit bekunden Sie unmißverständlich, daß das Apostolische Glaubensbekenntnis der Christen nicht Ihrer Überzeugung entspricht. Ihrer Meinung nach gibt es keine Erlösung von Sünde, Tod und Teufel.
Das kausal-mechanistische Weltbild des 19. Jhdts., an dem Sie offensichtlich festhalten, postulierte die Absolutheit der Naturgesetze, die eine leibliche Auferstehung ausschließt. Dieses Weltbild wurde infolge der Grundlagenkrise der Physik der 1920er Jahre aufgegeben. Der Tübinger Theologe Professor Karl Heim hatte sich damit eingehend befaßt.
Ihr Verhalten läßt folgende Schlußfolgerungen zu: – Man kann in die höchsten Ämter der Evangelischen Kirche aufsteigen, ohne Christ zu sein. – Man kann Mitglied der Evangelischen Kirche sein, ohne Christ zu sein. – Augenscheinlich sind nur eine Minderheit der Pfarrer und Kirchenmitglieder Christen. – Durch kirchliche Taufriten wird man kein Christ.
Ihre Osterpredigt verdeutlicht, daß die “Nordische Kirche” lediglich ein Religionsverein ist. Der namhafte Theologe Emil Brunner schrieb: “Ein Kirche, die nichts über das Zukünftig-Ewige zu sagen hat, hat überhaupt nichts zu sagen, sie ist bankrott”. Dieses Schreiben kann verbreitet werden.
Mit freundlichen Grüßen -Hans Penner-
Dem Vorstehenden war folgender Brief Dr. Penners vorausgegangen:
Die Irrlehren der ev. Kirche (Herrn Landesbischof Gerhard Ulrich, Ev.-Lutherische Kirche in Norddeutschland)
Sehr geehrter Herr Ulrich, ein Synodaler Ihrer Kirche hat auf mein Schreiben zu Ihrer Osterpredigt (www.fachinfo.eu/ulrich.pdf) reagiert und Ihre theologische Position erläutert. Offensichtlich vertreten Sie die Historisch-Kritische Theologie (HKT), welche heute die Evangelische Kirche dominiert, obwohl sie weder mit dem Apostolischen Glaubensbekenntnis noch mit den Prinzipien der Reformation vereinbar ist.
Die HKT ist auch wissenschaftlich nicht haltbar aus folgenden Gründen:
- Die HKT beruht auf dem obsoleten kausal-mechanistischen Weltbild des 19. Jhdts. (siehe Karl Heim).
- Die HKT meint, theologische Hypothesen verifizieren zu können.
- Die HKT ist unvereinbar mit der Booleschen Logik, derzufolge eine Aussage nicht gleichzeitig wahr und falsch sein kann.
Ein Beispiel für Punkt 3 ist Ihre Osterpredigt. Sie vertreten die Auffassung, daß Jesus sowohl auferstanden als auch im Grab verwest sei. Sie versuchen, diesen Konflikt dadurch zu lösen, daß Sie die Auferstehung von Jesus als ein rein innerpsychisches, spirituelles Erlebnis deuten. Die biblischen Texte lassen jedoch eine Deutung der Auferstehung Jesu als innerpsychisches Erlebnis nicht zu. Auch die Wirkungsgeschichte der Evangelien und das Apostolicum lassen eine solche Deutung nicht zu.
Es ist wichtig, daß sich Christen nicht verführen lassen durch Pfarrer bzw. Pastoren, welche die HKT propagieren. Ich hoffe deshalb auf eine Verbreitung dieses Schreibens. Es fällt auf, daß Theologen auf Kritik an der HKT kaum reagieren, vermutlich wegen Mangels an belastbaren Argumenten. Prof. Gerhard Maier, der das Buch “Das Ende der historisch-kritischen Methode” geschrieben hat, ist m. W. der einzige württembergische Landesbischof, dem die Universität Tübingen keinen Ehrendoktortitel verliehen hat.
Mit freundlichen Grüßen, Hans Penner
- April 2016