Von „altmod“ ***)
…oder: Die Wirkung der Zote Ein Witzemacher, „Satiriker“ und Pseudodichter des Staatsfernsehfunks vom ZDF namens Jan Böhmermann hat mit seinen veröffentlichten Zoten unter Einmischung der ehemaligen “FDJ-Sekretärin für Agitation und Propaganda” in der Tat eine Art Staatskrise heraufbeschworen. Man darf feststellen, dass wir wieder eine Demaskierung unseres fragwürdig gewordenen Rechts- und Staatsunwesens – der sog. FDGO – erleben und der angeblichen Souveränität unseres Staates – Souveränität im doppelten Sinne.
Die Vorsitzende des Ministerrats der BRD, sprich „Kanzlerin“ Merkel, hat eine Freigabe zur Strafverfolgung des mutmaßlichen Türkenbeleidigers Böhmermann nach § 103 StGB erteilt und damit endgültig belegt, dass sie sich nach Art eines Zestoden* im Enddarm des Türkenpräsidenten dauerhaft einzunisten gedenkt.
Der staatliche Kotau vor Erdogan ist die eine Seite, die Preisgabe eines armen Würstchens von „Satiriker“ an unsere staatsinhärente Zensur bzw. Zensoren die andere.
Bei all meiner Liebe für Satire und scharfsinnige Persiflage, konnte ich den medialen „Installationen“ des liederlichen Jan nichts Besonderes abgewinnen; man denke z.B. an seine Varoufakis-Stinkefinger-Montage. Er konnte sich bisher recht kommod in seiner Staatsstellung beim ZDF ausleben und wurde für seine Verstöße gegen den guten Geschmack gar mit dem Grimme-Preis „geehrt“.
Jetzt sind ihm seine Zoten auf die Füße gefallen.
Mit der Behandlung von Satire a la Böhmermann wird das Spaltungsirresein (= Schizophrenie) in unserer Gesellschaft und Politik deutlich: jede Publizierung von Dreck, Schund, jede Beschimpfung von „nichtmoderner“ Gesinnung und Lebensart und von Religion wird öffentlich alimentiert in den Qualitätsmedien verbreitet und als Spezifikum westlicher Werte „verteidigt“. Wenn aber die Regierenden einen Widerspruch zur ihrerseits definierten Staatsräson wahrnehmen, gelten die Freiheit der Kunst und Meinungsfreiheit keinen Pfifferling.
Der geschmacklose Witz zählt zu den „Ungewaltwaffen“** des kleinen Mannes und der Schriftsteller und Satiriker Ewald Gerhard Seeliger erklärte Ursache und Wirkung der Zote folgendermaßen:
„Zote, derbe Wahrheit, Sperrbrechung, Aufdeckwitz, lustige Entblößung, Geheimnisenthüllung, Entschleierung. Die Unbekanntheit der Zote bei allen freien (Natur-)Völkern entspricht ihrer außerordentlichen Beliebtheit bei allen staatlich gebundenen Völkern. Sie verdankt ihre Entstehung nur dem Übereifer der Übermenschen, die ihre Erhabenheit und Göttlichkeit in Frage stellenden Stoffwechseleien den Unmenschen zu verheimlichen. Denn ein Zar, Papst oder Kaiser auf dem Nachtstuhl vor den Augen seiner Untertanen wirkt allerhöchstselbst zauberzerstörend. Darum ist bereits im alten Rom für die Vorgesetzten ein besonderer Abort nötig gewesen. Ohne Vorhang, Schranke, Sockel (Thron, Altar) oder Grenze ist kein Gewaltgaukel möglich. Die Z. ist daher die stärkste Ungewaltwaffe der ewigen Menschheit gegen den Staat. Sie wirkt immer entwaffnend und entrüstend. Nur darum haben die Staatsverbrecher die Rechts(links)begriffe der sittlichen Anstößigkeit, der Unzüchtigkeit, des groben Unfugs und des erregten öffentlichen Ärgernisses ausgeknobelt. Nur darum vernichtet in ihrem allerhöchsten Auftrag der schriftenschnüffelnde Staatssklave (s.d., Staatsanwalt, Zensor) die menschenlustigen, zotigen Bücher… Der freie Mensch zotet nicht, denn er lebt in der Wahrheit und hat nicht das Geringste zu verstecken.“
Mehr braucht man nicht dazu sagen.
* Zestode: Bandwurm ** Ewald Gerhard Seeliger: Handbuch des Schwindels – Insel Verlag 1986 (Original: http://altmod.de/?p=6016)
***) „altmod“ ist Blogger (altmod.de), Facharzt und Philosoph sowie regelmäßiger Kolumnist bei
18.April 2016