Die Quittung der Bürger: Tritt gegen Altparteien – AfD weiter im Hoch!

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Schnellanalyse der Berliner Abgeordnetenhauswahl 18.09.2016

Liebe Leser,
Es ist mir in den letzten fünf Jahren zu einer schon liebgewonnen Gewohnheit geworden, noch am Abend einer Landtags-, Bundestags- oder Europawahl eine Wahlanalyse vorzulegen, die sich nicht so sehr mit Zahlen beschäftigt – zumal die Endergebnisse dann meist noch nicht vorliegen –, sondern eher nach Ursachen, Wirkungen und Möglichkeiten des jeweiligen Wahlergebnisses fragt. So auch heute wieder zur „Berlin-Wahl“.
Peter Helmes, 18. September 2016

„Müller, Berlin“/„Stark und sicher“ – Leere Wahlkampfparolen der SPD und der CDU

Knapp 2,5 Millionen Berliner konnten heute bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus ihre Stimme abgeben. „Müller, Berlin“, so warb der Regierende Bürgermeister (=Ministerpräsident) Michael Müller (SPD)für sich und seine Stadt, die weltoffen bleiben soll. “Stark und sicher” hieß das Gegenstück auf den Wahlplakaten der CDU mit ihrem Spitzenkandidaten, Innensenator (=Minister) Frank Henkel.

SPD und CDU haben verloren. Die CDU nimmt Kurs auf Zwergenniveau – in der Größenordnung von Grünen und Linke.

Zu vergeben waren heute 150 Sitze im Abgeordnetenhaus (= Landtag); die absolute Mehrheit liegt bei 76 Sitzen.

Die letzte Umfrage vom 15.09.2016 ergab folgendes Bild:

SPD: 23%, CDU: 18%, Grüne: 15%, Linke: 14,5%, AfD: 14%, FDP: 6,5%, Sonstige: 9%

(Wahl 2011 zum Vergleich:

SPD: 28,3%, CDU: 23,3%, Grüne:17,6%, Linke:11,7%, Piraten:8,9%, FDP: 1,8%, Sonst.:8,3%)

Das Ergebnis heute, STAND 18:30 Uhr:

SPD:23,1% , CDU:18, Grüne: 16,4, AfD: 12,2 , Linke: 15,7, FDP: 6,4,

Wahlkampfthemen:

* Fehlender Wohnraum

Wichtige Themen waren vor allem: Wohnungsnot, Mieten, Verdrängung aus dem Kiez – Berlin wächst jährlich um 40.000 Einwohner –, der Zustand der öffentlichen Verwaltung und die innere Sicherheit. Themen, die den Kampf um das Berliner Abgeordnetenhaus dominiert haben.

* Chaos in den Ämtern

Nach 10 Jahren Rot-Rot und fünf Jahren Rot-Schwarz herrscht das nackte Chaos in den Bürgerämtern: Es gibt eine weitgehend unsanierte Infrastruktur, die Stadt wächst schnell, auf dem Wohnungsmarkt wird es bedrohlich enger, und auch bei moderner Mobilität hat Berlin einiges nachzuholen. Das ist alles liegengeblieben in den letzten Jahren.

* Armut, Bildungsarmut, Kriminalität, Arbeitslosigkeit…

Während Berlin für Flüchtlinge als die reichste und beste Stadt der Welt gilt, wo sie am liebsten leben würden, leiden viele Einwohner der Stadt unter Armut, mangelhafter Bildung, hoher Kriminalitätsrate und hoher Arbeitslosigkeit – und seit einem Jahr unter einer sehr großen Zahl von Migranten.

* Marode Schulen, der Skandalflughafen BER, „Lageso“ (Landesamt für Gesundheit und Soziales – eine Behörde, die zum bundesweiten Symbol für Verwaltungsversagen in der Flüchtlingspolitik, aber auch in der Gesamtpolitik des Senats geworden ist) usw. Die Liste der Fehler, Versäumnisse und mithin Ärgernisse ist lang…

* Der rot-schwarze Senat bekommt schlechte Noten – nur einer von drei Wählern ist mit der Arbeit der Landesregierung zufrieden.

Das sind die größten Probleme, die sich sicherlich auf das Ergebnis der heutigen Wahl für das Abgeordnetenhaus ausgewirkt haben

Kein Traumpaar: Das „Duo Tristesse“ Müller/Henkel

Sie konnten und können nicht miteinander, der „Regierende“ von der SPD (Müller) und sein Stellvertreter von der CDU (Henkel). Und sie können „es“ nicht: Regieren war in der abgelaufenen Periode nicht ihre Stärke. Miteinander reden auch nicht. Beide gehen, politisch gesehen, am Krückstock.

SPD und Müller – beide blaß

Die Gemeinsamkeiten zwischen CDU und SPD waren schon längst aufgebraucht. Und zwar restlos. Müller hatte keine Lust mehr auf die CDU, Innensenator Henkel habe seinen Job nicht ordentlich gemacht. Außerdem ärgert sich Müller über den law-and-order-Kurs der Christdemokraten im Wahlkampf.

„Alles an ihm ist unauffällig – Brille, Figur, Anzug, nicht zuletzt der Name. Müller, Berlin – so steht es auf den Wahlplakaten – ist mittelalt, mittelgroß und ein mittelmäßiger Redner. Von Kritikern wird er als Büroklammer mit Ordnungsfimmel verspottet“ (DLF). Er bleibt blaß, farblos, konturlos und dünnhäutig. Gerade ´mal rd. 40 Prozent der Berliner würden ihm bei einer Direktwahl ihre Stimme geben – „ein Zwerg an der Macht“ nennt ihn Claus Peymann.

Müller hatte sich in den letzten Wochen deutlich von der CDU distanziert und immer wieder gegen das von CDU-Henkel geforderte Burkaverbot Stellung bezogen.

Die SPD schwimmt – dank Gabriel

Und die braven Genossen? Wenn man die Sozis in ihrem Tun und (vor allem) ihrem Lassen beobachtet, wird man das Gefühl nicht los, daß diese Partei irgendwie ständig auf gepackten Koffern hockt. Bloß weg aus dieser Koalition! Im Bund und in Berlin. Die seit langem anhaltenden miesen Umfragewerte quälen SPD wie CDU gleichermaßen. Und dann auch noch die AfD im Nacken. „Erst Schwerin, nun Berlin?“ So fragen sich die Funktionäre besorgt, die wohl eher um ihre Pfründen denn um das Wohl der Stadt und des Landes bangen.

Sigmar Gabriel provoziert und polarisiert. Und genau das aber beschreibt das Problem seiner Partei: Mit Merkels sozialdemokratischer Politik wird die SPD kleinregiert. Aber die scheinbar ewige Koalitionstreue der SPD hat sich in Luft aufgelöst, in Morgenluft, wie sie jetzt die SPD wittert – vielleicht ihre letzte Chance: Rot-Rot-Grün (zunächst) in der Hauptstadt, dann im Bund, könnte den Weg weisen.

Und doch lästern Gabriels Genossen. Er sei zwar „treibende Kraft“ bei der Integration, und die Union sei zerstritten und blockiert. Aber kann das den Vormarsch der AfD noch stoppen? Die Antwort hat der Wähler heute gegeben – und wird sie bei der Bundestagswahl im nächsten Jahr erneut geben.

Gabriels Kritiker in der Partei dürfte es allerdings ins Grübeln bringen, daß der Vorsitzende – „der mit den Kanten“ – inzwischen selbst von den Satirikern der „heute-show“ vorgeführt wird, etwa so: „Chef: Gabriel gibt gerade ein Interview im Deutschlandfunk zum Thema Obergrenze.“ – „Ach du Scheiße! Das hatten wir ihm doch verboten!“ – „Ist er dafür oder schon wieder dagegen?!?“ – „Sowohl als auch!“ – „Verdammt!“

CDU – mit Henkel, aber ohne festen Boden

Die Christdemokraten hatten es in diesem Wahlkampf am schwersten – eingeklemmt zwischen der AfD auf der einen und einem rot-rot-grünen Block auf der anderen Seite. Hinzu kommt, daß CDU-Vormann Henkel nicht gerade mit politischer Fortune gesegnet war. Er ist zwar kein Ja-Sager, aber wohl eher ein Ver-Sager.

Sein Hauptthema war die Innere Sicherheit. Er forderte und fordert, aber das, was er fordert, kommt nicht – obwohl er verantwortlicher Innensenator ist. Er kritisiert den Doppelpaß, will die Polizei mit Elektroschockern ausstatten und fordert ein Burka-Verbot…

Henkel bilanziert(!) gerne seine Erfolge als Innensenator – doch seine Bilanz aus Soll und Haben ist dünn:1.000 neue Stellen bei der Polizei, 200 bei der Feuerwehr, den Verfassungsschutz um 25 Prozent aufgestockt. „Weiter so und keine Experimente“ – das ist sein Motto. Eine etwas magere „Bilanz“ für einen Herausforderer aufs Amt des Regierenden!

„AfD stoppen und Rot-Rot-Grün verhindern“ gibt Frank Henkel als weitere Wahlziele aus. Leeres Gebell aus dem finsteren Walde. Denn mit wem will die CDU koalieren? AfD und Linke scheiden aus, die Grünen haben den Christdemokraten bereits nein gesagt, und die SPD will lieber Rot-Grün als Rot-Schwarz. Der Wähler hat vor allem die CDU abgestraft – und ihren Spitzenkandidaten Müller, der keine Achtung fand.

Schon beiden letzten Umfragen hatten SPD und Grüne – eine Koalition, die Müller favorisiert – sowie auch CDU und Linke im Vergleich zur letzten Wahl einige Prozentpunkte verloren. Das hat sich heute im Wahlergebnis bestätigt. Es ist ein weiterer Koalitionspartner notwendig. Viele Beobachter gehen von einer Dreierkoalition mit der Linken aus. Deren Spitzenkandidat Klaus Lederer hat immer wieder betont, für ein Bündnis zur Verfügung zu stehen.

Rot-Rot-Grün könnten Bündnis eingehen

Die Zahlen ergeben klar, daß sich die Große Koalition aus SPD und CDU, die Berlin fünf Jahre lang regiert hat, nicht halten kann – und das auch nicht will. CDU-Spitzenkandidat und Innensenator Frank Henkel warnte vorsorglich vor einem Bündnis mit Grünen und Linken. Er sagte auf der CDU-Abschlußkundgebung:

„Wir dürfen es nie wieder zulassen, daß Rot-Rot oder sogar Rot-Rot-Grün in unserer Stadt regieren. Die zehn Jahre waren schlimm genug. Und ich sage, ein zweites Mal wird Berlin das nicht verkraften, liebe Freunde.“

Gut gebrüllt, Löwchen Henkel! Aber die Realität sieht anders aus: nämlich rot-rot-grün – die derzeit wahrscheinlichste Koalition nach diesem Wahlsonntag. Die Grünen wollen unbedingt an die Macht, SPD und Linke kennen sich bereits aus zehn Jahren gemeinsamer Regierung, die Schnittmengen sind groß, Hindernisse überwindbar.

Kanzlerin Merkel nicht mehr „alternativlos“ – und die AfD im Nacken

„Merkel muß weg!“ schallt es der CDU-Chefin allüberall entgegen, sogar mit der CSU auch aus den eigenen Reihen. Erstmals gilt die Kanzlerin vielen Deutschen nicht mehr als alternativlos. Niemand spricht zwar von einer Alternative zur „Alternativlosen“, aber ein Gefühl ist da: Merkel muß weg. Fakt ist, daß Angela Merkel nicht mehr diese scheinbar unangreifbare Position hat, die sie bis vor kurzem hatte! (Über alternative Figuren kann man sich ja später Gedanken machen.) Merkels Flüchtlingspolitik hat das Land gespalten, auch Berlin.

Es ist eine tektonische Verschiebung der politischen Landschaft in Deutschland. Die Union im Abwärtsstrudel, so wie es die SPD schon erfahren mußte! Es geht jetzt auch um den Bestand der Union. Und um die Zukunft der Kanzlerin. Doch Merkel gibt sich unbeirrt, ungeachtet aller Wahlkatastrophen – wohl bis zum bitteren Ende.

„Arroganz der Macht“

Der Wahlkampf allgemein war beherrscht vom großen Zittern vor der AfD. Zu deutlich die vor allem von SPD und CDU zur Schau getragene „Arroganz der Macht“. Die „Kartellparteien“, wie sie von der AfD spöttisch genannt werden, wackeln immer mehr. Das Land braucht eine Alternative – die gleiche Entwicklung wie schon in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Meck-Pom etc.

AfD-Thema Flüchtlinge

Eine (erwartete) große Rolle im Wahlkampf spielte die AfD, die in Berlin mit einem zweistelligen Ergebnis abschloß, weil es ihr wieder gelungen ist, Nichtwähler wieder an die Urne zu kriegen (47 %). (Grüne und Linke, aber auch die beiden Regierungsparteien, hatten sich im Wahlkampf klar gegen die AfD positioniert.)

Das deckt sich auch mit den Erfahrungen, die bei den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt gemacht wurden, wo durch die AfD ein großer Teil der Nichtwähler mobilisieren werden konnte.

Kulturpolitik

Keine Stadt in Deutschland hat eine solch breite Kulturszene wie Berlin. Trotzdem spielt das Thema Kultur nur eine Nebenrolle, nicht nur im Wahlkampf, sondern auch in der politischen Tagespraxis. Das war unter Müllers Vorgänger, Wowereit, entschieden anders.

Es ist nicht nur Intransparenz, die Bürgermeister Michael Müller besonders in Bezug auf die Postenvergabe in Berliner Kulturhäusern vorgeworfen wird. Auch fehlende Kommunikation wird kritisiert.

Hauptfigur des Anstoßes ist Kulturstaatssekretär Tim Renner. „Die größte Fehlbesetzung des Jahrzehnts, ein Mann ohne Visionen.“ Claus Peymanns Meinung über Renner klingt wenig schmeichelhaft. Aber auch Michael Müller, Regierender Bürgermeister und Kultursenator in Personalunion, bekommt sein Fett weg. „Ein Zwerg an der Macht“, der „gemeinsam mit seinem Staatssekretär einen kulturpolitischen Trümmerhaufen angerichtet“ habe, ätzt der scheidende Intendant des Berliner Ensembles.

Während Müllers Vorgänger Wowereit mit offenem Visier für seine kulturellen Interessen stritt, macht es Müller lieber im Geheimen. Die Vergabe von wichtigen Posten verhandelte er in intransparenten Verfahren, monieren Oppositionspolitiker wie Lederer (im DLF):

„Es ist ein allgemeines Problem, dass der Stil von Politik in dieser Stadt sehr von Ansagen, sehr von Basta geprägt ist. Es wird nicht mit Leuten kommuniziert, es wird nicht nach Lösungen gesucht, sondern in der Regel wird hinter verschlossenen Türen entschieden und dann werden die Ergebnisse auf den Tisch gepackt und dann habe sie Ja und Amen dazu zu sagen.“

Bildungspolitik – erstickt an Multikulti

Besonders die Bildungspolitik ist ein absoluter Ausfall in der „Bilanz“ der rot-schwarzen Koalition: Berlin landet bei bundesweiten Schulvergleichen regelmäßig auf den hinteren Rängen. Der aktuelle Bildungsmonitor des Instituts der Deutschen Wirtschaft Köln hat festgestellt: In der Hauptstadt wirkt sich die soziale Herkunft besonders stark auf das Bildungsergebnis aus. Die Berliner Schul- und Bildungspolitik erstickt teils an „Multikulti“ und teils an obszöner Libertinage.

Kein Wort zum Flughafen?!

Eigentlich unfaßbar. Da reitet die SPD seit nunmehr zehn Jahren den Traum vom neuen „Weltflughafen“ in Schutt und Asche, doch niemand spricht darüber. Die größte Blamage einer Hauptstadt spielte im Wahlkampf keine Rolle! Bei den Grünen nicht, bei der Linken nicht und bei CDU wie SPD schon gar nicht. Das alleine spiegelt schon das ganze politische Phlegma, das über dieser Stadt und seinen Politikern liegt. Jahrzehntelang vom Bund gepeppelt und gepampert – das prägt die Mentalität und tötet jeden Sinn für eigenständiges Handeln. Und egal, wie die Koalitionsverhandlungen jetzt ausgehen werden: Es wird so bleiben, fürchte ich.

FDP wieder da

Auch das Abschneiden der FPD überrascht. Die Liberalen sind bei der letzten Abgeordnetenhauswahl mit 1,8 Prozent aus dem Parlament geflogen. Jetzt stehen sie wieder bei gut sechs Prozent, aber niemand fragt nach ihnen.

Die Piraten-Partei – statt Entern nur Kentern

Nach der heutigen Wahl dürften die Piraten Geschichte sein – zumindest fürs Erste, obwohl sie zumindest in Ansätzen gute Oppositionsarbeit geleistet und viele Anfragen gestellt haben: Netzpolitik, Digitalisierung, Transparenz – heute fester Bestandteil aller Parteiprogramme. Minister, Abgeordnete, Regierungssprecher twittern und sind für alle Bürger ansprechbar, auch dank der Piraten.

Aufgefallen allerdings sind die Piraten am meisten durch öffentliche Schlammschlachten, die jede Professionalisierung unterlaufen haben. Aus ihren Reihen kamen zwar einige sehr talentierte Politiker, viele davon in der Berliner Landtagsfraktion – Weisband, Lauer, Delius und Co., doch die haben die Piratenpartei längst entnervt verlassen. Die Wähler auch: Ganze 1,7 Prozent wollten sie noch im Parlament sehen.

Wahlen in den Bezirken – die große Chance der AfD

Bleibt noch auf ein Ergebnis hinzuweisen, das aber heute noch nicht vorliegt: In den Bezirken wird sich wohl politisch viel verändern; denn heute war auch Kommunalwahl. Da die hauptamtlichen Stadtratsposten in den 12 Berliner Bezirken nach Proporz vergeben werden, wird dort die AfD vermutlich bundesweit zum ersten Mal politische Verantwortung übernehmen.

Die zwölf Berliner Bezirke sind jeder für sich genommen eine kleine Großstadt – mit jeweils etwa 300.000 Einwohnern. Ein hauptamtlicher Stadtrat verwaltet da schon mal einen Millionenhaushalt und ist Chef von mehreren hundert Mitarbeitern. Sollte die AfD auf etwa 13 Prozent kommen, ist ihr ein hauptamtlicher Stadtratsposten sicher.

Die AfD ist stark in den Randbezirken der Hauptstadt, besonders im Osten. Hier finden sich viele Wahlverweigerer, aber auch viele Protestwähler – beides eine „Stamm-Klientel“ der AfD. Um es „Denen da oben“ zu zeigen, könnten viele bisherige Linksparteiwähler diesmal ihr Kreuz bei der AfD gemacht haben.

In Marzahn-Hellersdorf könnte ein alter Bekannter Stadtrat werden. Der Pensionär Manfred Bittner war bereits in den ´90er Jahren Wirtschaftsstadtrat, damals allerdings für die CDU. In einem Schmiergeldprozess wurde er freigesprochen, wurde dann Bürgermeister in Brandenburg, trat später aus der CDU aus. Die Christdemokraten jedenfalls sind nicht gut zu sprechen auf ihr früheres Parteimitglied.

Möglichst belanglose Ressorts für AfD-Politiker

Welches Ressort könnte ein AfD Stadtrat übernehmen? Diese Frage bewegt derzeit die Spitzen der Bezirke. Eines, das mit möglichst wenig Personalverantwortung, wenig Macht und Geld verbunden ist – dafür plädiert SPD-Bürgermeister Stefan Komoß (DLF v. 25.8.16).

„Wir werden in der Tat uns bemühen, daß es ein Ressort ist, wo geringer Schaden vor dem Hintergrund der politischen Auffassung der Partei angerichtet werden kann.“ Der AfD-Stadtrat sollte möglichst keinen Schaden anrichten. So denkt die Bezirksspitze darüber nach, einem Rechtspopulisten das Umweltressort zu überlassen. Der AfD-Politiker wäre dann unter anderem Chef von Grünflächen- und Friedhofsamt. Nachtigall, ick hör´ dir trapsen – oder: Wer andern eine Grube gräbt…

Müßte das Wahlergebnis der Alt-Parteien von Berlin in einem Wort zusammengefaßt werden, hieße es: Kanzlerdämmerung! Die Kanzlerin, die nur „Merkel“ kennt, hat Berlin rot (und grün) gemacht – und demnächst auch ganz Deutschland.

Peter Helmes, ausgefertigt am 18.09.2016, 19 Uhr

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