Der durch einige Standardwerke bekannter Politologe und BRD-Historiker Prof. Hans-Peter Schwarz hat ein Buch „Die Neue Völkerwanderung nach Europa“ über die politische Unfähigkeit der westeuropäischen Eliten im Angesicht der afroislamischen Völkerwanderung geschrieben. Seine Analysen und Schwerpunktsetzungen decken sich weitgehend mit den unseren. Tichy liefert eine Zusammenfassung des Buches. Auzüge:
Hans-Peter Schwarz analysiert die dramatischen Fehler der Bundesregierung zur hausgemachten Einwanderungskrise, aus Unfähigkeit und Gefallsucht einer infantilisierten Gesellschaft. Schwarz erklärt, wie die Migrationspolitik neu justiert werden könnte. […] Er geht damit streng mit Politik und Medien sowie der politischen Öffentlichkeit um, „frivoler Optimismus und fürbürgerliche Gefahrenblindheit endeten wie gewöhnlich im Katzenjammer“. In Politik wie Öffentlichkeit sei ein vernünftiges Gefahrenbewusstsein verlorengegangen, auch und gerade des „zeitweilig zum Propagandaapparat verschlampten Willkommensrundfunks“. Mit dieser Sichtweise ausgestattet zerfetzt er das Taktieren und Finassieren der Regierung Merkel, aber auch der ihr ergebenen Medien. Immer wieder weist er auf absurde Fehler hin und benennt sie: Etwa Operation „Triton“, jene zwei Fregatten der Bundesmarine. „Sie brachten künftig die gewissenlosen Schleuserkapitänen ausgesetzten oder in Schlauchbooten zusammengepferchten Flüchtlinge an die Küste Italiens, von wo sie sich auf den Weg nach Deutschland machen konnten. Eine größere Absurdität lässt sich kaum vorstellen, auch kein besseres Beispiel dafür, wie sich humanitäre Erpressung bezahlt macht. Die Seestreitkräfte Europas wurden von sentimentalen Regierungen zu einem ganz unentbehrlichen Zwischenglied in der Schleuserkette umfunktioniert“.
Entsprechend heftig fallen die Reaktionen der politmedialen Klasse aus.
FAZ-Rezensent Georg-Paul Hefty verfällt gleich nach dem Referieren der ersten These von Schwarz in den Polemik-Modus, aus dem er nicht wieder herauskommt, so dass man von ihm wenig über das Buch erfährt:
Hans-Peter Schwarz, seit Jahrzehnten einer der Weisen in der CDU, hat ein anregendes Buch geschrieben. Der emeritierte Bonner Professor für Politische Wissenschaft und Zeitgeschichte stellt angesichts einer neuen „Völkerwanderung nach Europa“ den „Verlust politischer Kontrolle und moralischer Gewissheiten“ fest. Den „Hauptfehler“ sieht er im „EU-Flüchtlingsrecht“, das „gutgemeint, doch aus der Zeit gefallen“ sei. Diese Erklärung darf bezweifelt werden. […]
Noch unbeherrschter verfährt Dietmar Süss in der SZ unter dem Titel „Alle Schotten dicht“. Er entzieht sich gleich zu Beginn seiner Aufgabe, den Leser über die Thesen des Autors zu informieren, und erklärt dazu, dass diese ohnehin nur im Rahmen einer Geschichte der Sozialpsychologie einer moralisch defekten Gruppe von Interesse seien:
Hans-Peter Schwarz hat ein erstsaunlich einseitiges Buch über Flüchtlinge verfasst. Es offenbart die Verunsicherung der deutschen Konservativen. Hans-Peter Schwarz gehört zu den Großen seines Faches: ein scharf denkender Zeithistoriker und Politikwissenschaftler, ein Analytiker der Macht, ein Chronist der „alten Bundesrepublik“ und der Weltpolitik, zu Recht gerühmt wegen seiner Biografien über Konrad Adenauer und Helmut Kohl. Schwarz hat sich nie gescheut, gegen den angeblich so „linken“ Zeitgeist anzuschreiben – und das in einer fein gedrechselten, oft bissig-ironischen Sprache, die auch diejenigen schätzten, die nicht seiner Meinung waren. Doch sein neues Buch über die Ursachen und Folgen der „Flüchtlingskrise“ dürfte weniger als nachdenklicher Beitrag zur bundesrepublikanischen Gegenwart in Erinnerung bleiben denn als zeithistorische Quelle für einen erschreckend verunsicherten, hart gewordenen Konservativismus, der keine Hemmungen vor polemischer Vereinfachung hat.
Somit finden wir hier gleich zwei prominente Anschauungsbeispiele für die Thesen von Schwarz über Mediokristan und seine Eliten. Etwas aus dem Rahmen fällt der Herausgeber der ZEIT, Theo Sommer, der das Buch empfiehlt und Bereitschaft zeigt, sich mit daraus folgenden „erschreckenden Gedanken“ auseinanderzusetzen:
Die Bevölkerung der 49 afrikanischen Staaten südlich der Sahara wird sich von heute 1,2 Milliarden bis zur Jahrhundertmitte auf 2,4 Milliarden verdoppeln und bis zum Ende des Jahrhunderts auf 4,5 Milliarden vervierfachen. Es werden dann weitere Millionen sehnsuchtsvoll nach Europa blicken. Wenn bis 2050 ebenso viele Afrikaner nach Europa kommen sollten, wie seit 1950 Mexikaner in die USA auswanderten, wird ein Viertel unserer Bevölkerung dann afrikanischen Ursprungs sein, hat die New York Times den Europäern vorgerechnet. Die demografische Zeitbombe tickt. Wenn sie explodiert, werden auch wir in Deckung gehen müssen. Es gibt Befragungen, wonach ein Drittel der Erwerbsfähigen zwischen 20 und 40 Jahren erwägt, sich auf den Weg nach Europa zu machen, wenn sich keine besseren Lebensperspektiven auftun. In seinem eben erschienenen Buch Die neue Völkerwanderung nach Europa schreibt Hans-Peter Schwarz, der Biograf Konrad Adenauers, der nächste Migrationsstrom werde „nicht nur Kriegsflüchtlinge nach Europa bringen, sondern auch Wirtschaftsflüchtlinge in beträchtlicher Zahl, ferner Opfer von Umweltkatastrophen wie Dürre, Überschwemmungen, Bodenerosion oder Menschen, die vor Epidemien fliehen“. Schwarz hält die Wahrscheinlichkeit für groß, „dass in verschiedenen Regionen Afrikas ein Jahrhundert des Staatszerfalls begonnen hat. Dieser könnte auch die heute noch weitgehend oder wenigstens halbwegs intakten Staaten erfassen.“ Was also tun? Auffanglager in Nordafrika, wo die Asylbegehrenden Unterkunft, Beratung und Schutz finden, bis ihre Anträge entschieden werden? Die Regierungen in Ägypten und den Maghreb-Staaten sperren sich dagegen. Wiederinkraftsetzung des Dublin-Systems? Das wäre eine unzumutbare Belastung Italiens und Griechenlands, solange die Umverteilung der Ankömmlinge auf alle EU-Staaten auf unüberwindbare Widerstände stößt. Ausbau der Frontex-Agentur zu einem operationellen Grenz- und Küstenschutzsystem? Gewiss nötig, wenn wir uns Schengenland ohne Binnengrenzen erhalten wollen, aber keine Lösung des Flüchtlingsproblems, denn Frontex darf Menschen nur auffischen, nicht jedoch sie abschieben. Ein Marshall-Plan für Afrika schließlich, wie er nicht nur dem früheren Bundespräsidenten Horst Köhler vorschwebt, wäre sinnvoll nur dann, wenn die afrikanischen Führungseliten endlich good governance lernten, gute Regierungsführung. Das kann Generationen dauern. Wir werden uns wohl noch lange schwertun mit dem Flüchtlingsproblem. Und so sehr dieser Gedanke erschreckt: Europa könnte sich auch zu drastischen Abwehr- und Gegenmaßnahmen gezwungen sehen, sollte die neue Völkerwanderung dramatische Dimensionen annehmen. Ohne militärische Kontrolle über die libysche Mittelmeerküste mag das am Ende nicht abgehen, solange von funktionierender Staatlichkeit in Libyen keine Rede sein kann. Die Bundeswehr bekäme dann mit ihren Verbündeten nicht nur in Mali zu tun, sondern müsste auch die alten Generalstabskarten des Wüstenfuchses Rommel wieder hervorholen. Wie gesagt: ein erschreckender Gedanke. Doch wenn man den Suchscheinwerfer in die Zukunft richtet, wird man ihn nicht einfach ausblenden dürfen.
Theo Sommer machte schon kürzlich von sich reden, als er dem Medienbetrieb einschließlich der ZEIT in Fragen der Humanitärmigration einen Mangel an Problembewusstsein und Hang zum Schönreden und Verdrängen attestierte. Allerdings ist er auf dem Weg der Befreiung von diesem Hang erst gerade gestartet. So fällt es auf, dass er zwar bereit ist, einen Krieg um die Kontrolle über die libysche Küste in Betracht zu ziehen, nicht aber eine Änderung der Grundsätze des Europäischen Asylrechts, von dem er richtigerweise sagt, dass es Frontex zwar erlaube, Migranten aufzufischen aber nicht sie zurückzubringen. Gedanken an eine solche Änderung traut er nur „rechtsradikalen Xenophoben“ zu. Ähnlich sieht es Angela Merkel, die gerade auf Tour durch Afrika unterwegs ist und viel Geld in die Hand nehmen will, um Afrika zu retten, während die Völkerwanderung sowohl über das Mittelmeer als auch über den Balkan weiter anschwillt. Hiervon dürfe man sich nicht beirren lassen, man brauche man „einen langen Atem“, mahnt Merkel. Es ist demnach besser, die Zukunft des Volkes und Staates auf eine hoffnungslose Karte zu setzen und verzocken, als einen „harten“ „xenophoben“ Gedanken zu fassen. Theo Sommer enstpricht noch immer ebenso wie Angela Merkel dem von Hans-Peter Schwarz gezeichneten Bild der infantilen bundesrepublikanischen und europäischen Eliten, die sich im Angesicht eines schwarzen Schwans außer Stande sehen, jenseits ihrer erlernten Märchenerzählungen zu denken geschweige denn debattieren. Man sieht aber, dass sich in quälend langsamem Tempo etwas tut. ZEIT-Veteran Theo Sommer ist seiner ZEIT voraus. Unter den europäischen Politikern ist Viktor Orbán derjenige, der mit seiner EU-Kritik auf der Höhe der Zeit steht. Die übrigen westeuropäischen „Eliten“ sind offenbar das Ergebnis einer Negativselektion, die genau diejenigen nach oben durchlässt, denen das Verständnis für die Zwecke der Politik (Staatsraison) ganz abgeht, und die sich stattdessen zugunsten von weniger sichtbaren Mächten bequem in globaler Verantwortungslosigkeit eingerichtet haben.