Ein Zwischenruf: v. d. Leyen – „Angriff ist nicht die beste Verteidigung“

(www.conservo.wordpress.com)

Von Dieter Farwick, BrigGen a.D. und Publizist

Mit ihrem Frontalangriff auf die Bundeswehr und ihre Soldaten hat Frau von der Leyen erneut bewiesen, dass sie in dreieinhalb Jahren nicht gelernt hat, wie Soldaten „ticken“. Sie akzeptieren Kritik, wenn sie berechtigt ist und hinter verschlossenen Türen erfolgt. Eine öffentliche pauschale Schelte wie „fehlender Korpsgeist“ und „Haltungsprobleme und Führungsschwäche auf verschiedenen Ebenen“ lässt jegliche Empathie für die über 170000 Soldaten, die ihren Dienst ordentlich machen, und jegliche Selbskritik vermissen. Die Frage „Was habe ich falsch gemacht?“ gibt es für sie offenkundig nicht.

Mit ihren Pauschalvorwürfen hat sie selbst die aus der Reserve gelockt, die bislang überaus wohlwollend auf ihre Mätzchen reagiert haben – wie der Wehrbeauftrage des deutschen Bundestages, der Bundeswehrverband und der verteidigungspolitische Sprecher der SPD. Diese haben mit ihrer Feststellung Recht, dass die Ministerin nach dreieinhalb Jahren für die Bundeswehr und ihre Soldaten ein hohes Maß an Verantwortung trägt. Sie kann nicht alles auf ihre Vorgänger schieben.

Sie beklagt die „Führungsschwäche“. Dabei hat sie noch im Weißbuch 2016 das Ende der „Führung von oben“ als überholt bezeichnet und für die „Führung aus der Mitte“ geworben – was immer das sein mag.

Für ihrem erneuten Fehlgriff haben Soldaten eine harte Bewertung: “Der Fisch fängt am Kopf an zu stinken“

Sie hat den Posten der Verteidigungsministerin der Kanzlerin abgetrotzt. Sie sah dort ein Sprungbrett für höhere Weihen. Jetzt hat sie selbst den Schleudersitz ausgelöst – ohne Fallschirm.

Sie hat bewiesen, dass sie nicht in der Lage ist, ein so schwieriges Ministerium zu führen. Sie hat es von Beginn an versäumt, ein kompetentes Team zu bilden mit Fachleuten, die das Ministerium und die Bundeswehr und ihre Soldaten kennen – und mögen.

Die Kanzlerin trägt eine große Verantwortung für die Auswahl ihrer drei Verteidigungsminister und einer Ministerin, die alle auf verschiedene Weise ihrer Aufgabe nicht gewachsen waren.

Das schlechte Image der Bundeswehr durch die stark geschwächte personelle und materielle Einsatzbereitschaft haben die Kanzlerin und die drei Minister – plus einer Ministerin – zu verantworten. An erster Stelle ist die unvorbereitete und sachlich nicht gebotene de facto Abschaffung der Wehrpflicht zu nennen.

Für die Bundeswehr und ihre Soldaten ist zu hoffen, dass sie nach den Bundestagswahlen einen Oberbefehlshaber bekommen, der den Erfolg der Bundeswehr und ihrer Soldaten wichtiger nimmt als seine eigenen politischen Ambitionen. Er muss durch sein Vorbild die „Führung von oben“ praktizieren können – mit einem ausgesuchten Team.

www.conservo.wordpress.com   4.5.2017
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