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Von Inge Steinmetz *)
Hallo Frau Bundeskanzlerin, ich bin blond und habe wieder mal eine Frage: Haben Sie auch so Ihre Phasen im Leben?
Wenn ich an meine Phasen im Leben zurückdenke, dann fängt das bei mir als Jugendliche an, mit meiner Ausbildung, der „Halli-Galli-Zeit“, also dem Ausgehen und dem meist unglücklich Verliebtsein. Darauf folgte die Ehe (keine Anleitung dafür gehabt!), meinen Käfer gekauft, den ich heute noch besitze, über jede Fahrt freue ich mich heute noch, altes Haus erworben und renoviert (viele Bücher darüber gekauft, geplant, selbst Hand angelegt), Kinder bekommen und versorgt (x Bücher besorgt, gelesen und gehofft, dass man alles richtig macht), meine Quilt-Phase, Fußboden voller Stoff-Fetzen, die ich mühsam zusammengesetzt habe (für eine Decke manchmal 900 Stück), regelrechtes Fieber, 70 Bücher allein darüber gekauft und Reisen gemacht, die sich um das Thema gedreht haben, das Anlegen des Gartens (zig Bücher gekauft, gelesen, geplant, offene Gärten besucht, mach ich heute noch), das eigene Geschäft in dem ich so nette Menschen kennengelernt habe (x Bücher gekauft, viel draus gelernt!).
All diese Phasen waren intensiv, jede einzelne hat in die nächsten eingewirkt, ist nie ganz verschwunden. Und jetzt die Zeit mit den Enkeln (dafür muss ich nur Bilderbücher kaufen). Dass mal eine Zeit kommen würde, in der ich Briefe an die Kanzlerin schreiben und ich freiwillig viel über Politik lesen würde, das war bei mir nie geplant und ehrlich gesagt, ist es die Phase in meinem Leben, auf die ich als einzige gerne verzichten könnte. Das einzig Positive sind nette Menschen, die mir ins „Netz“ gegangen sind, die die gleiche politische Auffassung (nein, eigentlich ist es eine Grundeinstellung im Leben) teilen, die aber auch, wenn es nicht um Politik geht, herzlich und mitfühlend sind! Ich hoffe, dass nicht nur für mich jede Phase eine besondere Zeit war, dass auch andere sich gerne, manchmal vielleicht auch kopfschüttelnd dran erinnern werden! Dass sie irgendwann noch eine meiner Decken in die Hand nehmen und sich wundern, wieviel Zeit man in so etwas investieren kann, dass sie durch den Garten gehen und sich dran erfreuen, was ich irgendwann mal gepflanzt habe. Und vielleicht schüttelt auch mal später jemand den Kopf, wenn er noch mal einen meiner Briefe an Sie liest!
Wie sah es bei Ihnen aus? Ihre FDJ-Zeit, die wie Sie sagten zu 30 % aus Eigeninteresse und 70 % Opportunismus bestand. Das Studium der Physik. Die erste Ehe. Großes Engagement in der Politik, 2. Ehe, Wahnsinns-Karriere in der Politik! Warum kann ich mir bei Ihnen nicht vorstellen, dass Ihre Phasen – außer die in der Politik – richtig intensiv waren? Warum kann ich mir nicht vorstellen, dass Sie an irgendetwas außer an Ihrer politischen Karriere richtig Spaß hatten oder haben? Dass ich Sie mir weder in einer Ehe, noch mit einem Kind auf dem Arm oder im Kompost buddelnd vorstellen kann? Dass das Bild, wie Sie sich einfach in ein Cabrio setzen, losfahren, sich den Wind um die Nase wehen lassen und Landschaft und Luft genießen, nicht in meinen Kopf kommt? Irgendwie komisch, woran liegt das? Ich denke, dass es an Ihrer Aussage mit dem Eigeninteresse und dem Opportunismus (für mich übrigens das Gleiche) liegt und dass das Streben nach Macht eben keinen Platz lässt für menschliche Schwächen, für Dinge, die einem selbst oder anderen einfach nur Freude bereiten, die auf der Karriere-Leiter nicht weiter nach oben bringen. Liege ich da falsch?
Man wird Geschichtsbücher über Sie schreiben, in welchem Jahr sie welche politische Entscheidung getroffen haben, man wird jedes kleine Detail in Biographien über Sie bringen (na gut, die Stasi-Zeit werden Sie zu verhindern wissen). Aber, wo sind Phasen in Ihrem Leben, die Sie als Mensch zeigen und nicht als Politikerin?