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Eine Rezension von Dieter Farwick, BrigGen a.D. und Publizist
Es gibt bereits mehrere Bücher über Angela Merkel, aber dieses Buch ist einzigartig. Vorwort und 21 prägnante Beiträge von namhaften nationalen und internationalen Persönlichkeiten aus unterschiedlichen Wissensgebieten und mit unterschiedlichen Berufserfahrungen fügen sich zu einem Gesamtbild von Angela Merkel zusammen, das sehr kritisch ausfällt. Es regt zum Nachdenken über die bisherigen Leistungen und Fehlleistungen in der 12jährigen Amtszeit von Angela Merkel sowie über die Aussichten für eine weitere vierjährige Amtszeit an.
Es gehört nicht viel Vorstellungskraft zu der Vorhersage, dass die nächsten vier Jahre für Deutschland, Europa und die gesamte Welt große geopolitische Herausforderungen für die politisch Verantwortlichen bringen werden.
Kann man diese erforderliche Regierungsleistung von Angela Merkel und ihrem mediokren Kabinett – egal in welcher Besetzung – mit Zuversicht erwarten ?
Dieses Buch gibt eine klare Antwort.
Um den Autoren gerecht zu werden, werden sie in dieser Besprechung mit einigen ihrer Kernaussagen – der Gliederung des Buches entsprechend – vorgestellt. Die Besprechung ersetzt nicht ein sorgfältiges Studium des Buches, sie soll die Neugierde wecken.Seinem Vorwort gibt Philip Plickert – Wirtschaftsredakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung – die Überschrift „ Merkel – ein Scheinriese“.
Er führt aus: „Für die Fans ist Merkel eine Lichtgestalt. Sie sei die „letzte Verteidigerin des liberalen Westens“, schrieb die New York Times nach der Wahl Donald Trumps. Die Brüsseler Ausgabe des Politico verstieg sich zu der Überschrift, Merkels neuer Job sei „global savior (Globaler Heiland)
Solch überzogene Erwartungen sind gefährlich, denn zwischen Schein und Sein klafft eine Lücke. Je mehr man Merkels politisches Wirken untersucht, desto brüchiger wird der Heiligenschein, desto mehr schrumpft die Riesengestalt. Merkel ist ein Scheinriese, eine gewiefte, aber überschätzte Politikerin.“
Norbert Bolz, Professor für Medienwesen an der TU Berlin, sieht Merkel wie folgt:
„ Angela Merkel hat vor allem eines nicht: Charisma…….
Die seltenen Talkshows mit ihr, in denen sie natürlich der einzige Gast ist, verwandeln sich sofort in unterwürfige Hofberichterstattung…..
Es ist Merkels größte Stärke, ihre Schwächen in Stärken verwandeln zu können.
Angela Merkel kann nicht gut reden.
Nach dem politischen Vatermord (an Kohl) hat Angela Merkel eine rigorose Strategie der Modernisierung der CDU verfolgt – mit so durchschlagendem Erfolg, dass man bei bestem Willen nicht mehr sagen kann, was konservativ an dieser Partei sein soll. Mit ihren emotionalen Grundentscheidungen hat Angela Merkel den Deutschen das größte Selbstsopfer seit dem Zweiten Weltkrieg zugemutet….
Auf Veranlassung des Freistaats Bayern legte deren Verfassungsrechtler Udo di Fabio ein Gutachten vor, das Merkels Politik fortlaufenden Rechtsbruch bescheinigt,…
Wer hierzulande naiv genug ist, sonnt sich seither in dem Wohlgefühl: Wir sind Weltmeister im Guten.
Das ist das Geheimnis von Angela Merkel, wie sie es trotz erheblicher Fehlleistungen schafft, die Mehrheit der deutschen Wähler davon zu überzeugen, dass sie „alternativlos“ ist.
Werner Patzelt, Politikwissenschaftler, Professor an der TU in Dresden, mit dem Beitrag: „Wohin steuert die Union? – Die Kanzlerin hat ihre Partei in eine schwierige Lage gebracht.“
Seine Bewertung: Noch viele Jahre der Gesundheit und Tatkraft seien Angela Merkek gegönnt. Doch einst werden die Nachrufe auf sie anders klingen. Sie dürften handeln von Merkels Anteil am Auseinanderdriften Europas, an der finanziellen und emotionalen Überforderung des guten Willens der deutschen Einwanderungsgesellschaft, an der Entprofilisierung der CDU, am Zulassen einer dauerhaften Konkurrenzpartei rechts der Union. Vielleicht wird Kohls Erbin als meist vorsichtige Bundesmutter erinnert werden, doch auch als Stiefmutter ihrer Partei.
Deshalb besteht bei Schmidt wie Merkel am Ende ihrer Kanzlerschaften je eine innerlich beschädigte und kaum mehr ohne kompliziertes Koalieren regierungsfähige Kanzlerpartei….
Die Parteivorsitzende Merkel hat hingegen, um der eigenen Kanzlerschaft willen, ihren inneren Kompass entzogen und die innerparteiliche Vielfalt beschränkt.“
Aus Sicht der Partei muss es enttäuschend sein, dass es Merkel nicht geschafft, einen eigenen Kandidaten für die Wahl des Bundespräsidenten zu finden.
Wolfgang Ockenfels, römisch-katholischer Geistlicher, Sozialethiker und Publizist, betitelt seinen Beitrag; „ Das hohle C“
„Der katholische Wähler war einst im Westen das Rückgrat der Partei.
Die Bewegung der CDU in die Mitte und auch linke Mitte hat dagegen wertkonservative Stammwähler rat- und heimatlos zurückgelassen.
Zeitgeistbeflissenheit beherrscht das Feld….
Zur Flüchtlingspolitik von Angela Merkel gibt es durchaus Alternativen, was die übrigen europäischen Staaten beweisen…
Das Stärkste, was man gegen sie kritisch ins Feld führen kann, sind ihre eigenen Worte. Die gläubige Verehrung für Angela Merkel, die in großen Teilen der CDU immer noch frenetisch beklatscht wird, ist völlig unangemessen. Etwas mehr Zivilcourage könnte auch Christen in der CDU auszeichnen…
Merkel hat jede innerparteiliche und parlamentarische Debatte über die Zukunft der CDU im Keim erstickt.
Ralf Georg Reuth, promovierter Historiker und Journalist, schreibt über „Merkels doppelte Biographie“, deren Sozialisierung die ersten 35 Jahre ihres Lebens in der ehemaligen DDR stattgefunden hat. Ihre Eltern sind mit ihr 1954 – kurz nach dem Volksaufstand 1953 in der damaligen DDR – in die DDR gezogen, die für ihre sozialistisch-kommunistisch geprägten Eltern das bessere Deutschland war. Ihr Vater war der „ Rote Pastor“, „ der eng mit dem SED-Regime zusammengearbeitet hat“….
Es ist nicht überliefert, dass Angela Kasner in Opposition zu ihrem Elternhaus gestanden hätte – auch nicht zu dem Unrechtssystem, in dem sie Karriere machte.
„ So verwundert es nicht, dass sie auch die bis zum Abitur führende, zweijährige Erweiterte Oberschule besuchen durfte und einen Studienplatz für die Naturwissenschaften….zugewiesen bekam.“
Sie wurde Sekretärin für Agitation und Propaganda, deren Schwerpunkt u.a. der Kampf gegen die NATO-Nachrüstung in der Bundesrepublik war……
Nach der Wende entdeckte Angela Merkel die Politik. Sie trat in die neue Partei „Demokratischer Aufbruch (DA) ein. Die Zukunft der damaligen DDR beschrieb sie im September 1989 wie folgt:
„Wenn wir die DDR reformieren, dann nicht im bundesrepublikanischen Sinn.“
Sie wurde von Lothar de Maizière gefördert und nach ihrem Übertritt in die CDU zu seiner stellvertretenden Regierungssprecherin ernannt. Später wurde sie von ihm dem westdeutschen Bundeskanler empfohlen.
Nach ihrem ersten Auftritt als Ministerin meldete sich ihr ehemaliger Kollege Hans-Jürgen Osten zu Wort:
„ Ich finde es erschreckend, in welchem Maße sich ein Mensch in wenigen Jahren verändern kann…
Mein letzter Kontakt mit Frau Merkel war im Dezember 1989. Auch da war noch nichts von einer Kämpferin gegen den Sozialismus zu spüren“…
Reuth weiter:
„Politik wird da zum Spiel um Macht und damit zum Selbstzweck. Und wo dies der Fall ist, tritt die Dominanz des Zeitgeistes hervor, eines Zeitgeistes, der in der Politik vor allem durch demoskopische Stimmungsbilder aus dem Wahlvolk immer relevanter geworden ist, ihn zu bedienen, ist das sicherste Vehikel zu Macht und Popularität.“
Auf diesem Klavier hat Angela Merkel virtuos gespielt.
Das Fazit von Reuth:
„ Für sie ist die Partei ein Wahlverein. So etwas wie „Stallgeruch“ hatte sie nie. Den braucht sie auch nicht. Trotz eines gewissen Unmuts an der Basis gilt Merkel in der CDU als personell „alternativlos“ – zumal sie alle für sie gefährlichen Konkurenten skrupellos aus dem Weg geräumt hat.
Erstaunlich ist die Wandlungsfähigkeit von Angela Merkel. Allerdings schafft sie es nicht, letzte Zweifel an ihrer Verstrickung mit dem Unrechtssystem zu beseitigen.
Birgit Kelle, Journalisten und Autorin, gibt ihrem Beitrag den Titel „Vergeudung weiblicher Potentiale – Die Sozialdemokratisierung der CDU-Familienpolitik“. Dazu schreibt sie:
Stattdessen ist ihr etwas gelungen, was die linken Parteien selbst unter großen Anstrengungen nicht geschafft hätten: Die Sozialdemokratisierung der deutschen Familienpolitik durch die Union bei gleichzeitiger Beerdigung eines eigenständigen, früheren familienpolitischen Profils der CDU.“
Birgit Kelle sieht das Frauenbild Angela Merkels kritisch.
„ Wer es in der Wirtschaft nicht nach oben schafft, vergeudet sein Potential. Die Frau in der Familienarbeit, die Frau, die keine Top-Position hat, die erziehende Mutter, die Vollzeitmutter, die ehrenamtlich engagierte Frau – aus dieser Perspektive alles „vergeudete menschliche Möglichkeiten“ im Produktionsprozess. Karl Marx lässt freundlich grüßen.“
Dieses Urteil gewinnt durch die Biographie von Birgit Kelle, die als Ehefrau, vierfache Mutter und mehrfache Autorin ein Gegenmodell zu Merkels Frauenbild bildet, an Aussagekraft.
Das Fazit von Birgit Kelle:
„Angela Merkel führt nach zwölf Jahren Kanzlerschaft eine familien-progammatisch ausgehöhlte Partei in den Wahlkampf, die dieses Feld nicht nur kampflos, sondern gar bereitwillig der SPD überlassen hat.“
Die jüngste Entscheidung von Angela Merkel, die Tore für die „Ehe für alle“ zu öffnen, ist eine Kehrtwendung, die von einem großen Teil der CDU-Wähler nicht akzeptiert werden kann. Eigentlich.
Daniel Koerfer, Historiker und Honorarprofessor für Zeitgeschichte, wählt ein sehr plastisches Bild für seinen Beitrag „ Der verlorene Kompass – Angela Merkels Abkehr von Ludwig Erhard und der Sozialen Marktwirtschaft.“
Er schreibt:
„Marktwirtschaft zieht nicht mehr in Deutschland, ist in Deutschland nicht mehr mehrheitsfähig….
Merkel zieht daraus den zentralen strategischen Schluss: Nicht Polarisierung durch Revitalisierung der Sozialen Marktwirtschaft, sondern schrittweise Sozialdemokratisierung der Union.“
Zur Abgabelast des deutschen Staatsbürgers:
„ So ist Deutschland in den zwölf Jahren unter Angela Merkel die Steuer- und Abgabelast weiter gestiegen. Deutschland hat sich zum Industrieland mit den zweithöchsten Steuer- und Abgabelasten entwickelt (nur Belgien nimmt noch mehr) wie die OECD im April 2017 feststellt. Fast 50 Prozent werden vom Einkommen eines Durchschnittsverdieners abgezogen. “Deutschland ist eine Steuerhölle“, titelte die sonst so zurückhaltende Neue Züricher Zeitung.“
Zu Merkels Krisenmanagement:
„ Resolut wischt Kanzlerin Merkel innerparteiliche Einwände gegen ihre Entscheidungen beiseite , etwa wenn sie darauf hingewiesen wird, dass diese ordnungspolitisch mehr als fragwürdig ausfallen.
Bei den vier Tsunamis, denen sie sich in ihrer Kanzlerschaft gegenübersah – dem Finanz-Tsunami, dem Fukushima-Tsunami, dem Flüchtlings-Tsunami und dem Euro-Tsunami, dessen Flutwelle sich unter der Oberfläche derzeit weiter auftürmt – hat sie sich jedenfalls wenig von ordnungspolitischen Prinzipien leiten lassen, ja, sie hat zentrale Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft über Bord geworfen.“
Soweit öffentlich erkennbar, hat sie ihre Entscheidungen „aus dem Bauch“ getroffen – offensichtlich ohne eingehende Beratung.
Besonders der überhastete Ausstieg aus der Nutzung der Nuklearenergie ist nicht nachvollziehbar. Nach dem Eindruck der Fernsehbilder soll sie gesagt haben „Das war’s“….
Diese Ad-hoc-Entscheidung zu Atomausstieg und radikaler Energiewende vernichtete Milliarden an Börsenwerten der Energieversorger,…
Ähnlich „spontan“ und ohne europäische Abstimmung wie bei Fukushima erfolgte Merkels Entscheidung im Flüchtlings-Tsunami,..
Diese Entscheidung (…) hat Konsequenzen von großer Tragweite ,,,hat höchstwahrscheinlich mit den Ausschlag gegeben für das Brexit-Votum…
Am Beginn des Euro-Krisen-Tsunamies war Merkel 2009/2010 praktisch pausenlos im Einsatz. Dabei hat die Kanzlerin es zugelassen, dass die ordnungspolitisch zentrale Eigenhaftung der Euroländer für ihr Finanzverhalten, wie sie in der „No Bailout-Klausel ( kein Land wird von den anderen aus seinem Finanzschlammassel“herausgehauen“) verankert worden war, durch den Mechanismus der europäischen Rettungsschirme und Rettungspakete für Griechenland ausgehebelt wurde.
Sein Fazit:
Denn so viel ist sicher: Angela Merkel fehlt der klare ordnungspolitische Kompass“
Ihr Krisenmanagement bei den aufgezeigten vier Tsunamis war für einen Staat wie Deutschland inakzetabel.
Dominik Geppert, Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Bonn, macht in seinem Beitrag „ Die Illusion der deutschen Thatcher“ sehr deutlich, dass „zwischen der Kanzlerin und der Eisernen Lady Welten liegen“.
Merkel verabschiedete sich nach der nur knapp gewonnen Bundestagswahl 2005 still und leise von den radikalen Reformversprechen der Oppositionszeit und vollzog damit den ersten der zahlreichen U-Turns, die im Laufe der Zeit so etwas wie ein Markenzeichen ihrer Politik wurden.“….
Im Gegensatz zur pointierten Unmissverständlichkeit der Überzeugungspolitikerin Thatcher….perfektionierte die Konsenspolitikerin Merkel die Uneindeutigkeit banaler Selbstverständlichkeiten. Damit vermied sie öffentliche Konfrontationen, hielt sich Rückzugsmög-lichkeiten offen und blieb taktisch in alle Richtungen beweglich. Man darf vermuten, dass ihre Jugend in der DDR sie gut auf den uneigentlichen Gebrauch der Sprache vorbereitet hat. Wer im SED-Regime aufwachsen wollte, ohne anzuecken, für den war es ratsam, im Zweifel zu schweigen und die eigene Meinung für sich zu behalten oder allenfalls im Kreise engster Vertrauter zu äußern.“
„Jedenfalls sind als Achillesferse von Angela Merkel über eineinhalb Jahrzehnte bemerkenswert erfolgreichen Politikentwurf die Entkernung der eigenen Partei und die dauerhafte Frustration der eigenen Kernklientel mittlerweile unübersehbar.“….
Dieser Beitrag verstärkt die Forderung auf eine Begrenzung hoher politischer Ämter auf zwei Legislaturperioden, um Innovation und neue Politikansätze zu ermöglichen.
David Marsch, Brite, Journalist und Geldpolitik-Experte schreibt in seinem Beitrag „Die Widersprüche der Eurokrise – über deutsche Macht und Ohnmacht in der Währungsunion“….
„Scheitert der Euro, scheitert Europa“ – der berühmt-berüchtige Satz Angela Merkels zeigt, welche Bedeutung sie der Währung beimisst, Merkels Euro-Rettungs- und Stabilisierungspolitik ist das Kernstück ihrer Politik gegenüber der Europäischen Union geworden.“
Dieser Satz zeigt allerdings auch, dass Merkel eine seltsame Vorstellung von Europa hat, das in seiner Gesamtheit größer ist als die EU und die Eurozone.
„ Statt eines Stabilitätsankers ist der Euro seit 2009/2010 zum Destabilisierungsrisiko geworden. Der Großteil von Merkels Kanzlerschaft war nun dem Bemühen gewidmet, die Währung zu stabilisieren, die zu einer gefährlichen Quelle von Brüchen, Fragmentierung und potentieller Desintegration in Europa wurde,….
Man könnte hinzufügen. Diese Politik hat auch zu wiederholten Demütigungen des deutschen Parlaments, das seine Kontrollaufgabe gegenüber der Regierung nicht wahrnehmen konnte – aber offensichtlich auch nicht wahrnehmen wollte, geführt.
„ Merkel gab zu, dass sie im Hinblick auf die Griechenlandrettung “auf Sicht fahre“….
„Der Rettungskurs war Stückwerkspolitik.“
Dieses „auf Sicht fahren“ gilt für die gesamte Regierung. Es ist daher nicht verwunderlich, dass diese Regierung immer wieder von großen Entwicklungen – wie z.B. das Ausmaß der illegalen Masseneinwanderung oder der Elektromobilität – überrascht wird.
„Weidmanns Bundesbank-Vorgänger stand 2011 kurz davor, den damaligen EZB-Chef
Jean-Claude Trichet zu beerben, doch Merkel durchkreuzte die Idee, unterstützte ihn nur halbherzig
und Weber zog sich zurück. So kam der Italiener Draghi an die Spitze der Institution, die mit Nullzinspolitik und den Anleihekäufen eine entscheidende Rolle in der Euro-Krise gespielt hat,“ – und noch heute spielt.
„Andererseits hätte mehr strategische Weitsicht Merkel in der Europapolitik zu einer anderen Prioritätensetzung bringen können. Nämlich Großbritannien höher als Griechenland zu gewichten: Statt so viel Kraft, die Griechen im Europaraum zu behalten, hätte sie etwas mehr Energie einsetzen können, um den Brexit abzuwenden.“
Leider ist strategische Weitsicht das Gegenteil zu „auf Sicht fahren.“
„Mit ihren zwar wohlklingenden, doch eher symbolischen Sprüchen wie“Der Euro ist mehr als eine Währung“ trägt Merkel nicht dazu bei, diese nagenden Zweifel zu vertreiben, sondern sie verstärkt sie noch“,
Man kann es noch härter formulieren: Der Euro, der Europa retten sollte, hat de facto die Spaltung Europas weiter vorangetrieben.
Henning Klodt, Leiter des Zentrums Wirtschaftspolitik am Insitut für Weltwirtschaft in Kiel, und Stefan Koots Leiter des Prognosezentrums am Institut für Weltwirtschaft in Kiel, titeln ihren Beitrag „Von der roten Laterne zum Siegerpokal – Merkels makroökonomische Bilanz erscheint besser, als sie ist.“
Knapp drei Jahre nach dem Amtsantritt Merkels, im Herbst 2008, brach die globale Finanzkrise mit voller Wucht aus. Die deutsche Wirtschaft stürzte mit ungeahnter Geschwindigkeit ab. Im Jahresdurchschnitt 2009 sank das BIP um mehr als 5 Prozent. Nun war hektisches Krisenmanagement zunächst in der Weltfinanz- und anschließend in der Euro-Krise angesagt. Es absorbierte einen Großteil der wirtschaftspolitischen Handlungskapazitäten der Regierung. Die Krise traf die Bundesregierung völlig unvorbereitet und durchkreuzte ihren fiskalischen Konsolidierungskurs, zunächst im Herbst 2008 und 2009 durch massive Stützung des Bankensektors, später durch die Milliarden-Kreditpakete für Eurokrisenländer, angefangen mit Griechenland….
„Im Ergebnis lag die Wirtschaftsleistung 2012 um gut 3 Prozent höher als im Krisenjahr 2007 – was ein sehr magerer Zuwachs für einen Zeitraum von fünf Jahren ist. Gleichwohl galt Deutschland vielen auf der Welt als Vorbild für erfolgreiche Wachstumspolitik….
Die Arbeitsmarktbilanz von 12 Jahren Merkel-Regierung fällt von den Ergebnissen her glänzend aus.
Noch nie waren in Deutschland so viele Menschen – rund 44 Millionen – erwerbstätig wie heute…
Insgesamt erscheint damit der erstaunliche Beschäftigungsaufschwung weniger als Merkels Verdienst, sondern ist vor allem das Ergebnis früherer Reformen: Merkel hat geerntet, was ihr Vorgänger Schröder säte…
So rückte man dem Niedriglohnsektor, der die Beschäftigungsexpansion im Gefolge der Schröder’schen Reformen erst möglich gemacht hat, mit einem staatlich verordneten Mindestlohn zu Leibe, anstatt die Lohnfindung den Marktakteuren zu überlassen….Angesichts der demographischen Entwicklungen ist dies fahrlässig, die bereits mit Beginn des nächsten Jahrzehnts spürbar werden (…) Die deutsche Wirtschaft ist seit über sieben Jahren einem historisch Niedrigzinsumfeld ausgesetzt. Die ultraexpansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) hat die Finanzkonditionen künstlich auf ein noch nie dagewesenes Niveau gedrückt und dabei auch den Außenwert des Euro deutlich geschwächt. Damit sind zwei fundamentale Größen – Zins und Wechselkurs – durch die Geldpolitik verzerrt. (…).Insgesamt wird damit sowohl die Real- als auch die Finanzwirtschaft krisenanfälliger, was die Normalisierung der Geldpolitik erschwert. (…)
Letztlich kommt es zu einer Staatsfinanzierung – aus deutscher ordnungspolitischer Perspektive ist dies eine hochbedenkliche Entwicklung, weil letztlich die Notenpresse die Schuldenpolitik des Staates finanziert.
In den Merkel-Jahren ist die Abgabenquote mit Ausnahme des Krisenjahres 2010 kontinuierlich gestiegen. Beanspruchte der Staat 2006 insgesamt 38.5 Prozent der Wirtschaftsleistung in Form von Steuern und Sozialbeiträgen, sind es zehn Jahre später – wohlgemerkt bei ähnlich guter Konjunkturlage – 40 Prozent…
Der Anteil der Staatsausgaben in Relation zum Bruttoinlandprodukts ist demgegenüber nahezu konstant geblieben: Nach 44,7 Prozent (2006) sind es nunmehr 44,3 Prozent. Aber auch dieser moderate Rückgang ist kein Ausweis ehrgeiziger Konsolidierungspolitik oder gar einer ordnungspolitisch motivierten Rückführung des Staatseinflusses….
Es ist allerdings ausdrücklich anzuerkennen, dass die Bundesrepublik bislang dem Drängen anderer Staaten und Institutionen innerhalb und außerhalb des Euroraums nach weiteren expansiven fiskalischen Maßnahmen zur vermeintlichen Stabilisierung des Euroraums standgehalten hat. Eine solche Politik wäre hierzulande kontraproduktiv, weil sie die derzeit schon leicht überausgelastete Wirtschaft stimulieren würde.“
Es ist jedoch zu befürchten, dass die nächste Regierung weder den eisernen Willen noch die Kraft hat, sich gegen die Pläne des französischen Präsidenten durchzusetzen, zumal diese von der Europäischen Union und anderen Mitgliedsstaaten des Euroraumes unterstützt werden.
Die deutschen Staatsschulden sind heute um 634 Milliarden höher als zum Antritt des ersten Merkel-Kabinetts. Die Weltfinanz- und die Eurokrise haben in den Staatsfinanzen tiefrote Spuren hinterlassen.
Justus Haucap, Professor für VWL an der Universität Düsseldorf, räumt in seinem Beitrag
“Deutschlands teurer Irrweg in der Energiepolitik – Gefährlich steigende Stromkosten bei null Klimaschutzwirkung“ mit einigen Mythen und Desinformationen in der öffentlichen Diskussion auf.
„ Das reine Subventionsvolumen über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) beträgt mittlerweile mehr als 25 Milliarden Euro im Jahr, also mehr als 300 Euro je Bundesbürger jährlich. Hinzu kommen Kosten für den Netzausbau, erhöhten Ausgleichsenergiebedarf, Offshore-Haftungsumlagen, Investitionsförderungen und vieles mehr….Die exorbitanten Kosten für die Förderung erneuerbarer Energien werden von vielen Ökonomen aus zwei Gründen kritisiert: Zum einen führt die massive Förderung erneuerbarer Energien – paradoxerweise – nicht zu einer Reduktion der Treibhausgasemissionen in Deutschland oder der Europäischen Union. In Deutschland hat sich zwar die EEG-Umlage über die beiden letzten Legislaturperioden…mehr als verfünffacht, sie ist von 1,3 Cent je Kilowattstunde auf aktuell 6,88 Cent je Kilowattstunden gestiegen. Die Treibhausgasemissionen lagen jedoch in Deutschland im Jahre 2016 über dem Niveau des Jahres 2009, auch im Energiebereich…
Mit den Milliardenförderungen wird bisher keine einzige Tonne CO2 in Deutschland oder der EU eingespart. Warum Merkel, die als Physikerin und kluger Kopf diesen Zusammenhang verstanden haben wird, diesen nutzlosen Irrweg nicht beendet, gehört zu den großen Rätseln…
Entgegen der Prognose vieler Ökonomen versprach Bundeskanzlerin Merkel im Jahre 2011, dass die EEG-Umlage…nicht über ihre heutige Größenordnung hinaus steigen (soll). (….)
Aus ordnungspolitischer Sicht wäre daher zu fordern: Der Einspeisevorrang für erneuerbare Energien sollte vollständig aufgegeben werden und Erzeuger „grünen“ Stroms sollten endlich selbst für seine Vermarktung verantwortlich sein, so wie es auf allen anderen Märkten der Volkswirtschaft üblich ist. Wer Geld verdienen will, muss sich um die Vermarktung seiner Erzeugnisse kümmern oder zumindest andere damit beauftragen. Dieses elementare Prinzip der Marktwirtschaft muss endlich auch im erneuerbaren Energiebereich noch stärker Einzug erhalten. Die Merkel-Regierung hat davor aber bislang zurückgeschreckt. Von wirklicher wirtschaftlicher Vernunft ist sie im Energiebereich nach wie vor weit entfernt…
Aktuell ist nicht zu erkennen, dass irgendein anderes bedeutendes Land dem deutschen Sonderweg des teuren, ungebremsten Ausbaus erneuerbarer Energien folgt.“
Hinzu kommt das Problem der Versorgungssicherheit, dass von der Merkel-Regierung vernachlässigt wird.
Roland Tichy, Publizist und Journalist, gibt seinem Beitrag den Titel „Lyssenko oder Apollo? Die ideologisch-planwirtschaftliche Technologiepolitik der Kanzlerin.“
Gerade die Digitalisierung ist ein Feld, auf dem Deutschland nicht führend ist. Nach einer in Brüssel von EU-Kommissar Günther Öttinger vorgestellten Bestandsaufnahme der digitalen Wirtschaft und Gesellschaft in Europa liegt Deutschland im gesamteuropäischen Vergleich nur auf Platz neun. Das ist bedrohlich für die größte europäische Volkswirtschaft. Der Anteil der schnellen Internet-Anschlüsse in Deutschland ist auf 75 Prozent gestiegen, doch auf dem Land gibt es noch viele weiße Flecken. Mehr als 80 Prozent der Anschlüsse im ländlichen Bereich sind nicht zukunftsfähig…Bei der Versorgung mit modernen Glasfaserkabeln hinkt Deutschland im internationalen Vergleich weit hinterher. Nur knapp 2 Prozent der Breitbandanschlüsse sind Glasfaserkabel. Vom Ziel, Deutschland für die Digitalisierung fit zu machen, scheint die Merkelregierung noch ein gutes Stück entfernt.
Besonders schlimm aber ist ihre technologiepolitische Bilanz auf zwei anderen Feldern; der Energiepolitik und der Elektromobilität.“…
Gerade Angela Merkel wird als Physikerin professionelle Kompetenz zugeschrieben, zumal sie auch noch mit einem hoch angesehenen Naturwissenschaftler verheiratet ist. Schaut man die Kernelemente ihrer Forschungspolitik an, gerät man über die Wirkmächtigkeit des früher Gelernten ins Zweifeln. Die Energiewende erinnert in ihren Auswirkungen wie ihrer gesellschaftlichen Ausgestaltung fatal an stalinistische Methoden der Fehlsteuerung, die blind an längst erkannten Natur- und Marktgesetzen vorbeischrammen. Der „Nationale Entwicklungsplan Elektromobilität“ könnte auch aus der Murkser-Werkstatt der sozialistischen Planwirtschaft stammen ihm fehlt die Größe von Kennedys Vision. In einer Marktwirtschaft haben sie beide nichts zu suchen.“
Wurde die Zukunftsfähigkeit Deutschlands dem Fetisch der „Schwarzen Null“ geopfert? Niedrige Kreditzinsen hätten den Finanzminister veranlassen müssen. mehr öffentliche Investitionen in die Zukunft Deutschlands zu ermöglichen.
Cora Stephan, Publizistin und Schriftstellerin, nimmt in ihrem Beitrag“ Versagen in der Flüchtlingspolitik – Merkel hat sich im entscheidenden Augenblick weggeduckt“ das Versagen der Merkel-Regierung auf das Korn.
„ Die „Flüchtlingskrise“ im Herbst 2015 hat die Republik erregt, verunsichert und zuletzt gespalten.“
Cora Stephan bezieht sich in ihren Ausführungen sehr stark auf das Buch „ Die Getriebenen“ von Robin Alexander, ( das der Verfasser bereits in einer ausführlichen Besprechung beschrieben hat. )
Neben dem 4. September 2015, dem Tag der Entscheidung Merkels, die Grenzen in einem nationalen Alleingang zu öffnen, geht Cora Stefan auch auf den 13. September 2015 ein.
„Die entscheidende Frage ist: Warum schloss man die Grenze nicht eine Woche später? Weil es nicht ging, wie die Kanzlerin im Oktober 2015 in der Sendung von Anne Will behauptete…
Am Sonntag, dem 13. September sollte die Grenze wieder geschlossen werden. Es fehlte nur der allerletzte Befehl von der politischen Spitze. Doch niemand wollte diese Entscheidung treffen – der (zuständige) Innenminister Thomas de Maizière nicht und auch nicht die Kanzlerin, die von de Maizière Zusicherungen erbeten hatte, die er nicht geben konnte: Er konnte nicht versprechen, dass die Entscheidung später vor Gericht Bestand haben würde. Und er konnte nicht versprechen, dass es keine unpopulären Bilder geben würde….
Sollte im Falle ihrer Migrationspolitik tatsächlich die Angst vor unschönen Bildern bei einer Grenzsicherung die ausschlaggebende Rolle gespielt haben, dann wäre ausgerechnet die kühle Naturwissenschaftlerin das beste Beispiel für emotional-intuitive Fehlsteuerungen in der Politik.“
Ein mildes Urteil für Regierungsversagen auf der ganzen Linie.
Thilo Sarrazin, Finanzpolitikexperte und namhafter Autor der Bücher „Deutschland schafft sich ab“ und „Wunschdenken“, betitelt seinen Beitrag mit Selbstironie: „ Anmerkungen eines Nicht-Hilfreichen . Wie man die fatale Migrationspolitik korrigieren müsste.“
„De facto ist das deutsche Asylrecht zu einem Einfallstor für ungeregelte Einwanderung geworden…
Bei der Betrachtung der Kostenfrage muss man die kurzfristige und die langfristige Perspektive unterscheiden: Kurzfristig kosten die Flüchtlinge Geld für Unterkunft, Lebensunterhalt, Lebensmittel und medizinische Versorgung, für die Inanspruchnahme von Polizei, Schulen. Justiz, Arbeitsverwaltung, kommunalen Diensten etc. Die jährliche Summe veranschlage ich auf rund 20.000 Euro pro Asylbewerber. Für die seit 2015 eingereisten 1,3 Millionen Asylbewerber entstehen also Kosten von etwa 26 Milliarden Euro. Die Kosten des Familiennachzugs sind dabei noch nicht enthalten, (…)
Langfristig können Flüchtlinge, die es auf den ersten Arbeitsmarkt schaffen, zwar für ihren Lebensunterhalt selber sorgen und so auch ihre Kosten decken. Zwei bis drei Viertel der bis jetzt eingereisten Flüchtlinge werden es jedoch voraussichtlich niemals auf den ersten Arbeitsmarkt schaffen. Sie verursachen dann dauerhaft jährlich in etwa die Kosten eines Empfängers von Grundsicherung, also bei einem Ledigen monatlich für Arbeitslosengeld II, etwa 400 Euro für Heizung und Unterkunft, etwa 200 Euro für Krankenversicherung. Pro Jahr also etwa 12.000 Euro direkte Kosten.
Die indirekten Kosten des Staates kommen hinzu: Bildungssystem, Polizei, Verwaltung, Gefängnisse, bei Familiengründung weitere Sozialleistungen, Kindergeld etc. So ergeben sich dauerhafte Kosten von 20.000 bis 25.000 Euro je unterhaltsberechtigtem Flüchtling. Die durchschnittlich sehr jungen Flüchtlinge haben noch eine Lebenserwartung von 40 bis 60 Jahren.
Über die Lebenszeit summieren sich Zahlungen des Staates pro Fall auf eine Million Euro….
Was zu tun wäre
Ein Einwanderungsgesetz ist sinnlos, solange nicht unerwünschte Einwanderung verhindert werden kann…
Mittlerweile arbeitet die Hälfte der rund 2000 Verwaltungsrichter in Deutschland nur noch für Asylverfahren…
Wer es als Asylbewerber nach Deutschland geschafft hat, hat praktisch das große Los in einer weltweiten Lotterie gezogen….
Der Drang nach Europa, insbesondere nach Deutschland, wird erst aufhören, wenn im fernsten afrikanischen Dorf klar ist, dass eine erfolgreiche Ankunft in Deutschland nicht mehr zum Bleiberecht führt, wenn die Voraussetzungen für politisches Asyl nicht gegeben sind…
Um dieses zu erreichen, sind zwei grundlegende rechtliche Änderungen notwendig: Europäische oder nationale Regelungen sind entsprechend anzupassen, soweit sie diesen Änderungen entgegenstehen….
# ——
# Bis zur Entscheidung (nach max. 30 Tagen) gilt der Antragssteller als nicht eingereist, der Aufenthalt in einer Transitzone ist Pflicht,….
# Während der Wartephase auf eine Entscheidung in der Transitzone wird der Unterhalt so bemessen und in solcher Form gewährleistet, dass finanzielle Transfers in die Herkunftsländer ausgeschlossen sind. Außerhalb der Transitzone wird Unterhalt nicht gewährt
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# Alle illegal Eingewanderten sowie alle Flüchtlinge und Asylbewerber deren Aufenthaltsbegehren abgelehnt wurde, werden unverzüglich und ausnahmslos abgeschoben. Die Abschiebung erfolgt in das Herkunftsland oder in das Land des letzten Aufenthaltes vor dem Übertritt in die EU….
Das sind die wichtigen Fragen der Migrationspolitik, die sich einem deutschen Regierungschef stellen. Hier müsste er oder sie nach Lösungen suchen und Diskussionen anstoßen. Angela Merkel tat das Gegenteil. Zunächst unterband sie grundsätzliche Debatten und versäumte eine strategische Positionierung Deutschlands in Einwanderungs- und Flüchtlingsfragen. Als die Ereignisse sich 2015 beschleunigten und überschlugen, handelte sie kopflos. Gegenwärtig besteht ihr einziges erkennbares Konzept darin, die Türkei und die südlichen Anrainerstaaten des Mittelmeeres als Bittstellerin zu bereisen und die deutsche Marine im Mittelmeer als Transportvehikel für neue Einwanderungswellen aus Afrika einzusetzen. Von einer Bundeskanzlerin muss man mehr und anderes erwarten. Angela Merkel hat in ihrem Amtseid geschworen, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden. Mit ihrem kopflosen Alleingang in der Flüchtlingspolitik 2015 hat sie das nicht getan.“
Es wird deutlich, dass Merkels einsame Entscheidung der Öffnung der Grenzen und die Verweigerung der Schließung der Grenzen am 13. September 2015 Generationen der Deutschen stark belastet werden. Sollte sich in Deutschland die Konjunktur abschwächen und die „Vollbeschäftigung“ auflösen, werden die deutschen Sozialsysteme kollabieren. Ein Plan B ist nicht erkennbar.
Michael Wolffsohn, geb. in Israel, Historiker und Publizist, bis 2002 Professor für Neuere Geschichte an der Universität der Bundeswehr in München, wählte für seinen Beitrag den Titel: „Populus und Pöbel – Angelika Merkel und die Populisten – kein Nachruf“
„Ja, Angelika Merkel hat samt Kabinett in der operativen Flüchtlingspolitik alles falsch gemacht, was falsch zu machen war. Ebenso wie ihr parteiinterner und externer Anhang hat sie zu selten zwischen Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlingen, politisches Asyl Suchenden, Wirtschaftsflüchtlingen und skrupellos unser Sozialsystem Ausnutzenden unterschieden – und im Jahre 2015 alle weitgehend unkontrolliert ins Land gelassen. Alle wurden in den Topf „ Menschen in Not“ geworfen. Sogar mögliche Terroristen aus Nahost und Nordafrika kamen so ins Land.
Dennoch! Nicht oft genug – auch angesichts der deutschen Geschichte – ist das Grundverständnis Angela Merkels zu wiederholen. Sie ließ sich, wie sie es in Anlehnung an Immanuel Kants“ kategorischen Imperativ“ formulierte, vom „Humanitären Imperativ“ leiten…..
Wer fehlerfrei ist, „werfe den ersten Stein“. Ich bin nicht dabei.
Wie könnte ich angesichts meiner Familien- und „Volks“-Geschichte dieses urhumane Kanzlerinwort geringschätzen? “Humanitärer Imperativ“ – viele verhöhnten sie dafür, aber mir ist eine deutsche Kanzlerin, die sich von einem Humanitären Imperativ leiten lässt. lieber als jeder andere, der Menschen in Not im Stich lässt, oder ein deutscher Kanzler, der wie Adolf H., den Inhumanen Imperativ wählte.
Als deutsche Regierungschefin hat für sie das Wohl der deutschen Bevölkerung im Vordergrund zu stehen. Die Folgen der massiven und ungesteuerten Masseneinwanderung schaden dem Wohl des deutschen Volkes über Generationen.
Rafael Seligmann, in Israel geboren, Historiker, Publizist und Schriftsteller, wählt für seinen Beitrag den Titel: “Bei aller Sympathie – Merkel hat Deutschlands Juden enttäuscht.“
„Doch die praktischen Konsequenzen der Flüchtlingspolitik Angela Merkels werden von der Mehrheit der jüdischen Gemeinde heute …..zwiespältig beurteilt. Das hat seine Ursache in der Einstellung vieler Flüchtlinge aus islamischen Ländern gegenüber den Juden. In den arabischen Staaten Syrien und Irak sind die Menschen seit Jahrzehnten wüster antisemitischer und antiisraelischer Hasspropaganda ausgesetzt…..
Wohl die Mehrheit der Flüchtlinge aus den islamischen Ländern hegt antijüdische Gefühle….
Eine Minderheit der Jugendlichen unter den Flüchtlingen wird durch vielfältige Hasspropaganda in salafistisch orientierten Moscheen, im Internet oder durch Propagandisten vor Ort für gewaltsame Aktionen gewonnen und zu spontanen Einzeltaten angestachelt. Die Opfer sind unverhältnismäßig oft Juden……
Schließlich kam die Regierungschefin zum Kern ihrer Botschaft: „ Die historische Verantwortung Deutschlands (für die Sicherheit Israels) ist Teil der Staatsraison meines Landes. Das heißt, die Sicherheit Israels ist für mich als deutsche Bundeskanzlerin niemals verhandelbar“…
Dabei hat es Deutschland nicht fertiggebracht, das Existenzrecht Israels oder seiner moderaten arabischen Nachbarn im Abkommen festzuhalten. Denn Iran hält offen an seinem Ziel fest, Israel zu vernichten. Die Weltmächte konnten und wollten Teheran nicht davon abbringen – auf Kosten des jüdischen Staates…..
Die deutschen Juden sind von Merkel enttäuscht….
Keine Enttäuschung, liebe jüdische Mitbürger, Angela Merkel hegt für die Juden wahre Gefühle christlicher Nächstenliebe, doch in der Hauptsache ist sie deutsche Realpolitikerin. Auch bei ihr steht der politische Machterhalt an erster Stelle – oder das, was sie dafür hält.
Diese Facette der Masseneinwanderung wird in Deutschland zu wenig beachtet. Der „Humanitäre Imperativ“ gilt auch für Juden.
Necla Kelek, promovierte Soziologin und erfolgreiche Autorin, liefert den Beitrag: „ Das Märchen von der Integration – Zwölf verlorene Jahre unter der Merkel-Regierung.“
„ Die Kultur einer Gesellschaft drückt sich in der Rechtsordnung aus, was Montesquieu als den
„Geist der Gesetze“ definierte, und in den besonderen Erfahrungen der Geschichte eines Landes – in Deutschland gehören dazu zum Beispiel die Reformation, die Aufklärung, die Kriege, der Holocaust, die Teilung und die Wiedervereinigung. In Deutschland gehören zu dieser Kultur die Grundrechte ebenso wie der kategorische Imperativ Kants oder die christlichen Grundsätze der Nächstenliebe und des Vergebens. Diese Definition scheint aber wie einiges andere inzwischen obsolet, (…)
Die deutsche Politik hat der Türkei gestattet, in Deutschland Islampolitik zu betreiben. Die über 1000 Vorbeter in den deutschen Ditib-Moscheen werden ohne jede Kontrolle von der Religionsbehörde der Türkei, der Diyanet, ausgewählt, für fünf Jahre entsandt, bezahlt. Jeden Freitag erhalten sie aus Ankara die Predigttexte. Es sind Beamte des türkischen Staates, die auf Türkisch predigen und meist kein Deutsch sprechen. Das hat die Bundesregierung von Beginn an gewusst und geduldet. Niemand brachte den Mut oder das Interesse auf, sich mit den Islamverbänden anzulegen oder nachzufragen, was sie in ihren Moscheen tun….
Nachdem Ditib-Imame inzwischen im Verdacht stehen, im Auftrag der Erdogan-Regierung ihre türkischen Landsleute auszuspionieren, zum Märtyrertum aufzurufen und anti-semitisch zu predigen, gibt man sich überrascht und fühlt sich hintergangen. Das ist naiv…
Merkel und ihre Berater verkennen die gesellschaftlichen Strukturen und tiefsitzenden „memories“ der islamischen Religion und Weltanschauung…
Der Islam wird verharmlost…
Die gern wiederholte Formulierung „Der Islam gehört zu Deutschland“ als Zeichen von Toleranz und das Festhalten an den Islamverbänden als Partner erscheinen heute als Demutsgeste gescheiterter Politik….Bundeskanzlerin Merkel wie auch der neue Bundespräsident Steinmeier leugnen beharrlich die Existenz und Wirkung eines globalen politischen Islam, der sich auch in Deutschland breitmachen möchte….
Die Integrationspolitik – von Angela Merkel der SPD überlassen – ist gescheitert. Sie ist von dem Ziel, die neuen Bürger und Bürgerinnen an die deutsche Kultur, an ihre Sprache und Werte heranzuführen und das Miteinander zu fördern, abgekommen und auf das Gleis geraten, Migranten und Islam-Verbänden kollektive Rechte zu gewähren, die eher der Abgrenzung als der Integration dienen (…)
Das Märchen von der Integration ist zu Ende. Es dauerte zwölf verlorene Jahre.“
Bei diesem Thema spielt auch die Frage der doppelten Staatsbürgerschaft eine wichtige Rolle. Es stellt sich die Frage nach der Loyalität gegenüber dem Staat – gegenüber welchem der beiden Staaten?
Anthony Glees, Zeithistoriker und Politikprofessor, Professor an der University of Buckingham, bietet seinen Beitrag mit dem Titel an. “BYE-BYE Britain – Wie Angela Merkel den Ausschlag zum Brexit gab“.
Meist sah es so aus, als sei Merkel als Anführerin der freien und mächtig einflussreichen Bundesrepublik vorhersehbar, wissenschaftlich-rational, in ihrer Art Politik zu machen. Genau so, wie man sich einen deutschen Regierungschef wünscht. Aber nicht immer. Es gibt auch eine andere Seite von Merkel – das ist das Rätsel der Angela Merkel aus britischer Sicht.
Dreimal hat sie, seit sie 2005 Kanzlerin wurde, in ganz anderer Weise gehandelt: unvorhersehbar, irrational und emotional getrieben. Dreimal hat sie alle Vernunft in den Wind geschlagen und sich beinahe hippiehaft über Common Sense und Regeln hinweggesetzt.
Beim dritten Mal, 2015, im Fall der Massenmigration nach Deutschland und Europa kann man zeigen, dass ihr Handeln desaströse Konsequenzen hatte, die fast sicher zum historischen Votum der Briten am 23.Juni 2016 beigetragen haben…
Das britische Brexit-Votum im Juni 2016 hatte nicht eine einzelne Ursache, …..
Aber was eine große Mehrheit stark bewegt hat, war die Migration und das Konzept der Kontrolle über die Grenzen. Umfragen zeigen, dass diese Idee eine massive Zustimmung erfährt: 94 Pozent der „Leave“-Wähler und 54 Prozent der „Remain“-Wähler sind für die Kontrolle über die eigenen
Grenzen – und damit gegen eine ungesteuerte oder von außen aufgezwungenen Migration.
Man kann also mit guten Gründen argumentieren, dass das Brexit-Votum einen umgekehrten Ausgang genommen hätte, wenn Frau Merkel vorausschauend die Eskalation der Flüchtlings- und Migrantenkrise im Herbst 2015 vermieden hätte, indem sie gesagt hätte, sie nehme einige Milliarden in die Hand, um die Flüchtlingslager der Syrer und anderer in der Nähe ihrer Herkunftsregion zu den besten, modernsten und erträglichsten Camps auszubauen…
Eine solche deutsche Politik hätte die EU vor dem Flüchtlingschaos bewahrt und dem Brexit-Votum einen Schub in die andere Richtung – für den Verbleib in der EU – gegeben….Merkels Versagen in der Immigrationspolitik, die zwar humanitär lobenswert ist, aber mit zu viel Herz und zu wenig Kopf durchgeführt wurde, hat die Briten aus der EU herausgeschoben.“
Der Beitrag von Anthony Glees macht die Auswirkungen der fatalen Migrationspolitik von Angela Merkel für das Schicksal Großbritanniens – und damit Europas deutlich.
Boris Kalnoky, geb. in München, seit drei Jahrzehnten Korrespondent für Osteuropa, wählt für seinen Beitrag die Überschrift: „ Entfremdung von Deutschland – Die Kanzlerin hat die Osteuropäer vor den Kopf gestoßen.“
„ Seit 2005 ist Angela Merkel deutsche Bundeskanzlerin, aber wenn man in Mitteleuropa über sie spricht, dann ist meistens von ihrer Politik seit 2015 die Rede,….
Man orientierte sich an den Deutschen und an ihrer Bundeskanzlerin und man wunderte sich ein wenig, warum sie nicht wirklich führen wollte. Er habe nicht Angst vor der Macht Deutschlands, sondern vor seiner Untätigkeit, sagte 2011 Polens damaliger Außenminister Radoslav Sikorski….
Zwar gab es auch eine gewisse mitteleuropäische Zusammenarbeit im Rahmen der sogenannten Visegrád-Gruppe…Aber jedem dieser Länder waren gute bilaterale Beziehungen zu Deutschland viel wichtiger als die „V4“- Kooperation. Jeder wollte Deutschlands und vor allem Merkels bester Freund sein…
Doch Merkels Flüchtlingspolitik 2015/2016 wirkte wie ein Weckruf auf die meisten Mitteleuropäer. Deutschland war wieder der gefürchtete Nachbar aus alten Zeiten: mächtig, hysterisch und unberechenbar. Ein Land, das ohne Vorwarnung Dinge tat, die alle Nachbarländer in Mitleidenschaft zogen. Eine Gefahr gegen die man sich wappnen musste….
Auch der polnische Publizist Igor Janke sieht Merkels Flüchtlingspolitik als den entscheidenden Moment, der sowohl das Deutschland-Bild als auch das Merkell- Bild in Polen tiefveränderte.
Als dann auch noch aus Deutschland schrille Kritik an Ungarn kam, weil es das Schengen-Abkommen einhielt und die EU-Außengrenze schützte, schlug das Unverständnis in regelrechten Groll um. Merkel, die bis dahin als nüchterne, gefühllose Pragmatikerin gegolten hatte, wurde zum Inbegriff überheblich moralisierender Inkompetenz am Steuer des mächtigsten Landes in Europa…..
Aber „North Stream 2“, eine Pipeline, die russisches Gas unter Umgehung der Ukraine nach Deutschland bringen soll, ist für Merkel kein Problem.“ Von ihr kommt null Solidarität, wenn es den deutschen Interessen schadet, aber sie fordert von uns Solidarität in der Flüchtlingsfrage“, meint Aleksandra Rybinska….
„Merkel habe nicht hinreichend verstanden, dass „ die wirtschaftliche Dynamik der Visegrád-Gruppe deren Gewicht in der EU von Jahr zu Jahr steigern wird. Wir werden bald Nettozahler sein“, sagt der Orbán-Berater, der Merkel vorwirft, eine vertiefte Kooperation der V4 Länder untereinander immer „aktiv bekämpft“ zu haben, „statt eine strategische Partnerschaft mit ihnen zu suchen….
Mittlerweile scharen sich immer mehr Länder um die V4: Slowenien, Rumänien, Kroatien, die baltischen Staaten, sogar Bulgarien, sie alle rücken näher heran an die Visegráder. Den deutschen Interessen entspricht das sicher nicht, und insofern diese Blockbildung eine Folge der Merkelschen Flüchtlingspolitik ist, muss dies wohl als ihr Fehler bezeichnet werden.“
Die Nachrufe auf Helmut Kohl haben hervorgehoben, dass er sich immer für die „kleinen Staaten“ in Europa eingesetzt hat und diese dadurch seine Politik mitgetragen haben. Merkel hat mit ihrer Überheblichkeit die Lehren aus dem Erfolg Helmut Kohls nicht gezogen.
Andreas Unterberger, in Wien geboren, Journalist und Publizist, veröffentlicht seine Gedanken unter der Überschrift „ Von der Mutter Germaniae zur Minusfrau. Wie Merkel in Österreich gesehen wird.“
„Der Sozialdemokrat Faymann hatte lange als treuer Gefolgsmann Merkels und damit als Außenstelle der deutschen Migrationspolitik in Österreich agiert. Er rief im September 2015:
„Grenzbalken auf für die Menschlichkeit“. Im Oktober führte die SPD einen Wiener Kommunalwahlkampf ganz im Zeichen der Welcome-Euphorie. Noch im September war die halbe österreichische Regierung nach Berlin gefahren und suchte angesichts einer chaotischen Entwicklung Orientierung. Sie hat aber diese nie bekommen. Das hat im Folgejahr zu einem fundamentalen Bruch zwischen Deutschland und Österreich geführt…
Lediglich der sehr junge ÖVP-Außenminister Sebastian Kurz hat schon damals gewagt, erste öffentliche Kritik an Merkel zu üben. Und er war es, der 2016 die große Wende einleiten sollte…
Nicht nur die Volkspartei ist weit auf Distanz gegangen, sondern das gilt für ganz Österreich. Die Beziehungen zu Deutschland sind aktuell an einem Tiefpunkt angelangt, der ganz überwiegend Merkel angelastet wird..
Hauptanlass für die Belebung der Mitteleuropa-Diskussion ist die Enttäuschung, dass Deutschland und die EU viele Worte, aber nie eine effektive Strategie gegen die neue Völkerwanderung geschafft haben…
Sie (Merkel) strahlt freundliches Desinteresse an den kleinen Staaten im Osten und Südosten aus und eine Vorliebe für eher linke und ökologische Themen. Aber wenig Fähigkeit zu einem strategisch-europäischen Denken, das über „Pro-EU-Rhetorik hinausginge….
Kurz war die treibende Kraft bei der migrationskritischen Wende Österreichs gewesen – ohne dabei auf Merkel Rücksicht zu nehmen. Darüber ist die deutsche Kanzlerin auch langfristig so empört, dass zwischen ihr und Kurz seither Eiszeit herrscht. Dagegen ist Kurz für viele andere in Mittel- und Osteuropa ein Held….
Bis heute kritisiert Merkel die Schließung der Balkanroute. Für Merkel hatte der beschriebene Balkansperre-Beschluss etwas Demütigendes. Er zeigt Ungeheuerliches: Europäische Staaten wagen, ohne Deutschland zu handeln. Und sie sind dann noch dazu viel effizienter als mit…
Mit Merkel ist in Österreich nichts mehr zu gewinnen… Um es deutlich zu formulieren: Merkel ist in Österreich von der „Mutti“ Germaniae zur absoluten Minusfrau geworden.
Vielleicht zeichnen sich hier erste Konturen einer neuen Architektur in Europa ab – eine stärkere Dezentralisierung und Regionalisierung mit einer stark reduzierten Zentrale. Ein Europa der Vaterländer mit mehr Eigenverantwortung und Souveränität.
Christopher Caldwell, geb. in den USA, Journalist und Publizist, schreibt „Ungleiche Paare – Bush, Obama, Trump – Merkels Verhältnis zu den amerikanischen Präsidenten“.
„ Neben George W. Bush erschien sie wie eine NATO-unterstützende Neokonservative, neben Obama erschien sie wie eine Globalbürgerin und neben dem einwanderungskritischen Donald Trump erschien sie – mit ihrer Politik der Grenzöffnung und unbegrenzten Migrantenaufnahme – wie ein Symbol deutscher nationaler „Selbstabschaffung“. Trump hat sie während des Wahlkampfs mehrfach erwähnt, mal hat er sie als „ wirklich großen Leader auf der Welt“ bezeichnet, mal ihre Immigrationspolitik als „Desaster“ geschmäht…
Nach der Trumpwahl ergingen sich einige Blätter in allergrößten, verzweifelten Lobpreisungen Merkels. Sie sei nun die „letzte Verteidigerin des liberalen Westens“ schrieb die New York Times im November 2016. Die Washington Post nannte sie „die führende Globalistin der Welt “. Falls dem so ist, dann muss man einen perversen Effekt konstatieren, denn die (negative) Wahrnehmung von Merkels Politik durch viele Wähler in den Vereinigten Staaten war ein wichtiger Faktor, der mitverantwortlich war, den anti-globalistischen Backlash hervorzurufen…..
Indem Merkel sich (im Irak-Krieg) auf die Seite von Bushs Plänen stellte, gewann sie augenblicklich ein scharfes Profil und mehr Prominenz in den politischen Kreisen Amerikas. Bush schloss sie für immer in sein Herz…
Merkel hatte noch keine wirklich konsistente Vorstellung von der Welt und der Weltordnung, bevor Barack Obama an die Macht kam. Seitdem wurden ihre Ansichten zunehmend seinen ähnlich. Der in Deutschland von den Massen schon im Wahlkampf in Berlin fast wie ein politischer Messias gefeierte erste schwarze Präsident begeisterte auch sie….
Über die persönliche Zuneigung hinaus gab es tatsächlich auch eine ideologische Nähe. Obamas Leitprinzip waren die Menschenrechte – weltweit.
Merkel ist – anders als Schröder – eine Kanzlerin, der die post-souveräne amerikanisch-imperiale Weltordnung nicht als Zumutung, sondern als normaler Zustand erscheint…
Henry Kissinger bemerkte trocken, dass so ein Verhalten – eine Öffnung für eine unkontrollierte und ungesteuerte Massenmigration – in der bisherigen Staatengeschichte noch nicht vorgekommen sei….
Im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf hat die merkelsche Willkommenspolitik als negativer Faktor eine wichtige Rolle gespielt und einen unerwarteten politisch-emotionalen Backlash ausgelöst. Die Trumpwahl ist indirekt eine Folge davon. Trump hat Merkel als abschreckendes Beispiel herausgestellt und damit für seine einwanderungskritische Politik geworben, “Hillary Clinton will Amerikas Angela Merkel sein“,(…)
Überheblich klang es aber, als die deutsche Kanzlerin den neuen Präsidenten der Vereinigten Staaten noch vor seiner Amtseinführung an eine gemeinsame Wertebasis erinnern zu müssen meinte: “Demokratie, Freiheit, Respekt vor dem Recht und der Würde des Menschen, unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Religion, Geschlecht, sexueller Orientierung oder politischer Einstellung“
„Ihre (Merkels) Beziehung zu Trump wird künftig wohl angespannt bleiben.
In ihrer Selbstüberschätzung übersieht Merkel die großen Unterschiede zwischen der Weltmacht USA und der Mittelmacht Deutschland. Die mageren Ergebnisse des G-20 Gipfels in Hamburg sind ein Dämpfer für die Gastgeberin Angela Merkel. Die Gewaltausbrüche vor und während des Gipfels haben Befürchtungen bestätigt, dass ihre Entscheidung, den Gipfel im Herzen der Metropole Hamburg durchzuführen, falsch war.
Erich Vad, BrigGen a.D., promovierter Historiker, in der Zeit von 2007 und 2013 im Kanzleramt einer der führenden Sicherheitspolitikberater Angela Merkels. Der Verfasser kennt Vad seit Jahrzehnten und schätzt ihn sehr.
In seinem Beitrag „ Angelika Merkel und das Dilemma deutscher Sicherheitspolitik. Eingeklemmt zwischen Pazifismus und maroder Bundeswehr“ zeichnet er ein düsteres und zutreffendes Bild deutscher Sicherheitspolitik und des Zustandes der Bundeswehr.
„Seit zwölf Jahren tragen Bundesverteidigungsminister aus den Reihen der CDU/CSU die Verantwortung für die Bilanz. Die Bilanz ist ernüchternd: Mangelhafte Einsatzfähigkeit, gravierende Materialprobleme, fehlende Attraktivität und massive Nachwuchsprobleme listet der Bericht des Wehrbeauftragten vom 26. Januar 2016 auf. Seitdem ist es nicht wesentlich besser geworden….
Das ist kein Wunder, denn der Anteil der Verteidigungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) liegt mit 1,3 Prozent derzeit auf einem historischen Tiefstand, weit entfernt von den der NATO zugesagten 2 Prozent…. Gleichwohl ist das Problem nicht nur Geldmangel, sondern falsche Planung und Misswirtschaft, wie der Bund der Steuerzahler anprangert…
Der mangelhafte Zustand der Streitkräfte und dieser Umgang mit Steuergeldern, die in sie gesteckt werden, sind gleichermaßen skandalös….
Und sie ( die Abgeordneten ) wissen: Mit den harten, unbeliebten „ Facts and figures“ der Sicherheits- und Verteidigungspolitik geht man hierzulande in den Umfragen schnell in den Keller und gewinnt keine Wahlen …
Dazu kommen fehlendes strategisches Denken bei unseren Eliten, kaum noch vorhandene Wehrbereitschaft und eher Toleranz als Akzeptanz der Bundeswehr in der Gesellschaft. Nach Auffassung von Strategie- und Militärexperten wie Martin van Creveld ist die Bundeswehr zur „seelenlosen Maschine“ verkommen…
Bei nicht wenigen Generalen und hohen Offizieren überwiegen ausgeprägte Anpassungs- und Absicherungsmentalität, Schönfärberei und Duckmäusertum – traurige Konsequenz einer inneren Negativauslese….
Es ist nicht zu übersehen: Deutschland definiert sich vorrangig als pazifistische Zivilmacht….
Während der Ukraine- und Krim-Krise in den Jahren 2014/2015 ist es eine fundamentale Schwächung der westlichen, europäischen Verhandlungsposition, dass die deutsche Regierungspolitik ostentativ und von vorneherein militärische Optionen wie etwa die Stationierung von NATO-Truppen in osteuropäischen Mitgliedsländern ausschließt…
Im neuen Weißbuch der Bundesregierung ist von dem originären und zentralen Auftrag von Streit-kräften, nicht die Rede. Das eigentliche Wofür, Wie, Warum und Wozu von Streitkräften kann man bestenfalls zwischen den Zeilen einer an der politischen Korrektheit orientierten Sprache erraten…
Angela Merkel steckt wie jeder deutsche Regierungschef in der Zwickmühle der pazifistischen Leitkultur und einer sehr eingeschränkten Handlungsfähigkeit in der Sicherheitspolitik.“
Durch seine Zeit in der Truppe und im Kanzleramt verfügt Vad über einen tiefen Einblick in die Streitkräfte und in die deutsche Sicherheitspolitik.
In der Bewertung der de facto Abschaffung der Wehrpflicht bin ich allerdings anderer Meinung. In meinen Augen ist die überhastete de facto Abschaffung der Wehrpflicht eine wesentliche Ursache für die Misere der Bundeswehr.
Merkel trägt auch die Verantwortung als Kanzlerin und Parteivorsitzende für ihre Entscheidung, vier unfähige Verteidigungsminister in Folge der Bundeswehr zugemutet zu haben.
Ich stimme Vad ausdrücklich zu, wenn er das laute Schweigen der militärischen Führungsspitze beklagt.
Zusammenfassung des Buches:
Dieses außergewöhnliche Buch mit 21 nationalen und internationalen Autoren bildet eine Trilogie mit den Büchern von Thilo Sarrazin „ Wunschdenken“ und von Robin Alexander „ Die Getriebenen“, die dem Leser eine sehr kritische Bilanz über die Regierungsleistung der Kanzlerin, ihrer Ministerinnen und Minister sowie ihre engsten Mitarbeiter im Kanzleramt bieten.
Die Vorstellung ist bedrückend, dass Deutschland nach der Wahl am 24.September 2017 vermutlich mit einer ähnlich leistungsschwachen Mannschaft in die nächsten vier Jahre gehen muss, die ein großes Bündel alter und neuer Herausforderungen vielfältiger Art in Deutschland und in Europa bringen werden.
Sorgen um die Zukunftsfähigkeit Deutschlands sind berechtigt.
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Philip Plickert (Hrsg.), „Merkel – eine kritische Bilanz“, Finanzbuch- Verlag, München, 2017, 254 Seiten, 19,90 Euro