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Von Peter Helmes
Dinosaurier des Arbeitskampfes
Mein Gott, was sollen sie denn machen, die armen Gewerkschaften! Da ihre Rolle in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft immer winziger wird, bleibt ihnen nur (´mal wieder) der Griff zur Lohnschraube sowie der Arbeitszeit. Phantasielos wie seit eh.
Sechs Prozent mehr Geld und auf Wunsch befristet die 28-Stunden-Woche mit Teillohnausgleich
Mit dieser Forderung geht die IG Metall in die nächste Tarifrunde. Eine Forderung, die in ihrer gesamtgesellschaftlichen Bedeutung nicht unterschätzt werden sollte: Wenn die Gewerkschaft für die knapp vier Millionen Beschäftigten in Deutschlands größtem Industriezweig erreicht, daß die Wochenarbeitszeit z. B. „befristet“ (zwei Jahre lang) auf 28 Stunden reduziert werden kann, dann ist das ein schwieriger und teurer (!)Schritt für die deutsche Arbeitsgesellschaft.
Der gewerkschaftlich Hinweis, ihre Forderung sei notwendig, weil Eltern mehr Zeit für ihre Kinder benötigten und/oder die bestehenden Sozialsysteme immer stärker an ihre Belastungsgrenzen gebracht werden und nur der private Einsatz von Beschäftigten zurPflege zuhause könne hier entgegenwirken, ist zwar in sich richtig. Es klingt aber wie ein Reflex, wenn zur Lösung dieses gesamtgesellschaftlichen(!) Problems wie schon so oft das Fallbeil „Arbeitgeber soll zahlen“ herausgeholt wird.
Da stellt sich wie allemal die Frage, ob ihre Forderungen berechtigt oder überzogen sind. Und da der DGB solche Fragen nicht mag, greifen sie wieder in die Trickkiste der Halbwahrheiten.
So behaupten die Links-Grün-Gewerkschafter gerne, die Flexibilisierung der Arbeitszeit sei bisher eine ziemlich einseitige Angelegenheit gewesen; denn im Wesentlichen profitierten davon nur die Unternehmen: Sie hätten erbarmungslose Folterinstrumente wie „Arbeiten auf Abruf“, Arbeiten an Wochenenden und nach Feierabend durchgesetzt, und zwar als allgemeine Regel (und nicht nur als Ausnahme).
Daß die bevorstehenden (und in Teilen schon verwirklichten) Veränderungen der Arbeitswelt durch die Digitalisierung es notwendig machen, sowohl freiwillig kürzere als auch freiwillig längere Arbeitszeiten zuzulassen, ist längst zur Binsenweisheit geworden.
Natürlich ist Flexibilität keine Einbahnstraße nur zu Lasten der Beschäftigten. IG-Metallchef Hofmann pokert zu hoch und unterschlägt bei seinem Vorwurf allzu gerne, daß viele Unternehmen schon längst ihren Mitarbeitern bei deren Wunschmodellen weit entgegenkommen. Sein Versuch, den Arbeitgebern die zusätzlichen Kosten für die Entgeltzuschüsse als Fachkräftesicherungsprogramm zu verkaufen, verlangt eine gehörige Portion Phantasie.
Arbeitgeber, die sich aus der Tarifbindung verabschieden, führen als Hauptgrund meist nicht überzogene Lohnforderungen an, sondern die 35-Stunden-Woche. Wenn die Gewerkschaft diese nun weiter reduzieren und die Arbeitgeber auch noch für zusätzliche Fachkräfteengpässe bezahlen lassen will, nimmt sie sehenden Auges eine weitere Erosion des Flächentarifs in Kauf. Die Gefahr, daß sie sich ins eigene Fleisch schneidet, ist groß.
So führen sich Hofmanns Erzählungen schnell ad absurdum, und der staunende Werktätige wartet weiter auf praktikable Vorschläge seiner Gewerkschaft zur Bewältigung der Herausforderungen der Zukunft.