(www.conservo.wordpress.com)Von civitas-institut *) Schulfrei! Wir sollten nach Hause gehen, wurde uns gesagt, und im Fernsehen die Eröffnung des Konzils ansehen. Das sei etwas ganz besonderes, jetzt beginne eine ganz neue Zeit: ein historischer Augenblick. Und tatsächlich, die allgemeine Stimmung war so, dass selbst wir Unterstufen-Gymnasiasten in diesen Tagen und auch später noch spürten, dass etwas Neues gekommen war. Von all den Hintergründen dieses Geschehens hatten wir, wie die meisten Menschen, ja überhaupt keine Ahnung. Dann wurden die Altäre umgedreht, das Latein verschwand, die Kirchen leerten sich mehr und mehr. Was genau da anders geworden war, konnte man als völliger theologischer Laie gar nicht ausmachen. Nur die Sehnsucht nach der „alten Messe“ blieb, die „neue Messe“ war irgendwie unbefriedigend. Und dann wurde ein Priorat des Erzbischofs Lefebvre eröffnet, und da war sie wieder, die „alte Messe“, und sie kam nicht allein, sie brachte so viel mit… – eigentlich alles! Bei der Lektüre des Buches „Gott, Kirche, Welt und des Teufels Anteil. Ingo Langner im Gespräch mit Pater Franz Schmidberger von der Priesterbruderschaft St. Pius X.“ kommen alle diese persönlichen Erinnerungen (und noch viel mehr) auf einen Schlag wieder zurück. Und all das Geschehen, all das, was man in dieser Zeit erlebt hat vom euphorischen konziliaren „Aufbruch“ (wie ist dieses Wort doch inzwischen so abgekaut!) bis zum konziliaren Niedergang und bis hin zu der Sicherheit, dass es „das Katholische“ ja noch gibt, dass man selbst Teil daran haben darf: all das ordnet sich, wenn man das intensive Gespräch zwischen Pater Schmidberger und Ingo Langner liest. Ja: so war es „damals“, und: aha, das also waren die Hintergründe! Aber auch und gerade für Leser, welche diese Zeit nicht in diesem Sinne miterlebt haben, ist das Buch eine höchst interessante Quelle, was nicht nur an der historischen Situation liegt, sondern ganz sicher auch an den beiden Gesprächspartnern. Ingo Langner ist ein bekannter Autor, Publizist und Fernsehproduzent, der u.a. mit Kardinal Brandmüller gemeinsam publiziert und Interviews mit vielen Prominenten geführt hat. Seine Fragen und Gesprächsbeiträge geben Pater Schmidberger Gelegenheit zu Erklärungen, Erläuterungen und Erinnerungen, die klar und eindeutig belegen, dass die Priesterbruderschaft St. Pius X. ihre Aufgabe einzig darin sieht, den unverkürzten katholischen Glauben zu bewahren und weiterzutragen. Das Bild der „Piusbrüder“ wird meistens verzeichnet. Man denkt sie (und stellt sie immer wieder dar) als rückwärtsgewandte Nostalgiker, die sich in ihr liturgisches Fünfzigerjahre-Museum zurückziehen und aller Welt mit Hilfe der Inquisition ihre Vorstellungen aufzwingen wollen. Dass dem nicht so ist, dass diese Vorstellung völlig abwegig ist, das zeigt Pater Schmidberger mit verständlichen, leicht einsehbaren Darlegungen. Und er ist ja nicht „irgendwer“. Seine Darlegungen haben Gewicht. Pater Schmidberger gehört zu den ersten Priestern, die Erzbischof Lefebvre geweiht hat, er war an der Seite des Erzbischofs Zeuge alles dessen, was geschehen ist, von Anfang an. Elf Jahre lang war er Generaloberer der Priesterbruderschaft, aktuell ist er Regens des Priesterseminars in Zaitzkofen (und wie gerne er Priester ist und Priester ausbildet, das spürt man aus jedem seiner Sätze: die Schönheit der Aufgabe, Seelen zu retten). In dem fesselnden Buch geht es, und das macht es ja auch und vor allem für diejenigen Leser interessant, die sich bisher nur ein unzulängliches Bild machen konnten, um die Gründe für die Existenz und die Arbeit der Priesterbruderschaft. Wie ist die Haltung der Kirche (und damit der Priesterbruderschaft) zum 2. Vatikanum, zum Ökumenismus, zur modernen Welt? Wie steht es mit Toleranz, Protestantismus, Religionsfreiheit? Liberalismus: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit in der Kirche? Wer war und was wollte Erzbischof Lefebvre? Und der „Fall Williamson“? Benedikt XVI.? „Der argentinische Papst“? Erst später werde man, so Pater Schmidberger in seiner Predigt bei der Beisetzung Erzbischof Lefebvres im Jahr 1991, die „säkulare Bedeutung“ des Erzbischofs erkennen können. Der Verfasser dieser Zeilen hielt das damals für ein wenig hoch gegriffen. Er ist inzwischen längst von der Richtigkeit dieses Satzes vollkommen überzeugt. Gerade die aktuellen Entwicklungen geben Pater Schmidberger völlig recht, so auch, wenn er gegen Schluss des Buches sagt: „Lefebvre wird heiliggesprochen werden“. Es ist dieses ein Buch, das Antworten gibt, Antworten auf Fragen, die angesichts der Lage in Kirche und Welt immer drängender werden. Das sind nicht die Antworten Pater Schmidbergers im Gespräch mit Ingo Langner, sondern es sind die klaren, eindeutigen, ewigen Antworten der Kirche, des päpstlichen Lehramtes, die hier wieder „da sind“ (sie waren ja eigentlich nie „weg“, sondern nur hinter einem gewissen Dunst und Nebel verwabert. Und so ganz nebenbei erledigt sich nicht nur damit auch der Vorwurf, eine „Parallelkirche“ zu bilden). Das ist ebenso gut wie dringend notwendig. Dieses Buch wird gebraucht, die Lektüre ist ein großer Gewinn sowohl für denjenigen, der die Zeit miterlebt hat als auch für denjenigen, der sich damit erst vertraut machen will und dann unvermeidlich ins Staunen gerät, wenn er merkt, wie modern und gerade für unsere Zeit passend die jeweiligen Aussagen sind. Gerade weil sie eben nicht dem Zeitgeist angepasst sind, sondern höherer Wahrheit verpflichtet. Wenn man doch nur die Leseempfehlung zur „Leseverpflichtung“ machen könnte! JV Gott, Kirche, Welt und des Teufels Anteil. Ingo Langner im Gespräch mit Pater Franz Schmidberger von der Priesterbruderschaft St. Pius X. Patrimonium-Verlag Heimbach 2017, 214 S.; 14,80 € |