(www.conservo.wordpress.com)
von Jürgen Fritz *)
Wenn Angela Merkel eines kann, dann doch dies: exzellent moderieren. In diesem Punkt sind sich fast alle weitgehend einig. Doch warum ist dann Jamaika trotz vorhandener Mehrheit, trotz dem Vorsatz und festen Willen, es zu versuchen, trotz wochenlanger Verhandlungen kurz vor knapp gescheitert?
Kurz vor der Toilette ging alles dann doch in die Hose
Die Saarländer haben einen Spruch, der die Überschrift in etwas drastischerer Wortwahl sehr markant auf den Punkt bringt. Denkt man an die wochenlangen Jamaika-Verhandlungen zwischen CDU, CSU, Grünen und FDP, dann kommt dem ein oder anderen vielleicht just dieses Bild vor Augen. Und unwillkürlich fragt man sich: Wie konnte das nur geschehen?Dabei gilt doch gerade Angela Merkel als die Meisterin schlechthin, wenn es darum geht, mit Geduld, Ausdauer, Verhandlungsgeschick, Einfühlungsvermögen, Entgegenkommen und zurückhaltendem eigenen Auftreten Verhandlungen erfolgreich zu Ende bringen zu können. Weit vorausdenken, geistige Führung übernehmen, komplexe Sachverhalte gut und verständlich zu erklären, eine geschliffene Sprache, ansprechende Rhetorik, überzeugend argumentieren, Menschen begeistern, all das mag nicht zu ihren Stärken gehören, aber Machtinstinkt und Moderationsfähigkeit doch auf jeden Fall. Warum aber hat das dieses Mal dann nicht geklappt, wo es doch um nichts Geringeres als die Bildung einer neuen Regierung für die Bundesrepublik Deutschland, die viertgrößte Volkswirtschaft der Erde und das Schlüsselland Europas, ging?
Merkel hat nun auch als Moderatorin versagt
Um noch einmal daran zu erinnern: Merkel und die CDU waren trotz vorhandener Mehrheit im Parlament nicht fähig, eine Jamaika-Koalition zustande zu bringen, nachdem zuvor die SPD bereits direkt nach der Wahl verkündet hatte: Mit euch wollen wir nicht mehr. Eine selbstkritische Person respektive Partei würde sich die Frage vorlegen müssen: Was haben wir falsch gemacht? Wie konnte uns das passieren, dass sowohl SPD als auch FDP unter keinen Umständen mit uns zusammen regieren wollen?
Mein Urteil mit ein paar Tagen Abstand: Das hätte Merkel – aus CDU-Sicht – nicht passieren dürfen, dass die FDP abspringt. Was auch immer die FDP nun tatsächlich dazu bewogen hat, kurz vor knapp, quasi im letzten Moment, fünf vor zwölf alles hinzuschmeißen, ob es tatsächlich inhaltliche Punkte oder auch andere Gründe waren – dass man spürte, es hat sich kein nachhaltiges Vertrauen gebildet oder man hatte Angst mit zu regieren, weil man dann von der Union und den Grünen an die Wand gedrückt worden wäre -, was auch immer es auf Seiten der „freien Demokraten“ wirklich war, hier müssen seitens der CDU ganz gravierende Fehler in der Verhandlungsführung gemacht worden sein. Das hätte aus Sicht der Union niemals passieren dürfen, dass ein Partner plötzlich doch noch hinschmeißt und das auch noch unmittelbar vor dem Ziel.
Ergo Merkel hat jetzt auch als Moderatorin – eigentlich ihre größte Stärke! – versagt und damit Deutschland in eine noch tiefere Krise geführt, als dies seit mehr als zwei Jahren ohnehin schon der Fall ist.
Was fällt, das soll man auch noch stoßen!
Apropos Fall, wenn jemand fällt, dann sagt man manchmal auch, er sei gestürzt. Und es soll auch Fälle geben, in denen jemand gestürzt wird. Dies erinnert mich wiederum an ein Diktum von Friedrich Nietzsche: „Was fällt, das soll man auch noch stoßen!“. Manchmal kann dies nämlich einen Prozess, der ohnehin unumgänglich ist, beschleunigen, so dass das Unvermeidliche sich nicht endlos hinzieht, vor allem aber um Raum zu schaffen für Neues.
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