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- Droht Israel ein Zwei-Fronten-Krieg?
Offenbar bestätigen sich die Befürchtungen, die israelische Militärs, der Verteidigungsminister und einige Publizisten seit einer Weile hegen: die Terrororganisationen Hamas und Hisbollah arbeiten militärisch zusammen und trachten danach, die Schlinge um Israels Hals enger zu ziehen – und hinter ihnen steht ihr großer Förderer Iran.
Der arabischen Zeitung Asharq Al-Awsat gegenüber hat der Hamas-Funktionär Salah al-Bardawil kürzlich eine militärische Kooperation zwischen seiner Organisation und der Hisbollah zugegeben, allerdings keine Details preisgegeben.1
Im vergangenen Monat hat der Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah eingestanden, dass seine Organisation Waffen in den Gazastreifen liefert.2
Hamas ist sunnitisch, die Hisbollah im Libanon ist schiitisch, aber über solche Differenzen kann man hinwegsehen, wenn es gegen den gemeinsamen Feind, die Juden und ihren Staat, geht. Hamas und Hisbollah werden vom schiitischen Gottesstaat Iran mit Geld und Waffen versorgt, dessen erklärtes Ziel die Vernichtung Israels ist. Der Kommandant der Islamischen Revolutionsgarden, Generalmajor Mohammad Ali Dschafari, und der oberste Führer des Iran, Ayatollah Ali Khamenei, haben das erst kürzlich wieder einmal ausdrücklich bekräftigt. Dschafari kündigte vor Reportern in Teheran an, dass der nächste Krieg in der Region mit der „Ausrottung des zionistischen Regimes“ enden werde.3
Die Hamas und die angeblich gemäßigte, von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas geführte Fatah haben im Oktober – wieder einmal – ein Versöhnungsabkommen geschlossen und die Hamas schien zunächst ernsthaft bereit, die Kontrolle über den Gazastreifen, in dem sie im Juni 2007 die Macht ergriffen hat, an die von Abbas geleitete Palästinensische Autonomiebehörde zurückzugeben.
Am 1. November übernahm die PA die Kontrolle über die Grenzübergänge zwischen dem Gazastreifen und Israel, doch die Autonomiebehörde beansprucht auch die volle Kontrolle über die öffentliche Sicherheit im Küstenstreifen, verlangt also folgerichtig, dass die Hamas ihre Waffen abgibt – und genau das wird sie nicht tun. Die Hamas lehnt es ausdrücklich ab und hat in diesen Tagen sogar damit gedroht, ihre terroristischen Aktivitäten auf das Westjordanland (Judäa und Samaria) auszuweiten, wie die Nachrichtenagentur Associated Press berichtete.4
Ich habe von Anfang an nicht an einen dauerhaften Bestand dieser Versöhnung geglaubt5 und ich bezweifle ihn weiterhin. Die Hamas denkt doch gar nicht daran, ihr Arsenal preiszugeben. Erstens steht sie weiterhin ganz offen zu ihrem Ziel, Israel zu zerstören. (Und wie sollte sie den Kampf gegen den jüdischen Staat ohne Waffen weiterführen?) Zweitens hat die Hamas sich große Mühe gegeben, die durch Differenzen über Syrien empfindlich beeinträchtigten Beziehungen zu ihrem Sponsor Iran wieder zu reparieren, was in diesem Jahr auch gelungen ist.6 Im Oktober weilte wieder einmal eine Hamas-Delegation in Teheran, um dem Mullah-Regime zu versichern, dass die Hamas ihm treu bleibt und den Kampf gegen Israel fortsetzt. Ende August hat der Hamas-Führer Yahya Sinwar zugegeben, dass der Iran der wichtigste militärische und finanzielle Unterstützer der Hamas ist.7 Mit dem will man es sich doch nicht verscherzen!
Der arabisch-israelische Journalist Khaled Abu Toameh schrieb vor kurzem darüber, dass der Iran über seinen Schützling Hisbollah versuchen wird, dauerhaft auch in Gaza Fuß zu fassen.8
Möglicher Weise wird sich die militärische Kooperation zwischen den zwei Terrororganisationen verstärken und schlussendlich werden sie Israel koordiniert mit Anschlägen, Raketen- und Mörserfeuer zu überziehen versuchen.
Im Oktober warnte der israelische Verteidigungsminister Lieberman vor einem drohenden Zwei-Fronten-Krieg gegen Hamas und Hisbollah.9
Hisbollah, die „Partei Gottes“, die mit Hilfe des iranischen Mullah-Regimes als eine Art Pilotprojekt aufgebaut wurde, um dessen Islamische Revolution zu exportieren, hat nach Jahren der Unterwanderung den Libanon inzwischen fest in Griff, wie der Premierminister Saad Hariri in seiner überraschenden, in Saudi-Arabien verkündeten Rücktrittserklärung am 4. November eingestanden hat.
Ein von der Hisbollah kontrollierter Libanon wird einerseits zur Gefahr für Israel, andererseits auch zum Schauplatz des Machtkampfes, den die Erzrivalen Iran und Saudi-Arabien nun im Orient austragen.
Saad Hariri ist, einer Einladung des französischen Präsidenten Macron folgend, von Riad nach Paris gereist, um das weitere Vorgehen in der Libanon-Krise zu besprechen – und von dort aus ist er – nach einem kurzen Zwischenstopp – nach Beirut zurückgekehrt.
Hatte er vor kurzem noch seinen Anhängern Mut gemacht und Optimismus zu verbreiten versucht, so liest sich das, was er seither gesagt hat, schon ganz anders. In einem Interview mit dem saudischen Magazin Al-Rajol sagte Hariri, dass die Hisbollah ein Problem der gesamten Region sei und dass der Libanon nichts gegen sie ausrichten könne. Dank der vom Iran bezahlten Waffen sei die Hisbollah nun in der Lage, den Libanon zu managen.10
Der aus dem Libanon stammende Publizist Tony Badran, Fellow der Foundation for Defense of Democracies, hat seine Heimat kürzlich als „iranische Satrapie unter der Kontrolle der Hisbollah“ bezeichnet.11 Dem Jewish News Service sagte Badran in diesen Tagen, dass die aktuelle Staatskrise am Mächtegleichgewicht innerhalb des Landes nichts geändert habe. Die Hisbollah habe die Dinge immer noch unter absoluter Kontrolle.12 (Was bedeutet: das Land ist unter iranischer Kontrolle.)
So tobt der Machtkampf im Orient weiter. Auf der einen Seite steht die selbst ernannte Achse des Widerstands, angeführt vom Mullah-Staat Iran, der nun seinen lange gehegten Wunsch von der Ausbreitung der Islamischen Revolution wahrmachen und sich mit Hilfe der von ihm finanzierten Dschihadisten-Milizen in Afghanistan, Jemen, Irak, Syrien und Libanon zum Hegemon der Region aufschwingen will.
Auf der anderen Seite stehen Saudi-Arabien und seine Verbündeten – und es kommt im Zuge dieses Machtkampfes zu einer unerwarteten Annäherung zwischen Saudi-Arabien und Israel.13 Jedenfalls wird gemunkelt, dass bereits eine heimliche Zusammenarbeit läuft, auch wenn es keine offiziellen diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden gibt. Saudische Journalisten werben inzwischen sogar dafür, Frieden mit Israel zu schließen.14
Der Judenhass ist und bleibt virulent in der arabischen Welt. Und trotzdem scheinen zumindest die Mächtigen Israel inzwischen mit etwas anderen Augen zu sehen. Jetzt, wo sie sich durch den Iran bedroht sehen, erscheint Israel aufgrund seiner militärischen Stärke plötzlich als ein möglicher strategischer Partner, mit dessen Hilfe Irans Großmachtstreben Einhalt geboten werden könnte. Denn Israel hat ein existenzielles Interesse, den iranischen Einfluss zurückzudrängen und von seinen Grenzen fernzuhalten.
Allerdings warne ich davor, zu schnell euphorisch zu sein. Es wäre schön, wenn in der arabischen Welt ein echtes Umdenken über Israel und die Juden beginnen würde. Aber es ist meiner Meinung nach möglich, dass Saudi-Arabien und andere Mächte nur wegen der iranischen Gefahr zeitweise auf eine strategische Zusammenarbeit aus sind. Ich würde mich nicht darauf verlassen, dass – sollte die iranische Bedrohung eines Tages gebannt sein – danach noch viel von der Israel-Freundlichkeit übrig bleiben wird.
- Noch lange kein Frieden in Syrien
In diesem Zusammenhang müssen wir wieder einmal auf Syrien schauen. Einige Medien und Politiker erwecken inzwischen den Eindruck, dass der Krieg im Land so gut wie vorbei sei.
Wenn man bedenkt, dass der noch gar nicht lange zurückliegende September der blutigste Monat des Krieges seit Beginn des Jahres war, können an dieser freudigen Erwartung Zweifel aufkommen. Auch kürzlich ausgestrahlte Berichte der BBC aus dem Damaszener Vorort Ghouta erwecken nicht den Eindruck, dass der Konflikt beendet ist.15
Davon mal ganz abgesehen ist es kein Grund zur Freude, sollten der Iran und sein Schützling Assad mit Unterstützung Russlands den Machtkampf tatsächlich für sich entscheiden. Wenn die gegen Assad erhobene Beschuldigung zutrifft, dass seine Regierung im eigenen Land ethnische Säuberungen und Vertreibungen unerwünschter Bevölkerungsgruppen durchführen lässt, würde sein Verbleib an der Macht bedeuten, dass die syrische Flüchtlingskrise nicht gelöst werden wird.16
Außerdem besteht die Gefahr, dass ein Großteil Syriens dauerhaft dem neuen Imperium des Iran einverleibt wird – nicht im Sinne einer Annexion, bitte nicht falsch verstehen. Aber der Iran trachtet offensichtlich danach, mit seinen Revolutionsgardisten und mit den in der Region rekrutierten Milizen im Land präsent zu bleiben. Und das Assad-Regime ist durch den jahrelangen Krieg so stark geschwächt, dass es bestimmt nichts dagegen haben wird, dass seine schiitischen Beschützer weiterhin zur Stelle sind.
Der iranisch beherrschte Landkorridor von Teheran bis Beirut nimmt allmählich Gestalt an.17
Israel hat bereits deutlich zu verstehen gegeben, dass es die Präsenz seines Todfeindes vor der eigenen Haustür nicht hinnehmen will.
Laut Recherchen der britischen Jewish News Online hat Israel über einen Unterhändler dem syrischen Präsidenten Assad eine Warnung zukommen lassen, dass es militärische Maßnahmen ergreifen werde, sollte Syrien dem Iran erlauben, eine dauerhafte militärische Präsenz im Land zu etablieren.18 Den israelischen Hadashot News zufolge plant der Iran, in Syrien eine Marinebasis – möglicher Weise für U-Boote – , einen Luftwaffenstützpunkt und Rüstungsfabriken für Präzisionswaffen aufzubauen.19
Logisch. Soll Israel tatenlos zusehen, wie sich ein Regime vor seiner Haustüre breit macht, das ganz offen dazu steht, dass es Israel mit Hilfe seiner Terror-Schützlinge vernichten will, und diese Drohungen absolut ernst meint?
Es sieht so aus, dass Israel seiner Warnung nun hat Taten folgen lassen:
Der arabischsprachige Dienst von Sky News meldete, dass die israelische Luftwaffe gestern, am 2. Dezember, vom libanesischen Luftraum aus eine iranische Basis 15 Kilometer südwestlich der syrischen Hauptstadt Damaskus unter Beschuss genommen hat. Das syrische Staatsfernsehen bestätigte diesen Bericht.20
Von der Existenz dieser iranischen Basis, die nur fünfzig Kilometer von den Golanhöhen entfernt liegt, hatte die BBC vor drei Wochen berichtet.21
Dem libanesischen Al-Mustaqbal TV und dem saudischen Al-Arabiya-Netzwerk zufolge sind bei dem Angriff zwölf iranische Militärs getötet worden.22
Die Kämpfe in Syrien sind nicht vorbei. Israel kann und wird eine iranische Präsenz vor seiner Haustüre nicht hinnehmen.
Allerdings habe ich die Hoffnung, dass Israels intakter Selbstbehauptungswille auch uns zugutekommen könnte. Wenn Europa zu schlaff und zu gleichgültig ist, etwas zu unternehmen – Israel ist es bestimmt nicht, schon weil die heutige Situation für den jüdischen Staat existenziell gefährlich zu werden droht. Vielleicht gelingt es Israel in Zusammenarbeit mit den USA und regionalen Mächten, Iran zu stoppen und dabei vielleicht doch noch einen Machtwechsel in Syrien zu erwirken, der einen Neuanfang für das Land und eine Lösung der Flüchtlingskrise mit sich bringen könnte.
Wenn Assads Syrien zu einer iranischen Satrapie zu werden droht, hätte Jerusalem jedenfalls ein Eigeninteresse daran, dass in Damaskus eine andere, eine nicht dem Iran untertänige Regierung an die Macht kommt.
Aber das sind nur Spekulationen und Hoffnungen meinerseits. Man wird sehen, was in der nächsten Zeit passiert.
Quellen:
- Asharq Al-Awsat, 24.11.2017: „Exclusive: Hamas’s Bardawil Says Military Ties with ‘Hezbollah’ is Undeniable“ https://aawsat.com/english/home/article/1093601/exclusive-hamas%E2%80%99s-bardawil-says-military-ties-hezbollah-undeniable
- The Times of Israel, 20.11.2017: „Hezbollah says it only arms Gaza, denies sending missiles to Yemen“ by Agencies and Times of Israel Staff https://www.timesofisrael.com/hezbollah-says-it-only-arms-gaza-denies-sending-missiles-to-yemen/
- Siehe mein Nahost-Update vom 24.11.2017 und die beigefügten Quellenverweise
- The Tower, 28.11.2017: „Hamas Refuses to Disarm, Threatens to Send Weapons to West Bank“
- Siehe meinen Artikel „Saudis gegen Ayatollahs“ und die beigefügten Quellen
- The Investigative Project on Terrorism, 26.10.2017: „Hamas Rejoins Iran’s Terrorist Axis“ by Yaakov Lappin https://www.investigativeproject.org/6825/hamas-rejoins-iran-terrorist-axis
- Asharq Al-Awsat, 29.8.2017: „Sinwar: Iran is Hamas’ Largest Backer Financially, Militarily“ https://eng-archive.aawsat.com/theaawsat/world-news/sinwar-iran-hamas-largest-backer-financially-militarily
- Gatestone Institute, 8.11.2017: „The Iran-Hamas-Hezbollah Connection“ by Khaled Abu Toameh https://www.gatestoneinstitute.org/11330/iran-hamas-hezbollah
- Haaretz, 10.10.2017: „Israel’s Next War Will Be Fought Against Both Hezbollah and Hamas, Defense Minister Says“ by Gili Cohen https://www.haaretz.com/middle-east-news/1.816553
- The Tower, 29.11.2017: „Hariri: Lebanon “Cannot Do Anything about” Hezbollah“ http://www.thetower.org/5694-hariri-lebanon-cannot-do-anything-about-hezbollah/
- Tablet Magazine, 7.11.2017: „Lebanese PM Sa’ad Hariri Cancels His Deal With the Devil, Leaving Lebanon in the Hands of Iran“ by Tony Badran http://www.tabletmag.com/scroll/248899/lebanese-pm-saad-hariri-cancels-his-deal-with-the-devil-leaving-lebanon-in-the-hands-of-iran
- Jewish News Service, 28.11.2017: „Hezbollah continues ‘absolute dominance’ of Lebanon amid domestic political crisis“ by Ariel Ben Solomon http://www.jns.org/latest-articles/2017/11/28/hezbollah-continues-absolute-dominance-of-lebanon-amid-domestic-political-crisis#.Wh7wVfmnGUk=
- The Atlantic, 18.11.2017: „How a Saudi-Israeli Alliance Could Benefit the Palestinians“ by Hussein Ibish https://www.theatlantic.com/international/archive/2017/11/how-a-saudi-israeli-alliance-could-benefit-the-palestinians/546248/
- MENA Watch, 3.12.2017: „Saudische Journalisten propagieren Friedensschluss mit Israel“ http://www.mena-watch.com/saudische-journalisten-propagieren-friedensschluss-mit-israel/
- MENA Watch, 1.12.2017: „Der Krieg in Syrien ist zu Ende?“ http://www.mena-watch.com/mena-analysen-beitraege/der-krieg-in-syrien-ist-zu-ende/
- Siehe meinen Artikel „Baschar al-Assad – ich muss meine Meinung ändern“ und die beigefügten Quellenverweise
- Siehe meine Artikel „Baschar al-Assad“ (a.a.O.), „Saudis gegen Ayatollahs“, „Die Mullahs und die Bombe“, „Das ekelhaft reine Gewissen“ plus Quellenverweise
- Jewish News Online, 27.11.2017: „Netanyahu reportedly warns Assad: Israel will act if Iran allowed bases in Syria“ http://jewishnews.timesofisrael.com/netanyahu-reportedly-warns-assad-israel-will-act-if-iran-allowed-bases-in-syria/
- The Tower, 28.11.2017: „Report: Israel Warned Assad against Allowing Iran to Build Base in Syria“ by BICOM http://www.thetower.org/5669oc-report-israel-warned-assad-against-allowing-iran-to-build-base-in-syria/
- Ynet News, 2.12.2017: „Reports: Israel attacks Iranian base near Damascus“ by Roi Kais https://www.ynetnews.com/articles/0,7340,L-5050707,00.html
- Ynet News, 11.11.2017: „Satellite shots show Iran expanding into Syria“ https://www.ynetnews.com/articles/0,7340,L-5041271,00.html
- The Times of Israel, 2.12.2017: „Arab media: 12 Iranians killed in ‘Israeli strike’ in Syria“ https://www.timesofisrael.com/arab-media-12-iranians-killed-in-israeli-strike-in-syria/