Gedanken über die AfD und den Antisemitismus

(www.conservo.wordpress.com)

Von Adrian F. Lauber *)

Es ist kein großes Geheimnis, dass ich Wähler der AfD bin. Meine Stimme hatte sie bereits bei der Bundestagswahl 2013. Der erste Grund ist, dass ich inhaltlich den Großteil ihres Programms unterstütze. Der zweite Grund ist, dass ich in der heutigen politischen Landschaft keine andere ernst zu nehmende Kraft erkennen kann, der noch ernsthaft etwas an der Selbstbehauptung Deutschlands liegt. Die anderen haben sich in den bereits begonnenen Zerstörungsprozess lethargisch gefügt oder treiben ihn aktiv weiter voran. Ich weiß zwar durch persönliche Kontakte, dass es innerhalb der CDU sehr wohl Widerstand gegen die links-grüne Ideologisierung und Vermerkelung der Partei gibt, aber solange dieser Widerstand nicht zum Sturz dieser Person und zu einem echten Neuanfang geführt hat, bleibt die CDU für mich unwählbar. Trotz meines Mitgefühls und meiner Sympathien für gewisse innerparteiliche Oppositionelle. Wäre die CDU noch eine solide, patriotische Kraft wie sie es mal war, dann könnte ich mich vielleicht umstimmen lassen.

Aber obwohl ich die AfD wähle, sehe ich sie mit gemischten Gefühlen. Davon, in welche Richtung sie sich entwickelt, wird es abhängen, ob ich sie in Zukunft wieder wähle oder ob ich ihr eines Tages den Rücken kehre.

Ich habe, was ich mir rückblickend als großes Versäumnis ankreiden muss, über Jahre den Antisemitismus von heute nicht ernst genug genommen. Ich war wohl so naiv, zu glauben, dass spätestens nach Auschwitz eigentlich klar sein müsste, was für eine gefährliche, menschenverachtende Ideologie das ist, die einem geradezu industriell betriebenem Genozid den Boden bereitet hat.

Ich dachte, Auschwitz sei ein so großer Schock gewesen, dass dadurch den Deutschen wie auch unseren Nachbarn der Antisemitismus weitestgehend ausgetrieben worden sein müsste. Natürlich gibt es in jeder Gesellschaft einige Unverbesserliche und Unbelehrbare, aber die Zahl aktiver, gewaltorientierter Rechtsextremisten ist so erfreulich gering, dass eigentlich alles halb so wild ist.

I. Spielarten des Judenhasses

Mein Fehler war es, nur den so genannten primären Antisemitismus zu sehen. Das ist die ganz offensichtlich artikulierte Judenfeindschaft, die sich auf den Glauben an Mythen wie die jüdische Weltverschwörung, spezifisch jüdische Rachsucht, jüdischen Blutdurst, spezifisch jüdische Raffgier, jüdische Hinterlist, Juden als Zersetzer und Verderber ihrer „Wirtsvölker“ und mehr gründet. Es ist der am leichtesten zu erkennende Antisemitismus, wie man ihn nicht nur, aber vorwiegend in rechtsradikaler Propaganda findet.

Wenn man nur diesen im Blick hat, so könnte es in manchen Augen tatsächlich so aussehen, als gehe vom Antisemitismus im heutigen Deutschland keine ernst zu nehmende Gefahr mehr aus. Der alte, klassische Antisemitismus zieht nur noch wenige an. NPD-, Blood-and-Honour-Fans, die Anhänger Jan van Helsings und ähnliche Gruppen erfreuen sich dran, aber außerhalb solcher Kreise sind seine Erfolge zum Glück sehr, sehr mager.

Was viele übersehen und was ich auch über Jahre übersehen habe, ist, dass das nur eine von vielen Spielarten des Antisemitismus ist.

Es wird kolossal unterschätzt, wie mächtig Traditionen sind. Juden sind seit vielen Jahrhunderten im Abendland das ultimative Feindbild. Das steckt so tief drin in der „kulturellen DNA“2 dieser Zivilisation, dass es nicht einfach auf die Schnelle verschwindet – nicht einmal, nachdem der Holocaust passiert ist. (Obwohl man meinen könnte, spätestens das hätte allen eine Lehre sein müssen.) Die uralten Ressentiments wirken weiter und suchen sich neue Ventile, da der klassische primäre Antisemitismus seit 1945 irgendwie total unsexy und nicht mehr massentauglich ist.

Aber irgendwie muss es raus, dieses nagende Ressentiment, dieses manchmal nur noch unterbewusst vorhandene Gefühl, dass an dem, was man über „die“ Juden sagt, irgendetwas dran sein muss. So viele Menschen können sich doch nicht über einen so langen Zeitraum geirrt haben! Wenn etwas oft genug behauptet wird – völlig egal, ob es belegt wird oder nicht – , gehen leider verdammt viele Menschen davon aus, dass es stimmen muss.

Es entstehen sekundäre Formen des Antisemitismus.

Eine richtet sich auf den jüdischen Staat Israel. Wie ich in meiner Serie „Israel – ein Nazi- und Apartheidstaat?!“ ausführlich aufgezeigt habe, ist Kritik an Israel keineswegs Antisemitismus, aber wenn die alten antisemitischen Stereotype auf Israel übertragen werden, wenn dieser Staat verleumdet und delegitimiert, ihm sein Existenzrecht streitig gemacht wird, dann ist das nichts anderes als eine (nicht besonders gut) verkleidete Form von Judenhass.

Wer heute unterstellt, „die Zionisten“ würden die Welt – vor allem die Weltmacht USA – in ihrem Sinne lenken (eine bei näherer Kenntnis von Geschichte und Gegenwart nicht haltbare These), sie seien die wahren Drahtzieher hinter so ziemlich allen Krisen und Kriegen (wo sind die Beweise?), sie seien blutdürstige und rachsüchtige Imperialisten, die die Palästinenser massenhaft ermorden, der lässt seinen Antisemitismus in israelisierter Form raus.

Wer Israel das Existenzrecht abspricht, ist ein Antisemit. Ja, das behaupte ich mal ganz hart. Denn ich lasse mir nicht erzählen, dass es Zufall sein soll, dass von rund 200 Staaten, die es auf der Welt gibt und von denen keiner eine Geschichte ohne dunkle Flecken hat, ausgerechnet der eine jüdische Staat derjenige ist, dessen Existenzrecht zur Diskussion gestellt wird. Wer das für Zufall hält, glaubt auch noch an den Klapperstorch.

Wer wider alle Fakten Israel verleumdet und es mit dem absolut Bösen identifiziert, indem er beispielsweise den jüdischen Staat mit dem NS-Regime gleichsetzt, ihm einen Genozid an Palästinensern unterstellt etc., der artikuliert Antisemitismus, denn der Judenhass wurde schon Jahrhunderte lang dadurch genährt, dass man die Juden als das absolut Böse hinstellte. Und das NS-Regime gilt nun einmal mit Recht als Inbegriff einer absolut bösartigen Gewaltherrschaft. (Ausgerechnet die Opfer der Nazis bzw. ihre Nachfahren wider alle nachprüfbaren Fakten als die neuen Nazis hinzustellen, ist freilich besonders perfide.)

Ich kann nur nochmal darum bitten, meine Serie über Israel zu lesen, falls es nicht ohnehin schon geschehen ist. So viele Gemeinplätze über den jüdischen Staat, die von unseren Mainstream-Medien unkritisch übernommen werden, sind einfach nicht wahr, aber sie sind leider in der heutigen deutschen Gesellschaft hof- und salonfähig. Es ist durch Umfragen belegt, dass etwa die Gleichsetzung Israels mit dem Dritten Reich hier gang und gäbe ist.

Dass Israel ein potenzieller Friedensstörer und Aggressor ist, glauben auch sehr viele – und das ist genau das Bild, das viele deutsche Medien zeichnen. Viele Leute haben von der Geschichte und Gegenwart des jüdischen Staates wenig bis keine Ahnung, sind aber mit ihren Verurteilungen bemerkenswert schnell bei der Hand und vielfach an Fakten gar nicht interessiert.

Das führt mich zu einer weiteren Form von sekundärem Antisemitismus, nämlich einem Antisemitismus, den es nicht etwa trotz, sondern wegen Auschwitz gibt.

Wenn Deutsche geradezu obsessiv in Israel partout nur Schlechtes sehen und Gutes gar nicht erst zur Kenntnis nehmen wollen, veranlasst mich das, nach dem Grund zu fragen und nach reiflicher Überlegung bin ich zu demselben Schluss gekommen wie andere vor mir. Es tut vielen Deutschen in ihrer Seele wohl, den jüdischen Staat zu verurteilen und zu verteufeln.

Die vielen deutschen Nationalneurotiker, die mit sich selbst und mit dieser Nation nicht Frieden schließen können oder wollen, die nicht in der Lage sind, mit dem dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte vernünftig umzugehen, haben einen Judenknacks weg. Sie lehnen ihre eigene nationale Identität ab und sind voll von bewussten oder unterbewussten Schuldgefühlen für die an Juden begangenen Verbrechen des Dritten Reiches.

Bisweilen wird dieser Zustand für sie unerträglich und sie müssen versuchen, die Schuldgefühle irgendwie zu lindern.3 Und Israel ist nun mal nicht irgendein Staat, sondern der jüdische Staat, der Staat der Shoah-Überlebenden. Es ist nicht von ungefähr dieser Staat, an dem sich so viele abarbeiten, um ihren Schuldhaushalt auszugleichen. Der Nationalneurotiker, der Israel verteufelt oder ggf. sogar mit dem NS-Regime gleichsetzt, versucht offenbar, sich selbst besser zu fühlen, indem er deutsche Vergangenheit in jüdisch-israelische Gegenwart hinein halluziniert. Endlich sind wir quitt! Unsere ehemaligen Opfer sind ja genau solche Schweine, hurra!

Je mehr Gründe er findet, den Judenstaat möglichst schlecht zu machen, desto wohler wird ihm. Ich bin inzwischen sicher, dass es bewusst oder unterbewusst in vielen unserer Landsleute so oder so ähnlich tickt.

Der israelisierte Judenhass richtet sich regelmäßig wieder gegen den einzelnen Juden, auch wenn viele Israel-Gegner beteuern, dass sie keineswegs mit den Juden an sich ein Problem hätten. Am 24. April 2017 wurden die Ergebnisse einer von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen Studie veröffentlicht. 40 Prozent der befragten Deutschen stimmten darin der Aussage zu: „Bei der Politik, die Israel macht, kann ich verstehen, dass man etwas gegen Juden hat.“ Im Jahr 2014 hatten noch 28 Prozent diesem Urteil beigepflichtet.4

Eine Umfrage des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld führte vor wenigen Jahren zu dem Ergebnis, dass 18 Prozent der befragten Deutschen angaben, dass ihrer Meinung nach die Juden an ihrer Verfolgung mitschuldig seien. 15 Prozent meinten, dass die Juden in Deutschland zu viel Einfluss hätten.5

Zu allem Überfluss importiert sich Deutschland auch noch den in der islamischen Welt tief sitzenden Judenhass durch Masseneinwanderung. Als ob es nicht reichen würde, dass unter den Einheimischen aus verschiedenen Gründen die antisemitischen Ressentiments weiterleben, will man auch noch Millionen Muslime hierher umsiedeln, in deren Kulturkreis die Judenfeindschaft heute so offen und aggressiv ausgelebt wird wie nirgendwo sonst. Wozu allerdings anzumerken ist, dass der heute in der islamischen Welt so verbreitete Judenhass nicht nur im Islam seine Wurzeln hat. Er ist auch ein Produkt der aus Europa übernommenen antisemitischen Propaganda, deren Verbreitung erst vom Dritten Reich, später von der Sowjetunion gefördert wurde.

Aber darüber habe ich schon geschrieben. Darum soll es jetzt nicht gehen.

II. Sorge um die AfD

Die deutsche Nationalneurose und die rot-grüne Ideologisierung haben diesem Land schwere Wunden zugefügt. Es ist bezeichnend für den Zustand Deutschlands, dass man heutzutage echte Mühe hat, die ehemals konservative CDU noch von den Grünen zu unterscheiden. Was die Einwanderungspolitik angeht, dürfte die große Vorsitzende die feuchtesten Träume etlicher grüner Ideologen sogar übertroffen haben. Kein Wunder, dass sie nach Abschaffung der Grenzen ganz aus dem Häuschen waren.6 „Wir kriegen jetzt plötzlich Menschen geschenkt!“, frohlockte Katrin Göring-Eckardt.7 (Ja, schönen Dank auch!)

Auf der anderen Seite wachsen Frustration und Wut von Einheimischen, die nicht zu Unrecht den Eindruck haben, dass weite Teile der politischen Klasse sie abgeschrieben haben, teilweise ganz offen gegen ihre Interessen und gegen dieses Land Politik machen.

Dass viele Menschen (mich eingeschlossen) mit dem politischen Establishment gebrochen haben, ist ein Grund für den Erfolg der AfD.

Dagegen ist grundsätzlich nichts zu sagen, aber die AfD muss aufpassen, dass sie nicht zu einer Partei wird, die alte und neue Ressentiments schürt, um diese nationale Frustration zu kanalisieren.

Ressentiments sind die falsche Antwort auf die Krise der deutschen Nation. Das habe ich schon einmal geschrieben, aber ich wiederhole es, weil es wichtig ist. Die Deutschen sind sich selbst ihr ärgster Feind. Sie selbst haben es in der Hand, ob sie aus ihrem nationalen Selbsthass heraus- und wieder zu einem gesunden Selbstbehauptungswillen zurückfinden oder nicht.

Es sollte nicht so weit kommen, dass man versucht, die berechtigte Wut vieler Menschen auf jemanden zu lenken, den man als vermeintlich Schuldigen dingfest gemacht hat.

Deswegen habe ich mit dem Höcke-Flügel der AfD ein Problem. Ich will jetzt gar nicht lange darauf herumreiten, dass Björn Höcke das Holocaust-Mahnmal in Berlin als „Mahnmal der Schande“ bezeichnet hat. Das an und für sich wäre nicht automatisch kritikwürdig, denn wer wollte bestreiten, dass der Holocaust ein Schandfleck der deutschen Geschichte ist?

Mich stört, dass Höcke – so mein Eindruck – nicht nur in dieser, sondern auch in anderen Reden mal unterschwellig, mal sehr deutlich an Ressentiments appelliert hat, wie sie auch rechts außen gepflegt werden. Zudem hat Höcke schon mit Aktivisten zusammengearbeitet, die etwa durch Dämonisierung Israels altbekannte Ressentiments zu schüren helfen. (Jürgen Elsässer z. B., in dessen Magazin Israel schon ein „Genozid in Gaza“8 (Compact 9 / 2014) unterstellt wurde (völlig absurd) und der gegen eine drohende „Israelisierung“ Europas wettert.9 Er berief sich in dem Zusammenhang wieder einmal auf den Mythos, dass Kritik an Israel in Deutschland tabuisiert sei, und machte somit Stimmung gegen den jüdischen Staat, dem er offenbar unterstellt, gemeinsam mit den USA Deutschland unter seiner Knute zu halten.)

Außerdem klang der Kontext, in dem Höcke das Holocaust-Mahnmal mit besagter Bezeichnung belegte, in meinen Ohren so, als hätte Höcke ein Problem damit, dass so zentral in Berlin überhaupt ein Holocaust-Mahnmal existiert.

Nun mache ich keinen Hehl daraus, dass ich mit diesem Mahnmal auch ein Problem habe, wenn auch aus ganz anderen Gründen. Ich finde das Ding nämlich – pardon – potthässlich. Ich hätte mir irgendetwas Schlichteres, Würdevolleres gewünscht. Manchmal ist weniger mehr. Aber mein architektonischer Geschmack tut jetzt nichts zur Sache.

Höcke jedenfalls scheint zu denen zu gehören, die aufgrund der NS-Zeit einen Knacks mit sich herumtragen. Er lebt ihn aber nicht durch deutschen Selbsthass aus, sondern auf eine andere, ungesunde Weise. So wie er argumentiert hat, kann das darauf hinauslaufen, das Gedenken an die NS-Verbrechen als Ursache für die Krise der deutschen Nation dingfest zu machen. Das wiederum kann zu Ressentiments gegen die Opfer dieser Verbrechen bzw. ihre Nachkommen führen, also wieder zu einer Form von Schuldabwehr-Antisemitismus. Das führt mich einmal mehr zu der sarkastischen Bemerkung von Zvi Rex: „Die Deutschen werden den Juden Auschwitz nie verzeihen.“10

Das Gedenken an sich ist nicht schuld daran, dass die Deutschen mit sich selbst in Unfrieden leben. Auch die Israelis oder die Juden sind nicht schuld dran. Man soll es gar nicht erst so weit kommen lassen, dass solch ein gefährlicher Trugschluss gezogen wird!

Dem dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte kann man nicht entkommen, weder mit deutschem Selbsthass noch mit deutschem Nationalismus noch mit deutscher „Willkommenskultur“, die uns endlich zu über alle Zweifel erhabenen Bessermenschen machen soll.

Die NS-Zeit ist nun einmal Teil der deutschen Geschichte, mit dem man sich auseinandersetzen und mit dem man umzugehen lernen muss.

Nicht das Gedenken an sich ist das Problem. Das Problem ist, dass die Deutschen mit ihrer fatalen Neigung zu Extremen offenbar nicht in der Lage sind, auf eine gesunde Weise mit der Vergangenheit umzugehen.

Freilich sollte man diskutieren, ob an Höckes Ausführungen zumindest insoweit was dran ist, als die Deutschen sich obsessiv mit diesem einen Kapitel ihrer Geschichte befassen. Henryk M. Broder sprach sogar von einem deutschen „Erinnerungswahn.“11

Ich denke, das ist so. Man kann doch die Gedenkstätten kaum noch zählen. Man kann eigentlich an jedem beliebigen Wochentag den Fernseher einschalten und sich sicher sein, dass auf irgendeinem Sender der Führer spricht. Bei den Print-Medien sieht es ähnlich aus. Alexander Wendt bezeichnete Hitler vor einer Weile, wenn ich das richtig erinnere, als den „besten Coverboy“ des „Spiegel.“

Das wäre ja alles hinnehmbar, wenn es nicht gleichzeitig eine Neigung gäbe, wegen der zwölf Nazi-Jahre gleich die ganze deutsche Geschichte schwarz (oder braun) zu malen. Das hat sich zum Glück gebessert. Es hat sich doch herumgesprochen, dass deutsche Geschichte ja nicht nur aus zwölf, sondern aus über tausend Jahren besteht. Auch geht es ganz allmählich damit los, dass man vermeintliche Wahrheiten, die man aus Gründen der politischen Korrektheit tunlichst nicht zu hinterfragen hatte, endlich auseinandernimmt. Beispielsweise ist es (mit Verspätung) u. a. dank des Historikers Christopher Clark auch in der Bundesrepublik angekommen, dass Deutschland nicht die alleinige Verantwortung für den Ausbruch des Ersten Weltkrieges trug.12 (Was bei unseren ehemaligen Kriegsgegnern schon lange kein Geheimnis mehr war.) Auch die Vorstellung von einem angeblich solitär deutschen Militarismus und Imperialismus um 1900 hat Clark in seinen Werken gekonnt entzaubert13, ebenso die berühmte These vom „deutschen Sonderweg“ gründlich erschüttert und eigene Fragen aufgeworfen.14 Inzwischen sieht man das kaiserliche Deutschland, das ganz zweifellos seine Schattenseiten hatte, endlich positiver, differenzierter und im Kontext der damaligen Zeit.

Ein anderes Problem halte ich aktuell allerdings für weitaus drängender als die mögliche Schwarzmalerei deutscher Geschichte.

Mein Eindruck ist, dass die selbst ernannten Oberlehrer der Nation die so genannte Erinnerungskultur eigentlich nur noch um ihrer selbst willen pflegen. Es geht gar nicht so sehr um die Opfer, sondern darum, dass sich die Gedenkveranstalter gut und moralisch über jeden Zweifel erhaben fühlen können. Deutlich wird das etwa dann, wenn dieselben Personen, die ganz engagiert gegen die Verbrechen eines untergegangenen Regimes Position beziehen, plötzlich ganz leise sind, wenn es gilt, gegen den heute aus der islamischen Welt importierten Judenhass Courage zu zeigen.

Hin und wieder gibt es Momente, in denen erkennbar wird, dass es nicht wirklich um die Opfer der Nazis, sondern darum geht, sich selbst zu bestätigen, wie toll und vorbildlich man doch mit der Geschichte umgeht. Zum fünften Jahrestag der Einweihung des Berliner Holocaust-Mahnmals fand dort eine Feier statt, bei der der Historiker Eberhard Jäckel sagte: „In anderen Ländern beneiden manche die Deutschen um dieses Denkmal.“15 (Darauf muss man auch erstmal kommen, ohne vorher fünf Kästen Warsteiner leer getrunken zu haben!)

Wenn ich es richtig verstanden habe, ist das wohl das, was der Publizist Eike Geisel meinte, als er die Erinnerung in Deutschland als „höchste Form des Vergessens“ bezeichnete.16 Man gedenkt und erinnert, dass sich die Balken biegen, man geht schön mit seinem historischen Wissen und dem Entsetzen über die Nazi-Verbrechen hausieren und benutzt die Kenntnis von der Geschichte im Grunde nur als Alibi. Man tut so, als hätte man etwas gelernt, indem man ganz couragiert gegen einen toten Diktator ankämpft, von dem sowieso keine Gefahr für Leib und Leben mehr ausgeht, und spart sich das heutige Handeln, das ja viel zu unbequem und anstrengend wäre. Wenn man so verfährt, dann kann die Erinnerung tatsächlich zu einer Form des Vergessens werden.

Da muss ich doch sagen: lieber einige verlogene Gedenkveranstaltungen weniger, dafür aber gehaltvolles Lernen aus der Geschichte!

Was die AfD angeht, habe ich jedenfalls die Befürchtung, dass ein relevanter Teil ihrer Mitglieder und ihrer Wähler für Ressentiments empfänglich ist, wie sie beispielsweise von Höcke bedient werden. Studien zur Verbreitung antisemitischer Vorurteile sprechen dafür.

Nun muss eine demokratische Partei natürlich in sich selbst verschiedene Meinungen aushalten. Das gehört dazu.

Aber die AfD sollte erstens aus Gründen des menschlichen Anstands und zweitens auch aus Eigeninteresse wachsam sein. Der Vorstand muss klar machen, dass es für Antisemitismus in der Partei keinen Platz geben darf und dass sich das Parteiprogramm unter gar keinen Umständen von solchen und ähnlichen Ressentiments leiten lassen wird. Wer diese Prämisse nicht akzeptiert, hat halt Pech gehabt. Der kann die Partei auch verlassen.

Wenn Personen wie Alice Weidel, Jörg Meuthen, Nicolaus Fest oder Beatrix von Storch, die ich sehr schätze, tonangebend sind, kann sich die Partei zu einer soliden, wertvollen Kraft entwickeln. Sollten die Höckes eines Tages die Partei dominieren, wäre das für mich ein Grund, ihr meine Unterstützung zu entziehen.

Ich wünsche mir seit einiger Zeit eine Allianz der konservativen und der liberalen Kräfte zur Rettung der Nation und als Bollwerk gegen die links-grüne Ideologisierung, die so viel Schaden angerichtet hat. Als die AfD entstand, sah ich in ihr eine Partei, die solch eine Allianz zustande bringen könnte. Darauf hoffe ich immer noch.

Bei allen Warnungen vor bedenklichen Tendenzen in der Partei muss ich allerdings auch sagen, dass die Aufregung um die AfD oftmals verlogen ist:

III. Hoppla! Israel-Freunde und Juden bei der AfD?

Nachdem die angeblich neonazistische AfD im April des vergangenen Jahres ein Wahlplakat veröffentlicht und sich darauf mit der jüdischen Gemeinde Deutschlands solidarisch erklärt hatte, meldete sich Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern bzw. ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, zu Wort. Und wie! Sie zeterte richtig los: „Die AfD steht für Antisemitismus, Rassismus, Fremdenhass, Geschichtsklitterei, Revisionismus, Demokratie- und Freiheitsfeindlichkeit. Stünde sie an der Seite der jüdischen Menschen, hätte sie sich – noch bevor es zu spät war – von allen vorgenannten Radikalitäten glaubhaft, konsequent und nachhaltig getrennt. Die AfD ist für jüdische Menschen nicht wählbar!“17

Aha, für Steuerung der Zuwanderung und gegen Islamisierung zu sein, ist also „Fremdenhass.“ Danke für den politisch korrekten Sermon, Frau Knobloch, darauf ist vor Ihnen noch nie einer gekommen! Nach dieser Definition wäre auch Israel, das Sie sonst (mit Recht) leidenschaftlich gegen Verleumdungen verteidigen, ein Staat, der von Fremdenhass geleitet ist. Soweit ich weiß, achtet Israel auf den Schutz seiner jüdischen Identität und auf den Schutz seiner Grenzen.

Demokratie- und Freiheitsfeindlichkeit würde ich, liebe Frau Knobloch, zur Abwechslung auch mal bei den heute herrschenden Parteien suchen, etwa in der Bundesregierung, die einen offenen Kampf gegen die freie Rede führt – allen voran Bundesgesinnungsprüfungsminister Heiko Maas von der SPD.

Parteien, die eine andere Kraft, die unerwünschte Meinungen vertritt, als Paria behandeln, mit dem man gar nicht erst reden darf, sollten sich die Nachfrage gefallen lassen, ob sie nicht diejenigen sind, die Demokratie und Pluralismus ablehnen.

Mit Charlotte Knobloch war ich, soweit ich ihre öffentlichen Äußerungen verfolgt habe, selten einer Meinung und diese Wortmeldung hat mich daran erinnert, warum. Nur einmal fand ich sie richtig gut: als sie den Friedenshetzer18 Jürgen Todenhöfer für seine demagogische Stimmungsmache19 während des Gaza-Krieges von 2014 in einem offenen Brief so richtig zusammengefaltet hat.20 Das war prima!

Nun aber weiter im Text:

Dass es in der AfD bedenkliche Flügel gibt, bestreite ich gar nicht. Aber an Frau Knoblochs Behauptung, dass diese Partei für jüdische Menschen nicht wählbar sei, scheint irgendetwas nicht so recht zu stimmen.

Die israelisch-amerikanische Schriftstellerin Orit Arfa, die hier in Deutschland lebt, hat zu Knoblochs Ansage einige sehr treffende Bemerkungen gemacht: „Ich Verstehe Das Verhalten Der Organisierten Jüdischen Gemeinschaft In Deutschland Nicht. Mir Scheint Sie Hassen Die Afd Mehr Als Die Radikalen Islamisten Die Die Vernichtung Der Juden Propagieren. Als Antwort Auf Ein Posting In Dem Die Afd Mitteilte, Dass Sie Hinter Der Deutschen Jüdischen Gemeinschaft Steht, Startete Die Vorsitzende Der Jüdischen Gemeinde In München Eine Tirade Gegen Die Afd Und Dämonisierte Sie Als Rassisten. Warum Nicht Einfach Mal Sagen: „Danke, Afd. Wir Werden Dich An Dein Versprechen Erinnern!“ Wenn Sie Wirklich Neo-Nazis Sind, Dann Ist Die Veränderung Aber Schon Beachtlich.

Doch Ich Bin Vertraut Mit Diesem Verhalten. Es Ist Sind Die Gleichen Vertreter, Die Die Juden in Gush Kativ (Gaza) im Stich ließen und sie als Kriegstreiber dämonisierten, nur um untätig zuzuschauen wie deren Häuser, Geschäfte und Lebensgrundlagen zerstört wurden um das Land dann Jihadisten zu überlassen. (…)

Die etablierten jüdischen Einrichtungen fürchten vom Mainstream nicht gemocht oder akzeptiert zu werden. Die AfD wird von den Medien und der jüdischen Gemeinschaft nicht fair behandelt. Die Warnungen der AfD vor dem radikalen Islam sind richtig und müssen beachtet werden. Ich mag jetzt in den deutschen Medien Chancen verlieren oder gar für diese Worte beschimpft werden. Das wäre zwar nicht richtig, aber dann soll es halt so sein. Die jüdische Tradition sagt: „Gerechtigkeit, Gerechtigkeit sollst du suchen“, und die Leute sollten wissen, dass diese selbsternannten jüdischen Experten nicht für uns alle sprechen, noch sollten sie das für sich in Anspruch nehmen.“21

(Orit Arfa ist mir schon vor einer Weile positiv aufgefallen, als sie in einem von der „Achse des Guten“ veröffentlichten Beitrag so leidenschaftlich für Deutschland Partei ergriff und uns dazu ermunterte, endlich wieder selbstbewusst unsere Interessen wahrzunehmen.22)

Charlotte Knobloch spricht keineswegs für „die“ Juden in Deutschland, wenn sie so vehement gegen die AfD Stimmung gemacht.

Es gibt jüdische Landsleute, die es ganz anders sehen. Dr. Rafael Korenzecher, der Herausgeber der Jüdischen Rundschau, zum Beispiel schreibt auf seinem Blog: „Im unter den etablierten Israel-feindlichen Islam-Einlass und Antisemitismus-Import Parteien nicht wirklich Wahlkampf zu nennenden , Wähler-verachtenden Schau-Gefecht mit bereits jetzt bekanntem Ausgang hat sich die einzige echt oppositionelle, dem für unsere Wertewelt lebensgefährlichen Islam-Appeasement entgegenstehende Partei trotz der dort nicht zu übersehenden Probleme mit einem wirklich Juden-freundlichen Wahl -Statement zu den Juden in unserem Lande und an anderer Stelle zu Israel bekannt.

Dies hat keine andere der unisono und monoton die suizidale „Islam-gehört-zu-Deutschland“ Dissonanz wiederkäuenden Israel-feindlichen Parteien auch nur im Ansatz getan. Lieber verstecken sie sich hinter sinnentleerten Gedenktagritualen für tote , weil doch so bequeme Juden, während ihre bis weit in hohe Regierungspositionen reichenden Antisemiten, derartige Judenmörder wie Arafat und Terrordrahtzieher und –Finanzierer wie Abbas hofieren, enge Freunde nennen und tatenlos und schulterzuckend zusehen wie die Islam-dominierten No-Go Areas für Juden in unserem Land rasant zunehmen.

Und ein Teil des jüdischen Establishments sitzt diesem Humbug auf und macht sich mit Texten und Meinungen wie dem von Fr. Knobloch zum missbrauchten Wahlhelfer der linksdurchseuchten, Islam-affinen pseudo-bessermenschlichen Strukturauflöser unseres freiheitlichen , rechtsstaatlichen, Religions-getrennten und Religions-toleranten Wertesystems.“23

Na, sieh‘ mal einer an! Hat er Recht? Ja, durchaus. Führende Repräsentanten der AfD haben in der Tat für den Schutz der Juden in Deutschland und für den Staat Israel Position bezogen.

Nicolaus Fest, ein bekennender Israel-Freund, hat sich im November 2016 mit einem deutlichen Plädoyer für Israel und einer Kampfansage an den Antisemitismus zu Wort gemeldet.24

Beatrix von Storch, Abgeordnete des Europäischen Parlaments, ist Mitglied der „Freunde von Judäa und Samaria im Europaparlament“, die sich gegen die Finanzierung palästinensischer Terroristen und gegen den Boykott israelischer Waren einsetzen.25

Von Storch hat, wie die Jerusalem Post berichtete, deutlich gesagt: „Aus historischen und kulturellen Gründen werden wir immer gute Beziehungen und enge Zusammenarbeit mit Israel suchen (…) Antisemitismus und Antizionismus sind in der islamischen Gemeinde und der Linken am stärksten ausgeprägt. Beide lehnen die grundlegende Bedeutung der jüdisch-christlichen Kultur für die europäische Zivilisation ab. Wir (die AfD) erkennen die Bedrohung, die sie für Israel und die jüdische Gemeinde in Deutschland darstellen. Deren Sicherheit hat für uns sehr hohe Priorität (…) Israel könnte ein Vorbild für Deutschland sein. Israel ist eine Demokratie mit einer freien, pluralistischen Gesellschaft, die versucht ihre einzigartige Kultur und Traditionen zu bewahren. Das sollte auch für Deutschland und jede andere Nation möglich sein.“26

Frauke Petry hat die AfD als einen der wenigen Garanten jüdischen Lebens in Deutschland auch in Zeiten illegaler antisemitischer Einwanderung bezeichnet27 – und das ist die Masseneinwanderung aus der islamischen Welt nun einmal zu einem großen Teil. Keiner soll hinterher sagen, er hätte nichts wissen können. Dass die islamische Welt bis heute von einem vehementen Judenhass geprägt ist, ist nichts Neues. Ebenso wenig ist neu, dass Juden aus unseren Nachbarländern bereits seit Jahren abhauen, weil sie dort dank fortschreitender Islamisierung nicht mehr sicher leben können.

Es gibt nicht nur bekennende Freunde Israels und der Juden in der Partei, es gibt sogar jüdische AfD-Wähler. Denn vielen Juden entgeht ja nicht, was die Altparteien mit ihrer Politik der Selbstaufgabe und der muslimischen Masseneinwanderung anrichten. Sie zerstören die Umwelt, in der sich ein pulsierendes jüdisches Leben in den vergangenen Jahrzehnten wieder entfalten konnte, was nach dem NS-Regime und dem Holocaust keineswegs selbstverständlich war.

Umso wichtiger ist, dass Personen vom Schlage eines Nicolaus Fest und einer Beatrix von Storch sich weiterhin dafür einsetzen, dass die AfD sich klar gegen Antisemitismus positioniert. Denn dass es an der Basis diesbezüglich Probleme gibt, ist unleugbar.

Die bereits erwähnte, im April 2017 veröffentlichte Studie zur Verbreitung des Antisemitismus heute benennt auch die Ergebnisse der Meinungsumfragen nach Parteipräferenzen. 47 Prozent der Befragten mit AfD-Präferenz hatten demnach Einstellungen, die einem israelbezogenen Antisemitismus zuzuordnen sind.28

Das ist zwar keine Mehrheit, aber ein sehr bedenklicher Wert. Die AfD hat noch eine Menge Arbeit vor sich. Es muss etwas geschehen. Sachliche Aufklärung über den Israel-Palästina-Konflikt ist ganz dringend erforderlich, um den weit verbreiteten Ressentiments entgegenzuwirken.

Allerdings geht es hier um ein gesamtgesellschaftliches Problem. Machen wir uns darüber keine Illusionen.

IV. Keine Partei ist frei von ihm

Die Debatte um den Antisemitismus wird so verlogen geführt, dass es wehtut. Aber das hat Tradition.

Es ist etwas mehr als vierzig Jahre her, da hat Gerhard Zwerenz apodiktisch verkündet: „Linker Antisemitismus ist unmöglich.“29

An dieser Behauptung stimmt nichts, nicht das Geringste. Weder die Geschichte noch die Gegenwart bestätigt, was Zwerenz da verzapft hat.

Aber bis heute hält sich der Irrglaube, dass nur Rechtsextreme Antisemiten sein können. Dabei war schon der Erfinder des Begriffs „Antisemitismus“ und Gründer der ersten antisemitischen politischen Vereinigung kein Rechtsextremist, sondern ein extremer Linker, der sich zum Anarchisten entwickelte: ein gewisser Friedrich Wilhelm Adolph Marr. (1819-1904) Ja, ich weiß: kuriose Fußnote der Geschichte, dass der Erfinder des Wortes „Antisemitismus“ u. a. ausgerechnet den Vornamen Adolph trug.

Antisemitismus war in der Geschichte der politischen Linken von Anfang an präsent. Einer der berühmtesten Antisemiten der Weltgeschichte war ein Linker. Dieser Antisemit hieß Karl Marx und in seinen Schriften hetzte er immer wieder hemmungslos gegen die Juden. Er schrieb zum Beispiel: „Welches ist der weltliche Grund des Judentums? Das praktische Bedürfnis, der Eigennutz. Welches ist der weltliche Kultus der Juden? Der Schacher. Welches ist sein weltlicher Gott? Das Geld.“ Das Judentum bezeichnete er als „antisoziales Element.“ „Jude“ oder „jüdisch“ gebrauchte er frei heraus als Schimpfworte. So nannte er Ferdinand Lassalle einen „jüdischen Nigger.“30

Karl Marx, auf dessen Ideologie sich grausame totalitäre Diktaturen gründeten, die im Lauf des 20. Jahrhunderts ca. 100 Millionen das Leben gekostet haben, wird von vielen bis heute unkritisch verehrt – ungeachtet der Untauglichkeit seiner ökonomischen Theorie31 und ungeachtet seiner auch sonst mehr als bloß kritikwürdigen Ansichten.

Auch in den Schriften anderer Frühsozialisten tauchen bereits antisemitische Ressentiments auf. Nicht nur rechts, sondern auch links wurden die Kapitalisten, die es zu bekämpfen galt, quasi automatisch als jüdisch identifiziert. Dass Juden in Europa lange Zeit kaum ein Gewerbe außer dem des Geldverleihers ausüben durften, blieb unbeachtet. In der nicht-jüdischen Mehrheit hatte sich das Stereotyp vom raffgierigen jüdischen Wucherer festgesetzt.

Es gab allerdings, das muss hinzugefügt werden, unter den Sozialisten um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert auch bedeutende Kämpfer gegen den Antisemitismus.32 Es ist bloß eine Illusion, zu glauben, dass Linke a priori einfach keine Antisemiten sein können.33 Das uralte antijüdische Ressentiment kann jeden befallen, völlig egal wo er politisch steht.

Die politische Linke entwickelte sich im Lauf des 20. Jahrhunderts zu einer von Israelfeindschaft geprägten Kraft, wobei der Übergang zwischen Antizionismus und offenem Antisemitismus fließend war. Die Sowjetunion wurde zu Israels mächtigstem Feind und exportierte ihre antizionistische Propaganda sowohl in die islamische Welt als auch nach Westeuropa, wo sie von den diversen kommunistischen und sozialistischen Bewegungen, von denen nicht wenige Moskaus Handlanger waren, begierig aufgesogen wurden.34

Ein entscheidendes Jahr muss man sich an dieser Stelle merken: 1967. Es markiert insofern einen Einschnitt, als Israel damals die Unverschämtheit besaß, den Sechstagekrieg gegen seine Feinde, die nichts Geringeres wollten als Israels Vernichtung, nicht zu verlieren und auch noch Land in Besitz zu nehmen. In der ideologisch verzerrten Wahrnehmung wurde Israel in den Augen der westdeutschen Linken zu einem imperialistischen Aggressor und zu einem ihrer beliebtesten Feindbilder.

Westdeutsche Linke bekannten sich reihenweise zum Antizionismus. Sie positionierten sich gegen Israels Existenz. Sie agitierten gegen den jüdischen Staat. Radikale Linke machten sich sogar mit palästinensischen Terroristen gemein und unterstützen sie aktiv. Der Antizionismus war regelmäßig nichts anderes als eine mehr schlecht als recht verkleidete Form von Judenhass.

Wir reden hier übrigens nicht nur von extremen Randgruppen. Antizionisten strömten beispielsweise auch der SPD zu. Es ist nur konsequent, dass diese Partei von Willy Brandt über Helmut Schmidt und Gerhard Schröder bis hin zu Sigmar Gabriel immer wieder ein sehr – ich sage es mal diplomatisch – kompliziertes Verhältnis zum jüdischen Staat hatte.35

Teile der SPD bleiben bis heute von Antizionismus und alten antijüdischen Ressentiments geprägt.

Gleiches gilt für die Linkspartei, die noch durch die Tradition ihrer Vorläuferin SED geprägt ist. Die DDR machte seinerzeit – wie ihr sozialistisches Mutterland UdSSR – ganz offen Front gegen den jüdischen Staat.36

2016 wurden die Ergebnisse einer Studie der Freien Universität Berlin veröffentlicht. Diejenigen, die behaupten, Antisemitismus von links könne es nicht geben, wurden durch sie wieder einmal gnadenlos vorgeführt. Die „Welt“ berichtete: „Antisemitische Einstellungen sind laut einer Studie der Freien Universität Berlin (FU) auch unter Linksextremen weit verbreitet. 34 Prozent der vom Forschungsverbund SED-Staat der FU als linksextrem eingestuften Personen stimmten der Behauptung zu, Juden hätten in Deutschland „zu viel Einfluss“.

Unter Personen, die den Wissenschaftlern zufolge zumindest als Linksradikale gelten müssen, waren es noch 16 Prozent. Insgesamt stimmte über alle politischen Einstellungen hinweg jeder zehnte Befragte dieser Aussage zu. Linksextreme Einstellungen unterscheiden sich nach der üblichen Definition von linksradikalen dadurch, dass sie nicht mit Demokratie und Verfassung vereinbar sind.

Bei der Einstellung zu dem antisemitischen Stereotyp, Juden seien „geld- und raffgierig“, stellten die Wissenschaftler eine ähnlich hohe Zustimmung von Linksextremen (34 Prozent) und Linksradikalen (13 Prozent) fest. Unter allen Befragten bejahten acht Prozent diese Aussage.“37

Aber bleiben wir nicht links stehen. Antisemitische Ressentiments gibt es genauso bei Mitgliedern bzw. Anhängern der Grünen, der CDU/CSU, der FDP, der Piraten und anderer Parteien. Es gibt sie bei Extremisten, aber auch bei Gemäßigten.

Die bereits erwähnte, im April des vergangenen Jahres veröffentlichte Studie zum aktuellen Antisemitismus bestätigt das.

Keiner, weder die CDU noch die SPD noch die FDP noch die AfD noch sonst jemand, ist in einer Position, sich einen moralischen Heiligenschein aufzusetzen. Keiner sollte so vermessen sein, sich einzubilden, er und seine Partei wären über jeden Zweifel erhaben und hätten es nicht nötig, vor der eigenen Haustür zu kehren.

Wie gesagt: der Antisemitismus steckt leider so tief drin in dieser Zivilisation, dass es die alten Ressentiments quer durch alle Schichten und politischen Lager nach wie vor gibt. Zum Teil finden wir sie in Gestalt des klassischen, primären Antisemitismus, weitaus häufiger aber in sekundären Formen wie im israelisierten Antisemitismus oder im Schuldabwehr-Antisemitismus.

Es ist widerlich, wie sich manche nach wie vor um diese Erkenntnis herum drücken. Das Bundesinnenministerium machte es sich da im September ganz einfach, indem es antisemitische Delikte einfach als „politisch motivierte rechtsextreme Straftat“ definierte. Wenn man dem bis in die letzte Konsequenz folgt, gibt es linken, in der Mitte verorteten und radikal-islamischen Judenhass also gar nicht.38 Wie praktisch!

Aber das ist nicht weiter verwunderlich in einer Zeit allgegenwärtiger Realitätsverweigerung und Verlogenheit.

Die AfD im Speziellen, aber eben auch die deutsche Gesellschaft im Allgemeinen muss endlich einen Weg finden, die noch existierenden antisemitischen Ressentiments abzubauen.

Ich halte das für machbar und für gar nicht so schwierig. Den israelisierten Antisemitismus beispielsweise kann man ganz einfach dadurch bekämpfen, dass man sachlich über den Israel-Palästina-Konflikt aufklärt. Der israelisierte Antisemitismus ist auf Verleumdungen und Verzerrungen aufgebaut. Wer sie entlarvt, entzieht ihm die Grundlage.

Der Schuldabwehr-Antisemitismus kann nur bekämpft werden, wenn die Deutschen endlich mit sich selbst Frieden machen. Wer zur Zeit des Dritten Reiches noch ein Kind oder noch nicht einmal geboren war, hat keinen nachvollziehbaren Grund, sich für das schuldig zu fühlen, was damals passiert ist. Es gibt eine historisch-moralische Verantwortung, das ja, aber keine ererbte Schuld. Es muss Schluss sein mit dem deutschen Selbsthass, der sich, wenn er zur Selbstaufgabe und zur Kapitulation vor islamischem Fundamentalismus führt, am Ende auch gegen die Juden wendet.

Der klassische, primäre Antisemitismus kann bekämpft werden, indem man darüber aufklärt, wie er entstanden ist, woher die zahlreichen Mythen kommen, aus denen er sich speist.

Das alles geht natürlich nicht über Nacht. Aber ich denke, es ist nicht kompliziert. Man braucht kein Genie zu sein, um zu erkennen, was jetzt getan werden muss.

Quellen:

  1. Achse des Guten, 22.12.2016: „Einer von 6.964 Deutschen ist ein gewaltorientierter Rechtsextremist“ von Gunnar Heinsohn http://www.achgut.com/artikel/jeder_6964._deutsche_ist_ein_gewaltorientierter_rechtsextremist
  2. Jerusalem Center for Public Affairs, 1.4.2004: „Anti-Semitism: Integral to European Culture“ by Manfred Gerstenfeld http://www.jcpa.org/phas/phas-19.htm

The Economist, 17.8.2006: „To Israel with hate — and guilt“

http://www.economist.com/node/7796479

Arutz Sheva – Israel National News, 23.3.2014: „Expert Says Anti-Semitism ‘Part and Parcel of European Culture’“ by Moshe Cohen http://www.israelnationalnews.com/News/News.aspx/178788

  1. Mission Impossible: „Sekundärer Antisemitismus oder Schuldabwehr-Antisemitismus“ https://thinktankboy.wordpress.com/f-rubriken/sekundarer-antisemitismus/
  2. The Jerusalem Post, 6.5.2017: „Study: 40% of Germans Hold Modern Antisemitic Views“ by Benjamin Weinthal http://www.jpost.com/Diaspora/Study-40-percent-of-Germans-hold-modern-antisemitic-views-489919
  3. Focus Online, 28.1.2015: „70 Jahre nach Auschwitz: Antisemitismus bleibt in Deutschland weit verbreitet“ https://www.focus.de/politik/deutschland/erschreckende-studie-veroeffentlicht-antisemitismus-ist-in-deutschland-weit-verbreitet_id_4434918.html
  4. Tichys Einblick, 22.7.2016: „Die Wurzeln des rotgrünen Utopismus in der Migrationskrise“ von Christoph Deldoma http://archive.is/6873n#selection-669.0-669.58
  5. Achse des Guten, 7.4.2016: „Katrin Göring-Eckardt – Die Stimmungskanone im grünen Haubitzenlager“ von Henryk M. Broder http://www.achgut.com/artikel/katrin_goering_eckardt_die_stimmungskanone_im_gruenen_haubitzenlager
  6. Elsässers Blog, 28.8.2014: „COMPACT 9/2014: Genozid in Gaza – Kriegsverbrecher Netanjahu“ https://juergenelsaesser.de/2014/08/28/compact-92014-genozid-in-gaza-kriegsverbrecher-netanjahu/
  7. „Jürgen Elsässer gegen die Israelisierung und Amerikanisierung des Abendlandes“

https://www.youtube.com/watch?v=obSqon-D2bU

  1. The Jerusalem Post, 28.1.2014: „Why Europe Blames Israel for the Holocaust: Post-1945 Anti-Semitism“ by Benjamin Weinthal http://www.jpost.com/Jewish-World/Jewish-Features/Why-Europe-blames-Israel-for-the-Holocaust-Post-1945-anti-Semitism-339571
  2. Henryk M. Broder: „Vergesst Auschwitz!: Der deutsche Erinnerungswahn und die Endlösung der Israel-Frage“, Knaus-Verlag, 12. März 2012 https://www.amazon.de/Vergesst-Auschwitz-Erinnerungswahn-Endl%C3%B6sung-Israel-Frage/dp/3813504522
  3. Christopher Clark: „Die Schlafwandler: Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog“, DVA, 9. September 2013 https://www.amazon.de/Die-Schlafwandler-Europa-Ersten-Weltkrieg/dp/3421043590
  4. Christopher Clark: „Preußen: Aufstieg und Niedergang. 1600 – 1947“, DVA, 12. Februar 2007 https://www.amazon.de/Preu%C3%9Fen-Aufstieg-Niedergang-1600-1947/dp/3421053928
  5. Der Spiegel 33 / 2007: „Ein Bollwerk der Demokratie“

http://magazin.spiegel.de/EpubDelivery/spiegel/pdf/52559391

 

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-52559391.html

  1. Welt Online, 6.3.2012: “Die Endlösung der Israel-Frage” von Henryk M. Broder https://www.welt.de/politik/ausland/article13903849/Die-Endloesung-der-Israel-Frage.html
  2. haGalil.com, 7.1.2016: „Erinnerung als höchste Form des Vergessens“

http://www.hagalil.com/2016/01/eike-geisel/

  1. Dr. Korenz Blog, 15.9.2017: „Jüdische Stimmen für die AfD ??“ von Dr. Rafael Korenzecher (Jüdische Rundschau) https://drkorenz.com/2017/09/15/juedische-stimmen-fuer-die-afd/
  2. Das politisch inkorrekte Wörterbuch: Friedenshetzer https://piwords.wordpress.com/2007/11/23/friedenshetzer/
  3. Lizas Welt, 21.7.2014: „Demagoge des Mainstreams“ https://lizaswelt.net/2014/07/21/demagoge-des-mainstreams/
  4. Huffington Post, 21.7.2014: „Offener Brief an Jürgen Todenhöfer: Ihr Auftritt in der ARD macht mich fassungslos“ von Charlotte Knobloch http://www.huffingtonpost.de/charlotte-knobloch/offener-brief-an-juergen-todenhoefer-ihr-auftritt-in-der-ard-macht-mich-fassungslos_b_5606004.html
  5. Dr. Korenz Blog, 15.9.2017, a.a.O.
  6. Achse des Guten, 5.8.2016: „Deutschland, ich bin verrückt nach Dir!“ von Orit Arfa http://www.achgut.com/artikel/deutschland_ich_bin_verrueckt_nach_dir
  7. Dr. Korenz Blog, 15.9.2017, a.a.O.
  8. Nicolaus Fest zum Antisemitismus (Veröffentlicht: 9.11.2016)

https://www.youtube.com/watch?v=37CJgSb1b_8

  1. Friends of Judea and Samaria in the European Parliament: Members Who Support Our Goals http://judeasamaria.eu/support/
  2. The Jerusalem Post, 25.9.2017: „The Rise of Germany’s Far-Right: Its Impact on Europe and Israel“ by Gol Kalev http://www.jpost.com/International/The-rise-of-Germanys-far-right-AfD-leader-sits-down-with-the-Post-505898

Breitbart, 28.9.2017: „German Populist Beatrix Von Storch Says ‘Israel Could Be a Role Model for Germany’“ by Thomas D. Williams http://www.breitbart.com/london/2017/09/28/german-populist-beatrix-von-storch-says-israel-could-be-a-role-model-for-germany/

  1. Welt Online, 6.4.2017: „AfD ist einer der wenigen Garanten jüdischen Lebens“ von Matthias Kamann https://www.welt.de/politik/deutschland/article163446354/AfD-ist-einer-der-wenigen-Garanten-juedischen-Lebens.html
  2. Welt Online, 24.4.2017: ‘„Antisemitismus ohne Antisemiten“ greift um sich‘ von Alan Posener https://www.welt.de/politik/deutschland/article163957692/Antisemitismus-ohne-Antisemiten-greift-um-sich.html
  3. Die Zeit, Nr. 16 / 1976: „Linker Antisemitismus ist unmöglich“ von Gerhard Zwerenz http://www.zeit.de/1976/16/linker-antisemitismus-ist-unmoeglich
  4. Von Vera Lengsfeld, 18.3.2017: „Ein Kolossaldenkmal in Trier für einen Antisemiten“ http://vera-lengsfeld.de/2017/03/18/ein-kolossaldenkmal-in-trier-fuer-einen-antisemiten/
  5. Steven Crowder: „Why “Democratic” Socialism Doesn’t Work“ (Veröffentlicht: 31.3.2016) https://www.youtube.com/watch?v=-XgdtHewGR0

Steven Crowder: „Karl Marx Rebuttal: Debunking Communism from ‘The School of Life’“ (Veröffentlicht: 19.5.2016) https://www.youtube.com/watch?v=jFxWXbdqGIg

Paul Joseph Watson: „Why Capitalism is Great“ (Veröffentlicht: 12.1.2016) https://www.youtube.com/watch?v=Vc6PK7aqTO0

  1. Cicero Online: „Wie der Antisemitismus in die Linke kam“ von Timo Stein https://www.cicero.de/innenpolitik/wie-der-antisemitismus-die-linke-kam/42297
  2. The Tower Magazine, Issue 37, April 2016: „The Holocaust, the Left, and the Return of Hate“ by Jamie Palmer http://www.thetower.org/article/the-holocaust-the-left-and-the-return-of-hate/
  3. Jerusalem Center for Public Affairs: „The Cold-War Origins of Contemporary Anti-Semitic Terminology“ by Joel S. Fishman (Jerusalem Viewpoints, No. 517, 11-25 Iyar 5764 / 2-16 May 2004) http://www.jcpa.org/jl/vp517.htm

Fathom Journal, Summer 2017: „The Left and the Israeli-Palestinian conflict: The path to righteous hatred“ by Jamie Palmer http://fathomjournal.org/the-left-and-the-israeli-palestinian-conflict-the-path-to-righteous-hatred-2/

Fathom Journal, Summer 2017: „Antisemitism and Anti-Zionism in West Germany in the 1970s: Lessons for Today“ by Martin Jander http://fathomjournal.org/antisemitism-and-anti-zionism-in-west-germany-in-the-1970s-lessons-for-today/

  1. Michael Wolffsohn: „Israel, Brandt und die SPD“ https://www.wolffsohn.de/cms/images/Snippets_pdf/130616%20wams%20wolffsohn.pdf

Basler Zeitung, 5.1.2018: „Gabriel und das «Apartheid-Regime»“ von Benjamin Weinthal https://bazonline.ch/ausland/europa/gabriel-und-das-apartheidregime/story/13463512

  1. Welt Online, 11.7.2016: „Der unerklärte Krieg der DDR gegen Israel“ von Richard Herzinger https://www.welt.de/kultur/literarischewelt/article156939574/Der-unerklaerte-Krieg-der-DDR-gegen-Israel.html

Bundeszentrale für politische Bildung, 28.11.2006: „Antisemitismus in der DDR“ von Dr. Thomas Haury http://www.bpb.de/politik/extremismus/antisemitismus/37957/antisemitismus-in-der-ddr

Bundeszentrale für politische Bildung, 28.3.2008: „Das Verhältnis der DDR zu Israel“ von Sebastian Voigt http://www.bpb.de/internationales/asien/israel/45014/ddr-israel?p=all

  1. Welt Online, 18.7.2016: „Der verschwiegene Antisemitismus der deutschen Linken“ von Marcel Leubecher https://www.welt.de/politik/deutschland/article157108767/Der-verschwiegene-Antisemitismus-der-deutschen-Linken.html
  2. MENA Watch, 16.9.2017: „So einfach kann man muslimischen Antisemitismus wegdefinieren“ http://www.mena-watch.com/so-einfach-kann-man-muslimischen-antisemitismus-wegdefinieren/

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*) Der bekannte Blogger Adrian F. Lauber ist seit November 2017 regelmäßig Autor auf conservo.

www.conservo.wordpress.com   28.01.2018
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