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Von Peter Helmes
Das Bundesverwaltungsgericht hat ein Urteil in Sachen Fahrverbot für Diesel gesprochen – und Verbraucher sowie Ökonomen und viele Wirtschaftskommentatoren sind entsetzt
Selten hat ein Richterspruch in Deutschland derart gravierende wirtschaftliche Auswirkungen nach sich gezogen. Es war schon bei Beginn der „Diesel-Diskussion“ abzusehen, daß ein Verbot negative bis gefährliche Auswirkungen haben wird. Keine Überraschung also, daß kurz nach dem Urteil die Kurse der deutschen Autohersteller einbrachen. Das ist erst der Anfang. Das Urteil aus Leipzig birgt enormen politischen Sprengstoff.
Demokratie zum Abgewöhnen
Das Leipziger Urteil wirkt wie die Korrektur eines Schildbürgerstreiches und ist doch ein weiterer Streich, der den staatsgläubigen Bürger an der Gerechtigkeit und Verläßlichkeit der Politik zweifeln läßt. Bund und Länder haben gezögert, gezaudert und in die dreckige Luft geguckt – jahrelang. Und ausbaden muß das jetzt der ehedem mit Werbesprüchen – auch aus der Politik – zum Kauf eines Diesels verführt wurde. Die durch den Urteilsspruch festgelegte Lastenverteilung ist Demokratie zum Abgewöhnen.
Schuld an diesem Chaos sind Politik und Autohersteller. Die Politiker haben die Lage fast vorsätzlich unterschätzt.
In Zukunft – nach diesem verheerenden Richterspruch – dürfen Städte also Fahrverbote für Dieselautos zur Luftreinhaltung verhängen, was z. T. dramatische Folgen zeitigen wird: Allen voran die Menschen „auf dem Lande“ – private Anmerkung: Auch ich selbst bin betroffen, 10 km Entf. zur nächsten Einkaufsmöglichkeit. Existenziell hart wird es Handwerker und Lieferanten treffen, die mit den Fahrkosten kalkulieren müssen, aber mit ihren An- und Ablieferungen das wirtschaftliche Leben in Stadt und Land „am Laufen halten“.
Mit fatalen Folgen rechnen auch die Autobauer, die allerdings erhebliche Mitschuld an dem Desaster tragen. Benziner sind längst nicht so sparsam wie Selbstzünder, so daß die CO2-Emissionen der Flotten wieder steigen dürften. Und damit drohen BMW, Daimler, VW und Co. Strafzahlungen. Nun ja, das zu ergänzen sei erlaubt: Es ist die Politik, die sich von der Industrie immer wieder vertrösten ließ und bereitwillig dienert(e), wenn die Autokonzerne notwendige Grenzwerte Mal auf Mal verschieben wollten. Nun „haften“ sie mit.
Eine andere Frage, die mich beschäftigt: Ist das Urteil angemessen, weil es eine Übergangsfrist und Ausnahmen vorsieht? Ein klares Nein! Vom Urteil allein wird die Luft in den großen Städten auch nicht sauberer. Wer glaubt (wie die Grünen mitsamt ihren Umwelt-Betschwestern), lokale Fahrverbote könnten die Schadstoffbelastung minimieren, ist weltfremd. Die Umweltbelastung geht weiter.
Die „Deutsche Umwelthilfe“ – gemein oder nützlich?
Die Klage vorgebracht hat die „Deutsche Umwelthilfe“, die den Ruf hat, äußerst klagewütig zu sein. Man fragt sich, wieso ein Gericht Argumenten populistischer Gruppierungen folgt, die aus welchen Gründen auch immer dem Auto den Kampf angesagt haben. Machen wir uns nichts vor: Heute wird der Diesel wegen seines Stickoxidausstoßes angeprangert. Morgen wird auffallen, daß der Benziner mehr Kraftstoff verbraucht und mehr Kohlendioxid ausstößt und deswegen ebenfalls verboten gehört.
Wer ist dieser Verein DHU?
Wer ist dieser Verein, der Kommunen, Landesregierungen und sogar Berlin an die Wand spielt? Wie immer, wenn eine Nichtregierungsorganisation ihre Ziele mit sektiererischer Zwanghaftigkeit verfolgt, kommt zutage, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Wie finanziert sich ein Verein mit geringer Mitgliederzahl, aber mit 80 hauptamtlichen Mitarbeitern und mehreren Geschäftsstellen im Bundesgebiet, der in der Lage ist, teure Musterklagen bis in die letzte Instanz zu führen.
Die FAZ hat den „Diesel-Jägern“ und ihren Vor- und Hintermännern 2017 einen aufschlussreichen Einblick in das ungewöhnliche Geschäftsmodell gewidmet. Der Umwelthilfe sei es seit Jahrzenten egal, was ihre Forderungen für Arbeitsplätze bedeuteten, schreibt die FAZ, sie führe einen regelrechten Kreuzzug gegen den Diesel-Motor. Dafür nimmt man auch gerne seitens der DUH Spendengelder eines japanischen Autokonzern entgegen. Toyota unterstützte den Verein schon mal über Jahre mit jährlichen Beträgen im hohen fünfstelligen Bereich.
Zum Brot- und Buttergeschäft nutzt die Organisation seit mehr als zehn Jahren die ihr verliehene Verbandsklagebefugnis, um sich als Abmahner zu betätigen. Sie verlangt zum Beispiel von Händlern die Unterlassungsverpflichtung einer unzureichenden Kennzeichnung. Wenn der Händler unterschreibt, steht er mit einem Bein im Schuldturm: denn bei Zuwiderhandlung zahlt er saftige Vertragstrafen.
Und die DHU kontrolliert abgemahnte Firmen über Jahre und verfolgt sie bei Verstößen mit versierten Rechtsanwaltskanzleien. Dann sind schon mal bis zu 10.000 Euro und mehr fällig. 2014 nahm die DUH nach FAZ-Informationen mit den Abmahnungen 2,32 Millionen Euro ein, insgesamt ein Drittel des Etats. Nur im einstelligen Prozentbereich liegen dagegen die Einnahmen durch „Beiträge von Förderern und Paten“. Die Mitgliedsbeiträge sind für die DHU-Finanzierung zu vernachlässigen.
Verein kassiert Fördergelder über Fördergelder
Viel Geld kommt von Bündnispartnern aus der Wirtschaft. Neben Toyota spendet auch ein Hersteller von Dieselpartikel-Filtern. Ein Schelm, der sich Böses dabei denkt.
Einen Anstrich von Wahnsinn bekommt das Ganze, wenn man bedenkt, daß die DUH gegen 16 deutsche Städte wegen Verstoßes gegen Umweltauflagen klagt und gleichzeitig Fördergelder aus EU-Programmen bezieht. 2014 bis 2016 waren es jeweils 300.000 Euro. Natürlich basiert der Erfolg auch auf der Einbeziehung bestimmter Medien, die sich als Sprachrohre der Diesel-Kreuzzügler verstehen.
Deutlich wurde FDP-Chef Christian Lindner. Er spricht von „Schlag gegen Freiheit und Eigentum, weil wir uns zu Gefangenen menschengemachter Grenzwerte machen. Es müsse alles getan werden, damit es „nicht zu einer kalten Enteignung von Besitzern von Dieselautos komme und die Mobilität nicht eingeschränkt“ werde.
Auch die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel hatte sich schon frühzeitig zu Fahrverboten geäußert:
„Wer den Diesel politisch angreift, gefährdet rund 900.000 Arbeitsplätze“. Fahrverbote seien außerdem eine „Enteignung der Dieselfahrer“. Die AfD verlangt von der Bundesregierung eine verbindliche Zusage zum Erhalt der Dieseltechnologie für die nächsten Jahrzehnte: „Wir brauchen eine Dieselgarantie bis 2050, damit wir keinerlei Investitionsunsicherheiten mehr haben“, sagte AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel der „Rheinischen Post“.
Helmut Dedy vom Deutschen Städtetag hält Fahrverbote als Mittel gegen Feinstaubbelastung nicht für “die Ideallösung”. Er sagte im Dlf (28.2.18), die Städte hätten derzeit überhaupt nicht die Möglichkeit, solche Verbote umzusetzen. Er forderte eine einheitliche Regelung für die Kennzeichnung von Diesel-Fahrzeugen.
Das setzt dem Diesel-Theater die Scheinwerfer auf:
Ausgerechnet der Chef der Deutschen Umwelthilfe, Resch, sagte allen Ernstes im Dlf (28.2.18), die Politik müsse sich aus dem „Würgegriff der Autoindustrie befreien“.
Das kann man nur bejahen, wenn man zu den Linkszerstörern unserer Gesellschaft gehört! Statt „Würgegriff der Autoindustrie“ wäre treffender: „Würgegriff der radikalen Lobbyisten“; denn wenn der Lobbychef es will, stehen alle Räder still. Oder genauer:
Die Autoindustrie schafft Arbeitsplätze, diese Lobbyisten gefährden oder vernichten sie! Und die Politik versagt!
„Die Politik hat hier völlig versagt, die letzten Verkehrsminister haben eine katastrophale Arbeit geleistet. Die Bundesregierung wurde jahrelang abgemahnt und hat nichts getan. Durch ihre Untätigkeit hat sie das Problem noch größer werden lassen.“ (Ferdinand Dudenhöffer, Professor an der Universität Duisburg-Essen und Direktor des Center Automotive Research (CAR)
Willkommen im Diesel-Theater!
Kurz: Das Ganze ist ein einziges Diesel-Theater. Allerdings ist die Eintrittskarte für diese Vorstellung sündhaft teuer – wenn nicht existenzgefährdend! Diesel-PKW-Fahrer können nicht zur Arbeit erscheinen, solange auch die öffentlichen Verkehrsmittel (z. B. Busse) mit Dieseltreibstoff betrieben werden. Die meisten Taxis trifft es ebenso. Innerstädtische Lieferungen fallen aus und werden mittels Handkarren befördert. Einsatzfahrzeuge, die (noch) Diesel tanken, werden durch Sankas (tragbare Pritschen) ersetzt.
Und Ausländer mit Dieselautos bleiben am besten zuhause. Denn für Diesel gibt es in diesem unserem absolut manipulationsfreien Lande jetzt schon mehr Ausnahmeregelungen, als sie verstehen werden – und nur die Fachleute blicken durch. Obendrein ist der ganze Irrsinn nicht einmal kontrollierbar!
Zum Ende der Theatervorstellung darf durchaus gefragt werden:
„Liebe Politiker, was macht Ihr denn, wenn die Luft trotz allem weiterhin so schmutzig ist wie Euer Verordnungswahn?“
(Vorhang!)