(www.conservo.wordpress.com)
Von Peter Helmes
Gerade die „kleinen Dinge“ bewirken mehr, als man denkt: Ein muslimischer Polizist muß nun auch Frauen die Hand geben
Weltweit sind die Franzosen als solche bekannt als kleine (und große) Alltagsphilosophen. Sie haben für alles eine Erklärung – und stellen sie dann infrage. In ungezählten Fabeln, Gleichnissen und Romanen brillieren berühmte und weniger illustre frankophone Geister mit erlesenen Texten über den Sinn des Lebens, so geschrieben (oder oft auch vertont), daß auch der „kleine Mann“ sie versteht. Der Franzose, ein Meister der Allegorie!
Jeder ein kleiner Jean de La Fontaine – partout nicht zu verwechseln mit dem deutsch-nüchternen Oskar. La Fontaine, den Meister der Fabel, kennt jeder Franzose von Schulkindsbeinen an.
Diesem großen Meister des Wortes wird u. a. der Satz zugeschrieben: „Ils sont les petites choses, qui font la différence“ – „es sind die kleinen Dinge, die den Unterschied machen“.
Warum ich das als Vorwort vor die nächste Geschichte schreibe, liegt auf der Hand:Ein Handschlag an sich ist gewiß kein wichtiger Vorgang. Wenn aber der einfache Handschlag (z. B. bei einem „Guten Tag, Herr X oder Frau M.!“) aus Gründen einer radikalen Religions- bzw. Ideologieauffassung verwehrt wird, erhält ein solch an sich nichtiger Vorgang erhöhte Bedeutung.
Was geschehen war, läßt sich schnell schildern:
Ein muslimischer Polizist in Koblenz (Rheinland-Pfalz) hatte Mitte 2017 aus religiösen Gründen den freundlich angebotenen Handschlag einer Kollegin verweigert. Das wollte die Polizistin aber so nicht hinnehmen und „fragte“ ihre Vorgesetzten, die prompt ein Disziplinarverfahren eröffneten. Dieses Verfahren sollte klären, ob durch die Verweigerung des Handschlags beamtenrechtliche Vorschriften verletzt werden, und ob die religiöse Haltung sich auf die Dienstführung auswirken könne.
Den wackeren Moslem traf das Pech: Er wurde per schriftlicher Erklärung dazu angehalten, hinfort sich zu den „Prinzipien der freiheitlich demokratischen Grundordnung“ zu bekennen – was das Polizeipräsidium Koblenz dann auch so veröffentlichte, in bestem Amtsdeutsch natürlich:
Zum Abschluß des Disziplinarverfahrens wurde befunden, auch ein muslimischer Polizeibeamter müsse, da er ein Repräsentant der rheinland-pfälzischen Polizei sei, „Frauen ohne Ausnahme und ohne Vorbehalte als gleichberechtigt“ ansehen und dürfe den Handschlag nicht verweigern. Nach Abschluß eines Disziplinarverfahrens habe der Beamte eine schriftliche Erklärung unterzeichnet, in der er sich zu den „Prinzipien der freiheitlich demokratischen Grundordnung“ bekenne. Bei einem Verstoß gegen die Verpflichtung müsse der Polizist „mit der Entfernung aus dem Dienst“ rechnen. Außerdem müsse er ein Bußgeld zahlen, teilte das Polizeipräsidium Koblenz noch mit.
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conservo kommentiert:
Da werden also wegen solch einer Nichtigkeit der große Behördenapparat in Gang gesetzt, „Verfahren“ angeordnet, Sitzungen abgehalten – und schließlich die causa entschieden.
Ich werde den Eindruck nicht los, daß die verehrten Vorgesetzten selbst nicht den Mumm aufbrachten, den „Fall“ sofort vom Tisch zu fegen, den verehrten mulimischen Kollegen zu mahnen und ihm dienstrechtliche Konsequenzen anzukündigen, sollte er seine Haltung nicht ändern – und zwar schriftlich. Stattdessen versteckten sich die tapferen Vorgesetzten hinter einem „Diziplinarverfahren“.
Ich ließe eine Ausrede zu, aber würde sie nicht gutheißen: Wahrscheinlich befürchteten(n) der oder die Vorgesetzte(n), bei Nichttolerierung der Haltung des muslimischen Kollegen als Nazi oder Rassist beschuldigt zu werden. Wie sagt der Volksmund: „Is wat dran, geht aber nicht!“
Will heißen: Jeder kann ein bißchen „aufräumen“. Das reflexartige Rufen nach „Denen da oben“ ersetzt nicht den eigenen Mut. Der muslimische Kollege scheint „Integration“ anders zu interpretieren, als das nötig ist. Diesen fehlenden Respekt – vor allem vor Frauen – sollten wir keinen Millimeter dulden.
Es gehört gewiß ein wenig Mut dazu, seine eigene Haltung offen zu zeigen. Wegducken ist aber keine Lösung, sondern macht das Übel größer.
Um zu Monsieur de La Fontaine zurückzufinden: „Es sind eben die kleinen Dinge, die den Unterschied machen.“ Da zeigt sich der wahre Meister!