(www.conservo.wordpress.com)
- Afrin fällt an die Türken
Afrin, die kurdische Stadt im Norden Syriens, ist an die Truppen des Erdogan-Regimes gefallen, die seit Januar im Nachbarland zugange sind. Die türkischen Soldaten haben das Zentrum von Afrin vollständig unter Kontrolle gebracht, gab Staatschef Sultan Recep Tayyip der Erste (offiziell: Präsident Erdogan) bekannt.1
Offiziell heißt es, dass man nur den Weg für die Heimkehr der syrischen Flüchtlinge frei schießen will.
Da aber die meisten Syrer, die sich derzeit in der Türkei aufhalten, gar nicht aus diesem Teil des Landes stammen, steht der begründete Verdacht im Raum, dass die Regierung in Ankara hier etwas ganz anderes im Sinn hat: planvollen Bevölkerungsaustausch und ethnische Säuberungen an Kurden, die mit ihren nationalen Unabhängigkeitsbestrebungen dem Erdogan-Regime ein Dorn im Auge sind.2
Wie es aussieht, geht es hier um mehr als darum, die kurdischen Volksschutzeinheiten (YPG) zu vertreiben, die von der türkischen Regierung als verlängerter Arm der kurdischen PKK angesehen werden. (Die PKK gilt auch in den USA und in der EU als Terrororganisation.)Kurdische Milizionäre berichteten, sie hätten Zivilisten evakuieren müssen aufgrund von „Massakern“, die die türkischen Soldaten und mit ihnen verbündete Kämpfer verübt haben.3
Im Distrikt Afrin werden nach Angaben der kurdischen Miliz SDF bereits arabische und turkmenische Familien angesiedelt. Von türkischer Seite werden die Vorwürfe bestritten.4
Die Türken kämpfen Seit an Seit mit Milizen, die sie im Laufe des Syrien-Krieges aufzubauen geholfen haben. Diese Hilfstruppen, die seit Januar gemeinsam mit Ankaras Soldaten im Norden Syriens kämpfen, sind etwa 25.000 Mann stark.
Eine regierungsnahe türkische Nachrichtenseite veröffentlichte neun Tage nach dem Beginn der Operation „Olivenzweig“ eine Infografik, die die syrischen Rebellengruppen zeigt, die gemeinsam mit der türkischen Armee kämpfen. Drei Divisionen gehören zur so genannten Nationalarmee, die von einer syrischen Gegenregierung befehligt wird, die sich in der Türkei aufhält.
Diese Armee besteht mindestens zum Teil aus glühenden Dschihadisten, die früher bei der so genannten Freien Syrischen Armee (FSA) gekämpft haben, die von vielen im Westen anfangs für moderat gehalten, aber beizeiten auch von radikalen Kräften unterwandert wurde, die wohl kein Stück besser sind als der Diktator Baschar al-Assad …
Diese Kämpfer sind nach ihren Niederlagen etwa in Damaskus, Aleppo, Idlib, Hama und Homs in die Türkei geflohen und wurden dort vom Erdogan-Regime vor seinen eigenen Karren gespannt.
Auch weitere ultra-radikale Fraktionen wie die Brigade „Sultan Mehmed der Eroberer“, die Hamza-Division oder die Sham-Legion kämpfen nun im Auftrag Ankaras.5
Es fällt nicht schwer, sich auszurechnen, was für eine Art der Behandlung die Kurden von diesen Leuten zu erwarten haben …
Apropos Dschihad:
In diesen Tagen meldete sich der türkische Parlamentarier Alparslan Kavaklıoğlu, Mitglied von Erdogans AKP, zu Wort und sagte:
„Das Glück und der Wohlstand der Welt bewegen sich von Westen nach Osten. Europa durchlebt eine außergewöhnliche Zeit. Seine Population schrumpft und altert. Es hat eine sehr alte Bevölkerung. Also bekommen Menschen, die von auswärts kommen, dort Arbeitsstellen. Aber Europa hat folgendes Problem. Alle Neuankömmlinge sind Muslime. (…) Es ist inzwischen so weit, dass der beliebteste Name in Brüssel, Belgien, Mohammed ist. Der zweitbeliebteste ist Melih und der drittbeliebteste Ayse.“
Dem Abgeordneten zufolge „wird die muslimische Population die christliche Population in Europa überflügeln. Dies hat … nationalistische, fremdenfeindliche und antiislamische Rhetorik gestärkt. Daher haben marginale, kleine Parteien begonnen, viele Wählerstimmen zu gewinnen. (…) Aber es gibt keine Abhilfe. Europa wird muslimisch sein.“6
Abgesehen davon, dass die Neuankömmlinge größtenteils keinerlei berufliche Qualifikationen haben, vielfach nicht mal richtig lesen und schreiben können7, also keineswegs in den Arbeitsmarkt, sondern ins Sozialsystem einwandern werden, liegt der Abgeordnete mit seiner Einschätzung recht günstig.
(Wobei es natürlich eine bodenlose Frechheit ist, dass ein Anhänger des antisemitischen, radikal-islamischen Diktators Erdogan es wagt, anderen nationalistischen Extremismus und Fremdenfeindlichkeit zu unterstellen!)
Ankara frohlockt, weil es siegesgewiss ist. Staatschef Erdogan hat bekanntlich die türkischen Frauen in Europa dazu aufgerufen, pro Nase fünf Kinder zu bekommen, weil auch er Europa mit demographischen Mitteln erobern will.8 Ein Unterfangen, das angesichts der ausgeprägten Familienfeindlichkeit und des Hedonismus der Europäer durchaus realisierbar ist.
Angela Merkel und ihre zahlreichen Lakaien arbeiten dran.
Hätte Merkel im Jahr 7329 oder 84610 oder 145311 oder 152912 oder 168313 schon gelebt, wäre Europa längst islamisch.
2.Wie kann Syrien gerettet werden?
500.000 Menschen sind tot, über 10 Millionen sind Flüchtlinge innerhalb Syriens oder inzwischen außer Landes.
Es gibt in Syrien durchaus Orte, an denen man trotz Krieg immer noch relativ sicher und normal leben kann, aber weite Teile des Landes sind zu einem Schlachtfeld geworden.
Mit Hilfe Russlands und des Iran hat Baschar al-Assad am eigenen Land grausame Verbrechen begangen und von seinen Anhängern begehen lassen.
Die Tatsache, dass viele seiner Gegner – wie oben angedeutet – mindestens genauso schlimm sind, macht die Sache nicht besser.
Massenmorde mit Fassbomben, Aushungern und Foltern von Menschen, Vergasungen, Kriegsführung ohne Rücksicht auf Zivilisten, für all das gibt es keine Entschuldigung.14
Hinzu kommt: wie schon mehrfach erwähnt, sind das Assad-Regime und sein iranischer Protektor ja offenbar dabei, einen gezielten Bevölkerungsaustausch durchzuführen. Land, auf dem früher Sunniten wohnten, wird jetzt mit Schiiten und Assad-Treuen besiedelt.15
Wenn Vertreibungen stattfinden und das syrische Regime, wie ein inzwischen toter Top-General von Assad gesagt hat, die Flüchtlinge aus dem Ausland nicht zurückkehren lassen will, dann kann auch die Flüchtlingskrise nicht gelöst worden, solange Assad an der Macht bleibt. Der General hat sich später korrigiert und behauptet, er hätte nur gemeint, dass die besiegten Terroristen niemals nach Syrien zurückkehren sollen.16 Ob das ehrlich gemeint war, lasse ich mal dahingestellt.
Die Trump-Administration in Washington bleibt bislang noch die Vorlage eines Plans schuldig, wie es mit Syrien weitergehen soll.
Die Putin-Administration in Moskau hat indessen offenbar keinerlei Skrupel, Assad weiterhin zu unterstützen.
Ich muss mir selbst eine Menge Asche aufs Haupt schütten, weil ich mir über einen zu langen Zeitraum das Ausmaß der Verbrechen, die in Syrien verübt werden, nicht klar gemacht habe und den Diktator Assad sogar verteidigt habe. Jetzt bin ich wütend auf mich selbst, aber auch wütend auf die vielen Pseudo-Bessermenschen, denen Flüchtlingsschicksale angeblich so sehr zu Herzen gehen, denen es aber völlig wurscht ist, was dort drüben im Orient passiert – die nicht im Geringsten daran denken, etwas zu unternehmen, um vor allem Assad und den Iran aufzuhalten. Dabei hätte der Westen theoretisch die Macht dazu, wenn er zur Lösung der Syrien-Krise zusammenarbeiten würde.
Man lässt zu, dass sich nicht das Gleiche, aber etwas Ähnliches wie einst in Ruanda oder in Darfur nun in Syrien wiederholt.
Wie sieht die Situation aus?
Amotz Asa-El, leitender Berichterstatter der Jerusalem Post, fasst es so zusammen:
„Zu Beginn des Bürgerkriegs zählte die Türkei zu den lautstärksten Kritikern Assads. In der Theorie fordert Ankara nach wie vor Assads Amtsenthebung, ebenso wie Assad den Rückzug der Türkei von syrischem Boden verlangt.
In der Praxis sieht es jedoch so aus, dass Assad und Erdogan sich gegenseitig erlauben, die syrischen Bevölkerungsgruppen zu missbrauchen, die der jeweils andere als eine Bedrohung für seine Macht empfindet: in Erdogans Fall sind dies die im Norden Syriens lebenden Kurden, in Assads Fall die Sunniten im Grossraum Damaskus.
Mit anderen Worten ist die ursprüngliche Haltung der Türkei gegenüber Syrien, die darin bestand, es unversehrt zu lassen und lediglich seine Führung zu ersetzen, nun einer Politik gewichen, die zum Ziel hat, die syrischen Kurden zu unterdrücken und Syrien in Bereiche zu unterteilen, die der jeweils türkischen, russischen und iranischen Kontrolle unterliegen.
Dieser Gesinnungswechsel Ankaras wurde durch die Erkenntnis bewirkt, dass sich niemand dem Iran, der sich rücksichtslos seinen Weg nach Syrien bahnte, in die Quere stellte.
Der Plan des Iran ist nicht nur, eine Landbrücke von Teheran bis an die Küsten Syriens und des Libanon zu schaffen, sondern auch, die ethnische Landschaft Syriens umzustrukturieren. Das ist auch der Grund, warum die Mullahs schiitische Araber aus dem Irak in den Westen Syriens schickten, von wo Assads Streitkräfte die einheimischen Sunniten vertrieben.
Der iranische Generalmajor Qassem Soleimani, Kommandant der Quds-Einheit der Islamischen Revolutionsgarden, 2015 mit Milizionären in Aleppo (FDD’s Long War Journal17)
Assads Minderheit, die Alawiten, sind ein Zweig der Schia, der Variante des Islam, der die meisten Iraner angehören. Die Alawiten und die Iraner streben gleichermassen an, den Westen des Landes, der nicht nur fruchtbarer ist, sondern auch über eine bessere wirtschaftliche Infrastruktur verfügt, mit Schiiten zu bevölkern und die Sunniten aus dem Westen ins östliche Hinterland zu drängen.
Das ist auch der tiefere Zusammenhang in Ghouta. Assad will so viele Sunniten seiner Hauptstadt wie möglich durch Schiiten ersetzen. Das ist es auch, was er in Aleppo zu erreichen versucht. Und all das wird von den Bombardements der russischen Luftwaffe unterstützt.
Tatsächlich ist das, was sich in Syrien abspielt, im Gegensatz zu den anderen Genoziden und ethnischen Säuberungen der Nachkriegszeit, keine lokale Angelegenheit, so wie es bei den Präzedenzfällen in Kambodscha, Ruanda und dem Sudan der Fall war. Das syrische Chaos ist von Natur aus international.
Denn an DEN GRÄUELTATEN in Syrien sind drei altbewährte Säulen des internationalen Systems beteiligt: Der Iran, der eine der wenigen Nationen ist, deren Identität, Kultur und Souveränität bis in die Antike zurückreichen; die Türkei, die über das zweitgrösste Militär der NATO verfügt, und Russland, eine Grossmacht und ständiges Mitglied des Sicherheitsrats, das den syrischen Krieg benutzt, um die geopolitische Schlagkraft wiederherzustellen, die es nach dem Kalten Krieg verlor.
Dennoch konzentriert der Westen seine Beteiligung auf das begrenzte Problem des Islamischen Staats und auf Chemiewaffen – und selbst das nur halbherzig und unbeständig.“18
Der letzte Absatz ist besonders wichtig. Wenn die Syrien-Krise gelöst werden soll, kommen die Amerikaner und ihre Verbündeten um eine Stärkung ihrer militärischen Präsenz nicht herum.
Sie können Assad oder den Iran verurteilen wie sie wollen. Solange sie ihrer Sache keinerlei Nachdruck verleihen können, sorgt so etwas in Damaskus oder in Teheran vermutlich nur für ein müdes Lächeln.
Klar ist, dass ein derart verwüstetes Land auch nach Beendigung des Krieges auf Jahre hinaus nicht ohne Hilfe lebensfähig sein wird. Man müsste es auf Dauer erst einmal fremd verwalten und neu ordnen, um es dann wieder in nationale Unabhängigkeit zu entlassen – mit einer neuen Regierung, denn der alte Staatschef gehört vor Gericht.
Quellen:
- The Guardian, 18.3.2018: „Turkey claims Afrin city centre is under ‘total’ control“ by Agencies in Istanbul https://www.theguardian.com/world/2018/mar/18/turkey-claims-afrin-city-centre-under-total-control-syria
- Siehe meine Nahost-Updates vom 7.3.2018
- The Guardian, 18.3.2018: „Syria’s new exiles: Kurds flee Afrin after Turkish assault“ by Martin Chulov https://www.theguardian.com/world/2018/mar/18/syrias-new-exiles-kurds-flee-afrin-after-turkish-assault
- Reuters, 13.3.2018: „Syrian SDF accuses Ankara of ethnic cleansing in Afrin, Turkey denies“ https://www.reuters.com/article/us-mideast-crisis-syria-turkey-populatio/syrian-sdf-accuses-ankara-of-ethnic-cleansing-in-afrin-turkey-denies-idUSKCN1GP13F
- Gatestone Institute, 20.3.2018: „Who Are the Jihadists Fighting alongside Turkey in Syria?“ by Sirwan Kajjo https://www.gatestoneinstitute.org/12061/turkey-jihadists-syria
- Gatestone Institute, 19.3.2018: „Kurdish Afrin Falls to Turkey – Turkish Government Official: “Europe Will be Muslim”“ by Uzay Bulut https://www.gatestoneinstitute.org/12050/turkey-demographic-jihad
- Die Zeit, Nr. 47 / 2015: “Zwei Drittel können kaum lesen und schreiben” http://www.zeit.de/2015/47/integration-fluechtlinge-schule-bildung-herausforderung
- Welt Online, 17.3.2017: „Türken in Europa sollen fünf Kinder kriegen“ https://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/infoline_nt/brennpunkte_nt/article162945380/Tuerken-in-Europa-sollen-fuenf-Kinder-kriegen.html
- 732: Schlacht bei Tours und Poitiers: Karl Martell (der Großvater Karls des Großen) und sein Ritterheer wehren die Invasion der Araber im Frankenreich ab
- 846: Die Araber überfallen Rom, aber die Eroberung der Stadt misslingt auch aufgrund der Mauern, die der römische Kaiser Aurelian (270-275) hatte errichten lassen. (Aurelian wäre nach Merkel’schen Maßstäben ein intoleranter, xenophober Rechtspopulist. Er würde zur Teilnahme an einem Seminar „Angewandte Willkommenskultur“ verdonnert werden.) Die Bedrohung vom Süden her bleibt noch über Generationen erhalten. Die letzte Bastion der Sarazenen in Italien fällt erst im Jahr 1091.
- 1453: Konstantinopel (das heutige Istanbul) fällt an die Türken, das Oströmisch-Byzantinische Reich geht unter. Wenig später beginnen die Heere des Sultans mit der Eroberung Südosteuropas.
- 1529: Die Türken vor Wien werden abgewehrt.
- 1683: Die Türken vor Wien werden abermals abgewehrt.
- Siehe meine Artikel-Serie „Baschar al-Assad – ich muss meine Meinung ändern“
- Middle East Forum, 15.3.2017: „The Syrian Civil War & Demographic Change“ by Aymenn Jawad al-Tamimi http://www.meforum.org/6600/the-syrian-civil-war-demographic-change
- Middle East Eye, 12.9.2017: „Syrian general apologises after apparently warning refugees against return“ http://www.middleeasteye.net/news/syrian-army-general-threatens-refugees-do-not-return-1410619304
- FDD’s Long War Journal, 18.10.2015: „Qods Force commander photographed with Iraqi militia in Aleppo“ by Caleb Weiss (Threat Matrix) https://www.longwarjournal.org/archives/2015/10/qods-force-commander-photographed-with-iraqi-militia-in-aleppo.php
- Audiatur Online, 20.3.2018: „Was in Syrien geschieht und wie es beendet werden könnte“ von Amotz Asa-El http://www.audiatur-online.ch/2018/03/20/was-in-syrien-geschieht-und-wie-es-beendet-werden-koennte/