Das Kartenhaus von Merkel, Juncker und Macron

(www.conservo.wordpress.com)

Ein Gastbeitrag von Jörg Gebauer *)

Viele EU-Kommissare haben in ihren Heimat-Ländern keine Mehrheit mehr. Sie sind nur noch auf Abruf in Brüssel

Die Uhr läuft für die meisten EU-Kommissare in einem Jahr spätestens ab.

Mehr als ein Drittel hat sowieso keinerlei Rückhalt mehr bei ihren jeweiligen nationalen Regierungen und erst Recht nicht mehr bei ihren jeweiligen nationalen Parlamenten. Sie sind auf Abruf gewissermaßen. Der Ruck der letzten Jahre bei Wahlen in ganz Europa hin zu konservativ-liberal läßt die ganze Juncker-Veranstaltung mehr und mehr zu einer Luftnummer werden. Merkel, die SPD und Macron wissen das; möchten es aber „um Himmels Willen“ nicht diskutiert wissen. Eine einfache Augenschein-Prüfung ergibt folgendes Bild:

Nicht alle EU-Kommissare wurden genau evaluiert.

Aber das Zwischen-Ergebnis ist erschreckend genug, denn die folgenden hohen EU-Funktionäre Timmermans, Draghi (EZB), Mogherini, Tusk, Moscovici, Jourová, Avramopoulos, Malmström und Bieńkowska werden nicht mehr durch ihre eigenen Länder mitgetragen.

Sie machen Politik in der EU und haben „zu Hause“ keine Mehrheiten mehr.

Dijsselbloem wurde bereits zum Jahreswechsel entlassen. Ein erster Schritt zumindest.

In der Liste fehlt der eine oder andere.

Mehr als ein Drittel dieser „Truppe“ ist auf der Basis von nationalen Parlaments-Wahlen der Jahre 2009 bis 2014 zu ihren EU-Posten gekommen. Zu einer Zeit, als der „europäische Normalbürger“ noch brav und gerne links-liberal-bunt-grün-sozialistisch wählte. Die Liste ist – wie gesagt – nicht vollständig. Ergänzungen sind von daher erwünscht.

Viele werden vielleicht ganz amüsiert sein darüber, dass das Verfall-Datum des einen oder anderen „Herrn Kommissar’s“ sich nun nähert.

Etwas anderes ist hingegen wirklich erschreckend:

Etliche der bisherigen Kommissare und insbesondere der EU-Kommissarinnen (endlich lohnt sich die gegenderte Schreibweise) weisen eine extrem spärliche Berufs-Biographie auf:

Bachelor um die Jahrtausend-Wende, Dünnbrett-Bohrer-Master an irgendeiner europäischen Fern-Universität und dann zwei oder drei Praktika bei einer NGO oder einer provinziellen Bezirksregierung.

Das war’s dann auch schon.

Oder:

Wer weint im kommenden Jahr beim Abschied Mogherinis ihr wirklich eine Träne nach?

Bestimmt nicht die Völker Mittel- und Osteuropas, wenn sie denn einmal gewahr würden, dass Mogherinis politische Laufbahn just zu einem Zeitpunkt (1988) begann, als die damaligen Ostblock-Staaten gegen die Sowjetunion aufmuckten:

In der großen europäischen Wendephase trat sie ausgerechnet in die Kommunistische Partei Italiens ein.

Wie schrieb der ehemalige SPD-Bundestags-Abgeordnete Gunter Weißgerber kürzlich in seiner Replik auf Michael Müllers Forderung nach einem EU-Comeback „des großen Schulz“?

Hast Du einen Opa, schick ihn nach Europa!

Ob er/sie Schaden anrichten wird, würde niemals jemand konkret erfahren. Von deren nie direkt nachvollziehbaren Wirkungen auf unser Leben ganz zu schweigen. Europa ist immer noch weit weg.“

Bedrohlich geradezu, wenn wir nun im kommenden Jahr das genau umgedrehte Phänomen erstmals erleben dürfen:

Relativ – an Lebensjahren – junge ehemalige EU-Kommissare kehren auf die jeweilige nationale Wirkungsstätte sogar zurück.

Dort werden sie aber auf Grund der veränderten parlamentarischen Mehrheitsverhältnisse, die sie in ihren Heimat-Ländern neu vorfinden, nicht so schnell Schaden anrichten können.

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Zum Autor: Jörg Gebauer ist ausgebildeter Staatswissenschaftler (Magister in Politik, Jura und Soziologie). Daneben hat er Kriminologie, Volkswirtschaftslehre sowie Staatsphilosophie studiert. Von 1979 bis 2014 war er Mitglied der SPD. Unter anderem gehörte er dem Juso-Bundesausschuss fünf Jahre lang an und war von Februar 1990 zuerst Mitglied der „Einsatzgruppe Deutsche Einheit“ und im direkten Anschluss daran Mitarbeiter des Deutschen Bundestages bis Juni 1992. Dort unter anderem tätig für den ehemaligen Staatsminister Hans-Jürgen Wischnewski („Ben Wisch“). Zuvor war er drei Jahre Angestellter der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz. Seit 1992 ist Jörg Gebauer als Berater in der freien Wirtschaft tätig. Er arbeitet für mehrere große deutsche Firmen als Change-Agent, als Führungskräfte-Trainer sowie als Personal- und Kommunikationsberater.

* (Quelle: https://derbundestag.de/2018/05/17/das-kartenhaus-von-merkel-juncker-und-macron/)
www.conservo.wordpress.com   25.5.2018
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