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Von Dieter Farwick, BrigGen a.D. und Publizist *)
Vom Musterschüler der NATO zum Prügelknaben
Der desolate Zustand der Bundeswehr konnte kein nationales Geheimnis bleiben. Der Verfasser erinnert sich noch an Respekt und Ansehen, dass Deutschland mit seinen Streitkräften im In- und Ausland hatte – nicht nur in der NATO. Das deutsche Wort hatte innerhalb und außerhalb des Bündnisses großes Gewicht. Deutschland erfüllte im Bereich der Streitkräfte eine wichtige Vorbildfunktion. Im Bündnis besetzte Deutschland in Europa entscheidende Schlüsselpositionen mit einer überzeugenden „ Hausmacht“. Diese Zeiten sind – leider – vorbei. Die Bundeswehr war von Beginn an „ unterfinanziert“. In 13 Jahren der jetzigen Regierung hat sich dieser Trend deutlich verschärft.
Die Bundeswehr schiebt eine große Bugwelle von notwendigen Verbesserungen in allen Bereichen – Personal und Material – vor sich her, da wichtige Vorhaben verschoben oder gestrichen werden mussten. Sie kann NATO-Verpflichtungen nicht mehr einhalten. Etliche Luft- und Landfahrzeuge müssen „kannibalisiert“ werden, um einen kleinen Teil einsatzfähig zu halten. Der Verfasser bezeichnet seit langem die Bundeswehr und ihre Streitkräfte als „ nicht einsatzbereit“.
Diese Bewertung teilt das als seriös anerkannte Magazin „ The Economist“ vom 28.7.2018 in dem Beitrag „Outgunned“ in vollem Umfang. „The German armed forces are desperately short of equipment, money, and, above all, public support.“ Dies ist allerdings in der NATO kein Alleinstellungsmerkmal für Deutschland. Das gilt auch für andere Staaten. Das reiche Deutschland könnte wieder eine Vorbildfunktion übernehmen.
Es fehlen im deutschen Volk Behauptungswillen und Verteidigungsbereitschaft
„ The Economist“ spricht den fehlenden Behauptungswillen und Verteidigungsbereitschaft des deutschen Volkes an. Die Politik reagiert darauf entsprechend mit „ Weiter so!“ Der Anteil der Verteidigungsausgaben ist weit entfernt von der Benchmark von zwei Prozent, die die NATO-Mitgliedsstaaten 2014 als „Bemühungsklausel“ unterschrieben haben – inklusive der schwarz-roten Regierung. Einige ehemalige und jetzige Mitglieder der Regierung wollen am liebsten ihre Unterschrift aus den Geschichtsbüchern streichen. Einige faseln von „ Zahlenfetischismus“ und „ Rüstungsspirale“. Andere unterstellen der Bundeswehr, sie könne sinnvoll gar nicht mehr ausgeben. Dummheit oder Frechheit?
Die jetzige Regierung hat bereits offiziell für das entscheidende Zieljahr 2024 verkündet, dass sie die Benchmark von 2,0 Prozent nicht erreichen wird, sondern sich mit 1.5 Prozent begnügen wird – ein Affront!
Nach dem NATO-Gipfel im Juni 2018 verkündete die Kanzlerin, dass man nun wisse, man müsste mehr für die Verteidigung tun, auch um den Zusammenhalt im Bündnis zu verbessern. Sie wurde sofort von ihrem Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz eingefangen und bloßgestellt, der keine Steigerungsmöglichkeiten sieht. Der Haushalt für das Jahr 2019 und die mittelfristige Finanzplanung bis 2022 sehen nur marginale Steigerungen der Verteidigungsausgaben vor. War da etwas mit der Richtlinienkompetenz der Kanzlerin? Es gibt so gut wie keinen Druck aus der Öffentlichkeit, den Medien und der Politik, diese unverständliche Haltung zu korrigieren.
Leider gibt es auch keinen Druck aus den Streitkräften, obwohl in Reden zum 20. Juli immer wieder das Recht auf Widerstand betont wird. Die rd. 200 aktiven Generäle und Admiräle hüllen sich öffentlich in Schweigen.
Die letzten Rücktritte von höheren Generalsrängen liegen Jahre zurück. Wo bleibt die Courage in Uniform, die regelmäßig an jedem 20. Juli mit hehren Worten angemahnt wird? Auch die überwiegende Mehrheit der Ehemaligen schweigt sich aus.
Jetzt hat Frau von der Leyen eine zündende Idee
Das muss man Frau von der Leyen lassen. Was sie sich einmal in den Kopf gesetzt hat, will sie gegen alle Widerstände durchsetzen. Das gilt auch für die von ihr bereits vor Jahren verkündete „Trendwende Personal“, die offenkundig das gewünschte Ziel, die Bundeswehr von rd. 180.000 auf 200.000 Soldatinnen und Soldaten aufzustocken, bislang nicht erreicht hat. Die Aufstockung kostet Geld. Woher soll das Geld kommen? Es ist bislang in der mittelfristigen Finanzplanung nicht eingestellt.
Der Anteil von Frauen sollte von 12 auf 20 Prozent aufgestockt werden. Fehlanzeige. Das Image der Bundeswehr, die Frau von der Leyen einmal zum „attraktivsten Arbeitgeber Deutschlands“ machen wollte, verleitet junge deutsche qualifizierte Menschen offensichtlich nicht dazu, „ zu den Fahnen zu eilen“. Jetzt hat Frau von der Leyen einen genialen Einfall, den sie von Spanien abgekupfert hat. Spanien hat in einer ähnlichen misslichen Personalnot Nichtspaniern das verlockende Angebot gemacht, nach vier Jahren in den spanischen Streitkräften die spanische Staatsbürgerschaft zu erhalten. Das Echo ist mager, besonders was den qualifizierten Nachwuchs angeht. In Deutschland bestimmt das Gesetz, dass nur „deutsche Staatsbürger“ in den deutschen Streitkräften dienen dürfen.
Ein Hindernis für Frau von der Leyen? Auf keinen Fall!
Wenn sich ein nicht-deutscher junger Mensch bei der Bundeswehr bewirbt, kann man die deutsche Staatsbürgerschaft von dem Bestehen eines Testes und von dem Bestehen eines Deutschsprachkurses abhängig machen. Während dieses Kurses bleibt der Bewerber Zivilist – eine Anstellung auf Probe. Vor Eintritt in die Bundeswehr wird ihm (oder ihr) die deutsche Staatsbürgerschaft verliehen. Damit wird das bestehende Gesetz nicht verletzt. Das werden die Hausjuristen der Ministerin bescheinigen. Und wenn nicht – nach den vielen Verletzungen von Gesetzen in den letzten Jahren beim Bruch der „No bail out“ Klausel des Maastrichtvertrages 2010 und der widerrechtlichen, andauernden „Tage der offenen Grenzen“– kommt es auf eine weitere Verletzung nicht an.
Was geschieht, wenn ein frischer Soldat mit seiner gerade erworbenen deutschen Staatsbürgerschaft aus den Streitkräften „verschwindet“? Wie kann man verhindern, dass die Bundeswehr zur militärischen Ausbildung von potentiellen Terroristen aus problematischen Ländern missbraucht wird? Wie kann man verhindern, dass gerade Moslems aus problematischen Ländern dieses Angebot annehmen und Unfrieden in die Truppe tragen?
Die grundsätzliche Frage bleibt jedoch, wie es bei den „Söldnern“ um Treue und Loyalität für Deutschland steht, wenn für die NATO der „Bündnisfall“ festgestellt oder in dem Herkunftsland der „Söldner“ ein militärischer Konflikt entsteht, der auch die Angehörigen des „Söldners“ im Herkunftsland bedroht. Wer verantwortet ein solches Risiko?
„Söldner“ anzuwerben bleibt jedoch nicht die einzige Option für Deutschland, eine „Trendwende Personal“ nachhaltig in Angriff zu nehmen. Es besteht die Möglichkeit, die de facto-Abschaffung der Wehrpflicht durch ein Votum des Bundestages wieder aufzuheben, wie jüngst in Schweden mit Blick auf Russland geschehen.
- Es gibt in Deutschland einen steigenden Bedarf an Pflegekräften. Warum denn in die Ferne schweifen und Pflegekräfte aus fernen exotischen Ländern anzuwerben – wie es der „neue“ Gesundheitsminister Spahn vehement fordert?
- Warum wird in Deutschland keine „Allgemeine Dienstpflicht“ für junge Frauen und Männern eingeführt, die den Pflegenotstand in Heimen und Krankenhäusern sowie die Personalnot der Bundeswehr mildern oder gar beseitigen könnte.
- Was spricht gegen ein „soziales Jahr“ oder ein Dienstjahr in der Bundeswehr – auch als Dank und Anerkennung für das, was unser Staat den jungen Menschen „ geschenkt“ hat? Neben ihren Rechten sollten junge Menschen auch Pflichten übernehmen. Über Boni für das Dienen kann die Politik nachdenken – aber nicht zu lange. Für eine solche Trendwende benötigt man Mut – und neues Personal in der Spitze.